Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsleistungen anläßlich von Vermögensübertragungen als Leibrente, dauernde Last oder Unterhaltsleistung - Rechtssicherheit und Vertrauensschutz bei der Auslegung älterer Gesetzesbestimmungen - Bestimmung übergeordneter Rechtsgrundsätze
Leitsatz (amtlich)
1. Überträgt jemand Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, so können vom Vermögensübernehmer zugesagte Versorgungsleistungen (z.B. Altenteilsleistungen) Leibrente (§ 10 Abs.1 Nr.1a Satz 2, § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG) oder dauernde Last (§ 10 Abs.1 Nr.1a Satz 1 EStG) sein.
2. Versorgungsleistungen in Geld sind als dauernde Lasten abziehbar, wenn sich ihre Abänderbarkeit entweder aus einer ausdrücklichen Bezugnahme auf § 323 ZPO oder in anderer Weise aus dem Vertrag ergibt.
Orientierungssatz
1. Versorgungsleistungen, die anläßlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer des Vermögens zugesagt werden, unterscheiden sich durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge von Unterhaltsleistungen (Festhaltung an BFH-Beschluß vom 5.7.1990 GrS 4-6/89).
2. Versorgungsleistungen anläßlich der Übertragung von Vermögen an den gesetzlich unterhaltsberechtigten Übergeber stellen nicht abziehbare Unterhaltsleistungen dar, wenn unter Berücksichtigung der Gegenleistung der Unterhaltscharakter offensichtlich überwiegt. Ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür kann sein, daß der Wert der Gegenleistung (des übernommenen Vermögens) bei überschlägiger und großzügiger Berechnung weniger als die Hälfte des Wertes der Versorgungsverpflichtung beträgt (Anschluß an BFH-Urteile vom 23.1.1964 IV 8/62 U und vom 28.7.1983 IV R 174/80).
3. Bei der Auslegung älterer Gesetzesbestimmungen, die im Laufe der Zeit durch eine gefestigte Rechtsprechung ausgeformt sind, kommt den Rechtswerten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes besondere Bedeutung zu (vgl. BGH-Beschluß vom 4.10.1982 GSZ 1/82).
4. Es liegt in der Zuständigkeit eines jeden Senats, die übergeordneten Rechtsgrundsätze zu bestimmen, aus denen er seine Entscheidung ableitet (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a Sätze 1-2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 12 Nrn. 1-2; ZPO § 323; FGO § 96 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
A. Anrufungsbeschluß des X.Senats
I. Vorgelegte Rechtsfrage
Der X.Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluß vom 25.April 1990 X R 38/86 dem Großen Senat folgende Rechtsfrage vorgelegt:
1. Sind Altenteilsleistungen beim Verpflichteten als dauernde Last (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) abziehbar?
2. Für den Fall, daß die Rechtsfrage zu 1. zu bejahen ist:
Sind bare Altenteilsleistungen auch dann in vollem Umfang als dauernde Last abziehbar, wenn die Vertragspartner keine besonderen Vereinbarungen über die Abänderbarkeit der Leistungen der Höhe nach --z.B. durch "Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung"-- getroffen haben?
Der Beschluß ist in BFHE 160, 33, BStBl II 1990, 625 veröffentlicht.
II.Sachverhalt
Der Vater des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) übertrug diesem im Jahre 1978 ein Grundstück und das auf dem Grundstück betriebene Möbelgeschäft (Gewinne 1979 68 588 DM; 1980 68 950 DM, 1981 74 823 DM). Er verpflichtete sich, seinen Eltern als Gesamtberechtigten auf Lebenszeit eine monatliche Rente in Höhe von 1 500 DM zu zahlen. Diese Rente war durch eine an den Lebenshaltungskostenindex gekoppelte Wertsicherungsklausel gesichert und sollte als Reallast im Grundbuch eingetragen werden. Der Kläger räumte seinen Eltern ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht auf dem übertragenen Grundstück und ein Mitbenutzungsrecht an einer Ferienwohnung ein. Er verpflichtete sich, die Krankenkassenbeiträge für seine Eltern in der jeweils sich ergebenden Höhe zu übernehmen.
Den Wert der Leistungen hat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit insgesamt 112 136 DM berechnet (Rente 89 388 DM, Wohnrecht 13 810 DM, Krankenversicherungsbeiträge 8 938 DM).
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28.Januar 1981 vereinbarte der Kläger mit seinen Eltern folgendes:
"Die Rentenvereinbarung ... wird wie folgt klargestellt bzw. ergänzt:
Die Möglichkeit einer Abänderung nach § 323 ZPO bleibt ausdrücklich vorbehalten."
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1981 beantragte der Kläger, eine dauernde Last in Höhe von 18 638 DM zum Abzug als Sonderausgaben zuzulassen. Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid die Rentenzahlung in Höhe von 18 000 DM als Leibrente mit einem Ertragsanteil von 9 v.H. (*= 1 620 DM) und einen Betrag in Höhe von 638 DM als dauernde Last.
Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machte der Kläger geltend: Bei Abschluß des Grundstücksüberlassungsvertrages im Jahre 1978 sei mündlich vereinbart worden, daß die Zahlungen an den Vater zwar fest vereinbart sein sollten, die Änderungsmöglichkeit nach der jeweiligen Geschäftslage des überlassenen Unternehmens jedoch ausdrücklich vorbehalten bleiben sollte. Die schriftliche Vereinbarung sei nur versehentlich unterblieben und am 28.Januar 1981 nachgeholt worden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt. Die Zahlung des Kläger sei, soweit sie nach dem 28.Januar 1981 geleistet worden sei, eine dauernde Last.
Der vorlegende Senat möchte die Revision des FA schon deswegen als unbegründet zurückweisen, weil Altenteilsleistungen vorlägen und diese (einschließlich sämtlicher Barleistungen) in vollem Umfang dauernde Lasten gemäß § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG seien. Er sieht sich durch Entscheidungen des I., IV., VIII. und IX.Senats gehindert.
Er hat deswegen gemäß § 11 Abs.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Großen Senat angerufen. Er stützt seine Anrufung zusätzlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage (§ 11 Abs.4 FGO).
Der vorlegende Senat hat bei den betroffenen Senaten angefragt. Der I. und VIII.Senat haben der beabsichtigten Abweichung nicht zugestimmt. Der IX.Senat hat erklärt, daß er es begrüßen würde, wenn der X.Senat die Entscheidungen des Großen Senats herbeiführen würde. Der IV.Senat hat die Anfrage nicht beantwortet.
