Leitsatz (amtlich)
1. Verwaltungsgebühren, die ein Darlehensnehmer im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Bankdarlehens an das Bankinstitut zu entrichten hat, sind auf die Laufzeit des Darlehens aktiv abzugrenzen.
2. Bearbeitungsgebühren, die ein Schuldner an ein Bankinstitut für die Übernahme einer Bürgschaft zu zahlen hat, sind auf die Zeit, für die sich das Bankinstitut vertraglich verbürgt hat, aktiv abzugrenzen.
Normenkette
EStG § 5; AktG § 152 Abs. 9
Tatbestand
Streitig ist, ob a) die Verwaltungsgebühren, die die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Zusammenhang mit der Aufnahme zweier Hypothekendarlehen an die Darlehensgeberin entrichtet hat, und b) die Bearbeitungsgebühr, die die Klägerin an den Übernehmer einer Bürgschaft für eines dieser Darlehen gezahlt hat, aktivierungspflichtige Aufwendungen sind oder als Betriebsausgaben sofort abgezogen werden können.
Die Klägerin nahm bei der X-Sparkasse (Sparkasse) im Streitjahr 1967 zur Finanzierung eines Neubaus zwei Hypothekendarlehen von insgesamt 3,37 Mio. DM auf. Die Darlehen waren vom 1. Juli 1967 an jährlich mit insgesamt 7,5 v. H. zu verzinsen und zu tilgen. Am 29. Dezember 1967 zahlte die Klägerin an die Sparkasse für beide Darlehen vereinbarungsgemäß jeweils eine einmalige Verwaltungsgebühr von 3 v. H. des Darlehensbetrages, also insgesamt 101 100 DM.
Für eines dieser Darlehen übernahm die W-Kreditanstalt (W-Anstalt) eine Bürgschaft. Sie berechnete hierfür der Klägerin eine Bearbeitungsgebühr von 18 700 DM, die die Klägerin am 6. Juli 1967 entrichtete.
Die an die Sparkasse gezahlten Verwaltungsgebühren und die an die W-Anstalt entrichtete Bearbeitungsgebühr sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) bei der Feststellung des einheitlichen Gewinns für das Streitjahr 1967 als aktivierungspflichtige Geldbeschaffungskosten an, die (mit einer jährlichen Abschreibung von 1 v. H.) auf die Laufzeit der Darlehen zu verteilen seien. Die Klägerin meinte demgegenüber, daß beide Gebühren bereits im Streitjahr in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig seien.
Das FG billigte die Auffassung des FA. Es führte aus, Verwaltungsgebühren, die bei der Aufnahme eines Darlehens zu entrichten seien, und Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Bürgschaft zur Sicherung dieses Darlehens seien Geldbeschaffungskosten, die bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Vermögensvergleich ermittelten, zu den Anschaffungskosten der Darlehensschuld gehörten. Sie seien daher zu aktivieren und auf die vertragliche Laufzeit des Darlehens zu verteilen. Insoweit sei der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Der Bescheid sei jedoch insofern fehlerhaft, als er von einer Laufzeit der Darlehen von 100 Jahren ausgehe. Die Laufzeit betrage nämlich nur 32 Jahre. Die Geldbeschaffungskosten seien deshalb bezüglich der Verwaltungsgebühren nicht mit 1 011 DM, sondern mit 3 159,37 DM, und bezüglich der Bearbeitungsgebühr nicht mit 187 DM, sondern mit 584,37 DM abzuschreiben. Da die streitigen Darlehen erst ab 1. Juli 1967 zu laufen begonnen hätten, könnten diese Abschreibungssätze für das Wirtschaftsjahr 1967 nur zur Hälfte in Anspruch genommen werden.
Das FG erhöhte den einheitlich festgestellten Verlust für das Jahr 1967 um diese erhöhten Abschreibungen und wies die Klage im übrigen ab.
