Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG: Erbbaurecht, Schenkung, Anschaffungsnebenkosten
Leitsatz (amtlich)
1. Erbbauzinsen oder einmalige für den Erwerb des Erbbaurechts anfallende Aufwendungen sind nicht nach § 10e Abs.1 EStG begünstigt.
2. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung gelten auch im Rahmen des § 10e EStG. Verpflichtet sich der Schenker im Kaufvertrag dem Verkäufer gegenüber, die Anschaffungskosten für das zur Eigennutzung des Beschenkten (Käufers) vorgesehene Einfamilienhaus zu bezahlen, ist dieser nicht berechtigt, für die vom Schenker übernommenen Aufwendungen einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG in Anspruch zu nehmen.
3. Dem Beschenkten steht für die von ihm selbst getragenen Anschaffungsnebenkosten kein Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG zu.
Orientierungssatz
Laufend zu zahlende Erbbauzinsen sind keine Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hat der Grundstückseigentümer die Erbbauzinsen mit deren Zufluß als Einnahmen zu versteuern, beim Erbbauberechtigten gehören die abgeflossenen Erbbauzinsen zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Durch notariellen Kaufvertrag vom 8. Mai 1987 erwarben sie --der Kläger zu 2/3, die Klägerin zu 1/3-- das Erbbaurecht an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück. Der Kaufpreis betrug 290 000 DM. Lt. § 2 des Kaufvertrages verpflichteten sich die Eltern des Klägers gegenüber dem Verkäufer zur Zahlung des anteiligen Kaufpreises für ihren Sohn in Höhe von 100 000 DM, die Großmutter des Klägers zur Zahlung des weiteren anteiligen Kaufpreises in Höhe von ebenfalls 100 000 DM. Die Eltern der Klägerin erklärten sich gegenüber dem Verkäufer zur Zahlung des von der Klägerin geschuldeten Kaufpreisanteils von 90 000 DM bereit. Die Kläger unterwarfen sich wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung, ebenso die Eltern und die Großmutter des Klägers sowie die Eltern der Klägerin wegen ihrer Verpflichtungen zur Zahlung des jeweiligen Kaufpreisanteils.
§ 4 des Vertrages lautet:
"Schenkung
(Der Kläger) ist mit seinen Eltern und seiner Großmutter darüber einig, daß mit der Zahlung der von ihnen zu erbringenden Kaufpreisteile von insgesamt 200 000 DM auf den (vom Kläger) geschuldeten Kaufpreisteil nicht dieser, sondern das von (dem Kläger) anteilig erworbene Erbbaurecht schenkungsweise zugewendet wird, wobei jeder Elternteil im Innenverhältnis je eine Hälfte zuwendet.
In gleicher Weise sind (die Klägerin) und ihre Eltern darüber einig, daß mit der Zahlung des von ihnen zur Zahlung übernommenen Kaufpreisteiles von 90 000 DM auf den von ihrer Tochter geschuldeten Kaufpreisteil nicht dieser, sondern das von ihr anteilig erworbene Erbbaurecht schenkungsweise zugewendet wird, wobei wiederum jeder Elternteil im Innenverhältnis je eine Hälfte zuwendet.
(Die Kläger) haben sich die ihnen zugewendeten Beträge je auf ihren Pflichtteil nach den Schenkern anrechnen zu lassen."
Die Kläger bewohnten das Einfamilienhaus ab 26. Juli 1987.
In der Einkommensteuererklärung 1987 machten sie einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987 in Höhe von 14 902 DM geltend. In die Bemessungsgrundlage bezogen sie als Anschaffungskosten des Gebäudes den Kaufpreis für das Erbbaurecht in Höhe von 290 000 DM, Grunderwerbsteuer, Gerichtsgebühren, Fahrtkosten, Aufwendungen für Baumaterial, Handwerkszeug und ähnliches in Höhe von insgesamt 26 468 DM sowie als Anschaffungskosten des Grund und Bodens die Hälfte des kapitalisierten Erbbauzinses (15 693 DM) ein. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gewährte die begehrte Begünstigung nach § 10e EStG mangels eigener Anschaffungskosten der Kläger nicht. Einspruch und Klage waren erfolglos.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 10e Abs.1 EStG.
