Leitsatz (amtlich)
Auch bei einem Pauschalvertrag, für den die VOB/B gilt, setzt die Fälligkeit des Anspruchs auf den Restwerklohn (Schlußzahlung) neben der Abnahme der Werkleistung die Erteilung einer prüfbaren Schlußrechnung voraus (im Anschluß an Senatsurteile BGHZ 79, 180; 83, 382).
Normenkette
VOB/B (1973) § 16B Nr. 3 Abs. 1, § 14; BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1, § 201
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 07.10.1987) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgericht Celle vom 7. Oktober 1987 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten sind Bauherren und Eigentümer zweier Wohnungen in einer Wohnanlage in F. -D., die im Rahmen einer sog. Bauherrengemeinschaft errichtet wurde. Der Kläger nimmt als Konkursverwalter der Generalübernehmerin und Bauunternehmerin, der Firma Pl. GmbH & Co. KG, die Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns in Anspruch.
Die Beklagten schlossen im Oktober 1980 mit der Firma T. KG eine notarielle Treuhandvereinbarung, durch die sie die Firma T. KG als Treuhänderin bevollmächtigten, alle Verträge in Namen der Beklagten abzuschließen, die zur Durchführung des Bauvorhabens notwendig waren. Im Jahre 1981 schloß die Firma T. KG im Namen der Beklagten mit der Firma Pr. einen Vertrag über die wirtschaftliche Baubetreuung ab. Diese Firma schloß ihrerseits im Namen der Bauherrengemeinschaft im Jahre 1981 mit der späteren Gemeinschuldnerin einen Bauvertrag über die schlüsselfertige Errichtung der Wohnanlage zu einem Pauschalfestpreis. In § 2.1.3 des Bauvertrages ist geregelt, daß die VOB/B gelten soll.
Sämtliche im Rahmen der Bauherrengemeinschaft handelnden Firmen waren 100%ige Tochtergesellschaften der Firma T. Holding AG. Diese Firmen sind mittlerweile alle in Konkurs gefallen.
Die Beklagten zahlten den auf sie für die beiden Wohnungen entfallenden Gesamtaufwandsbetrag von 204.600 DM auf ein von der Firma T. KG eingerichtetes Bausonderkonto. Von diesem Konto sollten u.a. die Verpflichtungen der Beklagten der Gemeinschuldnerin gegenüber beglichen werden. Die Forderung der Gemeinschuldnerin wurde von der Firma T. KG nicht vollständig bezahlt.
Nachdem das Bauvorhaben abgenommen worden war, erstellte die Gemeinschuldnerin am 13. Dezember 1982 für die Beklagten eine Schlußrechnung, die am 15. Dezember 1982 bei der Firma Pr., der wirtschaftlichen Baubetreuerin, einging. Erst nach dem Konkurs der gesamten Firmengruppe T. erfuhren die Beklagten im Juli 1985 durch eine Mahnung des Klägers, daß die in der Schlußrechnung ausgewiesene Restwerklohnforderung der Gemeinschuldnerin in Höhe von 9.912,84 DM noch nicht beglichen war.
Mit Antrag vom 30. Oktober 1985, bei Gericht eingegangen am 7. November 1985, beantragte der Kläger gegen die Beklagten je einen Mahnbescheid, die am 2. Januar 1986 erlassen und den Beklagten am 10. Januar 1986 zugestellt wurden. Nachdem die Beklagten Widerspruch eingelegt hatten, gab das Amtsgericht Ha. den Rechtsstreit an das Landgericht Hi. ab.
Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer – zugelassenen – Revision, die der Kläger zurückzuweisen bittet, erstreben die Beklagten die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat dem Kläger die Restwerklohnforderung im wesentlichen mit folgender Begründung zuerkannt:
Die Klageforderung sei aufgrund des zwischen der Gemeinschuldnerin und der Bauherrengemeinschaft abgeschlossenen Bauvertrages i.V.m. § 17 Abs. 1 KO begründet. Die Forderung sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verjährt. Da die Fälligkeit der Forderung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B am 15. Februar 1983 eingetreten sei, habe die zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BGB) erst mit Ablauf des Jahres 1983 begonnen. Vor Ablauf dieser Frist sei die Verjährung durch den Antrag auf Erlaß der Mahnbescheide gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB unterbrochen worden.
Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat die wirksame Einbeziehung der VOB/B in den zwischen der Gemeinschuldnerin und den Beklagten abgeschlossenen Bauvertrag zu Recht bejaht. So ist es insbesondere zutreffend davon ausgegangen, daß es nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGB-Gesetz nicht erforderlich ist, dem Vertragspartner des Verwenders einen Text der VOB/B zur Verfügung zu stellen, wenn aufgrund der gewerblichen Betätigung des Vertragspartners auf dem Bausektor davon auszugehen ist, daß ihm der Text der VOB/B bekannt ist (Senatsurteil BGHZ 86, 135, 137/139; ebenso Ingenstau-Korbion, VOB, 10. Aufl., Einl. Rdnr. 23 a; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab, VOB, 4. Aufl., B § 1 Rdnr. 4b, beide m.w.N.; a. A. Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 5. Aufl., Rdnr. 727). Das wird denn auch von der Revision nicht in Frage gestellt.
II.
Das Berufungsgericht hat die Verjährung der Klageforderung zu Recht verneint.
1. Die Fälligkeit der Forderung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht bereits mit der Abnahme des Werkes, sondern erst zwei Monate nach dem Zugang der Schlußrechnung, am 15. Februar 1983, eingetreten. Die Restwerklohnforderung aus einem Pauschalvertrag wird nicht schon mit der Abnahme des Werkes fällig, sondern regelmäßig erst dann, wenn die Voraussetzungen des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B vorliegen. Der Senat folgt insoweit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. OLG Celle BauR 1979, 433; Ingenstau/Korbion a.a.O. B § 14 Rdnr. 1; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab a.a.O. B § 14 Rdnr. 3; Nicklisch/Weick, VOB Teil B, § 14 Rdnr. 13; Kiesel, VOB Teil B, § 14 Rdnr. 1; Werner/Pastor a.a.O. Rdnr. 973; Korbion/Hochstein, VOB-Vertrag, 4. Aufl., Rdnr. 322; Locher, Das private Baurecht, 4. Aufl., Rdnr. 193; Daub/Piel/Soergel/Steffani, VOB Teil B, ErlZ B 14.6, 14.8; a. A. soweit ersichtlich nur Schlünder/Rasch, VOB/Teil B, 2. Aufl., § 16 Ziffer 4.2.3 Rdnr. 45).
Die dagegen von der Revision erhobenen Bedenken greifen nicht durch. § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B ist auf einen Pauschalvertrag zum einen deshalb anwendbar, weil die durch die Vorschrift geschützten Interessen beider Vertragsparteien bei der Abwicklung eines Bauvertrages mit denen bei einem Einheitspreisvertrag übereinstimmen. Zum anderen läßt der mit dem Verfahren nach § 16 Nr. 3 VOB/B verfolgte Zweck eine unterschiedliche Abwicklung des Einheitspreisvertrages und des Pauschalvertrages nicht zu. Die als Voraussetzungen für die Fälligkeit notwendige prüfbare Schlußrechnung gemäß § 14 VOB/B und die in § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B geregelte Prüfungsfrist schützen in besonderer Weise sowohl die Interessen des Auftraggebers wie die des Auftragnehmers.