Zur Begründung der Revision führt die Klägerin aus, nach § 153 Abs. 4 des Aktiengesetzes 1965 (AktG) i. V. m. § 5 EStG dürften Kapitalbeschaffungskosten nicht aktiviert werden. Verbindlichkeiten seien nach § 156 Abs. 2 AktG mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen. Nur wenn dieser höher sei als der Ausgabebetrag, dürfe der Unterschied aktiv abgegrenzt werden. Im Streitfall spreche nichts dafür, daß die Verwaltungsgebühr nicht zur Abdeckung zusätzlicher Kosten, sondern als Unterschiedsbetrag i. S. von § 156 Abs. 3 AktG geleistet worden sei. Die Forderung nach einheitlicher Behandlung aller im Rahmen eines Darlehensgeschäftes anfallenden Gebühren widerspreche den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 6. Dezember 1965 Gr. S. 2/64 S (BFHE 84, 399, BStBl III 1966, 144). - Hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Bürgschaft gezahlten Gebühr sei zu betonen, daß diese Gebühr Voraussetzung für die Bearbeitung der Bürgschaft überhaupt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt, die Verwaltungsgebühren von 101 100 DM und die Bearbeitungsgebühr von 18 700 DM als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben anzuerkennen, hilfsweise für den Fall des Ansatzes aktiver Rechnungsabgrenzungsposten, diese nach der Zinsstaffelmethode zu bilden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der BdF ist gemäß § 122 Abs. 2 FGO dem Verfahren beigetreten. Hinsichtlich der Bürgschaftsgebühr vertritt er die Auffassung, daß sie ebenso wie die an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 4. März 1976 IV R 78/72, BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380) in vollem Umfange sofort abzugsfähige Betriebsausgabe sei. - Hinsichtlich der an den Darlehensgeber gezahlten Verwaltungsgebühren komme eine Verteilung auf die Laufzeit des Darlehens nur unter dem Gesichtspunkt der Rechnungsabgrenzung (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 EStG, § 152 Abs. 9 Nr. 1 AktG) oder unter dem Gesichtspunkt des Ausweises eines Unterschiedsbetrages i. S. von § 156 Abs. 3 AktG in Betracht. Bei einer Rechnungsabgrenzung im engeren Sinne müsse die abzugrenzende Ausgabe schon ihrer Art nach unmittelbar zeitbezogen sein, also für einen bestimmten nach dem Kalender bemessenen Zeitraum gezahlt werden. Sollten Zweifel bestehen, ob bei einer mit einem Vomhundertsatz der Darlehenssumme bemessenen "Bearbeitungsgebühr" das Merkmal der "Zeitbezogenheit" gegeben sei, so komme jedenfalls eine Aktivierung als zinsähnliche (zusätzliche) Gegenleistung i. S. von § 156 Abs. 3 AktG in Betracht, sofern es sich bei der "Verwaltungsgebühr" nicht um den Ersatz ganz bestimmter Aufwendungen, z. B. für Schreibkosten oder Beurkundungsgebühren handle. Das sei jedoch bei einer pauschalen Verwaltungsgebühr nicht der Fall.
Der BdF beantragt Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das FG mit der Begründung, da durch die Anerkennung der Bürgschafts-Bearbeitungsgebühr als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe sich der Verlust des Streitjahres erhöhe, habe das FG nunmehr unter Beiladung der Kommanditisten eine neue Verlustverteilung vorzunehmen. Dabei sei dann auch die Frage der steuerrechtlichen Anerkennung etwaiger negativer Kapitalkonten der Kommanditisten zu prüfen.
Diese Anerkennung verneint der BdF, während sie die Klägerin bejaht.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Dem FG ist darin beizupflichten, daß Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind. Wie jedoch der Senat in der Entscheidung IV R 78/72 erkannt hat, gilt als Anschaffungskosten einer Verbindlichkeit der Nennwert, da es bei den Verbindlichkeiten Anschaffungskosten im eigentlichen Sinne nicht gibt (vgl. auch das BFH-Urteil vom 4. Mai 1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802). Folglich können die streitigen Gebühren entgegen der Auffassung des FG nicht als Anschaffungskosten der Darlehensverbindlichkeiten bilanziert werden.
Gleichwohl ist dem FG im Ergebnis, wenn auch mit einer anderen Begründung, zuzustimmen, wenn es die Aktivierung der Verwaltungsgebühren für das Darlehen sowie der Bearbeitungsgebühr für die Übernahme der Bürgschaft verlangt. Für diese Gebühren sind nämlich nach § 5 EStG i. V. m. § 152 Abs. 9 Nr. 1 AktG zum 31. Dezember 1967 aktive Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Nach § 152 Abs. 9 Nr. 1 AktG dürfen Ausgaben als aktive Rechnungsabgrenzungsposten nur insoweit ausgewiesen werden, als sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag darstellen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um einen Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung, der über § 5 EStG auch schon vor seiner einkommensteuergesetzlichen Kodifizierung in § 5 Abs. 3 Nr. 1 EStG 1969 ff. für das Einkommensteuerrecht zu beachten ist (vgl. Urteil des Senats IV R 78/72). Dies bedeutet, daß ein Rechnungsabgrenzungsposten steuerrechtlich gebildet werden muß, wenn ein Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag vorliegt (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 3. Februar 1969 Gr. S. 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291). Wie der erkennende Senat im Urteil IV R 78/72 ausgeführt hat, setzt der aktive Rechnungsabgrenzungsposten grundsätzlich voraus, daß einer Vorleistung des Kaufmanns eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des Vertragspartners gegenübersteht. Diese Voraussetzung ist bei den streitigen Gebühren erfüllt.
