Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Belohnungen, die eine Berufsgenossenschaft den Arbeitnehmern ihrer Mitglieder auf deren Vorschlag für besondere Verdienste bei der Verhütung von Unfällen zuwendet, sind regelmäßig kein steuerpflichtiger Arbeitslohn der Arbeitnehmer.
Normenkette
LStDV § 2; EStG § 19
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht von Belohnungen, die den Arbeitnehmern der Bgin., einem Bauunternehmen, in den Jahren 1957 und 1958 für ihre erfolgreiche Tätigkeit bei der Verhütung von Unfällen von der Tiefbau-Berufsgenossenschaft (TBG) gezahlt worden sind. Im Jahre 1957 zahlte die TBG an die von der Bgin. vorgeschlagenen 25 Arbeitnehmer insgesamt 2.850 DM und 1958 an 15 Arbeitnehmer 1.000 DM als Belohnungen aus. Als das Finanzamt bei einer Lohnsteuerprüfung feststellte, daß für diese Zuwendungen von der Bgin. Lohnsteuer nicht einbehalten worden war, nahm es die Bgin. als Arbeitgeberin durch Haftungsbescheid in Anspruch, da es diese Zahlungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn ansah. Der Einspruch der Bgin. gegen den Haftungsbescheid hatte keinen Erfolg.
Das Finanzamt hob auf die Berufung der Bgin. den Haftungsbescheid auf. Es bejahte zwar die Lohnsteuerpflicht der als Belohnung gezahlten Beträge, lehnte jedoch die Haftbarmachung der Bgin. ab, da deren Inanspruchnahme nicht der Billigkeit entspreche.
Der Vorsteher des Finanzamts wendet sich mit seiner Rb. dagegen, daß das Finanzgericht trotz Bejahung der Lohnsteuerpflicht die Haftung der Bgin. verneint hat. Nach seiner Auffassung sind den Arbeitnehmern der Bgin. die von der Berufsgenossenschaft gezahlten Belohnungen auf Grund ihres Arbeitsverhältnisses zugeflossen und daher steuerpflichtiger Arbeitslohn. Wenn die Bgin. die Einbehaltung von Lohnsteuer unterlassen habe, müsse sie dafür einstehen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist im Ergebnis nicht begründet.
Die Zurechnung der Belohnungen zum Arbeitslohn der Arbeitnehmer der Bgin. wird zwar nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß diese Zahlungen nicht von der Arbeitgeberin selbst, sondern von einem Dritten gezahlt wurden. Ob Zuwendungen eines Dritten ein dem Arbeitnehmer zufließender Vorteil aus dem Dienstverhältnis sind, muß in erster Linie aus der Sicht des Arbeitnehmers beurteilt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 255/60 U vom 2. März 1962, BStBl 1962 III S. 214, Slg. Bd. 74 S. 577). Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung für die Zurechnung einer Zuwendung zu den arbeitsvertraglichen Beziehungen des Arbeitnehmers und damit zu seinem Arbeitslohn, ob er der überzeugung ist, eine Zahlung im Rahmen seines Arbeitsvertrags zu erhalten, auf die er einen Rechtsanspruch hat oder doch mindestens ein moralisches Anrecht zu haben glaubt. Ist er dagegen der Ansicht, daß ihm etwas aus einem anderen Grund von einem Dritten, insbesondere als Geschenk, zugewendet wird, so fehlt im allgemeinen der enge Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und es ist kein Arbeitslohn anzunehmen.
Bei den von der TBG gezahlten Belohnungen für besondere Leistungen bei der Unfallverhütung fehlt ein ausreichender Zusammenhang mit den Arbeitsverträgen. Die von der TBG gemachten Zuwendungen unterscheiden sich z. B. von den freiwilligen Trinkgeldern im Gaststättengewerbe schon dadurch, daß es sich nicht um wiederkehrende Einnahmen handelt. Sie stellen also keine dauernde Einnahmenquelle für die Arbeitnehmer dar. Die Empfänger der Belohnungen werden sich in der Regel bei ihren Handlungen zur Unfallverhütung weniger von den Interessen des Betriebes und ihrer Verpflichtung zur Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften leiten lassen als von dem Bestreben, Arbeitskameraden beizustehen oder anderen gefährdeten Personen zu helfen. Da ein der Unfallverhütung dienendes Verhalten gelegentlich eine Gefährdung der eigenen Person bedeuten kann, wäre es in diesen Fällen auch nicht verständlich, daß ein Arbeitnehmer sich wegen einer verhältnismäßig geringen zusätzlichen Entlohnung von höchstens 200 DM einer Gefahr aussetzte. Ein Arbeitnehmer wird daher die Zuwendung im allgemeinen nicht als "Entlohnung" empfinden, da sie seinem Einsatz oft nicht entsprechen würde. Als Beweggrund für sein Verhalten wird vielmehr in der Regel der Gedanke der Hilfeleistung aus allgemein menschlichen Erwägungen überwiegen. Es wäre bei dieser Sachlage eine Verkennung des Zwecks, der von der TBG mit den Belohnungen verfolgt wird. Wollte man diese Zuwendungen als Teil des Arbeitslohns ansehen. Eine Behandlung als Arbeitslohn würde übrigens auch in Widerspruch stehen zu den Bestrebungen, die gerade in letzter Zeit die Neugestaltung des Unfallversicherungsrechts veranlaßt haben.
Gegen die Zurechnung zum Arbeitslohn spricht schließlich auch, worauf die TBG vor allem hinweist, daß nicht nur Arbeitnehmer der ihr angehörenden Betriebe derartige Belohnungen erhalten, sondern auch andere Personen, die sich um die Verhütung eines Unfalls oder bei der Rettung Verunglückter besonders verdient gemacht haben. Daß die Arbeitgeber die von der TBG bedachten Arbeitnehmer benannt haben, liegt nahe, da die TBG sonst nicht wüßte, wer sich in den Betrieben der Mitgliedsfirmen um die Unfallverhütung besondere Verdienste erworben hat. Die Benennung der Arbeitnehmer durch ihre Arbeitgeber reicht aber nicht aus, um gegenüber den übrigen Erwägungen die Zuwendungen der TBG als Teil des Arbeitslohnes der mit einer Prämie bedachten Arbeitnehmer erscheinen zu lassen.
Das Finanzgericht hat die Lohnsteuerpflicht der Belohnungen bejaht, die Inanspruchnahme der Bgin. aber abgelehnt. Da die Vorentscheidung demnach zu dem richtigen Ergebnis gelangt ist, kann die Rb. keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 410764 |
BStBl III 1963, 306 |
BFHE 1963, 843 |
BFHE 76, 843 |