III. Begründung der Vorlage
1. Zur Vorlagefrage 1
Vermögensübergaben gegen angemessene Altenteilsleistungen seien aus dem Bereich der teilentgeltlichen Rechtsgeschäfte auszugrenzen und dem durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern (StNOG 1954) vom 16.Dezember 1954 (BGBl I 1954, 373, BStBl I 1954, 575) bestätigten Rechtsinstitut der dauernden Last zuzuordnen. Diese Zuordnungsentscheidung des Gesetzgebers setze notwendigerweise die Rechtsnatur einer solchen Vermögensübergabe als im steuerrechtlichen Sinne "privat" und "unentgeltlich" voraus.
2. Zur Vorlagefrage 2
Auch Altenteilsleistungen in Geld, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, seien wie die Naturalleistungen ohne besondere Abänderungsvereinbarung als dauernde Last abziehbar. Ein dem Versorgungsberechtigten gezahlter Geldbetrag gehöre auch dann noch zum Inbegriff des Altenteils, wenn er dem Betrag nach ein Taschengeld übersteige. Eine Leibrente liege hier gerade dann nicht vor, wenn für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Leibrente" in § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2, § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG das bürgerliche Recht maßgebend sei. Denn diese Versorgungsleistung in Geld könne bei Änderung der persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse (insbesondere: der Leistungsfähigkeit und der Bedürftigkeit) der Höhe und der Art nach in einem Umfang angepaßt werden, der mit der herkömmlichen Deutung der bürgerlich- rechtlichen Rechtsnatur des Leibrentenvertrages nicht vereinbar wäre. Zwar könne auch in Unterhaltsverträgen eine Leibrente vereinbart werden; eine solche vom gesetzlichen Regelstatut abweichende Vertragsklausel müsse aber ausdrücklich vereinbart werden. Würde man die hier fraglichen baren Versorgungsleistungen als Leibrenten behandeln, so würde der durch die Entstehungsgeschichte belegte Regelungsplan des StNOG 1954 nicht folgerichtig verwirklicht. Ein gesetzgeberischer Grund für eine unterschiedliche steuerliche Entlastung des Verpflichteten bei Naturalleistungen und bei Geldleistungen sei nicht erkennbar.
Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Beschluß in BFHE 160, 33, BStBl II 1990, 625 Bezug genommen.
IV. Stellungnahme der Beteiligten
Die Beteiligten haben im Verfahren vor dem Großen Senat nicht Stellung genommen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren nicht beigetreten.
Entscheidungsgründe
B. Entscheidungen des Großen Senats zu den Verfahrensfragen
I. Entsendungsrecht
Der Große Senat beschließt in seiner Stammbesetzung (§ 11 Abs.2 Satz 1 FGO) vorab darüber, welche Senate berechtigt sind, einen weiteren Richter zu entsenden (BFH-Beschluß vom 26.November 1979 GrS 2/79, BFHE 129, 246, BStBl II 1980, 156). Entsendungsbefugt sind der I., IV., VIII., IX. und X.Senat.
1. Der X.Senat hat den Großen Senat wegen Divergenz (§ 11 Abs.3 FGO), hilfsweise wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage (§ 11 Abs.4 FGO) angerufen. Damit ist der X.Senat gemäß § 11 Abs.2 Satz 2 FGO entsendungsberechtigt.
2. Der I., IV., VIII. und IX.Senat sind entsendungsberechtigt, da der vorlegende Senat mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung u.a. von den BFH-Urteilen vom 21.Dezember 1977 I R 52/76 (BFHE 124, 432, BStBl II 1978, 332), vom 16.September 1965 IV 67/61 S (BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706), vom 28.Juli 1983 IV R 174/80 (BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97), vom 18.März 1980 VIII R 69/78 (BFHE 130, 446, BStBl II 1980, 501) und vom 30.Oktober 1984 IX R 2/84 (BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610) abweichen würde.
3. Der Annahme der Abweichungen i.S. des § 11 Abs.3 FGO steht nicht entgegen, daß der X.Senat jetzt für Sonderausgaben und sonstige Einkünfte zuständig ist. Der I., IV., VIII. und IX.Senat können trotz der geänderten Zuständigkeit bei Streitfragen mit mehreren Streitpunkten nach Abschn.II der Ergänzenden Regelungen zum Geschäftsverteilungsplan des BFH für 1991 jederzeit in die Lage kommen, die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage erneut entscheiden zu müssen (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 28.November 1988 GrS 1/87, BFHE 154, 556, BStBl II 1989, 164, unter B.I.2.c, bb).
4. Die beteiligten Senate haben von ihrem Entsendungsrecht Gebrauch gemacht.
II. Weitere Verfahrensfragen
Über die weiteren Verfahrensfragen entscheidet der Große Senat in seiner erweiterten Besetzung.
1. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wird entsprechend Art.1 Nr.2 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) abgesehen. Die maßgebenden Gesichtspunkte sind in dem Vorlagebeschluß eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Äußerung. Eine mündliche Verhandlung erscheint deshalb nicht erforderlich; sie ist von keinem Verfahrensbeteiligten beantragt worden.
2. Die Vorlage ist zulässig.
a) Der vorlegende Senat will von den bezeichneten Entscheidungen der entsendungsbefugten Senate abweichen; hierzu bedarf es der Vorlage gemäß § 11 Abs.3 FGO.
b) Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des X.Senats entscheidungserheblich. Verneint man die Vorlagefrage zu 1, wäre ein zumindest teilentgeltliches Rechtsgeschäft anzunehmen. Der Kläger hätte in Höhe des Teilentgelts Anschaffungskosten für das Grundstück und den Gewerbebetrieb. Die Sache wäre an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO), damit es die Höhe der auf abschreibbare Wirtschaftsgüter entfallenden Anschaffungskosten feststellt.
Bejaht man die Vorlagefrage zu 1, hängt die Entscheidung davon ab, ob die monatlichen Rentenbezüge eine in vollem Umfang abziehbare dauernde Last oder eine nur mit dem Ertragsanteil abziehbare Leibrente sind. Der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage steht nicht entgegen, daß der vorlegende Senat in seinem Sinne entscheiden könnte, indem er auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zur Abgrenzung der Leibrenten und dauernden Lasten eine dauernde Last mit der Begründung annimmt, nachträgliche Änderungen des Übergabevertrages seien bei der steuerrechtlichen Abgrenzung zu beachten. Es liegt in der Zuständigkeit eines jeden Senats, die übergeordneten Rechtssätze zu bestimmen, aus denen er seine Entscheidung ableitet (BFH-Beschlüsse vom 26.November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132; vom 10.November 1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164).
C. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegten
Rechtsfragen
I. Rechtsentwicklung / bisheriger Meinungsstand
1. Nach preußischem Einkommensteuerrecht konnten "Renten" und "auf besonderen Rechtstiteln beruhende dauernde Lasten" vom (Gesamt-)Einkommen abzogen werden (§ 9 Abs.I Nr.2 und Nr.3 Preuß EStG 1891 bzw. § 8 Abs.II Nr.2 Preuß EStG 1906). Diese Vorschriften waren u.a. auf Betriebs- und Vermögensübergabeverträge anwendbar (Art.23, 24 der Anweisung des Finanzministers vom 25.Juli 1906, zitiert nach Fuisting/Strutz, Die preußischen direkten Steuern, 8.Aufl. 1916, S.1182 ff., 1222, 1225). Dieselbe Rechtslage ergab sich nach § 13 Abs.1 Nr.2 Satz 1 EStG 1920, § 15 Abs.1 Nr.3 Satz 1, Abs.2 EStG 1925 (Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, § 15 Anm.13) und § 10 Abs.1 Nr.2 EStG 1934, welche die auf besonderem (bis 1934: privatrechtlichen, öffentlich-rechtlichen oder gesetzlichem) Verpflichtungsgrund beruhenden Renten und dauernden Lasten zum Abzug zuließen.
Vom Abzug ausgeschlossen waren Aufwendungen des Steuerpflichtigen für den Unterhalt von Angehörigen auch dann, wenn sie aufgrund einer besonderen privatrechtlichen Verpflichtung getätigt wurden (§ 8 Abs.III Nr.2 Preuß EStG 1906; § 13 Abs.1 Nr.2 Satz 2 EStG 1920; § 15 Abs.1 Nr.3 Satz 2 EStG 1925). Nach § 12 Nr.2 EStG 1934 durften unbeschadet der Vorschrift des § 10 EStG 1934 freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhten, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Die Abziehbarkeit der im Zusammenhang mit Vermögensübergabeverträgen vereinbarten Versorgungsleistungen war durch diese Abzugsverbote nicht berührt.
Beim Bezugsberechtigten waren "Renten" als "Rechte auf periodische Hebungen" steuerbar (§ 7 Nr.4 Preuß EStG 1891, § 6 Nr.4 Preuß EStG 1906). Nach § 11 Nr.1 EStG 1920, § 6 Abs.1 Nr.7, § 40 Nr.2 Satz 1 EStG 1925 und § 22 Nr.1 Buchst.b EStG 1934 unterlagen "Leibrenten, Leibgedinge, Zeitrenten und andere unvererbliche Renten" der Einkommensteuer.
Die Fassung des EStG 1934 bestand bis zum EStG i.d.F. des StNOG 1954.
2. Die zu den EStG 1925 und 1934 ergangene Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) sah den Grund für die Besteuerung der sonstigen wiederkehrenden Bezüge in der äußeren Form des Einkünftebezugs (grundlegend RFH-Urteil vom 7.Mai 1930 VI A 827/27, RStBl 1930, 578, unter 3.; ferner RFH-Urteile vom 22.Januar 1936 VI A 493/34, Steuer und Wirtschaft --StuW-- II 1936, 164; vom 27.Januar 1944 IV 157/43, RStBl 1944, 363). Aufgrund einer einschränkenden Auslegung des Begriffs "wiederkehrende Bezüge" wurden lediglich langfristige Kaufpreisraten mit Ausnahme ihres Zinsanteils als nichtsteuerbar behandelt (RFH-Urteil vom 29.März 1944 VI 28/44, RStBl 1944, 651, 652 2.Sp.). Die mit ihrem vollen Betrag steuerbaren "Renten" wurden von den nichtsteuerbaren Kaufpreisraten anhand der Unbestimmtheit der Dauer --dies vor allem bei Leibrenten-- oder eines sonstigen Wagnisses unterschieden. Bezüge aus Leibrenten waren selbst dann mit ihrem vollen Betrag steuerbar, wenn sie durch eine Gegenleistung erworben waren. Dem entsprach beim Verpflichteten das Recht zum Abzug der Rente (vgl. Enno Becker, StuW I 1930, 657 ff., 673 ff.). Die in der Literatur hiergegen vorgetragene Kritik beanstandete eine unzulässige Gleichbehandlung von entgeltlich und unentgeltlich erworbenen Renten (vgl. Glaser, StuW I 1928, Sp.1189; Hoffmann, Betriebs- Berater --BB-- 1953, 285, 286).
Mit Urteil vom 18.September 1952 IV 70/49 U (BFHE 56, 754, BStBl III 1952, 290) hat der BFH "in freier Auslegung des Gesetzes" entschieden, daß eine entgeltlich erworbene private Leibrente nur insoweit und erst dann steuerbar ist, wenn die durch die Veräußerung erzielten Einnahmen den Wert des veräußerten Gegenstandes übersteigen: Der BFH ließ die Verrechnung der Leibrentenzahlungen einer Versicherungsgesellschaft mit dem Wert der eingezahlten Einmalprämie zu (vgl. ferner BFH-Urteile vom 5.Februar 1953 IV 41/49 U, BFHE 57, 265, BStBl III 1953, 105; vom 15.Februar 1957 VI 150/55 U, BFHE 64, 356, BStBl III 1957, 134). "Mit Rücksicht auf die weittragende rechtliche Bedeutung der Frage" hielt der BFH eine gesetzliche Regelung für "wünschenswert".
