Leitsatz (amtlich)
§ 13 KStG schließt die Abschreibung einer Schachtelbeteiligung auf den niedrigeren Teilwert nicht aus, wenn der Wert der Beteiligung infolge von Ausschüttungen unter den Buchwert gesunken ist (Bestätigung des Urteils I 189/65 vom 17. September 1969, BFH 97, 251, BStBl II 1970, 107).
Normenkette
KStG §§ 9, 13; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige), eine AG, war in den Streitjahren 1961 und 1962 mit 93,75 v. H. des Grundkapitals an der B-AG beteiligt. Diese veräußerte im Jahr 1960 einen Teil ihrer Wertpapiere und erzielte dabei einen Buchgewinn von 6 600 000 DM. Ihr Bilanzgewinn im Geschäftsjahr 1960 betrug 6 913 215 DM. Diesen Gewinn schüttete sie durch Beschluß vom 24. März 1961 in voller Höhe aus. Auf die Steuerpflichtige entfielen 6 501 141 DM. Die Steuerpflichtige beanspruchte für diesen Betrag die Steuerfreiheit nach § 9 KStG. Sie nahm ferner in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1961 auf die Beteiligung an der B-AG eine Teilwertabschreibung von 1 199 525 DM vor. Diese begründete sie zu einem Teilbetrag von 899 295 DM damit, daß das Vermögen der B-AG durch die Veräußerung eines wesentlichen Teils des Wertpapierbestands abgenommen habe, und zu einem Teil von 300 230 DM damit, daß die Kurswerte der nicht veräußerten Wertpapiere der B-AG eine Wertminderung in dieser Höhe erfahren hätten.
Der Revisionskläger (das FA) erkannte bei der Veranlagung für das Streitjahr 1961 die Teilwertabschreibung nicht an.
Im Jahr 1961 erzielte die B-AG einen Bilanzgewinn von 119 540 DM, den sie wiederum ausschüttete. Auf die Steuerpflichtige entfielen 112 069 DM. Die Steuerpflichtige begehrte die Steuerfreiheit nach § 9 KStG. Sie nahm außerdem in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1962 eine Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der B-AG in Höhe von 343 313,76 DM vor, weil die Kurswerte der bei der B-AG verbliebenen Wertpapiere erheblich zurückgegangen seien.
Das FA erkannte auch diese Teilwertabschreibung nicht an.
Die Sprungklagen hatten zum Teil Erfolg.
Das FG, dessen Entscheidung in der Körperschaftsteuer-Sache 1961 in EFG 1970, 302 veröffentlicht ist, hat die Körperschaftsteuer-Bescheide 1961 und 1962 insoweit aufgehoben, als die Teilwertabschreibungen versagt wurden.
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des FA.
Das FA rügt die Verletzung des § 13 KStG, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG und beantragt, die angefochtenen Urteile aufzuheben und die angefochtenen Körperschaftsteuer-Bescheide wieder herzustellen.
Die Steuerpflichtige beantragt, die Revisionen des FA zurückzuweisen.