a) Das Erfordernis einer Schlußrechnung eröffnet dem Auftragnehmer die Möglichkeit, anhand der von ihm selbst erbrachten Bauleistung und der bisherigen Abschlagszahlungen zu prüfen, welche Restwerklohnforderung ihm noch zusteht, ohne daß er Gefahr läuft, die Verjährung seiner Werklohnforderung könnte beginnen. Diese Prüfungsmöglichkeit ist bei einem Pauschalvertrag schon deshalb sachgerecht, weil eine Kontrolle der bisher vom Auftraggeber geleisteten Abschlagszahlungen und etwaiger Gutschriften notwendig ist. Darüberhinaus hat der Auftragnehmer wie beim Einheitspreisvertrag zu überprüfen, ob er nicht besondere Leistungen, die auf Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages (§ 14 Nr. 1 Satz 4 VOB/B) beruhen, oder geänderte Leistungen i.S.d. § 2 Nr. 5 VOB/B oder zusätzliche Leistungen i.S.d. § 2 Nr. 6 VOB/B (vgl. dazu z.B. Senatsurteil BGHZ 90, 344, 346) oder erhebliche Abweichungen von der vertraglich vereinbarten Leistung gemäß § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B für den Auftraggeber prüfbar darstellen muß (Ingenstau/Korbion a.a.O. B § 14 Rdnr. 1, 10; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab a.a.O. B § 14 Rdnr. 3).
b) Die Verpflichtung des Auftragnehmers, eine prüfbare Rechnung zu erstellen, trägt auch und gerade den Interessen des Auftraggebers Rechnung (Senatsurteil NJW 1987, 382, 383). Die an die Prüfung der Rechnung geknüpften für ihn günstigen und ungünstigen Rechtsfolgen des § 16 Nr. 3 und des § 14 Nr. 4VOB/B begründen das berechtigte Interesse des Auftraggebers an einer prüfbaren und sachlich zutreffenden Schlußrechnung. Das Interesse des Auftraggebers ist bei einem Pauschalvertrag in gleicher Weise schätzenswert, wie bei einem Einheitspreisvertrag. So hat der Auftraggeber bei einem Pauschalvertrag vor allem ein Interesse daran zu prüfen, ob in der Schlußrechnung die von ihm geleisteten Abschlagszahlungen vollständig ausgewiesen und etwaige Gutschriften berücksichtigt sind, die errechnete Restwerklohnforderung also berechtigt ist, sowie ob die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 Satz 4, des § 2 Nr. 5, des § 2 Nr. 6 oder des § 2 Nr. 7 VOB/B gegeben sind. Er hat weiterhin ein besonderes Interesse daran, durch eine Schlußzahlung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B eine Klärung darüber herbeizuführen, ob und ggf. in welcher Höhe Nachforderungen zu erwarten sind. Eine Schlußzahlung oder die ihr gleichstehende Erklärung, nichts mehr zahlen zu wollen, mit der sich aus § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ergebenden Wirkung ist aber nur möglich, wenn eine Schlußrechnung vorausgegangen ist, die allerdings nicht prüfbar zu sein braucht, in der jedoch die geschuldete Werkleistung abschließend und umfassend abgerechnet sein muß (Senatsurteil NJW 1987, 2582, 2583 m.w.N.; vgl. a. Senatsurteile NJW 1984, 1757 u. BGHZ 102, 392).
In den Fällen, in denen der Auftraggeber ein besonderes Interesse an der alsbaldigen Abrechnung hat, weil er Dritten gegenüber zur Abrechnung verpflichtet ist, soll er durch die Abrechnung des Bauvorhabens nach § 16 Nr. 3 i.V.m. § 14 VOB/B die erforderliche Grundlage für seine Abrechnung Dritten gegenüber erhalten. Sein Interesse an einer Abrechnung, das unabhängig davon besteht, ob er einen Einheitspreis- oder einen Pauschalvertrag abgeschlossen hat, wird für den Fall, daß der Auftragnehmer keine oder eine nicht hinreichend prüfbare Schlußrechnung erstellt, dadurch geschützt, daß ihm § 14 Nr. 4 VOB/B die Möglichkeit eröffnet, auf Kosten des Auftragnehmers selbst eine Schlußrechnung aufzustellen (vgl. Ingenstau/Korbion a.a.O. B § 14 Rdnr. 23).
