Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 3101. Infektionskrankheit. Einwirkung. erhöhte Infektionsgefahr. unbestimmter Rechtsbegriff. Übertragungsgefahr. Übertragungsweg. Durchseuchungsgrad des beruflichen Umfelds. Art, Häufigkeit und Dauer der gefährdeten Verrichtung. Beschäftige im Gesundheitsdienst. Krankenschwester
Leitsatz (amtlich)
Beim Tatbestand der Berufskrankheit Nr 3101 der Anlage zur BKV tritt an die Stelle der Einwirkungen eine besondere Infektionsgefahr, die anhand der Durchseuchung des beruflichen Umfelds und der Übertragungsgefahr bei der versicherten Tätigkeit zu beurteilen ist. Die Übertragungsgefahr wird durch den Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie die vom Versicherten nach Art, Häufigkeit und Dauer ausgeübten gefährdenden Verrichtungen bestimmt.
Orientierungssatz
1. Für die erhöhte Infektionsgefahr gelten hinsichtlich des Beweismaßstabes die Anforderungen, die ansonsten für das Tatbestandsmerkmal der Einwirkungen zu beachten sind. Sie muss im Vollbeweis vorliegen.
2. Liegen eine durch die versicherte Tätigkeit bedingte besonders erhöhte Infektionsgefahr und die Infektionskrankheit vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgte und die Krankheit wesentlich verursacht hat. Für diese Typisierung ist allerdings dann kein Raum, wenn eine Infektion während oder aufgrund der versicherten Verrichtungen und damit der unterstellte Ursachenzusammenhang ausgeschlossen ist.
Normenkette
BKV Anl 1 Nr. 3101; SGB 7 § 9 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Infektion der Klägerin mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) als Berufskrankheit (BK) nach Nr 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; im Folgenden BK 3101) streitig.
Die 1968 geborene Klägerin ist ausgebildete Krankenschwester und war seit 1992 im R.-krankenhaus in M. sowohl auf der internistischen als auch der orthopädischen Station im Schichtdienst beschäftigt. Da das Krankenhaus nicht über eine infektiologische Spezialabteilung verfügte, lagen auch Patienten mit ansteckenden Krankheiten auf der internistischen Station. Zu den Aufgaben der Klägerin gehörte die Pflege der stationär behandelten Patienten. Sie hatte frisch operierte Patienten zu versorgen, Infusionen an- und abzuhängen sowie Kanülen zu entsorgen. Nach einer Nadelstichverletzung im Mai 1998 wurde bei der Klägerin eine HCV-Infektion festgestellt. Der Patient, von dem die Nadel stammte, war nicht an Hepatitis C erkrankt. Eine überdurchschnittliche Durchseuchung der im R.-krankenhaus behandelten Patienten mit dem HCV bestand nicht. Der betriebsärztliche Dienst des Krankenhauses erstattete am 28. September 1999 bei dem Beklagten Anzeige wegen des Verdachts des Vorliegens einer BK 3101. Der Beklagte lehnte es ab, diese BK anzuerkennen und Leistungen zu bewilligen (Bescheid vom 26. April 2001, Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2003).