3. Der Entwurf des StNOG 1954 griff diese Anregung auf.
a) Der Entwurf sah vor, alle auf die Lebenszeit einer Person gezahlten Renten (Leibrenten) nur insoweit zu besteuern, als in den einzelnen Bezügen "Einkünfte aus Erträgen des Stammrechts" enthalten sind (BTDrucks II/481, S.85 ff.), und die Vermögensumschichtung als nichtsteuerbar zu belassen. Auf Empfehlung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (BTDrucks II/961 S.4) wurde die Formulierung "Erträge des Rentenrechts" gewählt. Die Ertragswerttabelle des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a Satz 3 EStG i.d.F. des StNOG 1954 sollte die praktische Handhabung der Vorschrift erleichtern.
b) Nach den dem Regierungsentwurf zugrunde liegenden Vorstellungen waren nicht nur entgeltlich erworbene Renten einschließlich der Sozialversicherungsrenten, sondern auch "unentgeltliche" Leibrenten lediglich mit einem Ertragsanteil abziehbar bzw. steuerbar. Unter "unentgeltlichen" Leibrenten verstand der Entwurf Versorgungsleibrenten, die anläßlich der Übertragung von Vermögen --namentlich landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe-- im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden. Die Einbeziehung dieser unentgeltlich erworbenen Renten sei zwar nicht wirtschaftlich, aber aus systematischen Gründen geboten (BTDrucks II/481, S.87 f.). Hierbei ging der Entwurf davon aus, daß die von der beabsichtigten Regelung betroffenen Leibrenten einschließlich der privaten Versorgungsrenten stets Rechtsfrüchte eines Leibrentenstammrechts seien.
Auf dieser dogmatischen Grundlage sah der Entwurf als § 10 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG eine Bestimmung des Inhalts vor, daß zu den Leibrenten "auch die bei dem unentgeltlichen Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebs übernommenen Altenteilsleistungen" gehören. Diese sollten --entgegen der Rechtsprechung des RFH (Urteil vom 12.September 1934 VI 360/34, RStBl 1935, 157; aufgegeben durch BFH-Urteil vom 16.September 1965 IV 67/61 S, BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706)-- nicht mehr als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft abziehbar sein; damit war eine steuerrechtliche Gleichstellung mit den "im Falle des unentgeltlichen Übergangs eines gewerblichen Betriebs" zu zahlenden Renten beabsichtigt.
c) Der Entwurf eines § 10 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (BTDrucks II/961, S.27) nicht als Gesetz beschlossen. Nicht Gesetz wurde ferner ein vom Bundesrat vorgeschlagener § 4 Abs.4 EStG, wonach zu den Betriebsausgaben auch die bei einem entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebes übernommenen Altenteilsleistungen gehören (BTDrucks II/481, S.121); eine solche Vorschrift sollte die Rechtslage in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung klarstellen.
d) Als dauernde Last abziehbare Beträge waren und sind beim Bezieher als sonstige Einnahmen bzw. als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr.1 Satz 1 EStG) steuerbar. In den EStG 1920 bis 1934 war das Leibgedinge (Altenteil) als Erscheinungsform dieser Einkünfte eigens erwähnt. Das StNOG 1954 hat dies insofern nur redaktionell geändert, als auf eine ausdrückliche Erwähnung einzelner Rentenarten verzichtet wurde; das Tatbestandsmerkmal "Leibgedinge" (Altenteil) ist in die gesetzliche Sammelbezeichnung "wiederkehrende Bezüge" eingegangen (BTDrucks II/481, S.85; BFH-Beschluß vom 5.Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847, unter C.II.1.b).
4. Auf der Grundlage des EStG i.d.F. des StNOG 1954 ist eine umfängliche Rechtsprechung zur Leibrente und zur dauernden Last ergangen.
a) Der BFH geht seit dem Urteil vom 29.März 1962 VI 105/61 U (BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304) in ständiger Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 25.Mai 1973 VI R 375/69, BFHE 109, 446, BStBl II 1973, 680; zuletzt BFH-Urteil vom 18.Februar 1986 IX R 7/80, BFH/NV 1986, 654) davon aus, daß der steuerrechtliche Begriff der Leibrente derjenige des bürgerlichen Rechts sei (anders aber BFH-Urteil in BFHE 109, 446, BStBl II 1973, 680). Dies wird in dem Urteil in BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304 aus einem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung sowie daraus abgeleitet, daß bei schwankender Höhe von Rentenleistungen eine (rechnerische) Grundlage für die Ermittlung des Ertragswertes fehle.
Aus einem "Begriff des Leibrentenstammrechts" wird gefolgert, daß bei einer Leibrente "gleichbleibende" Leistungen vorliegen müßten, "die Früchte eines einheitlich nutzbaren Stammrechts sind" (BFH-Urteil in BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304). Ausgehend hiervon wird der Begriff "Leibrente" definiert als gleichbleibende Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen, die auf die Lebenszeit einer Bezugsperson geschuldet werden. Die Finanzverwaltung (Abschn.167 Abs.1 Satz 1 der Einkommensteuer- Richtlinien --EStR-- 1990) und die in der Literatur herrschende Auffassung haben sich der Rechtsprechung angeschlossen (z.B. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 EStG Anm.33 b, 35, § 22 EStG Anm.27 (1); Stephan in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 10 Rdnr.30, § 22 Rdnr.50; Söhn in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 10 Rdnr.D 11; Jansen/Wrede, Renten, Raten, dauernde Lasten, 9.Aufl. 1986, Rdnr.13). Zahlreiche Entscheidungen des BFH befassen sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen wiederkehrende Leistungen "gleichbleibend" und damit Leibrenten sind (Nachweise bei Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 EStG Anm.35 a bis 35 c; Abschn.167 Abs.1 Sätze 7 und 11 EStR).
Das Reichsgericht (RG) hat eine Leibrente u.a. verneint bei nicht fest bestimmten lebenslänglich wiederkehrenden Bezügen (z.B. Altenteil und allgemein gehaltene Unterhaltszusagen; vgl. RG-Urteile vom 5.April 1922 V 591/21, RGZ 104, 272; vom 23.September 1932 VII 94/32, RGZ 137, 259) sowie bei fest bestimmten Bezügen, wenn die Leistungspflicht an die Bedürftigkeit des Berechtigten oder die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten geknüpft ist (z.B. RG-Urteil vom 17.September 1925 IV 159/25, RGZ 111, 286). Der Altenteilsvertrag ist kein Leibrentenvertrag i.S. der §§ 759 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB-- (RG-Urteil in RGZ 104, 272, 273 f.). Das RG nahm nur in Ausnahmefällen Leibrenten an. So bei der Festlegung der Leistungspflicht "ein für allemal in gleichbleibender Höhe", was aus einem Verzicht auf die Rechte aus § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) gefolgert wurde (RG-Urteil vom 19.März 1936 IV 277/35, RGZ 150, 385, betreffend Unterhaltsvergleich); bei selbständiger Begründung eines Leibrentenrechts durch Umschaffung des ursprünglichen Schuldgrundes (Novation), wenn der Vertrag auch nach allgemeiner Lebensauffassung als Leibrentenvertrag aufgefaßt werden kann (RG-Urteil vom 27.November 1919 IV 322/19, Seufferts Archiv 1920, S.123, betreffend Erbabfindung); ferner wenn die rechtskundig beratenen Vertragsparteien "tatsächlich an die Begründung eines geschlossenen Stammrechts gedacht haben" (RG-Urteil vom 20.Dezember 1922 V 202/22, RGZ 106, 93, 95, betreffend Grundstückskaufvertrag).
