Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldgeschenk eines Chefarztes an seine Mitarbeiter keine abziehbare Betriebsausgabe
Leitsatz (NV)
Macht der Chefarzt eines Krankenhauses seinen Mitarbeitern unter dem Krankenhauspersonal zu Weihnachten ein Geldgeschenk für ihre Gemeinschaftskasse, so steht einem Abzug als Betriebsausgabe § 4 Abs. 5 EStG entgegen.
Normenkette
EStG 1975 § 4 Abs. 4-5
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Chefarzt der inneren Abteilung eines Krankenhauses tätig und bezieht als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielt er Einkünfte aus selbständiger freiberuflicher Tätigkeit aufgrund seines eigenen Liquidationsrechtes für ärztliche Tätigkeiten und Leistungen im stationären und nichtstationären Bereich des Krankenhauses. Als Erstattung für die Kosten, die dem Krankenhausträger durch die Ausübung dieser Tätigkeit, insbesondere für die Inanspruchnahme von Krankenhauspersonal entstehen, hat der Kläger 20 v. H. seiner Bruttoliquidationseinnahmen an den Krankenhausträger abzuführen.
In den Streitjahren 1973 bis 1975 wendete der Kläger an besonderen Festtagen, insbesondere an Weihnachten, den Mitarbeitern des Krankenhauses Geldgeschenke zu, und zwar 1973 2 150 DM, 1974 2 350 DM und 1975 2 150 DM. Die Beträge wurden - bis auf 200 DM im Jahre 1974 für eine Frau H - in Gemeinschaftskassen für Mitarbeiter und nicht direkt an jeden einzelnen Bediensteten gezahlt. In den Streitjahren waren einschließlich der Nachtwachen ca. 30 Personen als Mitarbeiter für den Kläger beschäftigt. Die Zahlungen waren ausschließlich für das nichtärztliche Personal bestimmt. Der Kläger machte die Zuwendungen an das Krankenhauspersonal als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit als freiberuflich tätiger Arzt geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte den begehrten Betriebsausgabenabzug.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage, zu deren Begründung er ausführte, die Bediensteten des Krankenhauses würden bei ihm als Aushilfskräfte und damit als Arbeitnehmer tätig werden. Die Aufwendungen für die Geschenke seien seiner Meinung nach beruflich bedingt, da für die Zuwendungen von den Bediensteten Gegenleistungen erbracht würden. Da die gelegentlichen Zuwendungen an den Festtagen nur zu einem relativ geringen Verdienst bei den einzelnen Mitarbeitern führen würden, habe er davon abgesehen, Lohnsteuerkarten anzulegen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.
Es vertrat die Auffassung, der Kläger könne gemäß § 4 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Geldgeschenke nicht als Betriebsausgaben abziehen. Dabei sei für die Versagung des Abzuges entscheidend, daß kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Zuwendenden und den Zuwendungsempfängern bestehe, der Kläger also nicht Arbeitgeber der Zuwendungsempfänger gewesen sei und diese nicht seine Arbeitnehmer. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG lasse zwar ausnahmsweise auch bei Nichtarbeitnehmern den Abzug von Aufwendungen für Geschenke zu, soweit deren Wert 100 DM in den Jahren vor 1975 und 50 DM ab 1975 (soweit es sich um Werbegeschenke handle) nicht übersteige. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift seien aber nur solche Geschenke steuerlich abzugsfähig, die dem Empfänger direkt zugewendet würden. Im vorliegenden Fall seien hingegen die Geldbeträge überwiegend in eine Gemeinschaftskasse der betreffenden Bediensteten eingezahlt und die Verwendung den beteiligten Bediensteten insgesamt überlassen worden. Soweit im Jahre 1974 auch Zahlungen direkt an einen Zuwendungsempfänger geleistet worden seien, entfalle die Berücksichtigung schon deshalb, weil die Freigrenze von 100 DM überschritten worden sei.
