Leitsatz (amtlich)
Zahlt ein Arbeitgeber-Ehegatte an den in seinem Betrieb aufgrund eines ertragsteuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses mitarbeitenden Arbeitnehmer-Ehegatten eine Weihnachtsgratifikation, so ist diese betrieblich veranlaßt und bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gewinnmindernd zu berücksichtigen, soweit der Arbeitgeber-Ehegatte auch den familienfremden Arbeitnehmern seines Betriebs eine Weihnachtsgratifikation gewährt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; GewStG § 7
Tatbestand
Der Kläger, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger (Kläger) betreibt eine Tankstelle mit Wagenpflege. Seine Ehefrau war seit dem 1.Dezember 1966 als Bürokraft in seinem Betrieb angestellt. Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte das Arbeitsverhältnis an und berücksichtigte den laufenden Arbeitslohn als Betriebsausgabe. Neben dem monatlichen Gehalt von 550 DM zahlte der Kläger an seine Ehefrau ein Weihnachtsgeld, und zwar in den Jahren 1975 und 1976 je 2 000 DM und im Streitjahr 1977 2 500 DM. Nach einer Betriebsprüfung erkannte das FA von der Weihnachtsgratifikation nur 100 DM als Betriebsausgaben an. Demgemäß änderte es den Gewerbesteuermeßbescheid 1977, indem es den Gewerbeertrag um 2 400 DM erhöhte.
Der Kläger erhob nach erfolglosem Einspruch Klage. Er machte im wesentlichen geltend:
Seine Ehefrau sei im Streitjahr bereits seit 10 Jahren im Betrieb tätig gewesen. Neben den Büroarbeiten habe sie --soweit nötig-- auch die Arbeiten der Kassiererinnen und des Tankwarts übernommen. Wegen dieser Mehrarbeit und der langen Betriebszugehörigkeit sei die Zahlung eines Weihnachtsgeldes gerechtfertigt; darin sei auch das Urlaubsgeld enthalten. Zusammen mit den laufenden Zahlungen ergäbe sich kein überhöhtes Gehalt. Die Zahlung eines Weihnachtsgeldes sei auch in anderen Tankstellenbetrieben üblich, ohne daß schriftliche Vereinbarungen vorlägen. Im Dezember 1978 habe er an den am 1.Juli 1978 eingestellten Kfz-Meister freiwillig ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1 400 DM gezahlt.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es entschied, daß das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau grundsätzlich ertragsteuerlich anzuerkennen sei und daß die Weihnachtsgeldzahlung in Höhe eines Monatsgehalts --also in Höhe von 550 DM-- den Gewerbeertrag des Jahres 1977 mindere.
Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts und verfahrensrechtlicher Vorschriften.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Mit der Anschlußrevision beantragt er, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Anschlußrevision als unbegründet zurückzuweisen.
I. Revision
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
1. Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) mit ertragsteuerlicher Wirkung anzuerkennen, wenn die Ehegatten vor Beginn des Leistungsaustausches klare und eindeutige Vereinbarungen getroffen und das Vereinbarte ernsthaft gewollt und tatsächlich vollzogen haben; des weiteren müssen Vertragsgestaltung und -durchführung dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist (Urteil vom 28.Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60, m.w.N.). Liegen diese Voraussetzungen vor, sind die Lohnzahlungen des Arbeitgeber-Ehegatten an den in seinem Betrieb angestellten Arbeitnehmer-Ehegatten betrieblich veranlaßt und mindern damit als Betriebsausgaben nach § 4 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den Gewerbeertrag i.S. des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG); im anderen Fall sind die Zahlungen nicht betrieblich veranlaßt und nichtabzugsfähige Ausgaben i.S. des § 12 Nr.2 EStG. Bei der Prüfung der vorgenannten Erfordernisse sind, weil die Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten auch auf privater Veranlassung beruhen und in einem solchen Falle die Verlagerung der Einkünfte ertragsteuerlich nicht anerkannt werden kann, strenge Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil vom 21.August 1985 I R 73/82, BFHE 145, 316, BStBl II 1986, 250). Dies ist auch zu beachten, wenn aufgrund eines Arbeitsverhältnisses eine Weihnachtsgratifikation an den Arbeitnehmer-Ehegatten gezahlt wird.