b) Hauptanwendungsfall der dauernden Last sind seit jeher lebenslängliche Versorgungsleistungen, die anläßlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden. Für die dauernde Last setzt die Rechtsprechung --zur Abgrenzung gegenüber "gleichbleibenden" Leibrenten-- voraus, daß die Möglichkeit einer Abänderung der Leistungen der Höhe nach ausdrücklich vorbehalten ist (BFH-Urteile vom 1.August 1975 VI R 48/73, BFHE 116, 501, BStBl II 1975, 881; vom 20.Mai 1980 VI R 108/77, BFHE 130, 520, BStBl II 1980, 573; vom 22.September 1982 IV R 154/79, BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99, unter 2.; vom 30.Oktober 1984 IX R 2/84, BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610; vom 13.August 1985 IX R 10/80, BFHE 144, 423, BStBl II 1985, 709; vom 28.Januar 1986 IX R 1/80, BFH/NV 1986, 457; vom 3.Juni 1986 IX R 2/79, BFHE 146, 442, BStBl II 1986, 674; ferner Abschn.167 Abs.1 Satz 12 Nr.2 Buchst.b EStR).
Bei der Anknüpfung des Leibrentenbegriffs an das bürgerliche Recht hat der "Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO" eine besondere Rolle gespielt. Für die Vereinbarung einer dauernden Last genügt die "Bezugnahme auf § 323 ZPO", sofern damit nicht lediglich auf eine vereinbarte Wertsicherungsklausel verwiesen wird (BFH-Urteile vom 28.Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348; IX R 5/80, BFH/NV 1986, 526). Ein ausdrücklicher Vorbehalt der Abänderbarkeit ist für die Annahme einer dauernden Last aber auch erforderlich; nur mit Hilfe der Maßgeblichkeit einer Abänderungsklausel lasse sich zwischen einer Leibrente und einer dauernden Last unterscheiden (BFH-Urteile vom 19.September 1980 VI R 161/77, BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26, und in BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610).
Der Hinweis auf die Abänderbarkeit muß sich "aus dem Übergabevertrag selbst" ergeben (BFH-Urteile in BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26, und in BFH/NV 1986, 526) und klar und eindeutig sein (BFH-Urteile in BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26; vom 12.November 1985 IX R 2/82, BFHE 145, 368, BStBl II 1986, 261, und in BFH/NV 1986, 526). Die nachträglich dem Vertrag hinzugefügte Erläuterung, es sei Abänderbarkeit gewollt gewesen, vermag keine dauernde Last zu begründen (BFH-Urteile in BFHE 145, 368, BStBl II 1986, 261; BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26). Umstritten ist, ob durch eine nachträgliche Änderung des Übergabevertrags eine Leibrente mit ex-nunc-Wirkung in eine dauernde Last "umgewandelt" werden kann.
c) Da nach § 759 BGB als Leibrente nur Geld oder vertretbare Sachen geschuldet sein können, ist nach herrschender Meinung bei verschiedenartigen Leistungsinhalten grundsätzlich für jede Leistung gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer nur mit dem Ertragsanteil steuerbaren Leibrente gegeben sind (vgl. im einzelnen Abschn.167 Abs.1 Satz 12 Nr.2 Buchst.b EStR). Wird neben Naturalleistungen ein geringfügiges Taschengeld gezahlt, kommt eine einheitliche Beurteilung der Leistungen als dauernde Last in Betracht; als nicht geringfügig gilt seit dem Urteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 unverändert (BFH-Urteil vom 4.Februar 1986 IX R 4/80, BFH/NV 1986, 600) jedenfalls ein Betrag von 100 DM monatlich.
d) Die Abziehbarkeit / Steuerbarkeit ist eingeschränkt bei allen Renten und dauernden Lasten / wiederkehrenden Bezügen aus "kauf- und darlehensähnlichen Vorgängen" (BFH-Urteil vom 13.August 1985 IX R 10/80, BFHE 144, 423, BStBl II 1985, 709) und --in neuester Zeit weitergehend-- allen Rechtsvorgängen "im Austausch mit einer Gegenleistung" (BFH-Urteil in BFHE 146, 442, BStBl II 1986, 674, betr. Zugewinnausgleich). In diesen Fällen ist die dauernde Last zunächst mit dem Wert einer Gegenleistung zu verrechnen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß jedenfalls vor Ausschöpfung des Verrechnungswerts wirtschaftlich keine als Sonderausgabe abziehbare "Last" vorliegt (vgl. BFH-Urteile vom 4.April 1989 X R 14/85, BFHE 157, 88, BStBl II 1989, 779, unter 2.; vom 12.Juli 1989 X R 11/84, BFHE 158, 22, BStBl II 1990, 13; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 18.Februar 1988 1 BvR 930/86, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz ab 1975, § 10 Abs.1 Nr.1 a, Rechtsspruch 10 a). Eine abziehbare dauernde Last wird im Hinblick auf den Austauschcharakter ferner verneint, wenn wiederkehrende Leistungen ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach Entgelt für eine Nutzungsüberlassung sind (BFH-Urteile in BFHE 158, 22, BStBl II 1990, 13; vom 24.Oktober 1990 X R 43/89, BFHE 162, 425, BStBl II 1991, 175, betr. Erbbauzinsen).
Bei landwirtschaftlichen Altenteilsleistungen und ähnlichen dauernden Lasten kommt eine Verrechnung mit dem übertragenen Vermögen nicht in Betracht (Urteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706). "Ähnliche" dauernde Lasten können nach der Rechtsprechung begründet werden z.B. im Zusammenhang mit der Übertragung von Grundstücken und Wertpapieren und Mitunternehmeranteilen (vgl. BFHE 161, 317, 325, BStBl II 1990, 847, 850, unter C.I.1., m.w.N.).
