Zunächst noch völlig unbeeinflusst von der aktuellen Diskussion um Big Data Analytics hält seit einigen Jahren der Ansatz des "Evidence-Based Human Resources Management" Einzug in die personalwirtschaftliche Literatur und Praxis.
Zielsetzung des evidenzbasierten Personalmanagement
- quantitative Verknüpfung von Personalmaßnahmen mit Unternehmenserfolgskennzahlen,
- Heranziehen von empirisch identifizierten Wirkzusammenhängen,
um Personalstrategien entwickeln zu können, deren Wirkung auf den Unternehmenserfolg prognostizierbar ist.
Das Grundprinzip des evidenzbasierten Personalmanagements basiert auf der Kombination wissenschaftlicher und firmenspezifischer Erkenntnisse mit kollektiver Intelligenz:
- Externe Evidenz (Groß "E"): Nutzung allgemeingültiger, empirischer, mit wissenschaftlichen Methoden gewonnener Erkenntnisse über bedeutende Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge.
- Interne Evidenz (Klein "e"): Nutzung firmenspezifischer und lokaler Erkenntnisse, die durch Ursachenanalyse oder andere faktenbasierte Ansätze gewonnen werden.
- Kollektive Intelligenz: Nutzung sozialer Gemeinschaften und IT-Tools, mit deren Hilfe sich Informationen sinnvoll verteilen und bewerten lassen, um beispielsweise einen fehlerhaften, übermäßigen oder zu seltenen Gebrauch wirksamer Maßnahmen zu erkennen und zu korrigieren.
Die HR Business Partner und Experten der HR Kompetenzcentren sind künftig zunehmend gefordert, ihre Personalprogramme und Aktivitäten mit empirischen Erkenntnissen zu untermauern und mit Unternehmenserfolgskennzahlen zu verknüpfen, um die Wirkung ihrer Maßnahmen im spezifischen und aktuellen Unternehmenskontext überprüfen und nachweisen zu können.
Dabei kommt der Frage nach der Aktualität und Übertragbarkeit einmal erkannter, allgemeiner Wirkzusammenhänge und Theorien auf unsere sich radikal verändernden Arbeitswelten eine besondere Bedeutung zu. Ob die im 20. Jahrhundert entwickelten Führungstheorien auch im Zeitalter von Web 2.0, Enterprise 2.0 und Industrie 4.0 noch Bestand haben, wird vielfach bezweifelt (Kleb R. H.: Leadership 4.0 in: Baumgartner changeleaders – Herausforderungen der künftigen Arbeitswelten für Organisatoren, Personalmanager und Führungskräfte, 2014). Sie liefern jedoch eine wichtige Grundlage zur Formulierung der richtigen (Forschungs-)Fragen in der Zukunft.
Die nachfolgenden drei Beispiele von Fitz-enz und Bontis sowie Brodbeck und Woschée mögen einen ersten Einblick in die Art der wissenschaftlichen Fragestellungen und Analysen geben.
Quelle: Quellen: Fitz-Enz J.: The ROI of Human Capital; Measuring the Economic Value of Employee Performance (2009); Bontis N., Fitz-Enz J.: Intellectual Capital ROI (2010)
Evidenzbasiertes Personalmanagement kann nicht im Rahmen eines Projektes eingeführt werden. Es handelt sich nicht um eine Methodik oder Toolbox, die bei Bedarf angewandt wird, sondern um einen grundlegenden Wandel im Verständnis von Personalarbeit.
Cascio und Boudreau vertreten die Auffassung, dass die schrittweise Verbesserung der traditionellen Kennzahlen und Messmethoden den genannten Herausforderungen nicht gerecht wird. Sie schlagen ein Rahmenmodell vor, das vier notwendige Elemente eines evidenzbasierten Personalmanagements beschreibt, welches in der Lage ist, strategischen Wandel und organisatorische Effektivität voranzutreiben. Die richtigen Kennzahlen (HR KPI) stellen dabei nur ein Element dar. Ihren wahren Wert entfalten sie erst im Zusammenspiel mit den anderen drei Elementen.
Besondere Herausforderungen beim Aufbau einer evidenzbasierten HR-Kompetenz
- Buy-in der Top Executives und Unterstützung von evidenzbasierten Initiativen durch Vertrauen und Ressourcen
- Nachweis der Workforce Analytics Initiativen auf die Qualität von Entscheidungen und Geschäftsergebnisse (Business Case)
- Aggregation der Daten in einer zentralen Datenbank mit konsistenten Daten hoher Qualität
- Entwicklung der erforderlichen Systeme/Technologien, analytischen Skills und Ressourcen
- Nutzung harter Messgrößen zur Messung weicher Faktoren
- Entwicklung des Personalbereichs vom reaktiven zum faktenbasiert-prognostizierenden Business Partner.