Der BFH hat in dem Urteil vom 28.November 1968 I R 158/67 (BFHE 94, 333, BStBl II 1969, 163), in dem er über die Abzugsfähigkeit der Zahlung einer Geburtsbeihilfe an den Arbeitnehmer-Ehegatten als Betriebsausgaben zu entscheiden hatte, unter Hinweis auf Abschn.174a der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1965 ausgesprochen, daß der Arbeitnehmer auf die Weihnachtszuwendung in der Regel einen Rechtsanspruch habe und daß sie zur arbeitsgerechten Bezahlung gehöre; sie sei deshalb keine freiwillige Zuwendung i.S. des § 12 Nr.2 EStG an den Arbeitnehmer-Ehegatten. Arbeitgeber können das Weihnachtsgeld zivilrechtlich auf der Grundlage vertraglicher Abmachungen oder freiwillig an ihre Arbeitnehmer leisten. Die Arbeitnehmer erlangen --worauf der Kläger mit der Anschlußrevision zu Recht hinweist-- einen Rechtsanspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation, wenn diese dreimal ohne Vorbehalt der Freiwilligkeit gezahlt worden ist (Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch-Westermann, § 611 Rdnr.217, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).
Für die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung der Zahlung der Weihnachtsgratifikation an den Arbeitnehmer-Ehegatten kommt es aber in der Regel nicht darauf an, ob die Zahlung auf einem Rechtsanspruch oder auf Freiwilligkeit beruht, sofern im Betrieb des Arbeitgeber-Ehegatten auch familienfremde Arbeitnehmer beschäftigt sind. Ist dies der Fall und erhalten die familienfremden Arbeitnehmer eine Weihnachtsgratifikation, so kann im allgemeinen angenommen werden, daß die Weihnachtsgeldzahlung zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten betrieblich veranlaßt ist. Umgekehrt ist die Zahlung der Weihnachtsgratifikation an den Arbeitnehmer-Ehegatten in der Regel als nicht betrieblich veranlaßt zu bewerten, wenn die familienfremden Arbeitnehmer von der Weihnachtsgratifikation ausgeschlossen sind; davon wird in diesem Falle grundsätzlich auch dann auszugehen sein, wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte einen Rechtsanspruch auf die Weihnachtsgratifikation hat. Da das Weihnachtsgeld weitgehend aus sozialen Gründen und als Leistungsanerkennung gewährt wird und die ertragsteuerliche Berücksichtigung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen an strenge Anforderungen geknüpft ist, erscheint es gerechtfertigt, die betriebliche Veranlassung der Zahlung von Weihnachtsgeld an den Arbeitnehmer-Ehegatten von einem internen Betriebsvergleich abhängig zu machen. Selbst wenn es --wovon auszugehen ist-- im Streitjahr im allgemeinen üblich war, daß Weihnachtsgratifikationen an Arbeitnehmer gewährt werden, so kann dies die betriebliche Veranlassung der Zahlung an den Arbeitnehmer-Ehegatten in der Regel jedoch dann nicht begründen, wenn die im Betrieb beschäftigten familienfremden Arbeitnehmer tatsächlich keine Weihnachtsgratifikation erhalten haben.
Anders als in den Fällen einer Pensionszusage zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten kann bei der Prüfung der ertragsteuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit der Weihnachtsgeldzahlung wegen ihres sozialen Charakters nicht darauf abgestellt werden, ob die Arbeitnehmer eine gleichwertige Tätigkeit im Betrieb ausgeübt haben. Da für das Arbeitsrecht und die Gehaltszahlungen der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer von wesentlicher Bedeutung ist (Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch-Westermann, § 611, Rdnr.410 und 318), kann die Zahlung des Weihnachtsgeldes an den Arbeitnehmer-Ehegatten auch dann nicht als betrieblich veranlaßt angesehen werden, wenn familienfremden Arbeitnehmern kein Weihnachtsgeld gewährt wird und diese Arbeitnehmer im Betrieb mit Aufgaben betraut sind, die geringwertiger als die des Arbeitnehmer-Ehegatten sind.
