Wenn Erbbaurechte ablaufen – Reden hilft!
Bei 17 Prozent der Erbbaurechtsnehmer werden bis zum Jahr 2030 Erbbaurechte in großem Umfang auslaufen. Das zeigt eine Studie, die das Beratungsunternehmen Analyse & Konzepte immo.consult Ende 2022 im Auftrag des Deutschen Erbbaurechtsverbands durchgeführt hat. Eine zweite große Welle ist von 2041 bis 2050 zu erwarten. Diese ist darauf zurückzuführen, dass in Deutschland sehr viele Erbbaurechte nach dem Zweiten Weltkrieg vergeben wurden – mit Laufzeiten von bis zu 99 Jahren.
Davon sind auch viele Wohnungsunternehmen betroffen, die in dieser Zeit Erbbaurechte erhalten haben, zum Beispiel von den Kommunen oder kirchlichen Organisationen. Welche Optionen haben sie für den Umgang mit diesen Erbbaurechten?
1. Die Verträge auslaufen lassen
Je nachdem, wie das Gebäude ins Portfolio passt, in welchem Zustand es sich befindet und wie die wirtschaftliche Betrachtung ausfällt, kann es durchaus eine Option sein, das Erbbaurecht auslaufen zu lassen. Dann erhält das Wohnungsunternehmen für das Gebäude die vertraglich vereinbarte Entschädigung. Meist liegt diese bei zwei Dritteln des Verkehrswertes. Die Mietverhältnisse gehen auf den Erbbaurechtsgeber über. Allerdings kann der Erbbaurechtsgeber das Erbbaurecht "für die voraussichtliche Standdauer des Bauwerks" verlängern, um die Entschädigungszahlung abzuwenden. Lehnt der Erbbauberechtigte die Verlängerung ab, erlischt sein Anspruch auf die Entschädigung.
2. Vertragsverlängerung nach Laufzeitende
Wenn beide Parteien das Erbbaurecht verlängern wollen, können sie für die Zeit nach Vertragsende einen neuen Vertrag schließen. In den allermeisten Fällen steigen dabei aber die Kosten für den Erbbaurechtsnehmer. Denn der Erbbauzins richtet sich üblicherweise nach dem Bodenwert zum Zeitpunkt der Bestellung des Erbbaurechts. Selbst wenn während der Laufzeit der Erbbauzins regelmäßig angepasst wurde, ergeben sich also meist höhere Zinsen für die Erbbaurechtsnehmer. Im Fall von Mietwohnungen können diese Kostensteigerungen auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden – allerdings nur im Rahmen der geltenden Kappungsgrenzen.
3. Vorzeitige Vertragsverlängerung
Größere Verhandlungsspielräume ergeben sich, wenn die Verträge vorzeitig – also noch während der Laufzeit – verlängert werden. Ein guter Zeitpunkt hierfür ist 20 bis 30 Jahre vor Vertragsende. Auf diese Weise erhalten beide Partner Planungssicherheit. Das ist für Wohnungsunternehmen auch im Hinblick auf Modernisierungsmaßnahmen und deren Finanzierung relevant.
Stufenmodelle
Viele Erbbaurechtsgeber bieten für die vorzeitige Vertragsverlängerung Stufenmodelle an, bei denen sich der Erbbauzins schrittweise erhöht. Die Erfahrung zeigt, dass diese bei den Erbbaurechtsnehmern eine hohe Akzeptanz haben. Einige Kommunen haben im Dialog mit den Wohnungsunternehmen in den vergangenen Jahren die Konditionen angepasst, um auf Erbbaurechtsgrundstücken bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen. Aus diesem Grund bieten sie zum Teil sehr niedrige Zinsen sowie 100-prozentige Entschädigungen an.
Grunderwerbsteuer
Leider ist es aktuell so, dass bei der Verlängerung von Erbbaurechtsverträgen erneut die Grunderwerbsteuer anfällt. Sowohl die Verbände der Wohnungswirtschaft als auch der Deutsche Erbbaurechtsverband setzen sich dafür ein, dass sich das ändert – im Sinne der Erbbaurechtsnehmer und des bezahlbaren Wohnens.
4. Grundstückskauf
Einige Erbbaurechtsgeber verkaufen Erbbaurechtsgrundstücke, zum Beispiel weil diese nicht in das Immobilienportfolio passen oder weil sie die Liquidität brauchen. Auch diese Möglichkeit lässt sich im frühzeitigen Gespräch mit dem Erbbaurechtsgeber ausloten.
Fazit
In den meisten Fällen haben sowohl der Grundstückseigentümer als auch das Wohnungsunternehmen ein Interesse daran, das Erbbaurecht aufrecht zu erhalten.
Dann ist das frühzeitige Gespräch die beste Lösung. Erstens haben die Erbbaurechtsgeber in diesem Fall üblicherweise mehr Verhandlungsspielraum. Zweitens sind oft Stufenmodelle möglich, um sprunghafte Preissteigerungen zu vermeiden.
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