Leitsatz (amtlich)
›Eine AGB-Bestimmung, nach der der Restsaldo eines Ratenkredits nach Verzugseintritt und vorzeitiger Fälligstellung mit dem vereinbarten effektiven Zinssatz zu verzinsen ist, verstößt gegen § 11 Nr. 5 lit. b AGBG und ist daher unwirksam. Dahingestellt bleibt, ob auch ein Verstoß gegen § 11 Nr. 5 lit. a AGBG vorliegt.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin gewährte der Beklagten im Juli 1980 einen Ratenkredit mit einer Laufzeit von 47 Monaten. Das Kreditvertragsformular enthält folgende Berechnung:
Beantragter Kredit 5.000,-- DM
Restschuld-Versicherungsbeitrag 534,50 DM
Fremde Kosten (Maklerkosten) 250,-- DM
Antragssumme 5.784,50 DM
0,95 % p.M. Kreditgebühren 2.582,80 DM
0,2 % Bearbeitungsgebühren 100,-- DM
Kreditbetrag 8.467,30 DM
In den Kreditbedingungen der Klägerin heißt es u. a.:
"3. Kreditgebührenvergütung
Wird der Kredit gemäß Ziffer 2 der Kreditbedingungen vorzeitig zurückgezahlt, so vergütet die C Kreditgebühren für die nicht in Anspruch genommene Laufzeit nach der Formel:
Nettokredit x Restlaufzeit x Monatssatz
------------------------------------------------
Ursprungslaufzeit x 100
Laufzeitunabhängige Gebühren werden nicht vergütet.
4. Kreditkündigung
Der nach Ziffer 3 Abs. 1 zu errechnende Restsaldo ist zur sofortigen Rückzahlung fällig, wenn der Kreditnehmer mit einer Rate länger als 20 Tage in Verzug gerät. Der Restsaldo ist vom Fälligkeitszeitpunkt ab mit dem vereinbarten effektiven Zinssatz zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Verzugsschadens bleibt vorbehalten."
Als die Beklagte mit ihren Ratenzahlungen wiederholt in Verzug geriet, kündigte der Klägerin den Kredit mit Schreiben vom 27. November 1981. Unter Berufung auf die Nummern 3 und 4 der Kreditbedingungen hat sie mit der Klage Zahlung von 5.032,40 DM nebst 22,33 % Zinsen ab 1. Dezember 1981 verlangt. In Höhe von 2.450,70 DM nebst 4 % Zinsen ist die Beklagte gemäß ihrem Anerkenntnis verurteilt worden. Im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat die Beklagte zur Zahlung weiterer 2.542,14 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. Dezember 1981 verurteilt und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung von zusätzlichen 18,33 % Zinsen aus 2.542,14 DM ab 4. Dezember 1981 weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte brauche für die Restforderung von 2.542,14 DM nur die gesetzlichen Verzugszinsen von 4 % zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin auf Weiterzahlung des im Kreditvertrag vereinbarten effektiven Zinssatzes von 22,33 % gemäß Nr. 4 der Kreditbedingungen sei unbegründet, weil diese AGB-Klausel der Inhaltsprüfung nach § 11 Nr. 5 AGBG nicht standhalte und deshalb unwirksam sei. Der als Verzugsschadenspauschale geforderte effektive Zinssatz übersteige den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden, weil dieser regelmäßig nur in den Zinsen bestehe, die von der Klägerin selbst zur Refinanzierung gezahlt werden mußten. Ein Anspruch auf entgangenen Gewinn stehe der Klägerin nicht zu.
II. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO zugelassen. Daran ist das Revisionsgericht nach § 546 Abs. 1 Satz 3 ZPO gebunden, wenn der Wert der Beschwer - wie hier - 40.000 DM nicht übersteigt (BGH Beschluß vom 23. Juni 1983 - IVa ZR 136/80 = NJW 1984, 927). Die - von der Beklagten zitierte - frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der eine vom Berufungsgericht offensichtlich entgegen dem Gesetz zugelassene Revision das Revisionsgericht nicht bindet (BGHZ 2, 396), hat durch die Neufassung des § 546 ZPO (BGBl. 1975, 1863) ihre Grundlage verloren (BGH Urteil vom 26. Oktober 1979 - I ZR 6/79 = LM § 546 ZPO Nr. 94).