Sie beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht (FG) zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es vertritt die Auffassung, die Kläger seien durch Schenkung Inhaber des Erbbaurechts mit Gebäude geworden. Die von ihnen gezahlten Erwerbsnebenkosten seien keine nach § 10e Abs.1 EStG begünstigten Anschaffungskosten, sondern Folgekosten der Schenkung. Da der schenkweise Erwerb einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung keine Anschaffung im steuerrechtlichen Sinne sei, könnten Aufwendungen, die mit diesem Erwerb zusammenhingen, keinem Anschaffungsvorgang und damit nicht den Anschaffungskosten zugeordnet werden.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der geänderte Einkommensteuerbescheid 1987 vom 23. September 1993.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das FG weder für den von den Klägern geltend gemachten kapitalisierten Wert der Erbbauzinsen noch für die einmaligen Aufwendungen zum Erwerb des Erbbaurechts (Grunderwerbsteuer, Gerichtsgebühren) einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG gewährt.
§ 10e Abs.1 EStG begünstigt die Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Wohnung im eigenen Haus oder einer eigenen Eigentumswohnung "zuzüglich der Hälfte der Anschaffungskosten für den dazugehörenden Grund und Boden".
a) Laufend zu zahlende Erbbauzinsen sind bereits begrifflich keine Anschaffungskosten.
Ein Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche eines Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs.1 der Verordnung über das Erbbaurecht --ErbbauV--). Es ist ein dingliches Recht zur Nutzung fremden Grund und Bodens. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das durch die Bestellung eines Erbbaurechts begründete Rechtsverhältnis nach seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Leistungsinhalt ein der Miete und Pacht angenähertes entgeltliches Dauernutzungsverhältnis, das auf einen fortwährenden Leistungsaustausch zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten gerichtet ist. Der Grundstückseigentümer hat für die Dauer der Erbbaurechtsbestellung die Nutzung des Grundstücks durch den Erbbauberechtigten zu dulden und erhält als Entgelt laufende Leistungen des Erbbauberechtigten in Form des wiederkehrenden Erbbauzinses (z.B. BFH-Urteile vom 20. Januar 1983 IV R 158/80, BFHE 138, 53, BStBl II 1983, 413; vom 17. April 1985 I R 132/81, BFHE 144, 213, BStBl II 1985, 617, und vom 4. Juni 1991 X R 136/87, BFHE 165, 349, BStBl II 1992, 70 jeweils m.w.N.). Obwohl es sich bürgerlich-rechtlich um ein dingliches, grundstücksgleiches Recht handelt, sind für die steuerrechtliche Beurteilung die laufenden, wechselseitigen Leistungsverpflichtungen maßgebend. Im Rahmen der Gewinneinkünfte sind daher die Erbbauzinsen beim Grundstückseigentümer Betriebseinnahmen, beim Erbbauberechtigten Betriebsausgaben. Entsprechendes gilt für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Grundstückseigentümer hat die Erbbauzinsen mit deren Zufluß als Einnahmen zu versteuern, beim Erbbauberechtigten gehören die abgeflossenen Erbbauzinsen zu den sofort abziehbaren Werbungskosten.
Die Beurteilung des Erbbaurechtsverhältnisses als entgeltliches Dauernutzungsverhältnis gilt auch im Bereich der Wohnungsbauförderung nach § 10e EStG. Da die jährlich zu erbringenden Erbbauzinszahlungen Entgelt für die fortwährende Duldung der Grundstücksnutzung durch den Eigentümer sind, können sie weder Anschaffungskosten für den zum Haus oder zur Wohnung gehörenden Grund und Boden noch --den Anschaffungskosten des Grund und Bodens ggf. gleichzustellende (s.u. 1. c)-- Anschaffungskosten für ein Erbbaurecht sein.
b) Die --lt. Einkommensteuererklärung von den Klägern getragenen-- einmaligen Aufwendungen für den Erwerb des Erbbaurechts (Grunderwerbsteuer, Gerichtsgebühren) sind zwar, soweit sie auf das Erbbaurecht und nicht auf das Gebäude entfallen, Anschaffungskosten des Erbbaurechts (vgl. z.B. BFHE 165, 349, BStBl II 1992, 70). Nach der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages (BTDrucks 10/5208, S.40) sollte die Förderung der Anschaffungskosten des Grund und Bodens auch die Anschaffungskosten für ein Erbbaurecht umfassen. Im Gesetzeswortlaut kommt diese Auffassung aber nicht zum Ausdruck. Anschaffungskosten für den zur eigengenutzten Wohnung gehörenden Grund und Boden sind nur Aufwendungen zur Erlangung des Grundstückseigentums. Aufwendungen für den Erwerb eines --wenn auch verdinglichten-- Nutzungsrechts sind nicht begünstigt.