a) Verwaltungsgebühr
Die Beantwortung der Frage, was als zeitbezogene Gegenleistung anzusehen ist, hängt weniger von der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung und Beurteilung der Verträge als von dem wirtschaftlichen Gehalt der mit der Darlehensgewährung zusammenhängenden Leistungsvorgänge ab. Wenn Kreditinstitute bei der Gewährung von Darlehen von den Darlehensschuldnern neben den vereinbarten Zinsen noch weitere Leistungen, z. B. ein Damnum (Disagio, Agio), Gebühren und/oder Provisionen verlangen, so handelt es sich hierbei wirtschaftlich betrachtet ebenso wie bei den Zinsen regelmäßig um Vergütungen für die Überlassung des Darlehenskapitals (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 2/64 S, BFH-Urteile vom 25. September 1968 I 52/64, BFHE 93, 444 [452], BStBl II 1969, 18 [21], und vom 17. Juli 1974 I R 195/72, BFHE 113, 115, BStBl II 1974, 684). Derartige Leistungen des Darlehensnehmers verlieren ihren Charakter als Gegenleistung für die Nutzung des Kapitals nicht dadurch, daß der Darlehensgeber sie als Ausgleich für einen Teil seiner Unkosten bezeichnet und in einem Betrag, also nicht auf die Laufzeit verteilt, verlangt. Das Darlehensgeschäft ist als ein einheitliches Geschäft zu betrachten. Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Darlehensgläubiger und dem Darlehensschuldner aus dem Darlehensvertrag können nicht derart in mehrere Einzelgeschäfte aufgeteilt werden, daß der Darlehensgläubiger z. B. die Beschaffung, die Auszahlung und die zeitliche Überlassung des Kapitals jeweils für sich getrennt schuldet und der Darlehensschuldner dementsprechend für jede dieser Einzelleistungen ein gesondertes Entgelt zu leisten hätte. Auch ist es grundsätzlich nicht möglich, eine Vereinbarung dahingehend zu treffen oder auszulegen, daß der Darlehensschuldner dem Darlehensgläubiger - losgelöst vom Darlehensvertrag - bestimmte laufende, mit dem Darlehensgeschäft verbundene Unkosten zu ersetzen hat (vgl. die BFH-Urteile I 52/64 und I R 195/72). Auch wenn also die Vertragsparteien vereinbaren - sei es im Darlehensvertrag selbst oder in einem Nebenvertrag -, daß der Darlehensschuldner dem Darlehensgläubiger die bei der Beschaffung, Auszahlung und/oder Überlassung des Kapitals entstehenden Unkosten ganz oder teilweise sofort nach ihrer Entstehung in einem einmaligen Betrag zu erstatten hat, so bildet diese Zahlung trotzdem nur einen Bestandteil des Gesamtentgelts für die Überlassung des Kapitals. Dabei ist es unerheblich, ob derartige Sonderzahlungen des Darlehensschuldners nach der Höhe und/oder der Laufzeit des Darlehenskapitals oder unabhängig hiervon nach den tatsächlich entstandenen Kosten bemessen werden. Ausnahmen könnten sich allenfalls in Fällen ergeben, in denen der Darlehensgläubiger lediglich Kosten (z. B. Beurkundungsgebühren) für den Darlehensschuldner verauslagt hat (vgl. BFH-Urteil I 52/64).
