Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des zusätzlichen Sonderausgabenhöchstbetrags
Leitsatz (NV)
Der zusätzliche Sonderausgabenhöchstbetrag nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG steht Ehegatten, die die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung erfüllen, gemeinsam zu mit der Folge, daß der gesamte Betrag nach Satz 2 dieser Vorschrift zu kürzen ist, auch wenn die Voraussetzungen für die Kürzung nur in der Person eines Ehegatten erfüllt sind (Bestätigung des Senatsurteils vom 21. Juni 1989 X R 19/85, BFH/NV 1990, 223).
Normenkette
EStG 1979 § 10 Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr selbständig tätig; seine Ehefrau bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
In der Einkommensteuererklärung 1981 beantragte der Kläger getrennte Veranlagung. Als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1979 (EStG) machte er 26085 DM geltend. Bei der Ermittlung der nach § 26a Abs. 2 EStG abziehbaren Sonderausgaben legte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) Sonderausgaben der Ehegatten in Höhe von insgesamt 27330 DM (26085 DM zuzüglich Krankenversicherungsbeiträge der Ehefrau in Höhe von 1245 DM) zugrunde. Da die Ehegatten keine andere Aufteilung beantragten, berücksichtigte das FA - entsprechend der Regelung in § 26a Abs. 2 EStG - beim Kläger den Vorsorgepauschbetrag von 300 DM (§ 10c Abs. 2 EStG) sowie die bei einer Zusammenveranlagung der Ehegatten in Betracht kommenden, die Pauschbeträge oder Pauschalen übersteigenden Höchstbeträge zur Hälfte (= 1792 DM). Diesen Betrag errechnete es wie folgt:
Höchstbeträge im Falle der Zusammenveranlagung
Höchstbetrag nach
§ 10 Abs. 3 Nr. 1 EStG 4200 DM
Zuschlag für ein
Kind nach § 10
Abs. 3 Nr. 1a EStG 600 DM
Vorwegabzug
nach § 10 Abs. 3
Nr. 2 Satz 1 EStG 5000 DM
Minderung nach
§ 10 Abs. 3 Nr. 2
Satz 2b EStG 4752 DM
248 DM
Höchstbetrag nach
§ 10 Abs. 3 Nr. 3 EStG 2400 DM
Summe 7448 DM
abzüglich Vorsorge-
pauschale für die
Ehefrau (§ 10c
Abs. 3 EStG) 3564 DM
abzüglich Vorsorge-
pauschbetrag für
den Kläger (§ 10c
Abs. 2 EStG) 300 DM
Pauschale und Pausch-
betrag übersteigender
Betrag 3584 DM
hälftiger, beim Kläger
neben dem Pauschbetrag
abziehbarer Sonder-
ausgabenbetrag 1792 DM
Die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen (Kinderbetreuungskosten von 600 DM) ließ das FA zur Hälfte beim Kläger zum Abzug zu.
Mit dem Einspruch wendete sich der Kläger u.a. gegen die Ermittlung der abziehbaren Sonderausgabenhöchstbeträge. Insoweit wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der Klage begehrte der Kläger, die abziehbaren Sonderausgaben nach den für ledige Steuerpflichtige geltenden Grundsätzen mit 6550 DM festzusetzen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es setzte bei der Ermittlung der Höchstbeträge im Falle einer Zusammenveranlagung als Vorwegabzug 2500 DM statt 248 DM an. Dadurch ergaben sich für den Kläger weitere abziehbare Sonderausgaben in Höhe von 1126 DM (2500 DM ./. 248 DM x 1/2).
Das FG führte aus, der Wortlaut des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG lege zwar die von der herrschenden Meinung vertretene Auslegung nahe, daß der gesamte zusätzliche Höchstbetrag (Vorwegabzug) nach Satz 2 dieser Vorschrift zu kürzen sei, auch wenn die Voraussetzungen für die Kürzung nur bei einem Ehegatten erfüllt seien. Diese Auslegung verstoße aber gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Bei der deshalb gebotenen verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift sei der zusätzliche Höchstbetrag nur insoweit nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2b EStG zu mindern, als er fiktiv auf den Anteil der Ehefrau des Klägers entfalle.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
Der Kläger hat ebenfalls Revision eingelegt. Er beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung sowie den Einkommensteuerbescheid 1981 aufzuheben und die Revision des FA zurückzuweisen.
Zur Abziehbarkeit der Sonderausgaben nimmt er im wesentlichen auf die Gründe des FG-Urteils Bezug. Zusätzlich verweist er zur Bestätigung seiner Argumentation auf die ab 1990 geänderte Rechtslage bei der getrennten Veranlagung. Ferner wendet er sich gegen den seiner Ansicht nach verfassungswidrigen Grundfreibetrag. Es seien weitere 10976 DM zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Die Revision des Klägers ist unzulässig.
1. Revision des FA
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in den Fassungen vor 1978 steht der zusätzliche Höchstbetrag den Ehegatten gemeinsam zu mit der Folge, daß der gesamte Betrag nach Satz 2 dieser Vorschrift zu kürzen ist, auch wenn die Voraussetzungen für die Kürzung nur in der Person eines Ehegatten erfüllt sind (BFH-Beschluß vom 22. Mai 1981 VI B 12/81, BFHE 133, 401, BStBl II 1981, 709, m.w.N. zur Rechtsprechung). Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung durch Urteil vom 21. Juni 1989 X R 19/85 (BFH/NV 1990, 223) angeschlossen. Mit Beschluß vom 4. Oktober 1990 X B 86/90 (nicht veröffentlicht - NV -) hat er es in einem dieselbe Rechtsfrage betreffenden Verfahren unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung abgelehnt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluß mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluß vom 16. Januar 1991 2 BvR 1400/90, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1991, 672). Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser vom BVerfG bestätigten Rechtsprechung abzuweichen, zumal es sich im Fall der getrennten Veranlagung, wie er hier zu entscheiden ist, um auslaufendes Recht handelt. Denn ab dem Veranlagungszeitraum 1990 werden bei der getrennten Veranlagung die Sonderausgaben der Ehegatten nicht mehr als Einheit behandelt, sondern nach den für die Einzelveranlagung geltenden Grundsätzen ermittelt.
2. Revision des Klägers
a) Soweit der Kläger eine Erhöhung des Grundfreibetrags begehrt, ist die Revision unzulässig. Der Klageantrag kann im Revisionsverfahren nicht mehr erweitert werden, weil wegen des hinzugekommenen Teils noch keine Entscheidung erster Instanz vorliegt, die vom Revisionsgericht geprüft werden könnte (vgl. § 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Es fehlt insoweit an der für die Zulässigkeit der Revision des Klägers erforderlichen formellen Beschwer (z.B. BFH-Urteil vom 21. April 1983 IV R 217/82, BFHE 138, 292, BStBl II 1983, 532, m.w.N.).
b) Sollte der Kläger mit der Bezugnahme auf seinen Schriftsatz im finanzgerichtlichen Verfahren seinen ursprünglichen Antrag auf Abzug der Sonderausgaben in Höhe von 6550 DM weiterverfolgen wollen, wäre die Revision nach der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des BFH unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 419342 |
BFH/NV 1994, 305 |