Es ist möglich, daß ein Arbeitgeber aufgrund besonders gelagerter Umstände einzelne Arbeitnehmer von einer Weihnachtsgeldzahlung ausnimmt und dies nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz gerechtfertigt ist; dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer erst seit kurzer Zeit im Betrieb beschäftigt ist oder wenn er zur Zeit der Fälligkeit der Weihnachtsgeldzahlung gekündigt hat. Fälle dieser Art können in den internen Betriebsvergleich zur Prüfung der betrieblichen Veranlassung der Weihnachtsgeldzahlung an den Arbeitnehmer-Ehegatten nicht einbezogen werden.
2. Das FG-Urteil entspricht diesen Rechtsgrundsätzen nicht. Das FG hat die Weihnachtsgratifikation an den Arbeitnehmer-Ehegatten als betrieblich veranlaßt anerkannt, obwohl nach seinen Feststellungen den familienfremden Arbeitnehmern eine Weihnachtsgratifikation nicht gewährt worden ist. Das FG-Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob im Streitfall besondere Gegebenheiten vorlagen, die den Kläger berechtigten, ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz die familienfremden Arbeitnehmer vom Empfang des Weihnachtsgeldes auszuschließen. Kann das FG bei der erneuten Verhandlung solche Besonderheiten nicht feststellen, hat es die Klage abzuweisen. Stellt das FG dagegen fest, daß der Kläger im Streitjahr allen familienfremden Arbeitnehmern aufgrund besonderer Umstände die Weihnachtsgeldzahlung verweigern durfte, so kann eine betriebliche Veranlassung der Weihnachtszuwendung an den Arbeitnehmer-Ehegatten nur angenommen werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Kläger bei Beschäftigung familienfremder Arbeitnehmer, die er aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes von der Weihnachtsgeldzahlung nicht hätte ausschließen können, diesen auch tatsächlich ein Weihnachtsgeld gewährt hätte. Weiter ist, wenn ein betriebsinterner Vergleich nicht möglich ist, zur Bejahung der betrieblichen Veranlassung zu fordern, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte seit dem Beginn des Jahres der Weihnachtsgeldzahlung einen Rechtsanspruch auf die Weihnachtsgratifikation hatte, da anderenfalls nicht gewährleistet ist, daß für die Zahlung keine privaten Gründe bestimmend waren.
II. Anschlußrevision
Die Anschlußrevision ist nicht begründet.
Das FG hat die Weihnachtsgeldzahlung in Höhe eines Monatslohns bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gewinnmindernd erfaßt. Die Höhe der ertragsteuerlichen Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes an den Arbeitnehmer-Ehegatten wird sich in erster Linie nach den Grundsätzen richten, die für die Höhe der Weihnachtsgeldzahlung an die familienfremden Arbeitnehmer maßgebend sind. Nach diesen Grundsätzen konnte der Kläger im Streitfall nicht vorgehen, weil er an die familienfremden Arbeitnehmer kein Weihnachtsgeld gezahlt hat. Das FG hat eine Weihnachtsgeldzahlung in Höhe eines Monatsgehalts als angemessen angesehen und dies damit begründet, daß bei Weihnachtsgratifikationen an familienfremde Arbeitnehmer ein Betrag in dieser Höhe üblich sei; davon ist auch der Kläger in der Anschlußrevision ausgegangen. An diese Würdigung ist der Senat nach § 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Soweit der Kläger mit der Anschlußrevision rügt, daß das FG bei der Prüfung der Üblichkeit der Höhe der Weihnachtsgratifikation die branchenspezifischen und regionalen Besonderheiten des Streitfalls nicht beachtet habe, ist dies neues Vorbringen, das der Senat nach § 118 Abs.2 FGO seiner Entscheidung nicht zugrunde legen darf.
Fundstellen
Haufe-Index 62276 |
BStBl II 1988, 606 |
BFHE 152, 511 |
BFHE 1988, 511 |
BB 1988, 1379-1380 (LT1) |
DStR 1988, 459 (ST1) |
HFR 1988, 383 (LT1) |