Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Tropenkleidung keine Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Aufwendungen für Tropenkleidung sind auch bei einem Arbeitnehmer, der berufsmäßig in tropische Gebiete reist, nicht als Werbungskosten abziehbar; § 12 AUV ist keine zur Auslegung des Werbungskostenbegriffs geeignete Vorschrift.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, § 12 Nr. 1 S. 2; AUV § 12
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte reiste als Geschäftsführer einer Gesellschaft für Agrarprojekte in tropische Gebiete Afrikas und Südamerikas. Für diese Reisen erwarb er im Streitjahr Tropenkleidung (Khakihemden, Khakihosen und einen Tropenhelm). Er machte die dafür getätigten Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Anerkennung mit der Begründung ab, daß es sich um bürgerliche Kleidung und nicht um typische Berufskleidung handele.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erkannte in entsprechender Anwendung des § 12 der Verordnung über die Umzugskostenvergütung bei Auslandsumzügen (AUV) Aufwendungen des Klägers in Höhe von 850 DM als Werbungskosten an und führte aus: Die Aufwendungen des Klägers für die Khaki-Bekleidungsstücke als Tropenkleidung könnten nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten berücksichtigt werden, da es sich nicht um spezielle Berufskleidung handele. Vielmehr seien die angeschafften Bekleidungsstücke der bürgerlichen Kleidung zuzuordnen, weil sie auch ohne berufliche Veranlassung - z. B. als gepflegte Freizeitkleidung - getragen würden. Die Aufwendungen könnten jedoch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 12 AUV bis zur Höhe von 850 DM gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG anerkannt werden.
Das FA begehrt mit seiner vom FG zugelassenen Revision die Aufhebung der Vorentscheidung und Klageabweisung. Es rügt die Verletzung der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 12 Nr.1 EStG und trägt vor: Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 6. November 1986 VI R 135/85 (BFHE 148, 283, BStBl II 1987, 188) klargestellt, daß die Verweisung auf die Vorschriften des Bundesumzugskostenrechts zur Ermittlung des zutreffenden Werbungskostenabzugs dort ihre Grenze findet, wo diese Vorschriften mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht mehr vereinbar seien und die Aufwendungen unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 EStG fielen. Aufwendungen für Tropenkleidung seien danach nicht abziehbar, weil es sich um bürgerliche Kleidung handele.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Aufwendungen für die Tropenkleidung sind entgegen der Auffassung des FG nicht in entsprechender Anwendung des § 12 AUV bis zur Höhe von 850 DM als Werbungskosten abziehbar.
1. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß sog. Tropenkleidung bürgerliche Kleidung und keine typische Berufskleidung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG ist und somit der Werbungskostenabzug nicht aus dieser Vorschrift abgeleitet werden kann. Soweit der Kläger im Revisionsverfahren geltend macht, daß die angeschaffte erdfarbene Kleidung einen Schutz vor Angriffen von Reptilien und gefährlichen Insekten gewährt habe, ist dies zum einen neues Vorbringen, das mangels zulässiger und begründeter Rügen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Zum andern könnte auch dieses Vorbringen nicht die Beurteilung als typische Berufskleidung rechtfertigen. Vielmehr wird diese Kleidung allgemein wegen ihrer Schutzfunktion gegen klimatische und andere Umwelteinflüsse bei einem Aufenthalt im Freien in tropischen Gebieten und nicht zum Schutz vor spezifischen Gefahren der Berufsausübung getragen. Aus diesem Grunde vermag der Senat auch nicht der vorsorglich mitgeteilten Auffassung der Vorinstanz zu folgen, daß der Tropenhelm wegen seiner Schutzfunktion als typische Berufskleidung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG einzustufen sei. Denn das FG hat nicht festgestellt und der Kläger auch nicht vorgetragen, daß der angeschaffte Tropenhelm einen anderen Schutz vermittelt als denjenigen vor den natürlichen Umwelteinflüssen.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist der Werbungskostenabzug auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 12 AUV in Höhe von 850 DM gerechtfertigt. Der Senat hat nach Ergehen der Vorentscheidung mit dem Urteil vom 20. März 1992 VI R 55/89 BFHE 168,83 entschieden, daß bei einem beruflich veranlaßten Umzug die Aufwendungen für Bekleidung, die wegen des mit dem Umzug verbundenen Klimawechsels angeschafft worden sind, nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Er hat § 12 Abs. 1 AUV nicht als eine zur Auslegung des Werbungskostenbegriffs geeignete Vorschrift angesehen.
Nach § 12 Abs. 1 AUV werden dem Beamten zwar bei der ersten Verwendung an einem Auslandsdienstort mit einem vom mitteleuropäischen erheblich abweichenden Klima bestimmte Beträge zur Beschaffung von Sonderbekleidung gewährt, die von der Höhe des Einkommens und der Anzahl der Familienmitglieder abhängen. Es handelt sich bei dieser ,,Sonderbekleidung" jedoch nicht um eine besondere für die Berufsausübung erforderliche Kleidung, sondern um normale bürgerliche Kleidung, die in ihrer Beschaffenheit lediglich den anderen klimatischen Verhältnissen Rechnung tragen soll. Die Anschaffung normaler bürgerlicher Kleidung führt aber im Hinblick auf das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG selbst dann nicht zu einem Werbungskostenabzug, wenn kein Zweifel besteht, daß die konkreten Kleidungsstücke so gut wie ausschließlich im Beruf getragen werden (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1990 IV R 65/90, BFHE 163, 134, BStBl II 1991, 348, 349). Ein Werbungskostenabzug von Aufwendungen für Bekleidung scheidet wegen des Abzugsverbots des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG bereits immer dann aus, wenn die Benutzung eines Kleidungsstücks als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 163, 134, BStBl II 1991, 348, 249).
3. Die Vorentscheidung ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Da es sich bei der angeschafften Tropenkleidung nicht um typische Berufskleidung, sondern um bürgerliche Kleidung handelt, ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 418427 |
BFH/NV 1993, 12 |