5. Zur Rechtslage vor dem EStG 1975 hatte die Rechtsprechung bei "reinen Unterhaltsverträgen auf Grund des § 323 ZPO zu entnehmenden allgemeinen Rechtsgedankens" angenommen, daß Unterhaltsleistungen auch ohne eine diesbezügliche ausdrückliche Vereinbarung bei einer Änderung der bei Vertragsschluß maßgebenden Verhältnisse entsprechend der Leistungsfähigkeit und der Bedürftigkeit anzupassen sind. Eine Leibrente lag hier nur vor, wenn auf die Abänderbarkeit der Bezüge ausdrücklich verzichtet wurde (BFH-Urteil vom 27.September 1973 VIII R 77/69, BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103). Durch Art.1 Nr.22 und 32 des Einkommensteuerreformgesetzes (EStRG) vom 5.August 1974 (BGBl I 1974, 1769, BStBl I 1974, 530) wurde das Abzugsverbot des § 12 Nr.2 EStG erweitert und korrespondierend mit der gleichzeitigen Änderung des § 22 Nr.1 Satz 2 EStG die Nichtabziehbarkeit zugewendeter Beträge ausgedehnt auf solche, die "aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht" gewährt werden. Zweck dieser Neuregelung war es, vor allem Unterhaltszusagen im Bereich vereinbarter Scheidungsfolgen von der Abziehbarkeit / Steuerbarkeit auszuschließen (BTDrucks 7/2180, S.15); sie bezog sich darüber hinaus auf alle Unterhaltsversprechen (Arndt in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 12 Rdnr.A 38). Damit sind die Grundsätze der früheren Rechtsprechung über "reine Unterhaltsverträge" gegenstandslos geworden.
6. Unterhaltsrenten sind wiederkehrende Leistungen, die aus dem Rechtsgrund des § 12 Nr.1 und 2 EStG nicht abziehbar sind. Eine Unterhaltsrente liegt dann vor, wenn der Unterhaltscharakter --auch unter Berücksichtigung einer etwa erbrachten Gegenleistung-- offensichtlich überwiegt. Im Anschluß an das Urteil vom 23.Januar 1964 IV 8/62 U (BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422) kann ein wesentlicher Anhaltspunkt für das Überwiegen im allgemeinen darin gesehen werden, daß der Wert der Gegenleistung (des übernommenen Betriebsvermögens usw.) bei überschlägiger und großzügiger Berechnung weniger als die Hälfte des Wertes der Rentenverpflichtung beträgt (vgl. Abschn.123 Abs.3 EStR). Nach in der Literatur herrschender Meinung ist gesetzliche Grundlage hierfür der Zuwendungsbegriff des § 12 Nr.2 EStG; bei Überwiegen des Unterhaltscharakters ist das Tatbestandsmerkmal der Zuwendung erfüllt (vgl. Arndt in Kirchhof/ Söhn, a.a.O., § 12 Rdnr.A 77).
II. Stellungnahme des Großen Senats zu den vorgelegten
Rechtsfragen
1. Das Recht der Renten und dauernden Lasten ist geregelt in § 10 Abs.1 Nr.1 a, § 22 Nr.1, § 12 Nr.1 und 2 EStG, § 7 Abs.1, § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).
a) Nach § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG sind Sonderausgaben die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. "Renten und dauernde Lasten" sind beim Bezieher Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs.1 Nr.1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören (§ 22 Nr.1 Satz 1). Die Leibrente ist beim Verpflichteten nur mit dem gesetzlich umschriebenen Ertragsanteil abziehbar (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2) und beim Bezieher in diesem Umfang steuerbar (§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG). Der Ertragsanteil von Renten, deren Dauer von der Lebenszeit mehrerer Personen oder einer anderen Person als des Rentenberechtigten abhängt, sowie von Leibrenten, die auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind (abgekürzte Leibrenten), ergibt sich aus der Tabelle des § 55 Abs.2 EStDV.
b) Die in § 12 EStG genannten nicht abziehbaren Ausgaben dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit u.a. "in § 10 Abs.1 Nr.1, 2 bis 8 EStG" nichts anderes bestimmt ist. Vom Abzugsverbot erfaßt sind u.a. die vom Steuerpflichtigen für den Unterhalt seiner Angehörigen aufgewendeten Beträge (§ 12 Nr.1 EStG) und nach näherer Maßgabe des § 12 Nr.2 EStG freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht. Hiermit korrespondierend gilt für die Behandlung beim Empfänger der Bezüge: Werden die wiederkehrenden Bezüge freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt, so sind sie dem Empfänger nach dem Grundsatz des § 22 Nr.1 Satz 2, 1.Halbsatz EStG nicht zuzurechnen, wenn der Geber unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist.
c) Ein Steuerpflichtiger, der Vermögen unter der Zusage von Versorgungsleistungen übernimmt, erwirbt auch i.S. der §§ 7 Abs.1, 11d Abs.1 EStDV unentgeltlich; die Versorgungsleistungen stellen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten dar (Beschluß in BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847, 852, unter C.II.1.d).
d) Der Große Senat hält es für notwendig, die genannten gesetzlichen Bestimmungen unter größtmöglicher Wahrung ihres tradierten und anerkannten Regelungsgehalts auszulegen (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 5.Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, 350, BStBl II 1990, 837, 845, m.w.N.). Bei der Auslegung älterer Gesetzesbestimmungen, die im Laufe der Zeit durch eine gefestigte Rechtsprechung ausgeformt sind, kommt den Rechtswerten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes besondere Bedeutung zu (vgl. Bundesgerichtshof --BGH--, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluß vom 4.Oktober 1982 GSZ 1/82, BGHZ 85, 64, 66). Unter Berücksichtigung dessen ist eine Änderung der Rechtsprechung zu den steuerrechtlichen Begriffen "Leibrente" und "dauernde Last" nach Auffassung des Großen Senats nur insofern geboten, als sich die Abänderbarkeit der wiederkehrenden Leistungen / Bezüge nicht nur aus einer ausdrücklichen Änderungsklausel --insbesondere aus einer Bezugnahme auf § 323 ZPO--, sondern auch aus der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages ergeben kann; ein Anwendungsfall des Versorgungsvertrages kann der Altenteilsvertrag (Art.96 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche --EGBGB--) sein.
