Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Übernahme eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto durch den verbleibenden Gesellschafter bei zweigliedriger KG: keine Betriebsaufgabe, Entstehung eines Erwerbsverlustes, Übergang des verrechenbaren Verlustes, widerlegbare Vermutung der Unentgeltlichkeit bei Übertragung zwischen Angehörigen, Schenkung, Veräußerungspreis - Veräußerung einer Beteiligung zum 1.1. eines Jahres: Auslegung des Vertrages, Rumpfwirtschaftsjahr von einem Tag
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übernahme des Unternehmens einer zweigliedrigen KG durch den persönlich haftenden Gesellschafter hat keine Aufgabe des Kommanditanteils durch den ausscheidenden Gesellschafter zur Folge.
2. Scheidet der Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft ohne Abfindung aus und übernimmt der verbleibende Gesellschafter dessen negatives Kapitalkonto, kann dies als entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils zu beurteilen sein. Weder in dem einen noch in dem anderen Fall entsteht beim verbleibenden Gesellschafter ein Erwerbsverlust.
3. Bei der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils geht mit dem Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen auch dessen verrechenbarer Verlust auf den das Unternehmen fortführenden Gesellschafter über.
Orientierungssatz
1. Bei der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft "mit Wirkung vom 1. Januar" eines Jahres ist nicht allein auf den Wortlaut des Vertrages abzustellen, sondern unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden, welchem Feststellungszeitraum der Veräußerungsgewinn zuzurechnen ist. Dies gilt auch bei einer unentgeltlichen Übertragung des Gesellschaftsanteils. Im allgemeinen kann jedoch angenommen werden, daß der Anteil erst in dem Jahr und nicht schon zum 31. Dezember des Vorjahres übertragen wurde (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Bei der Übertragung eines Kommanditanteils zum 1. Januar eines Jahres ist für dieses Jahr noch ein Gewinnfeststellungsverfahren durchzuführen. Dem steht eine Vollbeendigung der KG nicht entgegen. Das gemäß § 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV zu bildende Rumpfwirtschaftsjahr --und damit auch der Gewinnfeststellungszeitraum-- kann auch lediglich einen Tag umfassen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Ein Kommanditanteil wird unentgeltlich übertragen, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, daß er aufgrund einer Schenkung übergehen sollte. Dafür spricht bei Vermögensübertragungen zwischen Angehörigen eine widerlegbare Vermutung. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß eine Schenkung bei einem Gesellschaftsanteil regelmäßig nicht in Betracht kommt, wenn dieser keinen Vermögenswert mehr verkörpert (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. Entgeltlicher Erwerb eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto: Die Übernahme eines nach Auflösung der stillen Reserven noch verbleibenden negativen Kapitalkontos ist Teil des Veräußerungspreises i.S. von § 16 Abs. 2 EStG. Das gilt auch für ein negatives Kapitalkonto, das durch lediglich verrechenbare Verluste entstanden und nicht ausgleichspflichtig ist (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
BGB § 133; EStDV § 7 Abs. 1, § 8b S. 2 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 15a Abs. 1, 4, § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2-3; HGB §§ 142, 161 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und sein Vater (V) waren die einzigen Gesellschafter einer 1981 gegründeten KG. Der Kläger war der persönlich haftende Gesellschafter, V der Kommanditist. Mit Wirkung vom 1. Januar 1985 schied V aus der KG aus; der Kläger führte das Unternehmen alleine weiter. Eine Abfindung hatte der Kläger nicht zu leisten.
Die Kommanditeinlage des V betrug 300 000 DM; sie wurde auf einem Kapitalkonto I verbucht. Die von der KG erwirtschafteten Verluste wurden auf einem besonderen Verlustkonto erfaßt; dieses Konto wies am 1. Januar 1985 für V einen negativen Kapitalanteil von 1 825 604,37 DM aus. Der Anteil des V an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens betrug 1 329 222 DM. Ein Geschäftswert war nicht vorhanden.