Im Streitfall sind die von der Sparkasse erhobenen Verwaltungsgebühren als Bestandteil des Entgelts für die Überlassung der beiden Darlehen anzusehen. Die mit der Darlehensgewährung verbundene Verwaltungsarbeit der Sparkasse kann nicht Gegenstand eines besonderen, vom Darlehensvertrag losgelösten Dienstleistungsgeschäfts sein. Die Zahlung der Verwaltungsgebühren war somit eine Vorleistung für zeitbezogene Gegenleistungen, die - was § 152 Abs. 9 Nr. 1 AktG außerdem voraussetzt - für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlußstichtag zu erbringen waren. Zwar ist weder das Ende der Laufzeit der Darlehen kalendermäßig bestimmt, noch ist die Laufzeit ausdrücklich nach Jahren bemessen; jedoch läßt sich die Vertragsdauer aufgrund der vereinbarten jährlichen Tilgungsbeträge von vornherein so genau berechnen, daß dies einer ausdrücklich bestimmten Laufzeit gleichkommt. Eine derartige Zeitbezogenheit hält der Senat für so genügend bestimmt, daß demgegenüber die Frage, ob und inwieweit bei einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensverhältnisses die Gebühren gleichwohl für den Schuldner verloren sind, nicht mehr ins Gewicht fällt. Die Verwaltungsgebühren in Höhe von insgesamt 101 100 DM sind sonach auf die Laufzeit der Hypothekendarlehen aktiv abzugrenzen. Der Einwand der Klägerin, die einheitliche Verteilung aller beim Abschluß eines Darlehensgeschäftes vom Darlehensgeber geforderten Gebühren auf die Laufzeit des Darlehens verstoße gegen die Grundsätze der BFH-Entscheidung Gr. S. 2/64 S ist nicht gerechtfertigt. Die genannte Entscheidung ist zur Frage des Abflusses derartiger Kosten i. S. von § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG bei Überschußeinkünften ergangen. Sie gilt, wie sie am Schluß unter Hinweis auf § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG hervorhebt, gerade nicht für die Fälle der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich.
Das FG hat die Verwaltungsgebühren aktiviert und da die Laufzeit der Darlehen erst am 1. Juli 1967 begonnen hat, zum 31. Dezember 1967 die Hälfte des Abschreibungssatzes von 1/32 berücksichtigt. Daran ändert sich im Ergebnis nichts, wenn die Verwaltungsgebühren nicht als Anschaffungskosten, sondern als Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert und auf die Laufzeit der Darlehen verteilt werden. Eine Abgrenzung der Rechnungsabgrenzungsposten nach der Zinsstaffelmethode, wie sie die Klägerin hilfsweise in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, kann jedenfalls in diesem Stadium des Verfahrens nicht mehr begehrt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob diesem Antrag, würde er in der Tatsacheninstanz gestellt, entsprochen werden könnte. Jedenfalls handelt es sich, wie der BdF mit Recht betont, bei der Frage, ob der Rechnungsabgrenzungsposten nach der Zinsstaffelmethode oder mit dem Ziel einer gleichmäßigen Verteilung des Aufwandes auf die Darlehenslaufzeit zu bilden ist, nicht um einen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung. Daher ist der vom FG vorgenommene Ansatz jedenfalls nicht unrichtig. Da der Rechtsstreit von Anbeginn an um diesen Ansatz ging, hätte die Klägerin eine etwaige andere, ebenfalls zulässige Bemessung dieses Ansatzes spätestens in der Tatsacheninstanz beantragen müssen. Die Nachholung eines solchen Antrags in der Revisionsinstanz bei auch aus der Sicht des Revisionsklägers unveränderter Rechtslage ist nicht mehr möglich (vgl. auch Urteil des BFH vom 3. Mai 1957 VI 48/55 U, BFHE 64, 604, BStBl III 1957, 227).
b) Bearbeitungsgebühr
Die unter 1. genannten Voraussetzungen für die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens sind auch bei der an die W-Anstalt gezahlten Bearbeitungsgebühr für die Übernahme der Bürgschaft gegeben. Zwar schuldete die Klägerin diese Bearbeitungsgebühr nicht dem Hypothekendarlehensgeber selbst, sondern einem Dritten, nämlich der W-Anstalt. Indessen war, was der BdF und die Klägerin verkannt haben, hier im Gegensatz zum Fall des Urteils IV R 78/72 auch die an den Dritten, die W-Anstalt, erbrachte Gegenleistung der Klägerin zeitbezogen i. S. des § 152 Abs. 9 AktG, nämlich zeitbezogen zwar nicht im Hinblick auf das Darlehen, aber im Hinblick auf die Bürgschaftsübernahme.