c) Die Abrechnung und Abwicklung von Pauschalverträgen nach § 16 Nr. 3 i.V.m. § 14 VOB/B entspricht auch dem gemeinsamen Interesse der Parteien und dem mit der Regelung in den genannten Vorschriften verfolgten Ziel, eine schnelle Abwicklung der gesamten Bauleistung herbeizuführen. Das Abrechnungsverfahren soll durch die Schlußrechnung die Grundlage für eine einvernehmliche Abwicklung des Bauvorhabens schaffen. Wenn der Auftraggeber nach der Prüfung keine Beanstandungen erhebt, bildet die Schlußrechnung die Grundlage für die endgültige Abrechnung des Bauvorhabens. In den Fällen, in denen der Auftraggeber die Schlußrechnung beanstandet, sind die Schlußrechnung und die Beanstandungen des Auftraggebers zumindest die Grundlage für Verhandlungen der Parteien mit dem Ziel, im beiderseitigen Interesse die einvernehmliche Abwicklung möglichst ohne gerichtliche Hilfe zu erreichen. Im Hinblick auf diesen Regelungszweck ist es nicht gerechtfertigt, den der VOB/B unterliegenden Pauschalvertrag im Unterschied zu dem Einheitspreisvertrag nicht nach dem genannten Verfahren der VOB/B abzuwickeln.
So ist denn der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. Juli 1979 (– VII ZR 174/78 = BauR 1979, 525) ohne weiteres davon ausgegangen, daß auch bei einem Pauschalvertrag eine Schlußrechnung erstellt werden muß, damit die Wirkung einer vorbehaltlos angenommenen Schlußzahlung ausgelöst werden kann. Dem Urteil NJW 1987, 382, mit dem der Senat entschieden hat, daß auch bei vorzeitiger Beendigung eines Bauvertrages, für den die VOB/B gilt, die Vergütung erst fällig wird, wenn eine Schlußrechnung erteilt ist, lag ebenfalls ein Pauschalvertrag zugrunde (vgl. dasselbe Urteil ZfBR 1987, 38; ebenso Senatsurteil vom 8. Oktober 1987 – VII ZR 45/87 = BauR 1988, 82, 85/86 = ZfBR 1988, 38, 39/40). Es wäre aber schwer verständlich, wohl bei vorzeitiger Beendigung eines Pauschalvertrages eine Schlußrechnung zu fordern, nicht dagegen bei dessen ordnungsgemäßer Abwicklung.
2. Das Berufungsgericht ist ferner rechtsfehlerfrei zum Ergebnis gelangt, daß die Beklagten auf die ihnen nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B eröffnete Möglichkeit, die Schlußrechnung der Generalübernehmerin zu prüfen, nicht etwa verzichtet haben. Wenn es dazu ausführt, die enge wirtschaftliche und personelle Verflechtung der beteiligten Firmen rechtfertige eine solche Annahme nicht, sowohl im Treuhandvertrag wie im Baubetreuungsvertrag sei das Interesse der Bauherren an hinreichender Überwachung des Zahlungs- und Abrechnungsverkehrs ausdrücklich berücksichtigt worden, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
3. Die Verjährung der Klageforderung hat gemäß § 201 BGB mit Ablauf des Jahres 1983 begonnen, weil die Fälligkeit der Forderung erst am 15. Februar 1983 eingetreten ist.
Nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B hängt bei einem Werkvertrag, dem die VOB/B zugrundeliegt, die Fälligkeit des Anspruchs auf die Schlußzahlung – außer von der Abnahme (BGHZ 79, 180) – von der Erteilung einer prüfbaren Schlußrechnung und einer nachfolgenden Rechnungsprüfung bzw. dem Ablauf der Prüfungsfrist ab (Senatsurteil BGHZ 83, 382, 384). Die Ansicht der Revision, bei einem Pauschalvertrag sei es gerechtfertigt, die Fälligkeit des Anspruchs auf die Schlußzahlung schon zu dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem die Prüfung möglich war, ist mit § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B nicht zu vereinbaren.