III. Die Revision erweist sich im Ergebnis als unbegründet.
1. Die Klägerin kann den vereinbarten Zinssatz von 22,33 % nur verlangen, wenn dessen Vereinbarung nicht gegen § 138 BGB verstieß. Einen solchen Verstoß hat das Berufungsgericht verneint und deswegen der Klage auf Darlehensrückzahlung im wesentlichen stattgegeben, ohne daß die Beklagte dagegen Revision eingelegt hätte. Die eingetretene Teilrechtskraft beschränkt sich jedoch auf die Verurteilung der Beklagten. Soweit auf Grund der Revision der Klägerin noch über den weitergehenden Zinsanspruch entschieden werden muß, ist das Revisionsgericht an die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB verneint hat, nicht gebunden. Gegen diese Begründung bestehen zumindest in einem Punkt durchgreifende Bedenken: Das Berufungsgericht ist bei dem - für die Frage des Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung wesentlichen - Vergleich des Vertragszinses mit dem - sich aus der Statistik der Bundesbank ergebenden - Marktzins nicht von dem im Kreditvertrag genannten Zinssatz von 0,95 % pro Monat ausgegangen, sondern hat den darin enthaltenen Vermittlungsaufschlag ("packing") von 0,1 % abgezogen und als Vertragszins nur einen "bereinigten" Zinssatz von 0,85 % zu Grunde gelegt (so auch schon KG ZIP 1982, 555). Dabei kann sich das Berufungsgericht nicht auf die Senatsentscheidung BGHZ 80, 153, 170 stützen. Aus dem Kreditvertrag war nicht ersichtlich, da? dem Vermittler außer den 250,-- DM, die er offen von der Beklagten verlangte und die, im Vertrag als "fremde Kosten" bezeichnet, die Kreditsumme erhöhten, auch noch ein Teil der Kreditgebühren zufließen sollte; der Beklagten war vielmehr nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag vom Vermittler das Gegenteil versichert worden. Vermittlerkosten, die in solcher Weise von der Bank nicht erkennbar ausgewiesen, sondern als Teil ihrer eigenen Kreditgebühren verlangt werden, dürfen bei dem Vergleich zwischen Vertrags- und Marktzins nicht ausgeschieden werden, sondern sind als Teil der Vertragszinsen ohne entsprechende Erhöhung des Marktzinses zu berücksichtigen (vgl. bereits Senatsurteil vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82 = NJW 1983, 2692 zu I. l.).
Ob deswegen im Rahmen der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB eine andere Gesamtwürdigung geboten ist, braucht jedoch nicht abschließend entschieden zu werden.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht jedenfalls die AGB-Bestimmung, auf die sich der Zinsanspruch der Klägerin stützt, gemäß § 11 Nr. 5 AGBG als unwirksam angesehen.
a) Nach Nr. 4 der Kreditbedingungen ist der vorzeitig fällig werdende Restsaldo mit dem vereinbarten effektiven Zinssatz zu verzinsen. Die Klausel enthält nach Wortlaut und Sinn keinerlei differenzierende Einschränkungen:
aa) Die Verzinsungspflicht ergreift den gesamten Restsaldo, ohne Rücksicht darauf, daß darin neben dem restlichen Darlehenskapital auch Zinsanteile für die Zeit vor der Fälligstellung enthalten sind. Die Kreditgebührenvergütung, die nach der in Nr. 3 der Kreditbedingungen enthaltenen Formel berechnet wird, bewirkt nur, daß bei einer vorzeitigen Rückzahlung keine Zinsen für die nicht in Anspruch genommene Laufzeit verlangt werden. Der Kreditnehmer bleibt aber zur Zahlung der Zinsen verpflichtet, die er bereits für den abgelaufenen Zeitraum schuldete, die aber bei normalem Vertragsablauf erst mit den späteren Raten fällig geworden wären (vgl. Senatsurteil vom 5. April 1984 - III ZR 2/83 = BGHZ 91, 55, 58/59 = ZIP 1984, 676), nunmehr aber vorzeitig fällig geworden und im Restsaldo enthalten sind.
bb) Der Vertragszinssatz ist unverändert weiterzuzahlen, auch wenn der Marktzins oder sogar der bei der Klägerin für Aktivgeschäfte übliche Zinssatz inzwischen gesunken sein sollte, die Klägerin also bei einer erneuten Kreditgewährung den früheren Vertragszinssatz nicht mehr verlangen und erhalten würde.
cc) Schließlich enthält die AGB-Klausel aber auch keinerlei zeitliche Beschränkung: Der Vertragszinssatz soll nicht nur während des ursprünglich vereinbarten Vertragszeitraums, sondern auch in der Zeit danach, bis zur völligen Rückzahlung, gelten.