Zum Vermögen des V gehörte außer dem Kommanditanteil auch der Miteigentumsanteil an einem Grundstück. Dieses Grundstück übertrugen V und seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), in einem am 20. November 1984 geschlossenen notariellen "Ausstattungsvertrag" auf ihre Tochter. Die Ausstattung war weder ausgleichspflichtig noch anrechnungspflichtig. V verstarb am 5. Juni 1986. Alleinige Erbin wurde die Klägerin.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluß an eine Außenprüfung die Ansicht, daß V den Kommanditanteil im Streitjahr 1985 entgeltlich auf den Kläger übertragen habe und stellte für V einen Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos und für den Kläger einen laufenden Verlust in Höhe der Differenz zwischen dem negativen Kapitalkonto und dem Anteil des V an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens fest. Außerdem aktivierte er beim Kläger Anschaffungskosten des Anteils in Höhe der erworbenen stillen Reserven.
Der Einspruch führte insoweit zu einer Verböserung, als das FA den bisher beim Kläger anerkannten laufenden Verlust unter Hinweis auf die Auflösung der KG zum 1. Januar 1985 nicht mehr berücksichtigte. Den bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers anzusetzenden Verlust aus Gewerbebetrieb stellte es mit 0 DM fest. Dabei ging es davon aus, daß V den Kommanditanteil weder entgeltlich noch unentgeltlich übertragen, sondern gemäß § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgegeben habe.
Die Klage, mit der die Kläger für V einen Gewinnanteil von 0 DM und für den Kläger einen Verlust in Höhe von 1 830 136 DM anstrebten, hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1997, 878).
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 16 Abs. 3 EStG).
Das FA beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FA hat die Rechtsfolgen, die sich aus dem Ausscheiden des V aus der KG bzw. der Übertragung seines Kommanditanteils auf den Kläger ergeben, zutreffend im Rahmen der Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1985 geprüft.
a) Bei der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft "mit Wirkung vom 1. Januar" eines Jahres ist nicht allein auf den Wortlaut des Vertrages abzustellen, sondern unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden, welchem Feststellungszeitraum der Veräußerungsgewinn zuzurechnen ist (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. September 1992 VIII R 7/90, BFHE 170, 29, BStBl II 1993, 228, und vom 29. April 1993 IV R 107/92, BFHE 171, 23, BStBl II 1993, 666; für die Klausel "zum 31. Dezember" eines Jahres BFH-Urteile vom 14. September 1993 VIII R 84/90, BFHE 174, 233, BStBl II 1994, 764, und vom 7. Februar 1995 VIII R 36/93, BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770). Das gilt auch für die Feststellung der Rechtsfolgen, die sich an eine unentgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteils knüpfen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770).
Das FG hat dazu keine Feststellungen getroffen. Bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils "zum 1. Januar" eines Jahres kann jedoch im allgemeinen angenommen werden, daß der Anteil erst in diesem Jahr und nicht schon zum 31. Dezember des Vorjahres übertragen wurde. Darauf hat der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 170, 29, BStBl II 1993, 228 hingewiesen. Er geht von dieser Annahme auch im Streitfall aus.
b) Die Übertragung des Kommanditanteils zum 1. Januar 1985 hat zur Folge, daß für dieses Jahr noch ein Gewinnfeststellungsverfahren durchzuführen war. Dem steht nicht entgegen, daß die KG durch das Ausscheiden des V vollbeendet wurde (s. unter II. 2. b aa der Gründe); das gemäß § 8b Satz 2 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zu bildende Rumpfwirtschaftsjahr --und damit auch der Gewinnfeststellungszeitraum (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 19. April 1994 VIII R 48/93, BFH/NV 1995, 84, m.w.N.)-- kann auch lediglich einen Tag umfassen. Es ist nicht erforderlich, daß für die Gesellschaft noch ein laufender Gewinn oder Verlust festgestellt wird; es genügt, daß für einen Gesellschafter die Entstehung eines Veräußerungsgewinnes oder -verlustes zu prüfen ist (vgl. --für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zum 1. Januar eines Jahres bei fortbestehender Gesellschaft-- BFH-Urteile in BFHE 171, 23, BStBl II 1993, 666, unter 2. c der Gründe und in BFH/NV 1995, 84). So liegt der Fall auch hier mit der Maßgabe, daß ergänzend zu prüfen ist, ob und ggf. in welcher Höhe beim Kläger ein zum Ausgleich mit seinen positiven Einkünften des Veranlagungszeitraums 1985 berechtigender Erwerbsverlust entstanden ist.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob der verrechenbare Verlust des V aus den Vorjahren auf den Kläger übergegangen ist, soweit er nicht durch einen Veräußerungsgewinn des V verbraucht wurde. Der verrechenbare Verlust wird in einem gegenüber der Feststellung der Einkünfte der KG gesonderten Verfahren festgestellt (§ 15a Abs. 4 EStG). Darauf war das Klagebegehren nicht gerichtet. Das hat das FG rechtskräftig festgestellt.
2. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellung des FG nicht abschließend beurteilen, ob und in welcher Höhe bei V ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entstanden ist (§ 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 EStG).
a) Auf der Ebene der Gesellschaft wurde kein Aufgabegewinn oder -verlust realisiert, an dem V beteiligt sein könnte (§ 16 Abs. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Denn der Kläger hat den gesamten Betrieb der KG übernommen und fortgeführt. Er ist damit in die Rechtsstellung der KG eingetreten (§ 142 des Handelsgesetzbuches --HGB--, § 738 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB-- und § 7 Abs. 1 EStDV analog).
Bei Vollbeendigung einer zweigliedrigen Gesellschaft und Fortführung des Unternehmens der Gesellschaft durch den verbleibenden Gesellschafter liegt entweder eine entgeltliche oder eine unentgeltliche Übertragung des Gesellschaftsanteils auf den übernehmenden Gesellschafter in Verbindung mit einer zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge in das Gesellschaftsvermögen vor (s. zu b, aa). Davon geht der BFH in ständiger Rechtsprechung aus (Urteile vom 24. Mai 1973 IV R 64/70, BFHE 109, 438, BStBl II 1973, 655; vom 10. August 1978 IV R 54/74, BFHE 126, 185, BStBl II 1979, 74; vom 30. März 1989 I R 130/85, BFH/NV 1989, 780; Beschluß vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, m.w.N.; Beschluß vom 3. Juni 1997 VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838, m.w.N.; zuletzt --für unentgeltliche Übertragung-- Urteil vom 11. Mai 1995 IV R 44/93, BFHE 177, 466, sowie --für entgeltliche Übertragung-- Urteil vom 13. November 1997 IV R 18/97, BFHE 184, 518, BStBl II 1998, 290). Die Grundsätze über die Realteilung sind entgegen der Ansicht des FG hier nicht anwendbar (so bereits BFH in BFHE 109, 438, BStBl II 1973, 655; a.A. u.a. Reiß in Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1995, 199, 210). V hat kein Wirtschaftsgut des bisherigen Gesellschaftsvermögens übernommen.
