Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "Wohngebäude" in § 7 b EStG ist nach dem wirtschaftspolitischen Zweck dieser Vorschrift auszulegen. Der für das bürgerliche Recht, das Bewertungsgesetz (Einheitsbewertung) und § 7 EStG geltende Begriff "Gebäude" stimmt mit dem Begriff "Wohngebäude" in § 7 b EStG nicht voll überein.
Die Kosten für die zu einem Wohngebäude gehörenden besonderen Anlagen und Einrichtungen werden als nach § 7 b EStG begünstigte Herstellungskosten des Gebäudes nur behandelt, soweit die Anlagen und Einrichtungen in Wohnhäusern dieser Art üblich sind.
Kosten für Schwimmbecken bei Einfamilienhäusern gehören nicht zu den Herstellungskosten im Sinne des § 7 b EStG.
Normenkette
EStG § 7b
Tatbestand
Die Bf. haben am 1. September 1958 das von ihnen mit einem Kostenaufwand von etwa 525.000 DM erbaute Einfamilienhaus bezogen und für 1958 die Steuervergünstigung nach § 7 b EStG 1958 beansprucht. Das Finanzamt hat den Bf. die erhöhte Absetzung für Abnutzung (AfA) nach dieser Vorschrift zugestanden. Nur für einen Betrag von 9.955 DM, den die Bf. für ein Schwimmbecken im Garten des Hauses aufgewendet haben, hat es die Anwendung des § 7 b EStG abgelehnt.
Die hiergegen gerichtete Sprungberufung der Bf. hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht hat ausgeführt, die erhöhte AfA nach § 7 b EStG komme nur für Wohngebäude in Betracht. Ein Schwimmbecken im Garten sei aber kein Gebäude, sondern eine Außenanlage. Derartige Anlagen seien nach § 7 b EStG nur begünstigt, wenn sie erforderlich seien für die Benutzung des Wohngebäudes, wie dies bei Hofbefestigungen, Zugehwegen usw. der Fall sei. Ein Schwimmbecken im Freien sei jedoch nicht erforderlich, um das Wohngebäude in einer den heutigen Ansprüchen genügenden Weise benutzbar zu machen. Dies sei anders bei Garagen, die inzwischen zum notwendigen Zubehör von Wohnhäusern geworden seien. Die Kosten für ein Schwimmbecken im Garten seien daher nicht nach § 7 b EStG begünstigt. Auch dem Hilfsantrag der Bf., den Wert des Schwimmbeckens von dem für die Berechnung des Grundbetrages für die Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (Einfamilienhaus-VO) maßgebenden Einheitswert bei Anwendung dieser Verordnung abzusetzen, könne nicht stattgegeben werden, weil § 3 Abs. 2 der Verordnung nur anwendbar sei, wenn das Grundstück teilweise gewerblichen, beruflichen oder öffentlichen Zwecken diene. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung sei nicht möglich.
Zur Begründung der Rb. tragen die Bf. vor, das Wohngebäude und die Außenanlage bildeten eine wirtschaftliche Einheit. Ob eine Anlage notwendig sei oder nicht, sei unwesentlich, zumal über die Notwendigkeit einer Anlage unterschiedliche Auffassungen bestehen könnten. Ob das Schwimmbecken im Haus selbst untergebracht sei oder in unmittelbarem Anschluß an das Haus oder, wie in ihrem Fall, vom Haus abgesetzt im Garten, sei gleichfalls ohne Einfluß auf die Anwendung des § 7 b EStG. Schwimmbecken seien zwar nicht unbedingt notwendig, sie dienten aber doch dem Wohnbedürfnis des Hauseigentümers. Sie seien inzwischen auch bei mittleren Einfamilienhäusern keine Seltenheit mehr und wären ein unselbständiger Teil der Wohnung. Die Kosten von Schwimmbecken seien infolgedessen den Herstellungskosten der Gebäude zuzurechnen und die für sie aufgewendeten Beträge müßten gemäß § 7 b EStG begünstigt werden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Steuervergünstigung nach § 7 b EStG gilt für Gebäude, die überwiegend Wohnzwecken dienen. Ein Schwimmbecken im Garten eines Einfamilienhauses ist kein Wohngebäude, sondern eine Einrichtung zur Ergänzung des Hauses. Die Kosten für die Errichtung derartiger Einrichtungen und Anlagen sind zwar nicht grundsätzlich von der erhöhten AfA ausgeschlossen. Für Garagen wurde dies z. B. inzwischen § 7 b Abs. 6 EStG 1960 vom Gesetzgeber angeordnet. Es ginge jedoch zu weit, für alle Einrichtungen, die den Bewohnern eines Hauses dienen, ohne weiteres die erhöhte AfA nach § 7 b EStG zuzulassen. Diese Vorschrift wurde nach der Währungsumstellung in das EStG aufgenommen, um den Bauherren durch die Vorwegnahme künftiger Abschreibungen eine steuerliche Entlastung und damit eine Finanzierungsbeihilfe zu gewähren, durch die der aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen besonders wichtige Bau von Wohnungen gefördert werden sollte (vgl. z. B. Urteil des Senats VI 180/60 U vom 25. August 1961, BStBl 1961 III S. 482, Slg. Bd. 73 S. 593, und die dort angeführte Rechtsprechung). Die wiederholten änderungen des § 7 b EStG zeigen, daß der Gesetzgeber im Lauf der Zeit die Vorschrift den jeweiligen Erfordernissen angepaßt hat. So wurde die Vergünstigung auf die Ersterwerber von Kleinsiedlungen, Kaufeigenheimen, Eigentumswohnungen und Dauerwohnrechten ausgedehnt. Garagen wurden in die Regelung einbezogen, andererseits wurde die Vergünstigung bei Ein- und Zweifamilienhäusern auf Herstellungskosten von 120.000 DM begrenzt.