Der BdF ist dem Verfahren in der Körperschaftsteuer-Sache 1961 gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten. Er vertritt in erster Linie die Auffassung, die Gewährung des Schachtelprivilegs nach § 9 Abs. 1 KStG sei unzulässig, wenn die Untergesellschaft gekaufte oder in der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) ausgewiesene Rücklagen ausschütte. Gewähre man aber das Schachtelprivileg, dann stehe § 13 KStG einer Teilwertabschreibung, die auf die ausschüttungsbedingte Wertminderung der Schachtelbeteiligung gestützt werde, entgegen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat zutreffend die Gewinne, die die B-AG an die Steuerpflichtige ausgeschüttet hat, bei dieser steuerfrei behandelt (§ 9 KStG) und die Abschreibungen der Beteiligung an der B-AG auf den niedrigeren Teilwert in der Bilanz der Steuerpflichtigen zugelassen (§ 6 KStG, § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
1. Abschreibung der Beteiligung wegen Wertminderung durch Gewinnausschüttung
Der Senat hat in dem Urteil I 189/65 vom 17. September 1969 (BFH 97, 251, BStBl II 1970, 107) entschieden, daß auch die Ausschüttung "gekaufter" oder in der DMEB ausgewiesener Rücklagen eine Ausschüttung von Gewinnanteilen darstellt, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 9 KStG bei der empfangenden Kapitalgesellschaft steuerfrei bleiben. Wenn durch diese Ausschüttung der Wert der Beteiligung unter den Buchwert sinkt, so darf, wie der Senat in diesem Urteil weiter entschieden hat, der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Daran hält der Senat nach nochmaliger Prüfung der Rechtsfrage fest. Die möglichen Einwendungen gegen seine Auffassung, wie sie auch in der Begründung der vorliegenden Revision des FA enthalten sind, hat der Senat bereits bei seiner Entscheidung I 189/65 (a. a. O.) berücksichtigt. Er kann daher davon absehen, die Gründe für seine Entscheidung erneut darzulegen. Da indes das FA und der BdF entgegen dem Urteil I 189/65 (a. a. O.) die Ansicht vertreten, daß § 13 KStG die von der Steuerpflichtigen begehrte Teilwertabschreibung ausschließe, ist zu dieser Frage nochmals Stellung zu nehmen.
Der Senat hat in dem erwähnten Urteil in § 13 KStG kein Hindernis für die begehrte Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert erblickt, weil Abschreibungen wegen Wertminderung nicht unter den Begriff "Ausgaben" im Sinn des § 13 KStG fielen (Urteil des RFH I 250/37 vom 14. Dezember 1937, RStBl 1938, 67). Dagegen wendet der BdF ein, der steuerliche Sprachgebrauch hinsichtlich des Wortes "Ausgaben" sei nicht einheitlich. In einer Reihe von gesetzlichen Vorschriften werde das Wort gleichbedeutend mit "Aufwendungen" gebraucht, in anderen dagegen in einem weiteren Sinne, vor allem in §§ 11-13 KStG. Zu den Ausgaben im Sinn des § 13 KStG zählten z. B. auch die Absetzungen für Abnutzung, weil sie im § 9 Nr. 7 EStG ausdrücklich als Werbungskosten aufgeführt seien. Nach § 11 Nr. 2 KStG gehörten auch die versicherungstechnischen Rücklagen, nach § 11 Nr. 4 KStG sogar der Sanierungsgewinn, zu den "abzugsfähigen Ausgaben". Diese weite Fassung des Ausgabenbegriffs lasse es ohne weiteres zu, die durch die Auskehrung gekaufter Rücklagen ausgelöste Wertminderung einer Beteiligung als "Ausgaben" im Sinn des § 13 KStG zu verstehen.
Außerdem gebiete es die Ungenauigkeit des Wortlauts des § 13 KStG, bei der Auslegung von dem Grundgedanken dieser Vorschrift auszugehen. Dieser sei darin zu erblicken, daß Gewinnminderungen jeder Art - nicht nur Ausgaben im engeren Sinne - ausgeschlossen würden, wenn sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stünden.
Dieser Auffassung kann der Senat nicht folgen.
Einmal bestehen Bedenken dagegen, aus der Ungenauigkeit des Wortlauts des § 13 KStG, die im Schrifttum sogar zur Annahme der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift geführt hat (Friedrich, BB 1964, 1077), Schlüsse zu ziehen, die im Ergebnis zu einer höheren Steuerbelastung führen. Der RFH ist diesen Weg in dem Urteil I A 169/36 vom 22. September 1936 (RStBl 1936, 1181) gegangen, der Senat ist ihm in dem Urteil I 26/64 vom 25. Oktober 1966 (BFH 87, 243, BStBl III 1967, 92) nicht gefolgt.