c) Aufwendungen für den Erwerb eines Erbbaurechts können auch nicht im Wege der Analogie den Anschaffungskosten für den Grund und Boden gleichgestellt werden. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, die zu einer Analogie zugunsten der Kläger berechtigen würde, liegt nicht vor.
Zwar sind insbesondere die einmaligen Aufwendungen zur Erlangung eines Erbbaurechts den Anschaffungskosten für den Grund und Boden wirtschaftlich vergleichbar. Es wäre mit dem Begünstigungszweck vereinbar gewesen, die Aufwendungen zur Erlangung eines Erbbaurechts den Anschaffungskosten eines Grundstücks gleichzustellen. Eine solche --der Vorstellung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages entsprechende (s.u. 1. b)-- Regelung ist aber nicht Gesetz geworden. Eine planwidrige Gesetzeslücke liegt hierin nicht. Gefördert wird nach § 10e Abs.1 EStG die Wohnung im eigenen Haus bzw. die eigene Eigentumswohnung. Nutzungsberechtigte sind von der Förderung ausgeschlossen. Folgerichtig werden nur die Anschaffungskosten für den (eigenen) Grund und Boden und nicht auch die Aufwendungen für ein Nutzungsrecht begünstigt.
Wollte man die Aufwendungen für ein Erbbaurecht begünstigen, so wäre es konsequent, auch den Kapitalwert der jährlich zu zahlenden Erbbauzinsen zu berücksichtigen. Eine Qualifizierung der Erbbauzinsen als Anschaffungskosten würde aber zu unterschiedlichen steuerrechtlichen Wertungen der Erbbauzinsen bei der Wohnungsbauförderung und den Gewinneinkünften sowie den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen. Besonders deutlich wird dies, wenn der Erbbauberechtigte in einem Wohn- und Geschäftshaus eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt, die übrigen Wohnungen vermietet und die Geschäftsräume eigenbetrieblich verwendet. Die anteiligen, auf die vermieteten Wohnungen und die Geschäftsräume entfallenden Erbbauzinsen wären als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar, während die auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Erbbauzinsen mit ihrem Kapitalwert als Anschaffungskosten nach § 10e Abs.1 EStG begünstigt wären. Dieser Wertungswiderspruch verbietet eine Analogie.
2. Aus dem von den Eltern der Kläger und der Großmutter des Klägers für das Erbbaurecht mit Gebäude bezahlten Kaufpreis von 290 000 DM steht den Klägern ebenfalls kein Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG zu.
a) Die Inanspruchnahme eines Abzugsbetrags für das Einfamilienhaus scheitert nicht schon daran, daß die Kläger dieses im Wege eines Erbbaurechtskaufs erworben haben. Das aufgrund eines Erbbaurechts errichtete Gebäude gilt als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 Abs.1 Satz 1 ErbbauV) und nicht als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Daher wird der Erbbauberechtigte Eigentümer des Gebäudes. Bei Veräußerung des Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück wird der Erwerber Eigentümer des Gebäudes, so daß das Tatbestandsmerkmal des § 10e Abs.1 EStG "Wohnung in einem ... eigenen Haus" erfüllt ist.
Obwohl das Erbbaurecht und das Gebäude als dessen wesentlicher Bestandteil zivilrechtlich eine Einheit bilden, ist einkommensteuerrechtlich zu unterscheiden zwischen dem Erwerb des Erbbaurechts als Recht zur Nutzung fremden Grund und Bodens und dem damit verbundenen Erwerb des Gebäudes. Die Kosten für den Erwerb eines Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück sind nur nach § 10e EStG begünstigt, soweit sie auf das Gebäude entfallen. Ob der Kaufpreis von 290 000 DM in voller Höhe für das Gebäude gezahlt wurde, kann der Senat im Streitfall offenlassen, weil insoweit ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG mangels eigener Anschaffungskosten der Kläger nicht in Betracht kommt.
b) Nach § 10e Abs.1 EStG sind nur die vom Steuerpflichtigen selbst aufgewendeten Kosten für die Anschaffung der Wohnung begünstigt. Für den unentgeltlichen Erwerb einer Wohnung ist ein Abzugsbetrag nicht zu gewähren (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991 X R 89/90, BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295).