Diese Entwicklung zeigt, daß nach dem Willen des Gesetzgebers der wirtschaftspolitischen Zwecksetzung der Vorschrift bei ihrer Auslegung überragende Bedeutung beigemessen werden muß. Bei Zweifeln über die Anwendbarkeit der Vorschrift sind deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen so auszulegen, wie es zur möglichst wirksamen Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist. Dabei müssen u. U. in § 7 b EStG verwendete Begriffe anders ausgelegt und abgegrenzt werden, als in anderen Rechtsgebieten, insbesondere der Begriff "Wohngebäude". Das BewG verwendet, vor allem bei der Einheitsbewertung des Grundbesitzes, den Begriff "Wohngebäude" nicht. Die für die Einheitsbewertung geltenden Grundsätze für die Abgrenzung der verschiedenen Gebäudearten sind daher für die Bestimmung des Begriffs der "Wohngebäude" in § 7 b EStG nicht verwertbar. Es wäre auch nicht richtig, die Begriffe des bürgerlichen Rechts für die Auslegung des § 7 b EStG ausschlaggebend sein zu lassen, insbesondere an die in §§ 93 ff. BGB verwendeten Begriffe der wesentlichen und unwesentlichen Bestandteile oder des Zubehörs anknüpfen; denn diesen Begriffen kommt bei der für die Auslegung des Begriffs "Wohngebäude" in § 7 b EStG entscheidenden Zwecksetzung der Vorschrift, nämlich der Förderung des Baues von Wohngebäuden, keine Bedeutung zu. Das gleiche gilt schließlich auch für § 7 EStG. Wenn auch § 7 b EStG hinsichtlich der Höhe der AfA an die Stelle von § 7 EStG tritt, so brauchen doch trotz der nahen Verwandtschaft beider Vorschriften bei der besonderen Zwecksetzung des § 7 b EStG Begriffe des § 7 EStG, wie z. B. der Begriff "Wohngebäude", bei der Auslegung des § 7 b EStG nicht unbedingt im gleichen Sinn verstanden zu werden.
§ 7 b EStG enthält keine Vorschriften über die Größe und die Ausstattung der Wohnungen in den begünstigten Wohngebäuden. Erst für die nach dem 31. Dezember 1958 errichteten Ein- und Zweifamilienhäuser ist durch die Einführung eines Höchstbetrags der für die erhöhte AfA in Betracht kommenden Herstellungskosten mittelbar die Ausstattung der Wohnungen für die Höhe der AfA bedeutsam geworden. Für andere Wohngebäude fehlen aber derartige Begrenzungen. Daraus kann indessen nicht gefolgert werden, daß die Kosten aller Einrichtungen und Anlagen ohne weiteres nach § 7 b EStG begünstigt sind. Die Ausstattung der Wohnräume selbst ist in der Regel allerdings keinen Beschränkungen unterworfen. Bei besonderen Einrichtungen und Anlagen außerhalb der eigentlichen Wohnräume ist es jedoch von Bedeutung, ob diese bei verständiger Berücksichtigung des Gesetzeszwecks noch als Teil des Wohngebäudes gelten können. Diese überlegung legt es nahe, besondere Einrichtungen und Anlagen außerhalb der eigentlichen Wohnräume bei Anwendung des § 7 b EStG nur zu berücksichtigen, soweit sie üblich sind und soweit sie nicht ausschließlich auf persönlichen Wünschen des Bauherrn beruhen. Mit Rücksicht auf den Zweck des § 7 b EStG muß bei der Auslegung der Vorschrift in diesen Fällen auch berücksichtigt werden, ob der Gesetzgeber derartige Einrichtungen fördern wollte, als er den Bau von Wohnungen begünstigte. Da die Steuervergünstigung nach § 7 b EStG für den Steuerfiskus zunächst einen erheblichen Steuerverzicht bedeutet, ist dieser Steuerausfall nur vertretbar, soweit durch die Anwendung des § 7 b EStG der Bau von Wohnungen unmittelbar gefördert wird. Eine Auslegung des § 7 b EStG, bei der dies nicht beachtet wird, wäre auch mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und infolgedessen mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht zu vereinbaren.