b) Eine so weitgehende Klausel kann der Inhaltskontrolle nach den §§ 9-11 AGBG nicht gemäß § 8 AGBG mit der Begründung entzogen werden, ihr Inhalt sei rein deklaratorisch, auch ohne entsprechende Vereinbarung ergebe sich der gleiche Zinsanspruch bereits aus einer analogen Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, nämlich der §§ 301, 557 Abs. 1, 628 Abs. 2 BGB (vgl. Canaris ZIP 1980, 709, 718; Bankvertragsrecht 2. Bearbeitung Rn. 1327, 1338, 1347).
aa) Der Vorschrift des § 301 BGB wird, obwohl sie dem Wortlaut nach nur einen Beendigungsgrund, nicht aber Entstehung und Höhe eines Zinsanspruches behandelt, vielfach der allgemeine Grundsatz entnommen, bei Geldschulden sei bis zum Eintritt des Gläubigerverzugs der Vertragszins weiter zu entrichten (RG JW 1936, 2858/2859; OLG München OLGZ 1978, 452, 453; RGRK/Alff 12. Aufl. § 301 BGB Rn. 3; MünchKomm/Walchshöfer § 301 BGB Rn. 1; Staudinger/Löwisch 12. Aufl. § 301 BGB Rn. l).
Wieweit dieser Auffassung zu folgen ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Auf keinen Fall kann eine aus § 301 BGB zu entnehmende Zinspflicht unterschiedslos den gesamten Restsaldo, also einschließlich der darin enthaltenen Zinsen, erfassen; das würde gegen das gesetzliche Zinseszinsverbot gemäß § 289 BGB verstoßen (Canaris NJW 1978, 1897; ZIP 1980, 719).
bb) Gegen eine analoge Anwendung der mietrechtlichen Sondervorschrift des § 557 Abs. 1 BGB auf das Darlehensverhältnis bestehen durchgreifende Bedenken. Selbst wenn man den Unterschied, daß die vermietete Sache - anders als die Darlehensvaluta - immer im Eigentum des Vermieters bleibt, für nicht so erheblich halten wollte, so fällt doch folgende Überlegung entscheidend ins Gewicht: § 557 BGB will Streitigkeiten über die Höhe eines etwaigen Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs abschneiden und den Gläubiger von der Notwendigkeit befreien, seinen Schaden und den Wert der vom Schuldner gezogenen Nutzungen darlegen und beweisen zu müssen (Staudinger/Sonnenschein 12. Aufl. § 557 BGB Rn. 5 - 2. Bearbeitung 1981 -; MünchKomm/Voelskow § 557 BGB Rn. 2; vgl. auch BGH Urteil vom 7. Dezember 1960 - VIII ZR 16/60 = LM § 557 BGB Nr. 3 a). Ein Bedürfnis für eine derartige Sonderregelung zugunsten des Gläubigers besteht beim Darlehen nicht im gleichen Maße wie bei der Miete. Während die Feststellung, zu welchem Zinssatz ein Kredit in einem bestimmten Zeitraum anderweitig aufgenommen oder ausgegeben werden konnte, in der Regel keine besonderen Schwierigkeiten bereitet, kann ein Vermieter den ihm durch die Vorenthaltung einer bestimmten Mietsache entstandenen Schaden oder den objektiven Nutzungswert häufig nur schwer beziffern und beweisen, weil Vergleichsobjekte nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.
cc) Auch die Frage, ob und wieweit eine analoge Anwendung des § 628 Abs. 2 BGB dem Darlehensgeber nach einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs einen Anspruch auf Weiterzahlung des Vertragszinssatzes gibt, braucht nicht abschließend entschieden zu werden. Auf jeden Fall läßt sich aus § 628 Abs. 2 BGB keine gesetzliche Verpflichtung des Darlehensnehmers begründen, ohne zeitliche Beschränkung den vereinbarten Zinssatz für den gesamten Restsaldo zu zahlen. Auf Grund des Schadensersatzanspruchs nach § 628 Abs. 2 BGB ist der Kündigende nämlich nach § 249 BGB so zu stellen, wie er bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses gestanden hatte (MünchKomm/Schwerdtner § 628 Rn. 15). Bei analoger Anwendung der Vorschrift auf das Darlehen steht dem Darlehensgeber danach der vertragliche Zinsanspruch für das Darlehenskapital längstens bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Darlehenslaufzeit zu (Staudinger/Neumann 12. Aufl. § 628 BGB Rn. 42), nicht aber ohne jede zeitliche Beschränkung bis zur Rückzahlung (so im Ansatz auch Canaris Bankvertragsrecht 2. Bearbeitung Rn. 1338, noch einschränkender - bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers - NJW 1978, 1897; für die spätere Zeit will Canaris den Anspruch auf den Vertragszins nur aus §§ 301, 557 BGB herleiten; vgl. Bankvertragsrecht Rn. 1338, 1327) und nicht für im Restsaldo enthaltene Zinsbestandteile; wegen der Zinsen hätte dem Darlehensgeber auch bei Fortdauer des Vertrags allenfalls ein Verzugsschadensersatzanspruch nach §§ 289 Satz 2, 288 Abs. 2, 286 BGB zugestanden.