Ein unentgeltlicher Erwerb liegt auch bei einer sog. mittelbaren Gebäudeschenkung vor. Die von der Rechtsprechung im Schenkungsteuerrecht zur mittelbaren Grundstücksschenkung entwickelten Grundsätze gelten auch für das Einkommensteuerrecht (BFH-Urteil vom 15. Mai 1990 IX R 21/86, BFHE 162, 26, BStBl II 1992, 67) und somit auch im Rahmen des § 10e EStG (gl.A. Oberfinanzdirektion --OFD-- München vom 13. Juli 1992, Betriebs-Berater --BB-- 1992, 1701; Stuhrmann, Deutsche Steuer-Zeitung 1992, 262, 266; Stephan, Die Besteuerung selbstgenutzten Wohneigentums, 4.Aufl., S.79, 80; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10e EStG Anm. 132; Jaser/Wacker, Die neue Eigenheimbesteuerung, 7.Aufl., S.40; a.A. N. Mayer, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1992, 1266; Neufang, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1990, 540, 541; Obermeier, Das selbstgenutzte Wohneigentum, 3.Aufl., Rz.149). Nach diesen Grundsätzen bestimmt sich der Gegenstand der Schenkung nach der Schenkungsabrede und nach dem, was der Bedachte endgültig erhalten hat. Es kommt also darauf an, was nach der Schenkungsabrede geschenkt sein soll und worüber der Bedachte im Verhältnis zum Schenker tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Entscheidend ist nicht, auf welche Weise sich das Vermögen des Schenkers mindert, sondern wie sich das Vermögen beim Bedachten vermehrt. Kann der Beschenkte nicht über das ihm zugedachte Geld, sondern (erst) über das damit erworbene Grundstück verfügen, ist Gegenstand der Schenkung das Grundstück.
Die Kläger sind zwar lt. Vertrag Käufer des Erbbaurechts und schulden damit (auch) selbst das vereinbarte Entgelt. Jedoch haben sich die Eltern und die Großmutter im Vertrag verpflichtet, das Entgelt --jeweils anteilig-- zu zahlen und sich wegen dieser Verpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Die Kläger konnten also nicht über die von Eltern und Großmutter gezahlten 290 000 DM, sondern nur über das von Eltern und Großmutter bezahlte Erbbaurecht nebst dem auf dem Grundstück errichteten Einfamilienhaus verfügen. Anschaffungskosten für die eigengenutzte Wohnung sind ihnen nicht entstanden.
c) Der im Bereich des Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzugs entwickelte Gedanke, daß unter bestimmten (im einzelnen streitigen) Voraussetzungen auch Zahlungen eines Dritten als Aufwendungen des Steuerpflichtigen anzusehen sind (vgl. Vorlagebeschluß des IV.Senats des BFH vom 9. Juli 1992 IV R 115/90, BFHE 169, 56, BStBl II 1992, 948), ist im Bereich der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG ebensowenig anwendbar wie im Bereich der Vorsorgeaufwendungen (s. hierzu Senatsurteil vom 19. April 1989 X R 2/84, BFHE 157, 101, BStBl II 1989, 683). Den Gesichtspunkt der individuellen Belastung zu vernachlässigen kann allenfalls im Hinblick auf den Zweck des Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzugs gerechtfertigt sein, alle Aufwendungen zu erfassen, die der Erzielung von Einkünften gedient haben. Nach § 10e Abs.1 EStG sind aber nur eigene Aufwendungen des Steuerpflichtigen begünstigt, die ihm in Form von Anschaffungs- oder Herstellungskosten entstanden sind (BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295). Es soll derjenige Steuerpflichtige gefördert werden, der durch Aufwendungen belastet ist, die für die Erlangung des Wohneigentums erforderlich waren (Senatsurteil vom 13. Januar 1993 X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346). Der von den Eltern und der Großmutter bezahlte Kaufpreis hätte die Kläger lediglich dann zur Inanspruchnahme eines Abzugsbetrags nach § 10e Abs.1 EStG berechtigt, wenn ihnen diese Geldbeträge zuvor geschenkt worden wären. Die Schenkung von Geldbeträgen sollte im Streitfall aber aus schenkungsteuerrechtlichen Gründen gerade vermieden werden.