a) Durch S. 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B wird der Auftraggeber in besonderer Weise geschützt. Er läuft keine Gefahr, mit seiner Zahlungspflicht in Verzug zu geraten, wenn er die Schlußrechnung erst nach einer nicht verzögerten Prüfung begleicht (Senatsurteil BGHZ 83, 382, 384 f.). Der Einwand der Revision, bei Vereinbarung eines Pauschalpreises sei ein Interesse des Auftraggebers an einer Prüfung nicht gegeben, trifft nicht zu. Der Auftraggeber hat – wie bereits ausgeführt – auch bei einem Pauschalvertrag ein berechtigtes Interesse an einer Prüfung der Schlußrechnung.
b) Den Interessen des Auftragnehmers wird durch die Regelung des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B in angemessener Weise Rechnung getragen: Danach ist die Prüfung der Schlußrechnung nach Möglichkeit zu beschleunigen. Verzögert sich die Prüfung, hat der Auftragnehmer einen Anspruch darauf, daß das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort von dem Auftraggeber geleistet wird.
Spätestens zwei Monate nach Zugang der Schlußrechnung wird der Anspruch auf die Schlußzahlung fällig. Die Regelung des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B hat die Länge der Prüfungsfrist und damit den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schlußzahlung gerade nicht vom Umfang und Schwierigkeitsgrad der Überprüfung im Einzelfall abhängig gemacht, sondern den Zeitpunkt der Fälligkeit und damit den Beginn der Verjährung an unschwer feststellbare objektive Umstände geknüpft. Das berechtigte Interesse des Auftragnehmers an einer den Umständen des Einzelfalles entsprechende unverzügliche Prüfung der Schlußrechnung durch den Auftraggeber wahrt die Regelung in der geschilderten Weise hinreichend.
c) Mit dem durch § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B verfolgten Ziel und dem in dieser Vorschrift geregelten Ausgleich der unterschiedlichen Interessen der Vertragsparteien ist es unvereinbar, die Fälligkeit der Werklohnforderung nach den Umständen des Einzelfalles danach zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt dem Auftraggeber die Prüfung schon möglich war (so aber offenbar für Ausnahme fälle Hochstein in Schäfer/Finnern/Hochstein § 16 Nr. 3 VOB/B (1973) Anm. zu Nr. 21). Die Fälligkeit der Restwerklohnforderung kann deshalb vor Ablauf der Höchstfrist von zwei Monaten nur dann eintreten, wenn die Prüfung und Feststellung der Schlußrechnung bereits vor Ablauf der zwei Monate seit Zugang der Schlußrechnung beim Auftraggeber vorgenommen ist (Senatsurteil BGHZ 83, 382 385). Das gilt auch für den Pauschalvertrag.
4. Die zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB) hat – wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt – mit Ablauf des Jahres 1983 begonnen. Durch den im November 1985 eingegangenen Antrag auf Erlaß des Mahnbescheides ist die Verjährung gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § . 693 Abs. 2 ZPO rechtzeitig unterbrochen worden.
III.
Der Anspruch der Gemeinschuldnerin ist entgegen der Ansicht der Revision weder verwirkt noch steht ihm der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegen.
1. Die Verwirkung ist ein Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung. Ein Recht ist verwirkt, wenn es illoyal verspätet geltend gemacht wird. Dieser Tatbestand des Verstoßes gegen Treu und Glauben liegt dann vor, wenn zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Senatsurteil vom 20. Januar 1977 – VII ZR 293/75 = Schäfer/Finnern, Z 2.411 Bl. 76; vgl. a. BGHZ 43, 289, 292 und Senatsurteil vom 22. Dezember 1983 – VII ZR 213/82 = BauR 1984, 182, 185 insoweit nicht abgedruckt in NJW 1984, 1757). Die bloße Untätigkeit des Berechtigten während eines Zeitraumes, der zur kurzfristigen Verjährung nicht ausreicht, führt niemals zum Erlöschen des Anspruchs (BGH Urteil vom 20. Dezember 1968 – V ZR 97/65 – Betrieb 1969, 302 m.w.N.).