c) Die Inhaltskontrolle der in Nr. 4 der Kreditbedingungen enthaltenen Zinsklausel führt zu ihrer Unwirksamkeit.
aa) Mit Recht hat das Berufungsgericht in der AGB-Klausel die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verzuges gesehen und daher die Gültigkeit nach § 11 Nr. 5 AGBG geprüft. Dagegen erhebt auch die Revision keine Einwendungen.
bb) Das Berufungsgericht hat die Unwirksamkeit der Klausel aus § 11 Nr. 5 a AGBG hergeleitet, weil der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden der Klägerin regelmäßig nur in ihren Refinanzierungskosten bestehe, die naturgemäß unter den Kreditzinsen lägen, welche die Klägerin selbst erhebe (so auch schon KG ZIP 1982, 555, 556/557). Ob - wie die Revision meint - ein höherer Schaden als entgangener Gewinn gemäß § 252 BGB geltend gemacht werden kann, insbesondere auch für die im Restsaldo enthaltenen Zinsanteile, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (vgl. OLG Köln DB 198l, 688; OLG Düsseldorf WM 1985, 17, 19; Hadding 53. DJT Seite 276; Emmerich WM 1984, 949, 952/953, 955/956 m.w.Nachw insbesondere Fußnote 50-52; Reifner BB 1985, 87, 91 m.w.Nachw.) Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs billigt in seinem Urteil BGHZ 62, 103 einer Bank die Möglichkeit zu, der abstrakten Schadensberechnung nach § 252 BGB die bei ihr im fraglichen Zeitraum üblichen Sollzinsen zu Grunde zu legen; allerdings beschäftigte sich die zitierte Entscheidung nicht mit einer entsprechenden AGB-Klausel. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 = NJW 1979, 805, 807 ausgeführt, der Kreditgeber könne "den Ersatz des Verzugsschadens (bei einer Teilzahlungsbank insbesondere ihrer Refinanzierungskosten) durchaus in pauschaler Form regeln". Der Senat hat ferner eine AGB-Klausel gebilligt, nach der als Verzugsschaden ein Zinssatz zu zahlen war, der 1 % über dem Darlehenszinssatz lag (Urteil vom 25. November 1982 - III ZR 92/81 = NJW 1983, 1542). In beiden Fällen hatte der Senat aber über Verzugsschadenspauschalierungen zu entscheiden, die vor dem Inkrafttreten des AGBG vereinbart und daher noch nicht nach dessen § 11 Nr. 5 zu beurteilen waren.
Die Frage des Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 a AGBG braucht auch im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden.
cc) Die hier streitige Klausel ist nämlich jedenfalls gemäß § 11 Nr. 5 b AGBG unwirksam, weil sie dem Darlehensnehmer den Nachweis abschneidet, daß der Schaden der Klägerin wesentlich niedriger ist als die Pauschale, z.B. wenn der von ihr im Aktivgeschäft üblicherweise berechnete effektive Zins bis zum Verzugseintritt erheblich unter den früher vereinbarten Satz gesunken ist (zum Ausmaß der möglichen Schwankungen des Ratenkreditzinses vgl. Schaubild bei Bunte ZIP 1985, 4).