b) V hat entgegen der Ansicht des FA anläßlich seines Ausscheidens aus der KG auch keinen Gewinn durch Aufgabe seines Mitunternehmeranteils realisiert (§ 16 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
aa) Die Rechtsprechung hat die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils zwar neben der entgeltlichen Veräußerung und der unentgeltlichen Übertragung als eine weitere Form der einkommensteuerrechtlichen Beendigung der Beteiligung an einer Personengesellschaft anerkannt (BFH-Urteil vom 15. Juli 1986 VIII R 154/85, BFHE 147, 334, BStBl II 1986, 896, unter 5. der Gründe; Beschluß in BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, m.w.N.). Sie wollte mit dieser erweiternden Auslegung des § 16 Abs. 3 EStG aber lediglich eine steuerrechtliche Gleichbehandlung der Aufgabefälle mit den Veräußerungsfällen sicherstellen. Dementsprechend werden von dieser Rechtsprechung nur Vorgänge erfaßt, die sich nicht in der Übertragung des Gesellschaftsanteils erschöpfen. Betroffen sind vor allem jene Fälle, in denen der Mitunternehmeranteil neben dem Gesellschaftsanteil auch Sonderbetriebsvermögen umfaßt und dieses nicht auf den Erwerber übertragen wird (vgl. dazu insbesondere BFH-Beschluß in BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, mit Rechtsprechungsnachweisen), oder zwar der Gesellschaftsanteil, nicht aber die Mitunternehmerstellung auf den Erwerber übergeht (BFH-Urteil in BFHE 147, 334, BStBl II 1986, 896). § 16 Abs. 3 EStG ist jedoch nicht anwendbar, wenn ein Gesellschafter ohne Sonderbetriebsvermögen aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft ausscheidet und der andere Gesellschafter aufgrund einer Übernahmevereinbarung das Unternehmen dieser Gesellschaft fortführt. Dies hat zwar zur Folge, daß die Personengesellschaft vollbeendet wird, das bisherige Gesellschaftsvermögen dem übernehmenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge anwächst und der Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters untergeht (entsprechend §§ 142, 161 Abs. 2 HGB, § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. dazu Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 9. Juli 1968 V ZR 80/66, BGHZ 50, 307, und vom 22. September 1993 IV ZR 183/92, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1993, 1443; Oberlandesgericht --OLG-- Köln vom 14. Juni 1996 19 U 258/95, NJW-RR 1997, 160, und die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., 317, 1300, und Schiefer, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1996, 788, 791, m.w.N.; ebenso BFH-Urteile vom 6. März 1985 I R 119/82, BFHE 143, 444, BStBl II 1985, 541; vom 22. Mai 1990 VIII R 120/86, BFHE 160, 558, BStBl II 1990, 780, und Beschluß in BFH/NV 1997, 838, m.w.N.). Die gesetzliche Rechtsfolge des Erlöschens des Gesellschaftsanteils ist aber kein Fall der Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S. von § 16 Abs. 3 EStG. Sie sagt, wie die Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim übernehmenden Gesellschafter, nichts über den Rechtsgrund des Ausscheidens aus. Insoweit gilt für die Übernahme des Unternehmens einer zweigliedrigen Gesellschaft nichts anderes als für die übrigen Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer (fortbestehenden) Personengesellschaft. Es handelt sich steuerrechtlich entweder um eine Anteilsveräußerung i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG oder um eine unentgeltliche Anteilsübertragung i.S. von § 7 Abs. 1 EStDV; das Erlöschen des Gesellschaftsanteils beim ausscheidenden Gesellschafter und die Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim verbleibenden Gesellschafter bedeuten lediglich den dinglichen Vollzug der zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen (für das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 11. Juli 1973 I R 126/71, BFHE 110, 402, BStBl II 1974, 50; vom 30. Januar 1974 IV R 109/73, BFHE 111, 483, BStBl II 1974, 352; vom 14. September 1994 I R 12/94, BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407; vom 24. Oktober 1996 IV R 90/94, BFHE 181, 476, BStBl II 1997, 241, unter 2. der Gründe, und die weiteren Rechtsprechungsnachweise bei Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Bd. 6 Rz. 8036, 8074 f., und Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 16 Rz. 480, 482).
bb) Im Streitfall kommt nur eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils in Betracht. Der von V auf seine Tochter übertragene Grundstücksanteil gehörte offenbar nicht zu dessen Sonderbetriebsvermögen bei der KG. Der Mitunternehmeranteil war also mit dem Gesellschaftsanteil identisch.
c) Das FG hätte im Streitfall die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 EStDV prüfen müssen. Diese Prüfung erübrigt sich nicht deshalb, weil V mit einem negativen Kapitalkonto aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, das den auf ihn entfallenden Anteil an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens überstieg.
