Grunderwerbsteuer bei Verlängerung eines Erbbaurechts
Begriff "Erbbaurecht"
Nach § 1 Abs. 1 ErbbauRG kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt (Erbbauberechtigter), das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (Erbbaurecht). Das Erbbaurecht ermöglicht also, dass Grundstückseigentümer
- ohne Aufgabe des Eigentums einen Ertrag aus dem Grundbesitz erzielen und
- ein anderer darauf ein Gebäude errichten/besitzen kann, ohne den Grund und Boden dafür zu kaufen.
Im Gegensatz zum Pachtvertrag geht das Gebäudeeigentum auf den Erbbauberechtigten über, sodass er in eigene Gebäude investieren kann.
Bestellung eines Erbbaurechts ist ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang
Erbbaurechte stehen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG den Grundstücken gleich. Ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Bestellung eines Erbbaurechts begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer (Gleichlautende Ländererlasse v. 16.9.2015, BStBl 2015 I S. 827 Tz. 2.1.1). Der Wert der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung ist gem. § 1 Abs. 1 BewG nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 2 bis 16 BewG zu bestimmen. Erbbauzinsen gehören zu den wiederkehrenden Leistungen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG).
Wiederkehrende Leistungen sind – im Wege der Kapitalisierung – mit ihrem Kapitalwert anzusetzen, wenn sie auf eine bestimmte Zeit, d.h. auf die Laufzeit des Erbbaurechts, beschränkt sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BewG). Der Kapitalwert bemisst sich nach dem von der Laufzeit des Erbbaurechts abhängigen Vielfachen des Jahreswerts des Erbbauzinses (BFH, Beschluss v. 29.8.2018, II B 9/18, BFH/NV 2019 S. 44).
Verlängerung eines Erbbaurechts ist ebenfalls ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang
Auch die Verlängerung eines Erbbaurechts unterliegt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Bei Verlängerung eines Erbbaurechts entsteht die Grunderwerbsteuer im Zeitpunkt des Abschlusses des entsprechenden Rechtsgeschäfts (BFH, Urteil v. 18.8.1993, II R 10/90, BStBl 1993 II S. 766; Gleichlautende Ländererlasse v. 16.9.2015, BStBl 2015 I S. 827 Tz. 2.1.1). Der Wert der Gegenleistung ist – soweit nichts anderes bestimmt ist oder keine zusätzlichen Leistungen vereinbart wurden – der auf die Laufzeit der Verlängerung des Erbbaurechts kapitalisierte Erbbauzins (BFH, Beschluss v. 23.4.2020, II B 80/19, BFH/NV 2020 S. 925 Rn. 9; Gleichlautende Ländererlasse v. 16.9.2015, BStBl 2015 I S. 827 Tz. 3.4).
Aktuelle Streitfrage
Ob eine weitere Abzinsung des Kapitalwerts des Erbbaurechts von dem späteren Zeitpunkt des Zahlungsbeginns auf den früheren Zeitpunkt der Besteuerung nach § 12 Abs. 3 oder § 13 Abs. 3 BewG zu erfolgen hat, ist aktuell streitig.
Revisionen anhängig
Das Hessische FG hat entschieden, dass keine weitere Abzinsung des Kapitalwerts der vereinbarten Erbbauzinsen auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Verlängerung eines Erbbaurechts nach § 12 Abs. 3 BewG geboten ist (Urteil v. 30.9.2020, 5 K 235/19, EFG 2022 S. 1301). Gegen die Nichtzulassung der Revision wurde erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren fortgeführt (Az. des BFH: II R 3/22).
Auch das FG Düsseldorf hat jüngst entschieden, dass im Fall der Verlängerung eines Erbbaurechts die grunderwerbsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage der kapitalisierte Erbbauzins für die Verlängerungszeit ist (Urteil v. 30.11.2023, 11 K 2195/21 GE). Dieser Wert ist nach Ansicht des FG auch bei einer Verlängerung lange Zeit vor Ablauf des aktuell vereinbarten Erbbaurechts (im Urteilsfall: Vereinbarung der Verlängerung im Jahr 2021 für die Zeit nach 2046) nicht unter Anwendung des § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG abzuzinsen. Das FG Düsseldorf hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, die auch eingelegt worden ist (Az. des BFH: II R 36/23).
In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt werden. Einsprüche ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.
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