Zwar braucht eine Schadenspauschalierungsklausel nicht den ausdrücklichen Vorbehalt des Rechts zum Gegenbeweis zu enthalten; jedoch darf sich aus der gewählten Formulierung auch nicht konkludent ergeben, daß der Gegenbeweis ausgeschlossen sein soll (BGH Urteile vom 31. Oktober 1984 - VIII ZR 226/83 = ZIP 1984, 1485 = WM 1985, 24 und vom 8. November 1984 - VII ZR 256/83 = WM 1985, 93, 94/95, jeweils mit weiteren Nachweisen). Maßgebend ist, wie der Vertragsgegner die AGB-Formulierung verstehen kann (BGH Urteil vom 25. Oktober 1984 - VII ZR 11/84 = WM 1985, 57, 59). In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Verstoß gegen § 11 Nr. 5 b AGBG bejaht worden bei AGB-Klauseln, die den Kunden darauf festlegen, "mindestens" oder "auf jeden Fall" den pauschalierten Betrag zu zahlen (vgl. Urteile vom 16. Juni 1982 - VIII ZR 89/81 = NJW 1982, 2316 = WM 1982, 907, 909; vom 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 = WM 1983, 308, 310; vom 8. November 1984 aaO). Gebilligt worden sind dagegen Klauseln, in denen es nur heißt, ein bestimmter Pauschalbetrag "wird erhoben" oder "wird berechnet" (BGH Urteil vom 31. Oktober 1984 aaO zu I. und IX.) oder "der Verwender ist berechtigt, ohne weiteren Nachweis bis zu ... zu verlangen" (BGH Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 301/82 = NJW 1983, 1491, 1492) oder "kann fordern" (BGH Urteil vom 16, Juni 1982 aaO; kritisch Wolf in: Wolf/Horn/Lindacher § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 28 a. E.; zustimmend v. Westphalen in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 35, 36), Durch solche Formulierungen will sich der Verwender erkennbar nur die Darlegung der Schadenshöhe erleichtern und seine Beweislage verbessern; dem Kunden soll aber nicht die Möglichkeit des Gegenbeweises abgeschnitten werden.
Die hier benutzte lapidare Formulierung "ist zu verzinsen" (vgl. zu einer ähnlichen Klauselfassung BGH Urteil vom 25. Oktober 1984 - VII ZR 11/84 = WM 1985, 57, 59) muß - insbesondere auch, weil im nächsten Satz die Geltendmachung eines höheren Schadens vorbehalten wird - vom Kunden dahin verstanden werden, daß er - ohne die Möglichkeit eines Gegenbeweises - den vereinbarten Zinssatz als Mindestschaden weiterzahlen muß. In diesem Sinne hat auch die Klägerin selbst die Klausel noch im jetzigen Rechtsstreit ausgelegt.
dd) Der Verstoß gegen § 11 Nr. 5 b AGBG führt zur Unwirksamkeit der gesamten Schadenspauschalierungsklausel (v. Westphalen in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner 2. Aufl. § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 40; Staudinger/Schlosser 12. Aufl. § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 22; Wolf in: Wolf/Horn/Lindacher § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 30; vgl. BGH Urteile vom 8. November 1984 - VII ZR 256/83 = WM 1985, 93 und vom 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - aaO). Die gegenteilige Auffassung, nach der die Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b AGBG sich in der Zulässigkeit des Gegenbeweises erschöpft, während im übrigen aber die Pauschalierungsabrede wirksam bleibt (MünchKomm/Kötz 2. Aufl. § 11 AGBG Rn. 46; wohl auch Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen 4. Aufl. § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 23 a.E.) ist abzulehnen. Sie steht nicht im Einklang mit dem Wortlaut der Vorschrift; danach ist die Pauschalierungsvereinbarung unwirksam, "wenn" - nicht "soweit" - die Voraussetzungen des § 11 Nr. 5 b AGBG vorliegen. Die Gegenauffassung würde in der Sache auf eine geltungserhaltende Reduktion der AGB-Klausel hinauslaufen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allgemein abgelehnt wird (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 1984 - III ZR 63/83 = NJW 1984, 2816 zu II 3 b m.w.Nachw.).
3. Auch bei Unwirksamkeit einer Schadenspauschalierungsklausel verbleibt dem Verwender die Möglichkeit, seinen Schaden im konkreten Fall anderweitig zu begründen (v. Westphalen in: Löwe/v. Westphalen/Trinkner § 11 AGBG Rn. 40). Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Sie hat ihren Zinsanspruch nur auf die AGB-Klausel gestützt und in den Vorinstanzen keine Tatsachen vorgetragen, die zur Begründung eines weitergehenden Zinsanspruchs ausreichten (vgl. Senatsurteil vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81 = NJW 1983, 1420 zu V 2).
Abzuändern war lediglich die Kostenentscheidung für die Vorinstanzen. Auch wenn die Klägerin mit einer nicht unerheblichen Zinsforderung unterlegen ist, erscheint deswegen gemäß § 92 Abs. 1 ZPO nicht eine Aufhebung, sondern nur eine verhältnismäßige Teilung der Kosten gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung für den Revisionsrechtszug beruht auf § 97 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2992773 |
BB 1985, 754 |
DB 1985, 1075 |
NJW 1986, 376 |
DRsp I(120)144d |
WM 1985, 473 |
ZIP 1985, 466 |
MDR 1986, 35 |