Die umstrittenen Teilwertabschreibungen sind auch dann nicht unzulässig, wenn man mit dem BdF den Zweck des § 13 KStG darin sieht, Gewinnminderungen jeder Art - nicht nur Ausgaben im engeren Sinne - auszuschließen, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Die durch die Abschreibungen eingetretenen Gewinnminderungen stehen nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Schachteleinnahmen.
Die durch § 9 KStG angeordnete Steuerfreiheit bezieht sich nicht auf die Schachtelbeteiligung selbst, sondern nur auf die aus ihr fließenden Gewinnanteile (Urteil des BFH I 26/64, a. a. O.). Auf im Zusammenhang mit einer Schachtelbeteiligung erzielte Gewinne, die nicht "auf die Beteiligung entfallende Gewinnanteile jeder Art" (§ 9 Abs. 1 Satz 1 KStG) sind, erstreckt sich die Steuerfreiheit nicht. Der Gewinn aus der Veräußerung von zu einer Schachtelbeteiligung gehörenden Anteilen ist daher steuerpflichtig; dies gilt selbst dann, wenn der Veräußerungsgewinn auch auf aufgespeicherten Gewinnen beruht.
§ 13 KStG schließt - bezogen auf den Streitfall - nur den Abzug von Ausgaben aus, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den gemäß § 9 KStG außer Ansatz bleibenden "auf die Beteiligung entfallenden Gewinnanteilen jeder Art" stehen. Die Vorschrift bezieht sich nicht auf Ausgaben, die nur die Beteiligung selbst betreffen, und hindert demzufolge die Geltendmachung des Verlustes aus der Veräußerung einer Schachtelbeteiligung nicht. Dies gilt auch dann, wenn die Wertminderung, die für den Veräußerungsverlust ursächlich war, darauf beruht, daß die Gesellschaft Rücklagen, auch "gekaufte" Rücklagen, ausgeschüttet hat. Da es auf die Ursache für die Wertminderung nicht ankommt, ist auch eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert nicht ausgeschlossen, die, wie die Steuerpflichtige mit Recht bemerkt, wirtschaftlich einem Veräußerungsverlust gleichsteht.
2. Abschreibung der Beteiligung wegen der Kursverluste
Das FG hat festgestellt, daß die B-AG außer den ihr verbliebenen Wertpapieren kein nennenswertes Vermögen besessen habe. Ihre Tätigkeit habe sich überwiegend auf die Verwaltung ihres Wertpapierbestandes beschränkt. Der Kurs der Wertpapiere sei nicht nur vorübergehend gefallen. Unter diesen Umständen sei auch der Teilwert der Beteiligung an der B-AG entsprechend gesunken.
Gegen die tatsächlichen Feststellungen des FG hat das FA keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben. Sie sind daher für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) und rechtfertigen die Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert in Höhe des Kursrückgangs der Wertpapiere der B-AG. Wenn das FA meint, bei der Ermittlung des Teilwerts der Beteiligung seien nicht nur wertmindernde, sondern auch werterhöhende Faktoren zu berücksichtigen, so ist das richtig. Das angefochtene Urteil läßt aber nicht erkennen, daß das FG diesen Grundsatz außer acht gelassen habe. Die Ausführungen des FG sind bei verständiger Würdigung so zu verstehen, daß keine Anhaltspunkte für das Vorhandensein werterhöhender Faktoren, die gegenüber den Kursrückgängen der Wertpapiere ins Gewicht fallen könnten, gegeben seien. Daran ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Das FA hat auch nicht angegeben, welche werterhöhenden Faktoren im Streitfall zu berücksichtigen gewesen wären.
§ 13 KStG steht, wie bereits ausgeführt, der Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert nicht entgegen.
Fundstellen
Haufe-Index 413135 |
BStBl II 1972, 397 |
BFHE 1972, 438 |