Die Voraussetzungen für eine Verwirkung sind danach hier nicht gegeben. Umstände, die das Vertrauen der Beklagten darauf hätten rechtfertigen können, daß die Gemeinschuldnerin ihren Anspruch nicht mehr würde geltend machen, sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, daß die Beklagten möglicherweise darauf vertraut haben, die Forderung der Gemeinschuldnerin werde aus ihrem Guthaben auf dem Konto bei der Treuhänderin beglichen, kann schon deshalb die Verwirkung nicht begründen, weil der etwaige Vertrauenstatbestand nicht durch das Verhalten der Gemeinschuldnerin begründet worden ist, sondern auf der besonderen Vertragsgestaltung im Rahmen des Bauherrenmodells beruht.
2. Das von den Beklagten behauptete angebliche arglistige Zusammenwirken der Gemeinschuldnerin und der Treuhänderin mit dem Ziel, die Durchsetzung von Ansprächen gegen die Treuhänderin zu vereiteln, ist nicht geeignet, den Einwand des Rechtsmißbrauchs zu begründen. Die Beklagten haben, wie das Landgericht bereits ausgeführt hat, schon keine ausreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, daß sie, wenn sie vor dem Konkurs der Firmengruppe T. von der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommen worden wären, ihren angeblichen Anspruch gegen die Treuhänderin, die sich nach ihrem eigenen Vortrag selbst in Zahlungsschwierigkeiten befunden hat, hätten durchsetzen können. Sie haben aber auch nicht hinreichend dargelegt, welcher Schaden ihnen durch die angebliche Pflichtverletzung der Gemeinschuldnerin und der Treuhänderin entstanden sein soll. Die Beklagten haben trotz dieser Hinweise des Landgerichts ihren Sachvortrag im Berufungsrechtzug nicht ergänzt.
IV.
Die Beklagten können der Klageforderung etwaige ihnen gegen die Treuhänderin zustehende Ansprüche nicht im Wege des sogenannten Einwendungsdurchgriffs entgegenhalten.
In Fällen, in denen ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft in zwei oder mehrere rechtlich selbständige Verträge aufgespalten wird, kann eine Vertragspartei Einwendungen aus einem Vertragsverhältnis nur dann ausnahmsweise in einem anderen Vertragsverhältnis im Wege des sogenannten Einwendungsdurchgriffs geltend machen, wenn sie im Verhältnis zu den anderen an dem Geschäft Beteiligten besonders schutzbedürftig ist. Die für den Einwendungsdurchgriff erforderliche besondere Schutzbedürftigkeit ist immer dann zu bejahen, wenn die Aufspaltung des einheitlichen Geschäftes vor allem im Interesse der anderen Beteiligten liegt. Entspricht die Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts dagegen auch und gerade dem eigenen Interesse der die Einrede erhebenden Partei, fehlt es an der erforderlichen besonderen Schutzbedürftigkeit. Schließt eine Partei im eigenen Interesse derartige Verträge ab, dann ist es sach- und interessengerecht, sie auch die Risiken tragen zu lassen, die aus der von ihr gewählten bürgerlich-rechtlichen Gestaltung des Geschäfts erwachsen (BGHZ 93, 264, 268; BGH NJW 1981, 389, 391 jeweils m.w.N.; zustimmend Locher/König, Bauherrenmodelle in zivil- und steuerrechtlicher Sicht (1982), Rdnr. 65).
So ist es hier. Die Beklagten haben die mit einem Bauherrenmodell verbundene Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäftes in mehrere bürgerlich-rechtlich selbständige Verträge aus eigenen wirtschaftlichen Interessen gewollt, um die sich daraus ergebenden steuerlichen Vorteile auszuschöpfen. Damit haben sie die mit der Aufspaltung verbundenen Risiken bewußt in Kauf genommen (vgl. a. Senatsurteil BGHZ 76, 86, 89, 95 m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 856989 |
BGHZ, 290 |
NJW 1989, 836 |