Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung in AdV-Beschwerdeverfahren nach rechtskräftiger Entscheidung des Klageverfahrens
Leitsatz (NV)
Aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit ist das Verfahren nicht mehr weiter allein zu dem Zweck fortzusetzen, für die Kostenentscheidung den hypothetischen Ausgang des Verfahrens festzustellen oder anhand eingehender Erwägungen abschließend den Streitstoff zu entscheiden.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 100 Abs. 1 S. 4, § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) wendet sich gegen einen die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährenden finanzgerichtlichen Beschluss.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) war im Streitjahr 2004 Angestellter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Um den Antragsteller an die GmbH zu binden, erhöhten die Gesellschafter das Stammkapital der GmbH auf 230 000 € und beteiligten den Antragsteller mit einem Geschäftsanteil im Nennwert von 23 000 € (10 %).
Das FA gelangte im Anschluss an eine bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Differenz zwischen dem Nennwert der dem Antragsteller übertragenen Anteile (23 000 €) und deren gemeinem Wert (379 762 €) als Arbeitslohn zu versteuern sei. Dementsprechend erhöhte das FA die Einkommensteuer des Antragstellers durch Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung.
Das Finanzgericht (FG) entsprach dem Antrag des Antragstellers auf AdV des geänderten Einkommensteuerbescheids aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1072 veröffentlichten Gründen und ließ die Beschwerde zu. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zwar entschieden, dass ein geldwerter Vorteil regelmäßig auch dann vorliege, wenn eine Arbeitgeber-Kapitalgesellschaft einem Arbeitnehmer verbilligt Anteile am Gesellschaftskapital überlasse, so dass die Ansicht des FA, dem Antragsteller sei ein geldwerter Vorteil zugeflossen, dem Grunde nach zutreffend sein dürfte. Allerdings bestünden im Streitfall erhebliche Bedenken gegen die Höhe des angesetzten Vorteils. So sei angesichts des Gesellschaftsvertrages vom 22. Dezember 1995 nicht auszuschließen, dass der Antragsteller zunächst keine Möglichkeit habe, den in den Gesellschaftsanteilen liegenden Wert zu realisieren. Darüber hinaus sei nicht auszuschließen, dass der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes Anwendung finde, weil der zugewandte Wert sich als Lohn für die in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit des Antragstellers darstelle.
Mit beim FG am 6. Februar 2007 eingegangener Beschwerde wandte sich das FA gegen den die AdV gewährenden Beschluss, rügte Verfahrensmängel und beantragte, den stattgebenden Beschluss aufzuheben sowie den Antrag auf AdV zurückzuweisen.
Nachdem mit rechtskräftigem Urteil vom 22. Februar 2007 das FG entschieden hatte, den geldwerten Vorteil unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes mit 280 810 € anzusetzen und die Kosten des Klageverfahrens dem Kläger zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 aufzuerlegen, wies der BFH darauf hin, dass die statthafte Beschwerde unzulässig geworden sei. Es bestehe kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Entscheidung über die AdV. Der Aussetzungsantrag könne auch nicht nachträglich darauf gerichtet werden, festzustellen, dass an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ernstliche Zweifel bestanden hätten. Denn § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestatte zwar für das Klageverfahren, aber weder unmittelbar noch entsprechend für das Aussetzungsverfahren den Übergang zu einem Fortsetzungsfeststellungsverfahren.
Die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend das Verfahren in der Hauptsache für erledigt.
Entscheidungsgründe
II. Der Rechtsstreit ist mit den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten, die auch in der Beschwerdeinstanz abgegeben werden können, in der Hauptsache erledigt. Der angefochtene Beschluss des FG einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung wird damit gegenstandslos.
1. Nach § 138 FGO hat der Senat nur noch über die Kosten des gesamten Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluss zu entscheiden. Maßstab für die Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 1 FGO ist aufgrund einer summarischen Prüfung grundsätzlich der Verfahrensausgang, der sich bei Anwendung der die strittige Rechtsfrage betreffenden Rechtsprechung des BFH ergeben würde (BFH-Beschluss vom 28. Juni 1995 VIII B 10/95, BFH/NV 1996, 213).
Gemessen daran entspricht es billigem Ermessen, die Kosten entsprechend dem rechtskräftigen Ergebnis des Klageverfahrens dem Antragsteller zu 2/3 und dem FA zu 1/3 aufzuerlegen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit das Verfahren nicht mehr weiter allein zu dem Zweck fortzusetzen, für die Kostenentscheidung den hypothetischen Ausgang des Verfahrens festzustellen oder anhand eingehender Erwägungen abschließend den Streitstoff zu entscheiden (BFH-Beschluss vom 23. November 1994 II R 54/90, BFH/NV 1995, 633, m.w.N.).
2. Durch die Hauptsacheerledigung wird der die AdV gewährende Beschluss des FG gegenstandslos (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 213).
Fundstellen