Bei der vertraglichen Verpflichtung der W-Anstalt, für die Darlehensverbindlichkeit der Klägerin gegenüber dem Darlehensgläubiger, der Sparkasse zu bürgen, handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. des § 675 BGB, der im Bankgeschäft als Avalkredit (Bürgschaftskredit) bezeichnet wird. Ein solcher Avalkredit besteht nicht in der Hingabe von Geld, sondern darin, daß das Kreditinstitut mit seinem Namen und seinem Kredit für die Verbindlichkeit des Kunden gegenüber einem anderen einsteht und insoweit die Haftung gegenüber dem Darlehensgeber übernimmt (vgl. Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 36. Aufl., S. 454). Nach § 19 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) sind Bürgschaften (Garantien und sonstige Gewährleistungen) eines Kreditinstituts als Kredite i. S. der §§ 13 bis 18 KWG anzusehen. Auch der Avalkredit erstreckt sich wie jeder andere Kredit über einen längeren Zeitraum, der sich aus der Vereinbarung ergibt und in der Regel mit der Laufzeit des Darlehens übereinstimmt, für dessen Rückzahlung die Bank bürgt. Die für den Avalkredit zu zahlende Bearbeitungsgebühr ist, was ihre Zeitbezogenheit betrifft, nicht anders zu beurteilen als die unter 1. genannte Verwaltungsgebühr; dabei spielt es keine Rolle, daß die Gebühr nicht die einzige Gegenleistung für die Bürgschaftsübernahme darstellt. Auch sie ist jedenfalls wie eine laufende Avalprovision Entgelt für eine sich über einen längeren Zeitraum erstrekkende Leistung des Kreditinstituts und damit zeitbezogen i. S. des § 152 Abs. 9 AktG. Der Avalkredit unterscheidet sich insofern nicht von einem Effektivkredit. Der bezogene Zeitraum ist auch in ausreichender Weise bestimmt, wenn der Avalkredit für die Laufzeit der Darlehens gewährt wird. Daß sich die Laufzeit der Avalkredite unter Umständen dadurch verkürzen kann, daß der Avalgläubiger wegen der Säumnis des Avalschuldners vom Darlehensgläubiger als Bürge in Anspruch genommen wird oder sich vertraglich, z. B. durch andere Sicherungsleistungen, aus seiner Verpflichtung als Bürge befreien kann, ist unerheblich. Dasselbe gilt für den Ausnahmefall, daß sich die Laufzeit einmal dadurch verlängert, daß der Darlehensgläubiger eine vorübergehende Tilgungsaussetzung gewährt.
Somit ist auch die Bearbeitungsgebühr für die Bürgschaftsübernahme aktiv abzugrenzen und - wie das FG im Ergebnis zutreffend entschieden hat - wie die Verwaltungsgebühren unter 1. auf die Laufzeit des Darlehens, für dessen Rückzahlung die W-Anstalt sich verbürgt hat, zu verteilen. An der Auffassung, daß die von dem Darlehensschuldner zu leistenden Bürgschaftskosten als Anschaffungskosten des Darlehens anzusehen seien (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 1966 IV 31/63, BFHE 85, 164, BStBl III 1966, 271), hält der erkennende Senat nicht fest.
2. Zu der vom BdF angeschnittenen und vom FA aufgegriffenen Frage der steuerrechtlichen Berücksichtigung negativer Kapitalkonten der Kommanditisten vermag der Senat in diesem, die Revision der Klägerin zurückweisenden Urteil nicht Stellung zu nehmen. Denn diesbezügliche Feststellungen sind bislang nicht getroffen worden, so daß die Behauptung, die Kapitalkonten der Kommanditisten seien negativ gewesen, neues, nicht verwertbares tatsächliches Vorbringen bedeutet. Der Senat ist, wie der BFH in dem bereits erwähnten Urteil I R 27/74 ausgesprochen hat, nicht berechtigt, aufgrund der allgemeinen Bezugnahme der Vorentscheidung auf den Inhalt der Akten in der Revisionsinstanz Sachverhaltspunkte aufzugreifen, für deren Vorhandensein und entscheidungserhebliche Bedeutung die Feststellungen der Vorinstanz keinen Anhalt bieten. Diese Berechtigung ergibt sich auch nicht etwa aus der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 17. Juli 1967 Gr. S. 3/66 (BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285). Darüber hinaus würde jede Auffassung, die in der Frage der Behandlung negativer Kapitalkonten zu einer anderen Sachbehandlung führen würde, die Interessen der am Verfahren nicht beteiligten Kommanditisten berühren, die jedoch im Revisionsverfahren nicht mehr beigeladen werden können (§ 123 FGO). Da kein Aufhebungsgrund i. S. des § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO besteht, ist auch eine Zurückverweisung der Sache an das FG zum Zwecke der Beiladung der Kommanditisten nicht möglich.
Fundstellen
BStBl II 1978, 262 |
BFHE 1978, 320 |