Mit der Revision wendet der Kläger gegen die Vorentscheidung ein, das FG habe das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG unzutreffend angewendet. Das FG verkenne insbesondere, daß das Krankenhauspersonal gegenüber dem liquidationsberechtigten Chefarzt in einem gewissen Umfange sehr wohl in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehe. Bei den Zuwendungen gehe es nicht etwa nur um Maßnahmen zur Verbesserung des Betriebsklimas: vielmehr gehe es um die Entlohnung von Handreichungen und Tätigkeiten, die das Krankenhauspersonal für den Chefarzt im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit im Krankenhaus erbringe.
Der Kläger beantragt unter Aufhebung der Vorentscheidung, die Geldgeschenke bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit als Betriebsausgaben abzusetzen, hilfsweise, diese Beträge je zur Hälfte als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit und zur Hälfte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Bei den strittigen Geldzuwendungen handelt es sich um Weihnachts- und ähnliche Geschenke, die der Kläger alljährlich an die für ihn im Rahmen seiner freiberuflichen Arztpraxis tätigen Mitarbeiter des Krankenhauses gemacht und die er bei seinen Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit als Betriebsausgaben abgezogen hat. Der Kläger geht davon aus, daß die Geldgeschenke durch seine freiberufliche Arztpraxis im Krankenhaus veranlaßt waren, weil ihm für diese die Mitarbeiter zur Verfügung standen, obwohl sie nach den nicht angreifbaren Feststellungen des FG in keinem Arbeitsverhältnis zu ihm standen. Der Senat teilt diese Auffassung. Die berufliche Veranlassung der Geldzuwendungen ergibt sich schon daraus, daß der Kläger in seiner freiberuflichen Praxis im Krankenhaus auf diese von ihm selbst nicht entlohnten Mitarbeiter angewiesen war und von ihrer Arbeitsqualität der Erfolg seiner Arztpraxis und damit seine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nicht unwesentlich beeinflußt wurden. Die betriebliche Veranlassung solcher Geschenke an Krankenhauspersonal, das in keinem Arbeitnehmerverhältnis zum Chefarzt steht, ergibt sich also aus dem besonderen Status der Chefärzte an deutschen Krankenhäusern, der es ihnen gestattet, im Krankenhaus mit Hilfe des Krankenhauspersonals eine freiberufliche Arztpraxis selbständig auszuüben. Nach denselben Grundsätzen hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81 (BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557) den Standpunkt vertreten, daß Aufwendungen eines angestellten Bezirksdirektors einer Versicherung mit überwiegend erfolgsabhängigen Bezügen für Bewirtung und Geschenke an Mitarbeiter seines Bezirks beruflich veranlaßte Werbungskosten sein können, weil seine Bezüge nicht unwesentlich von den Leistungen seiner Mitarbeiter abhängen.
Nach der zutreffenden Meinung des FG verstößt aber der Abzug solcher Betriebsausgaben bei einem selbständig Tätigen gegen das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG. Diese Bestimmung wurde durch ihre Neufassung im EStG 1975 gegenüber der vorher geltenden Fassung verschärft. Nach der Fassung des EStG 1971 war der Abzug von Geschenken als Betriebsausgabe bis zu 100 DM pro Person möglich, wenn die Geschenke betrieblich veranlaßt waren. Zutreffend geht das FG davon aus, daß sich der Kläger auf diese 100 DM-Grenze für die Streitjahre vor 1975 nicht berufen kann, weil er - bis auf einen Ausnahmefall - den bei rd. 2 200 DM liegenden Jahresbetrag der Geschenke in eine Gemeinschaftskasse der beteiligten Mitarbeiter gegeben und nicht an die einzelnen Mitarbeiter individuell verteilt hat, so daß nicht feststeht, ob und wieviel jeder einzelne Mitarbeiter erhalten hat. Nach dem EStG 1975 dürfen Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, generell nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werden. Eine Ausnahme besteht nur noch für sog. Werbegeschenke von Firmen mit einem Wert unter 50 DM, die hier nicht in Betracht kommen.