Der Bundesfinanzhof hat eine ähnliche Abgrenzung bereits bei der Berücksichtigung von Garagen im Rahmen des § 7 b EStG vorgenommen. Im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 353/53 U vom 18. November 1954 (BStBl 1955 III S. 39, Slg. Bd. 60 S. 99) wurde für die Jahre 1949 und 1950 verneint, daß bei dem damaligen Stand der Motorisierung der Bevölkerung eine Garage für einen privatgenutzten Personenkraftwagen als ein Wohnzwecken dienender Teil der Grundfläche anzusehen sei. Der Senat hat dann im Urteil VI 246/57 U vom 24. April 1959 (BStBl 1959 III S. 246, Slg. Bd. 68 S. 645) für das Jahr 1955 dagegen entschieden, daß die Verhältnisse sich seitdem geändert hätten und daß Garagen für privatgenutzte Personenkraftwagen zur räumlichen Ausstattung einer Wohnung gehörten und demgemäß bei Anwendung des § 7 b EStG dem Wohnzwecken dienenden Teil der Grundfläche zuzurechnen seien. Inzwischen wurde diese Beurteilung in § 7 b Abs. 6 EStG 1960 übernommen.
Die Anwendung des Grundsatzes, daß im Rahmen des § 7 b EStG nur die Herstellungskosten üblicher Anlagen und Einrichtungen von Wohngebäuden begünstigt sind, führt zur Ablehnung der von den Bf. beantragten AfA für die Kosten ihres Schwimmbeckens. Es mag sein, daß Schwimmbecken in Gärten von Einfamilienhäusern im Lauf der letzten Jahre häufiger gebaut wurden als früher. Solche Anlagen sind aber auch gegenwärtig keine übliche Einrichtung eines Einfamilienhauses. Ein Bauherr, der sich ein Schwimmbecken im Garten einrichtet, verschafft sich und seiner Familie damit eine besondere Annehmlichkeit, die aber gegenwärtig auch bei gut ausgestatteten Einfamilienhäusern nicht etwa allgemein oder weithin üblich ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob sich das Schwimmbecken im Garten vom Hause getrennt oder in unmittelbarem Anschluß an das Haus befindet. Ebenso wäre es übrigens zu beurteilen, wenn es in das Gebäude einbezogen oder etwa im Keller des Hauses eingebaut wäre. Die verschiedene Gestaltung, die im wesentlichen von den architektonischen Möglichkeiten sowie von den persönlichen Wünschen des Bauherrn abhängt, rechtfertigt für die Anwendung des § 7 b EStG keine unterschiedliche Behandlung. Schwimmbecken sind danach ebenso wie etwa eine Sauna, eine Bar oder eine Kegelbahn im Keller von Einfamilienhäusern keine üblichen Anlagen oder Einrichtungen, deren Herstellungskosten zu den nach § 7 b EStG begünstigten Aufwendungen zu rechnen sind. Das gleiche gilt auch für Einbaumöbel, die über den üblichen Rahmen hinausgehen.
Der Hilfsantrag der Bf., bei der Ermittlung des Nutzungswerts ihrer Wohnung nach der Einfamilienhaus-VO vom 26. Januar 1937 den Wert des Schwimmbeckens aus dem maßgebenden Einheitswert auszuscheiden, wurde vom Finanzgericht ebenfalls mit Recht abgelehnt; denn die Verordnung sieht etwas derartiges nicht vor. Bei dem nach § 2 der Einfamilienhaus-VO ermittelten Grundbetrag ist die AfA nach § 7 EStG abgegolten für alles, was im Einheitswert des Grundstücks erfaßt ist. Dazu gehört auch ein Schwimmbecken im Garten. Die nach § 15 Abs. 3 EStDV 1958 daneben zulässige erhöhte AfA nach § 7 b EStG ist bei den von den Bauherrn selbst bewohnten Einfamilienhäusern eine zusätzliche Vergünstigung. Sie kommt aber nur für die Kosten in Betracht, die durch den Bau des eigentlichen Wohngebäudes entstanden sind. Für Einrichtungen und Anlagen, die zwar zum Einfamilienhaus gehören und in dessen Einheitswert einbezogen sind, die aber nach der obigen Auslegung des Begriffs "Wohngebäude" in § 7 b EStG nicht dessen Teil sind, wird bei der Einkommensteuer nur die AfA nach § 7 EStG berücksichtigt, die durch den Ansatz des Grundbetrags abgegolten ist.
Fundstellen
Haufe-Index 410674 |
BStBl III 1963, 115 |
BFHE 1963, 313 |
BFHE 76, 313 |