Joachim Schwede †, Gaby Schwede
1.5.1 Grundsätzliches
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei gesundheitsfördernden Maßnahmen ergibt sich vor allem aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Hinzu kommen die Grundsätze, die aus der Rechtsprechung des BAG folgen: In seiner Entscheidung vom 18.3.2014 (Az. 1 ABR 73/12) führt das BAG aus, dass die aus § 3 Abs. 2 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitgebers, für eine geeignete Arbeitsschutzorganisation zu sorgen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden, einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation setzt. Hierbei habe der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen. Das BAG führt weiter aus, dass der Betriebsrat bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen habe, wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen habe und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verblieben. Eine Rahmenvorschrift zur weiteren Ausgestaltung liege vor, wenn die gesetzliche Regelung Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes erfordere, diese aber nicht selbst im Einzelnen beschreibe, sondern dem Arbeitgeber lediglich ein zu erreichendes Schutzziel vorgebe.
Wie bei den unten (s. Abschn. 2 "Einzelmaßnahmen des BGM") vorgestellten – exemplarischen – Maßnahmen deutlich wird, handelt es sich kaum um Maßnahmen, die den Arbeitgeber in ein "rechtliches Korsett" zwängen, sondern ihm ganz im Gegenteil einen erheblichen Spielraum belassen, der jedoch eben auch eine erhebliche Dimension im Rahmen betrieblicher Mitbestimmung erzeugt.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG hat der Betriebsrat auch bei der Ausgestaltung der mobilen Arbeit mitzubestimmen. Hier geht es v. a. um Beschäftigte, die ihre Arbeit ganz oder teilweise z. B. im Homeoffice ausüben. Es wird überwiegend an den Betriebsräten liegen, diese bei BGM-Maßnahmen gerne "vergessenen" Beschäftigten auf geeignete Weise "ins Boot zu holen"!
1.5.2 Mitwirkung und Mitbestimmung
Grundsätzlich sollen Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll zusammenarbeiten (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Die Beteiligung des Betriebsrats an unternehmerischen Entscheidungen ist im Rahmen der Mitwirkung und der Mitbestimmung möglich.
Die Mitwirkung ist das schwächer ausgestaltete Recht: Der Betriebsrat ist hier lediglich zu informieren oder anzuhören. Ob sich der Arbeitgeber seiner Meinung anschließen will, ist dann eine alleinige Entscheidung des Unternehmers oder seiner Beauftragten.
Die Mitbestimmung ist das stärkere Recht: Der Betriebsrat ist nicht nur anzuhören, sondern auf seine Entscheidung ist Rücksicht zu nehmen. Stimmt der Betriebsrat nicht zu, darf die Maßnahme nicht umgesetzt werden. Im Konfliktfall muss die Einigungsstelle nach § 76 BetrVG entscheiden, deren Kosten ggf. der Arbeitgeber trägt (§ 76a BetrVG).
Maßnahmen des Arbeitsschutzes können – abhängig von ihrer gesetzlichen Regelung – der Mitwirkung oder der Mitbestimmung unterliegen.
Ein probates Mittel gerade auch im Rahmen des BGM sind Betriebsvereinbarungen nach § 77 BetrVG, die zwar Gegenstand eines Mitbestimmungsprozesses sind, aber auch freiwillig geschlossen werden können. Mit diesen kann ein innerbetriebliches Regelwerk geschaffen werden, das ein BGM bezogen auf betriebsspezifische Besonderheiten ermöglicht.
1.5.3 Den Betriebsrat ins Boot holen?
Ein erfolgreiches BGM ist nur denkbar, wenn alle Betriebsparteien an einem Strang ziehen. Insofern ist der Betriebsrat mit seiner Nähe zur Arbeitnehmerschaft nicht nur derjenige, der früh erkennt, wenn es Probleme gibt, sondern auch derjenige, der für ein BGM, das er selbst mitgetragen hat, auch werben kann und wird. Insofern sollte das BGM kein Anlass zu Konfrontation, sondern vielmehr zu Kooperation sein.
Betriebsvereinbarung
Es empfiehlt sich, hierzu eine Betriebsvereinbarung nach § 77 BetrVG zu treffen oder das BGM im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zum Arbeitsschutz zu implementieren.