Die Meinung des Klägers, § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG sei auf seinen Fall nicht anwendbar, weil zwischen ihm und seinen Mitarbeitern ein Verhältnis bestanden habe, das einem Arbeitsverhältnis ähnlich sei, ist unzutreffend, weil sie gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes verstößt. Die Mitarbeiter des Krankenhauses waren so wenig Arbeitnehmer des Klägers wie im angeführten Urteil in BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557 die dem Bezirksdirektor unterstellten Mitarbeiter dessen Arbeitnehmer waren oder Staatsbedienstete Arbeitnehmer ihres Behördenleiters sind, auf dessen Weisung sie ihre Arbeiten ausführen. Der Begriff des Arbeitnehmers ist im Einkommensteuerrecht insoweit eindeutig.
Auch der Hilfsantrag des Klägers in der Revision - entgegen dem Klagebegehren - die Hälfte des Wertes der Geschenke jeweils bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als angestellter Chefarzt als Werbungskosten abzuziehen, kann keinen Erfolg haben. Selbst wenn man entgegen dem ursprünglichen Vortrag des Klägers davon ausgehen könnte, daß er die Geschenke teilweise in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer gemacht hat, sind sie schon deshalb keine Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG, weil sie auf die Erwerbung, Sicherung und Erhaltung seiner Bezüge als angestellter Chefarzt von seiten seines Arbeitgebers ohne Einfluß sind; solche Geschenke an angestellte Mitarbeiter beeinflussen bei nichtselbständig Tätigen - im Gegensatz zu den selbständig Tätigen (Gewerbetreibende, Land- und Forstwirte und freie Berufe) - nicht die Höhe ihrer Einkünfte. Wie der Senat schon im Urteil vom 24. Mai 1973 IV R 92/72 (BFHE 109, 352, BStBl II 1973, 634) ausgeführt hat, ist es sicher richtig, daß solche Aufwendungen auch auf beruflichen Erwägungen beruhen und geeignet sind, das Arbeitsklima der von dem betreffenden Steuerpflichtigen geleiteten Klinik oder Krankenhausabteilung oder des betreffenden Universitätsinstituts zu fördern. Es ergibt sich aber ebenso aus dem Wesen solcher Aufwendungen eines Staatsdieners oder Angestellten in leitender Stellung mit feststehenden Bezügen, daß sie in erheblichem Maße auch privat veranlaßt sind. Ihre Veranlassung ist dieselbe, wie bei den Ausgaben für Geburtstags-, Beförderungs- und ähnlichen Feiern, die leitende Beamte und Angestellte für ihre Kollegen und Mitarbeiter veranstalten. Bei diesen Ausgaben geht es um die Verwendung von Einkommen zur Erfüllung gewisser gesellschaftlicher Repräsentationsverpflichtungen, die mittelbar durch die berufliche Tätigkeit bedingt sind und diese letztlich auch fördern sollten. Damit sind aber solche Aufwendungen noch keine Werbungskosten. Vielmehr handelt es sich um typische Aufwendungen für die Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung mit sich bringt. So verhält es sich auch beim Kläger. Man könnte daher seine Sachzuwendungen insoweit zwar als gemischte Aufwendungen einstufen, weil sie mittelbar mit dem Beruf des Klägers als Chefarzt zusammenhängen und seiner beruflichen Arbeit förderlich sind.
Wie der Große Senat des BFH im Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) ausgesprochen hat, enthält § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für derartige Fälle von gemischten Aufwendungen eine gesetzliche Typisierung und ein gesetzliches Verbot der Aufteilung solcher Kosten. Der VI. Senat hat sich im angeführten Urteil in BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557 den Ausführungen im Urteil des Senats in BFHE 109, 352, BStBl II 1973, 634 ausdrücklich angeschlossen; er hält nur bei erfolgsabhängigen Arbeitnehmerbezügen eine andere Beurteilung für möglich. Solche erfolgsabhängigen Arbeitnehmerbezüge liegen jedoch beim Kläger als angestelltem Chefarzt nicht vor. (Das Urteil entspricht der Entscheidung des Senats vom 8. November 1984 IV R 186/82, BFHE 143, 21, BStBl II 1985, 286.)
Fundstellen