2. "Leibrenten" sind nach allgemeiner Auffassung Renten (wiederkehrende Zahlungen), die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden. Sie sind insoweit steuerbar, als in den einzelnen Bezügen "Einkünfte aus den Erträgen des Rentenrechts" enthalten sind (§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a Satz 1 EStG). Als Ertrag des Rentenrechts gilt für die gesamte Dauer des Rentenbezugs der Unterschied zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf ihre voraussichtliche, nach biometrischen Durchschnittswerten bemessene Laufzeit ergibt; dabei ist der Kapitalwert nach dieser Laufzeit zu berechnen (§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a Satz 2 EStG). Der "Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil)" ist der Ertragswerttabelle des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a Satz 3 EStG zu entnehmen.
Wie aus der oben (C.I.3.) dargestellten Entstehungsgeschichte des StNOG 1954 ersichtlich ist, bezweckt das Gesetz mit der Berücksichtigung (nur) des Ertragswertes die Sonderung des steuerbaren Ertragsanteils (*= Zinsanteils) von der nichtsteuerbaren Vermögensumschichtung. Dieses Ziel kann durch Anknüpfung an den bürgerlich-rechtlichen Leibrentenbegriff nicht erreicht werden. Von der gesetzlichen Regelung werden nicht nur die privaten Veräußerungsrenten erfaßt, sondern auch "die durch laufende Beiträge erworbenen Renten" einschließlich der Sozialversicherungsrenten. Bereits die Einbeziehung von öffentlich- rechtlich normierten, zum Teil vom Bedarf des Bezugsberechtigten abhängigen Sozialversicherungsrenten (BFH-Urteil vom 8.März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, BStBl II 1989, 551, unter 2. a) in die Ertragsanteilsbesteuerung läßt es als fraglich erscheinen, ob § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2, § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG auf einen bürgerlich-rechtlichen Leibrentenbegriff und damit auf ein "einheitliches nutzbares, von den sonstigen Beziehungen der Beteiligten losgelöstes Rentenstammrecht" im Sinne der vom RG entwickelten Stammrechts- und Isolierungstheorie verwiesen. Für einen hierauf abstellenden steuerrechtlichen Begriff bliebe nur ein schmaler Anwendungsbereich, da das RG eine "Leibrente" nur in seltenen Ausnahmefällen bejaht hat (oben C.I.4.a). Der Große Senat braucht zu der zivilrechtlichen Problematik der Leibrente keine Stellung zu nehmen. Das hier zu beurteilende Tatbestandsmerkmal "Leibrente" ist inhaltlich auf die dargelegte steuerrechtliche Zwecksetzung --Sonderung der Vermögensumschichtung von einem steuerbaren Zinsanteil-- zugeschnitten. Die vom Einkommensteuerrecht verlangte Trennung der Vermögensumschichtung vom Rentenertrag ist in allen Fällen zu beachten, in denen gleichmäßige Leistungen von der Lebensdauer abhängen und dadurch ein vom Zinsfuß und von der Lebensdauer beeinflußter Ertrag bzw. Zinsaufwand zu erfassen ist.
Der bisherigen Rechtsprechung ist darin zu folgen, daß der steuerrechtliche Begriff der Leibrente gleichbleibende Leistungen / Bezüge voraussetzt. Die nach dem dargelegten Gesetzeszweck einschlägigen Fälle der Leibrente --vor allem die Verrentung der Höhe nach feststehender Vermögensansprüche-- sind dadurch gekennzeichnet, daß eine Versorgung des Bezugsberechtigten allenfalls Motiv für den Leistungsaustausch ist, nicht aber Vertragsinhalt in dem Sinne, daß die Höhe der Leistungen bei Änderungen in der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und / oder des Versorgungsbedürfnisses des Berechtigten schwanken könnte. Die Leibrente ist insoweit nicht anders als ein langfristig gestundeter Kaufpreis zu behandeln; bei einem reinen Austauschvertrag hat der Erwerber grundsätzlich das wirtschaftliche Geschäftsrisiko zu tragen (vgl. Pecher in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 759 Rdnr.30).
3. In sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte wiederkehrende Sach- und Geldleistungen sind dauernde Lasten, wenn sie nicht gleichbleibend sind.
a) Wie der Große Senat in seinem Beschluß in BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847, 852 (dort unter C.II.1.c) ausgeführt hat, beruht die steuerrechtliche Zurechnung der Versorgungsleistungen zu den wiederkehrenden Bezügen und Sonderausgaben auf dem Umstand, daß sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen; Abzug und Versteuerung der Versorgungsleistungen führen hierbei zu einem ähnlichen Ergebnis wie der Vorbehalt eines gegenständlich beschränkten Nießbrauchs durch den Übergeber, der mit einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung an den Vermögensübernehmer verbunden ist. In diesem Beschluß ist offen geblieben, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Versorgungsleistungen in vollem Umfang als dauernde Last abziehbar sind.
b) Die anläßlich der Übergabe von Vermögen vereinbarten Versorgungsleistungen sind Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Last; sie sind beim Bezieher nach § 22 Nr.1 Satz 1 EStG steuerbar. Auch soweit Geldleistungen Inhalt eines solchen Versorgungsvertrages sind, haben die Vertragschließenden die rechtlich anerkannte Möglichkeit, diese als abänderbar und damit als dauernde Last zu vereinbaren. Allerdings setzt die bisherige Rechtsprechung voraus, daß die Abänderbarkeit ausdrücklich vereinbart ist. Im rechtstatsächlichen Normalfall ist durch kautelarjuristische Gestaltung, insbesondere durch "Bezugnahme auf § 323 ZPO", eine Rechtslage hergestellt, die dem Regelungswillen des StNOG 1954 --grundsätzliche Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen (oben C.I.3.c)-- entspricht.
c) Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der "Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO", weil dies so zu verstehen ist, daß der Vertrag nach Maßgabe des materiellen Rechts, auf das diese Vorschrift Bezug nimmt, abänderbar sein soll. Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Vermögensübergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt.