Das Sozialgericht München (SG) hat die Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und den Beklagten verurteilt, die Hepatitis C-Erkrankung als BK 3101 anzuerkennen und "die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren" (Urteil vom 7. April 2005). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 27. Juni 2007). Die Klägerin sei seit 1992 im Gesundheitswesen tätig und leide an einer Infektionskrankheit iS der BK 3101. Auch sei der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung gegeben. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Infektion mit dem Human Immunodeficiency Virus (HIV) und dem Hepatitis B-Virus (HBV) lasse sich auf HCV-Infektionen übertragen, weil das Erkrankungsrisiko bei einem HCV geringer als beim HBV, aber höher als beim HIV sei. Danach komme es darauf an, dass ein unmittelbarer oder mittelbarer beruflicher Kontakt mit an HCV erkrankten Personen bestanden habe, der prozentuale Anteil HCV-infektiöser Patienten im R.-krankenhaus deutlich höher als in der Normalbevölkerung oder die Art der auf der allgemeinen internistischen Station verrichteten Tätigkeit besonders HCV-gefährdend gewesen sei. Die Klägerin habe zwar einen berufsbedingten unmittelbaren oder mittelbaren Kontakt mit einem am HCV erkrankten Patienten nicht nachweisen können. Auch sei eine überdurchschnittliche Durchseuchung mit dem HCV im R.-krankenhaus auszuschließen. Die Tätigkeit der Klägerin sei aber besonders HCV-gefährdend gewesen. Das ergebe sich insbesondere aus den Gutachten von Prof. Dr. N. vom 10. April 2000 und von Dr. E. vom 9. Februar 2006 sowie aus der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom 3. September 2003. Die Sachverständigen hätten übereinstimmend darauf hingewiesen, dass die Klägerin trotz ihrer Beschäftigung auf einer allgemeinen internistischen Station wegen der von ihr konkret erbrachten Pflegeleistungen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen sei. Die Gefahr einer Nadelstichverletzung sei während des Nachtdienstes wesentlich größer als tagsüber. Gerade der Einschätzung von Prof. Dr. S., der anerkannter Experte und Mitherausgeber des Werkes "Virushepatitis als Berufskrankheit - Ein Leitfaden zur Begutachtung" sei, komme ein besonderes Gewicht zu. Ein erhöhtes Risiko einer HCV-Infektion sei auch statistisch durch die Freiburger Studie nachgewiesen. Hinweise auf eine andere Infektionsquelle hätten sich nicht ergeben.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung, insbesondere von Denkgesetzen. Es sei bereits fraglich, ob die vom BSG zur HBV-Infektion entwickelten Kriterien auch bei HCV-Infektionen anwendbar seien. Das Infektionsrisiko nach einer Stichverletzung mit einer bei einem nachweislich infizierten Patienten gebrauchten Nadel betrage beim HBV 20 bis 30 %, beim HCV hingegen mit Schwankungen nur 3 %. Infolgedessen sei die Durchseuchung mit dem HCV bei (zahn-) medizinischem Personal nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung. Eine generelle Risikoerhöhung bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst ergebe sich auch nicht aus der Freiburger Studie, die sich lediglich auf 245 Beschäftigte mit bereits auffälligen Leberwerten beziehe. Indem das LSG gleichwohl vom ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Infektionskrankheit ausgegangen sei, habe es den Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung erheblich überschritten. Denn selbst bei zehn Nadelstichverletzungen liege das Infektionsrisiko bei nur 0,13 %. Damit habe das LSG zugleich Denkgesetze verletzt. Eine berufsbedingte Infektion sei nach mathematischen Grundsätzen ein "unmögliches Ereignis". Im Übrigen bestehe ab 1. Juli 2005 allenfalls eine Entschädigungspflicht der Beigeladenen.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts München vom 7. April 2005 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2007 mit der Maßgabe abzuändern, dass ab dem 1. Juli 2005 die Entschädigungspflicht für die Berufskrankheit auf die Beigeladene übergegangen ist.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Weshalb die Beweiserleichterungskriterien des BSG bei einer HIV-Infektion, trotz eines höheren Ansteckungsrisikos nicht aber bei einer HCV-Infektion anwendbar sein sollten, sei nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon hätten drei Sachverständige ein durch die Tätigkeit im R.-krankenhaus bedingtes erhöhtes Infektionsrisiko bestätigt. Dabei seien auch statistische Erkenntnisse eingeflossen. Die rein stochastische Argumentation des Beklagten vernachlässige in unzulässiger Weise ihr konkretes Arbeitsumfeld. Er berufe sich auf Quellen, die nicht geeignet seien, die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu stützen.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an. Wegen des deutlich unterschiedlichen Infektionsrisikos ließen sich die für das HBV entwickelten Nachweisgrundsätze nicht auf das HCV übertragen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Berufung des Beklagten in Bezug auf die Feststellung der Hepatitis-C-Infektion als BK 3101 zurückgewiesen. Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg.