d) Zu Recht hat das FG es abgelehnt, in analoger Anwendung des § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) einen Abzugsbetrag für die von den Eltern und der Großmutter getragenen Aufwendungen zu gewähren. Nach dem Urteil des Senats in BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295 ist § 11d EStDV im Rahmen des § 10e EStG weder unmittelbar noch analog anwendbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe dieser Entscheidung Bezug.
3. Die von den Klägern neben dem Kaufpreis von 290 000 DM als Anschaffungskosten geltend gemachten Aufwendungen von 26 468 DM sind --auch wenn sie die Kläger selbst getragen haben-- nicht nach § 10e EStG begünstigt.
a) Ein Abzugsbetrag steht dem Steuerpflichtigen nur zu, wenn er eine Wohnung hergestellt (§ 10e Abs.1 Satz 1 EStG) oder angeschafft (§ 10e Abs.1 Satz 4 EStG) hat. Eine Anschaffung i.S. des § 10e EStG liegt nur bei entgeltlichem Erwerb vor (BFH-Urteil in BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346). Die sog. Anschaffungsnebenkosten (im Streitfall Grunderwerbsteuer, Gerichtsgebühren und Fahrtkosten) erfüllen zwar die Begriffsmerkmale der Anschaffungskosten, weil sie aufgewendet werden müssen, um das Gebäude zu erwerben (vgl. § 255 Abs.1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches). Sie entstehen im Zusammenhang mit dem Erwerb, sind aber keine Gegenleistung für das erworbene Gebäude. Sie führen somit nicht zu einer Anschaffung i.S. des § 10e EStG. Anschaffungsnebenkosten gehören daher nur bei entgeltlichem Erwerb zur Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG. Bei unentgeltlichem Erwerb sind sie nicht selbständig begünstigt.
b) Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für Baumaterial usw. sind Erhaltungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung einer Wohnung als Vorkosten nach § 10e Abs.6 EStG begünstigt sind. Da eine Anschaffung --wie oben dargelegt-- nur bei entgeltlichem Erwerb anzunehmen ist, sind im Streitfall auch keine Vorkosten abziehbar.
4. Der Senat kann im vorliegenden Anfechtungsverfahren nicht darüber entscheiden, ob ein Abzugsbetrag nach § 10e Abs.1 EStG aus Billigkeitsgründen im Hinblick darauf in Betracht kommt, daß die Finanzverwaltung ursprünglich sowohl bei den Aufwendungen für ein Erbbaurecht (vgl. Steuer-Lexikon 3, § 10e EStG, 1009) als auch bei mittelbaren Grundstücksschenkungen (vgl. Stuhrmann, DStR 1992, 941; Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 10e Rz.8a) Abzugsbeträge nach § 10e Abs.1 EStG gewährt hatte. Die Kläger haben auch nicht vorgetragen, die Verträge aufgrund entsprechender Auskünfte oder im Vertrauen auf eine bestehende Verwaltungsregelung geschlossen zu haben.
Fundstellen
BFH/NV 1994, 79 |
BStBl II 1994, 779 |
BFHE 175, 76 |
BFHE 1995, 76 |
BB 1994, 1913 |
BB 1994, 1913-1915 (LT) |
DB 1994, 1960-1962 (LT) |
DStR 1994, 1451-1452 (KT) |
DStZ 1994, 696-697 (KT) |
HFR 1994, 646-647 (LT) |
StRK, R.24 (LT) |
FR 1994, 717-719 (KT) |
Information StW 1994, 761762 (KT) |
NWB, Fach 3 9263-9264 (5/1995) (KT) |
BuW 1994, 717 (K) |
DWW 1995, 25-26 (LT) |
DNotI-Report 1994, Nr 20, 5 (L) |
MittBayNot 1995, 79-82 (LT) |
ZEV 1994, 383-385 (LT) |