4. Auch bei der Zuordnung von Versorgungsleistungen zum Rechtsinstitut "dauernde Last" behält § 12 EStG seine Bedeutung für die Abgrenzung zwischen den abziehbaren privaten Versorgungsleistungen und den nicht abziehbaren Unterhaltsleistungen.
a) Die hier zu beurteilenden Versorgungsleistungen sind seit dem Preuß EStG 1891 ungeachtet dessen als dauernde Last abziehbar, daß die Vorläufervorschriften des § 12 EStG die Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen an unterhaltsberechtigte Personen untersagten. Insoweit war das Abzugsverbot spezialgesetzlich ausgeschlossen. Auch aus dem "soweit"-Vorbehalt im Einleitungssatz des § 10 Abs.1 EStG ergibt sich kein Vorrang des § 12 Nr.1 und 2 EStG vor dem dort nicht aufgeführten § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG. Der Große Senat hat in seinem Beschluß in BFHE 161, 317, 329, BStBl II 1990, 847, 852 entschieden, daß Versorgungsleistungen, die anläßlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer des Vermögens zugesagt werden, sich durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge von Unterhaltsleistungen unterscheiden. Hieran ist festzuhalten.
b) Der RFH hat in seinem Urteil vom 1.Februar 1933 VI A 2056/32 (RStBl 1933, 583) die Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen als gerechtfertigt angesehen im Hinblick auf die Vermögensübergabe: Hier stehe "im Vordergrund, daß sich die Eltern insoweit das erhalten wollen, was ihnen bisher zur Lebensunterhaltung diente". Es könne wirtschaftlich auch so angesehen werden, "als ob die Eltern sich von ihrem Vermögen an Ertragswert das zurückbehielten, was für sie zur Lebenshaltung nötig ist". Dem entspricht es, wenn der IV.Senat des BFH in seinem Urteil vom 28.Juli 1983 IV R 174/80 (BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97, 100) ausführt, (landwirtschaftliche) Altenteilsleistungen seien deswegen keine freiwilligen Unterhaltsleistungen, weil ihnen der Wert des übertragenen Vermögens gegenüberstehe, ohne daß deshalb ein Veräußerungsgeschäft vorliege; vielmehr handele es sich "um eine besondere Art von Versorgungsleistungen, die durch die Betriebsübergabe notwendig geworden sind" (ähnlich BFH-Urteil vom 2.Februar 1956 IV 217/54 U, BFHE 62, 235, 239 f., BStBl III 1956, 88).
Schon immer ist die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nicht als Gegenleistung für das übertragene Vermögen angesehen worden (Beschluß in BFHE 161, 317, 327 f., BStBl II 1990, 847, 852, unter C.I.1., m.w.N.). Dieser Vertrag ist dadurch charakterisiert worden daß,
- die einkommensteuerrechtliche Behandlung der familien- und erbrechtlichen Natur des Vertragstypus folge (RFH-Urteile vom 8.Oktober 1931 VI A 770/31, RStBl 1931, 946 m.w.N.; in RStBl 1933, 583; Enno Becker, StuW I 1929, 969, 978 ff.);
- daß die Vermögensübertragung die Vorwegnahme der künftigen Erbregelung und die wirtschaftliche Sicherung der alternden Eltern bezwecke (z.B. BFH-Urteil vom 12.Juli 1955 I 232/54 U, BFHE 61, 272, BStBl III 1955, 302; vom 20.März 1984 IX R 8/80, BFHE 140, 566, BStBl II 1985, 43);
- daß die Rente nicht nach dem Wert der Gegenleistung, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen werde (BFH-Urteil in BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422);
- daß die Beteiligten sich von dem Gedanken leiten lassen, den übertragenen Betrieb der Familie zu erhalten (z.B. BFH-Urteil vom 30.November 1967 IV 1/65, BFHE 91, 81, BStBl II 1968, 263).
c) Bereits der RFH hat in seinem Urteil in RStBl 1933, 583 ausgesprochen, "bis zur Grenze des versuchten Mißbrauchs zur Umgehung des § 15 Abs.1 Nr.3 Satz 2 EStG" (einer Vorläufervorschrift des § 12 Nr.2 EStG) müsse in diesen Fällen regelmäßig anerkannt werden, "daß Sinn und Zweck nicht die (selbständige) Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht ist", sondern die "Folgerung aus der Übergabe von Vermögen seitens der Eltern an die Kinder". Nach dem BFH-Urteil in BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422 liegt eine nicht abziehbare Unterhaltsleistung dann vor, wenn "unter Berücksichtigung der Gegenleistung der Unterhaltscharakter offensichtlich überwiegt". Nach dieser Entscheidung kann ein wesentlicher Anhaltspunkt für das Überwiegen im allgemeinen darin gesehen werden, daß der Wert der Gegenleistung (z.B. des übernommenen Betriebsvermögens) bei überschlägiger und großzügiger Berechnung weniger als die Hälfte des Wertes der Rentenverpflichtung beträgt. Auch das BFH-Urteil vom 28.Juli 1983 IV R 174/80 (BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97) sieht in dieser Vergleichsrechnung, die in Abschn.123 Abs.3 EStR ihren Niederschlag gefunden hat, einen --wenn auch für Hofübergabeverträge praktisch nicht bedeutsamen-- "Anhaltspunkt" für die Bestimmung der nach § 12 EStG nicht abziehbaren Unterhaltsleistungen. Dem stimmt der Große Senat zu.
5. Der Große Senat hat mit Beschluß in BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847, 852 (dort unter C.II.1.c) entschieden, daß die hier fraglichen Versorgungsleistungen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten darstellen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der --zeitlich vor der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847 erlassene-- Vorlagebeschluß des X.Senats.
D. Entscheidung des Großen Senats
Der Große Senat beantwortet die vorgelegten Rechtsfragen wie folgt:
1. Überträgt jemand Vermögen im Wege vorweggenommener Erbfolge, so können
vom Vermögensübernehmer zugesagte Versorgungsleistungen (z.B.
Altenteilsleistungen) Leibrente (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2, § 22 Nr.1 Satz
3 Buchst.a EStG) oder dauernde Last (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) sein.
2. Versorgungsleistungen in Geld sind als dauernde Last abziehbar, wenn sich ihre Abänderbarkeit entweder aus einer ausdrücklichen Bezugnahme auf § 323 ZPO oder in anderer Weise aus dem Vertrag ergibt.
Fundstellen
Haufe-Index 63534 |
BFH/NV 1992, 10 |
BStBl II 1992, 78 |
BFHE 165, 225 |
BFHE 1992, 225 |
BB 1991, 2281 |
BB 1991, 2349 |
BB 1991, 2349 (L) |
DB 1991, 2464-2469 (LT) |
DStR 1991, 1555 (KT) |
HFR 1992, 120 (LT) |
StE 1991, 398 (K) |