aa) Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen, so sind die Buchwerte des Gesellschaftsvermögens fortzuführen (§ 7 Abs. 1 EStDV). Das gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH insbesondere auch, wenn der Betrieb im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. September 1994 IV R 61/93, BFHE 176, 350, BStBl II 1995, 367, unter III. 1. der Gründe, m.w.N.). Die Übernahme der den Wert des Mitunternehmeranteils mitbestimmenden Gesellschaftsschulden durch den verbleibenden Gesellschafter ist kein Entgelt i.S. des § 7 Abs. 1 EStDV (BFH-Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C. II. 3. b der Gründe).
bb) Eine unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils kann auch bei Übernahme eines negativen Kapitalkontos durch einen oder mehrere Gesellschafter vorliegen. Davon geht der BFH in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. --für Einzelunternehmen mit negativem Kapitalkonto-- Urteil vom 23. April 1971 IV 201/65, BFHE 102, 488, BStBl II 1971, 686; zur Abgrenzung Urteil vom 16. Dezember 1992 XI R 34/92, BFHE 170, 183, BStBl II 1993, 436, und --für negatives Kapitalkonto eines persönlich haftenden Gesellschafters-- Urteil vom 28. Januar 1971 IV 127/64, BFHE 102, 362, BStBl II 1971, 662, sowie --für negatives Kapitalkonto eines Kommanditisten-- Urteile vom 24. August 1972 VIII R 36/66, BFHE 107, 365, BStBl II 1973, 111, und zur Abgrenzung vom 28. Juli 1994 IV R 53/91, BFHE 175, 353, BStBl II 1995, 112). Das gilt auch für den Fall, daß ein Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto unentgeltlich aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft ausscheidet (BFH-Urteile vom 14. November 1979 I R 143/76, BFHE 129, 146, BStBl II 1980, 96, und in BFHE 177, 466, unter 5. der Gründe).
cc) Eine unentgeltliche Übertragung des Anteils liegt vor, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, daß er aufgrund einer Schenkung übergehen sollte (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 21. April 1994 IV R 70/92, BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745, unter 2. der Gründe). Dafür spricht bei Vermögensübertragungen zwischen Angehörigen eine widerlegbare Vermutung (ständige Rechtsprechung, vgl. allgemein BFH-Beschluß in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C. I. 1. der Gründe und --zum Ausscheiden von Eltern aus einer Personengesellschaft zugunsten ihrer Kinder-- Urteile in BFHE 107, 365, BStBl II 1973, 111; vom 21. Januar 1986 VIII R 238/81, BFH/NV 1986, 597; vom 26. März 1987 IV R 58/85, BFH/NV 1987, 770; vom 29. Januar 1992 X R 193/87, BFHE 167, 95, BStBl II 1992, 465, m.w.N.). Diese Vermutung wird im Streitfall durch den zeitlichen Zusammenhang bestätigt, in dem die Übertragung des Kommanditanteils auf den Sohn (zum 1. Januar 1985) und die notarielle Übertragung des Grundstücks als Ausstattung auf die Tochter (20. November 1984) stehen. Das FG hätte deshalb den Vortrag der Kläger, der Gesellschaftsanteil sei im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden, nicht unberücksichtigt lassen dürfen.
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß eine Schenkung bei einem Gesellschaftsanteil regelmäßig nicht in Betracht kommt, wenn dieser keinen Vermögenswert mehr verkörpert (vgl. u.a. --für GmbH-Anteil-- BFH-Urteile vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34, und --für Anteil an einer Personengesellschaft-- in BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770, unter 1. c aa der Gründe, m.w.N.). Das Ausscheiden des Gesellschafters weist in diesem Fall zwar darauf hin, daß er sein Engagement im verlustbringenden Betrieb beenden wollte (BFH in BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745, unter 2. der Gründe; in BFHE 181, 476, BStBl II 1997, 241, unter 2. a der Gründe; vgl. auch Urteil vom 12. Dezember 1996 IV R 77/93, BFHE 183, 379, BStBl II 1998, 180, unter 2. der Gründe, m.w.N.). Davon kann bei einer Übertragung des Anteils im Wege der vorweggenommenen Erbfolge aber nicht ausgegangen werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Gesellschaftsvermögen erhebliche stille Reserven enthält und die Fortführung des Unternehmens durch den verbleibenden Gesellschafter den Schluß zuläßt, daß der Anteil --ggf. aufgrund eines neuen Konzepts-- noch eine Gewinnchance repräsentiert.
d) Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, daß eine vorweggenommene Erbfolge nicht vorlag und daß V entgeltlich aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, hätte das FA zutreffend einen Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos ermittelt. Die Übernahme des nach Auflösung der stillen Reserven noch verbleibenden negativen Kapitalkontos ist Teil des Veräußerungspreises i.S. von § 16 Abs. 2 EStG. Das gilt auch für ein negatives Kapitalkonto, das durch lediglich verrechenbare Verluste entstanden und nicht ausgleichspflichtig ist (BFH-Urteile vom 26. Januar 1995 IV R 32/93, BFH/NV 1995, 872, 873; in BFHE 175, 353, BStBl II 1995, 112; zum Streitstand Reiß in Kirchhof/ Söhn, Einkommensteuergesetz, § 16 Rdnr. C 89; Schmidt, a.a.O., § 15a Rz. 224). Dieser Gewinn ist um den für V gesondert festgestellten verrechenbaren Verlust zu mindern.
3. Durch den Übergang des Gesellschaftsvermögens auf den Kläger ist bei diesem kein Erwerbsverlust entstanden. Insoweit entspricht das Urteil des FG nicht der Rechtslage.
a) Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, daß V entgeltlich aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, war der Vorgang beim Kläger erfolgsneutral zu behandeln. Der Senat verweist insoweit auf die bisherige Rechtsprechung zur Übertragung eines Gesellschaftsanteils bei einer mehrgliedrigen Personengesellschaft (BFH-Urteile in BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745, unter 5. c der Gründe; in BFHE 183, 379, BStBl II 1998, 180, unter 2. a der Gründe, m.w.N.). Dasselbe gilt für den Fall, daß V teilentgeltlich aus der Gesellschaft ausgeschieden ist (BFH in BFHE 178, 110, BStBl II 1995, 770, unter 1. c cc der Gründe).
b) Der Vorgang ist aber auch erfolgsneutral, wenn V im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Kommanditanteil verzichtet hat. Die unentgeltliche Übertragung des Kommanditanteils hat, wie ausgeführt, gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EStDV zur Folge, daß der Erwerber die Buchwerte des ausscheidenden Gesellschafters fortführen muß. Das gilt auch für das negative Kapitalkonto dieses Gesellschafters und auch für den Fall, daß wegen seines Ausscheidens aus der bisherigen Gesellschaft ein Einzelunternehmen wird (BFH-Urteil in BFHE 177, 466, unter 5. der Gründe). Es werden lediglich in der Eröffnungsbilanz des Einzelunternehmers die Kapitalkonten zusammengefaßt. Ein im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die vollbeendete KG zu berücksichtigender Erwerbsverlust entsteht dadurch nicht.
Allerdings geht mit dem Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen auch dessen verrechenbarer Verlust auf den das Unternehmen fortführenden Gesellschafter über (BFH in BFHE 177, 466; R 138d Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien; Schmidt, a.a.O., § 15a Rz. 234, m.w.N.). Über die Zurechnung dieses Verlustes wird aber nicht im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellungen der Einkünfte, sondern in einem gesonderten Feststellungsverfahren nach § 15a Abs. 4 EStG entschieden. Ob und inwieweit sich dieser Verlust beim Kläger auswirkt, ist bei dessen Einkommensteuerveranlagung 1985 zu prüfen.
Fundstellen
Haufe-Index 67206 |
BFH/NV 1998, 1410 |
BFH/NV 1998, 1412-1414 (Leitsatz und Gründe) |
BStBl II 1999, 269 |
BFHE 186, 50 |
BFHE 1999, 50 |
BB 1998, 1723 |
DB 1998, 1895 |
DStR 1998, 1253 |
DStRE 1998, 628 |
DStRE 1998, 628 (Leitsatz) |
DStZ 1998, 766 |
HFR 1998, 819 |