Burnout und Boreout sind 2 Seiten einer Medaille: Bei Burnout sind die Mitarbeiter überfordert, weil sie zu viel zu tun haben, bei Boreout sind Beschäftigte überfordert, weil sie zu wenig zu tun haben. Im Gegensatz zu Burnout wird Boreout allerdings oft totgeschwiegen. Es gibt mehrere Gründe für Beschäftigte, ihre Unterforderung dem Arbeitgeber nicht publik zu machen:
- Wenn Arbeitnehmende auf ihre Arbeitstätigkeit angewiesen sind, weil sie aufgrund ihres Alters oder ihrer Qualifikation wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, werden sie ihren Arbeitstag mehr oder weniger klaglos "absitzen". Auch familiäre oder finanzielle Verpflichtungen machen einen Neustart schwierig, wenn man schulpflichtige Kinder oder zu pflegende Angehörige hat oder einen Hauskredit abzahlen muss.
- Ein langjähriges Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst wird nicht einfach aufgegeben, wenn sich Arbeitnehmer bei einem Wechsel in die freie Wirtschaft finanziell deutlich schlechter stellen und Pensionsansprüche verlieren würden.
Für Betroffene kann ein Dauer-Boreout unerträglich werden: Auf der einen Seite können sie der Situation nicht entkommen, müssen diese jedoch aus den erwähnten Gründen ertragen. Dieser Widerspruch widerspricht dem menschlichen Bedürfnis der Selbstwirksamkeitserwartung, was bedeutet, dass der Mensch qua seiner Kompetenzen und Möglichkeiten selbstwirksam auch auf schwierige Situationen Einfluss nehmen und sie zumindest mitgestalten kann.
Die Schweizer Autoren Philippe Rothlin und Peter R. Werder, die den Begriff Anfang des Jahrhunderts populär gemacht haben, behaupten: "Ein über längere Zeit andauerndes Nichtstun bei der Arbeit ist nicht mehr und nicht weniger als der blanke Horror. Immer nur vorzuspiegeln, man sei beschäftigt, wird mit der Zeit anstrengend und ist vor allem unbefriedigend. Herausforderung und Anerkennung fehlen."
Fallbeispiel
Seit 5 Jahren arbeitet Heinz G. in einem Unternehmen des Finanzsektors. In den Anfangsjahren waren die Aufgaben anspruchsvoll und erfüllend. Doch nachdem das Unternehmen komplett umstrukturiert wurde, Abteilungen verkleinert und Aufgaben outgesourct wurden, änderte sich auch sein Aufgabengebiet. Die Arbeit wurde anspruchsloser, er erhielt wichtige Informationen nicht mehr, war an Entscheidungen, die seine Arbeit betrafen, nicht mehr beteiligt und verlor immer mehr die Lust an seiner Tätigkeit. Jeden Sonntagabend quälte ihn der Gedanke, am kommenden Morgen wieder in die Tretmühle einzusteigen und einen endlos langen Arbeitstag nach dem anderen im Büro zu verbringen. Er fragte sich, wie lange er das noch aushalten konnte.