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) , mit der unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung des Beklagten die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die Hepatitis-C-Infektion der Klägerin eine BK 3101 ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass eine bestimmte BK nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage klären lassen (vgl BSG vom 28. April 2004 - B 2 U 21/03 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 5101 Nr 2 RdNr 18 mwN) . Zwar hat die Klägerin vor dem SG die Verurteilung des Beklagten zur Anerkennung der BK 3101 beantragt. Eine Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 4 SGG wollte sie damit ersichtlich aber nicht erheben, weil es ihr gerade um die gerichtliche Feststellung dieser BK geht. Hingegen ist nicht über eine Leistungspflicht des Beklagten oder der Beigeladenen aufgrund des Versicherungsfalls der BK 3101 zu entscheiden. Soweit das SG den Beklagten verurteilt hat, "gesetzliche Entschädigungsleistungen zu gewähren", handelt es sich um ein unzulässig unbestimmtes unechtes Grundurteil ohne einen bezüglich der "Leistungsgewährung" vollstreckungsfähigen Inhalt, dem neben dem Feststellungsausspruch keine eigenständige Bedeutung zukommt (BSG vom 18. März 2008 - B 2 U 2/07 R; BSG vom 30. Januar 2007 - B 2 U 6/06 R - SGb 2007, 748, jeweils mwN) . Daher war der Tenor des Urteils des SG insgesamt neu zu fassen.
Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung iS des § 55 Abs 1 SGG. Darunter ist jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse gemeint, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (BSG vom 7. Dezember 2006 - B 3 KR 5/06 R - BSGE 98, 12 = SozR 4-2500 § 132a Nr 2, jeweils RdNr 17 mwN) . Die Klägerin hat ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung, weil der Beklagte das Vorliegen der BK 3101 durch Verwaltungsakt verneint hat und sie daher ihre möglichen Rechtsansprüche nur durch Klage wahren kann (vgl BSG vom 16. März 1994 - 9 RV 2/93 - SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 40; BSG vom 30. Januar 1991 - 9a/9 RV 22/89 - BSGE 68, 128, 130 = SozR 3-3200 § 81 Nr 1 S 3 f) . Dem steht nicht das Revisionsvorbringen entgegen, dass für die Zeit ab 1. Juli 2005 die Beigeladene für eine Entschädigung zuständig wäre. Das Feststellungsinteresse besteht grundsätzlich gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs zuständig ist (vgl BSG vom 5. Juli 2007 - B 9/9a VS 3/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr 3 RdNr 16 mwN) . Zulässiger Gegenstand des Verfahrens ist aber - wie bereits ausgeführt wurde - allein der Anspruch auf Feststellung der BK 3101 als Versicherungsfall und nicht ein Anspruch auf Gewährung einer konkreten Versicherungsleistung. An der Zuständigkeit des Beklagten für die Feststellung der ihm im September 1999 angezeigten BK hat sich nichts durch die ggf zum 1. Juli 2005 begründete Entschädigungspflicht der Beigeladenen geändert.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Feststellung ihrer Hepatitis C-Infektion als BK 3101. Insoweit ist die Verwaltungsentscheidung des Beklagten im Bescheid vom 26. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2003 rechtswidrig und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nach den Vorschriften des SGB VII. Den bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG ist zu entnehmen, dass der geltend gemachte Versicherungsfall im Mai 1998 und damit nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII (1. Januar 1997) eingetreten ist (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz) .
Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen ist § 9 Abs 1 SGB VII. Danach sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK (vgl BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 9/08 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen) . Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" iS des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, jeweils RdNr 15; BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 13 ff) .
Der Verordnungsgeber hat die BK 3101 wie folgt bezeichnet: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes iV mit § 9 Abs 1 SGB VII sind nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllt. Die Klägerin ist seit 1992 als Krankenschwester im R.-krankenhaus beschäftigt und damit im Gesundheitsdienst tätig sowie nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert. Hepatitis C ist eine Infektionskrankheit. Die Klägerin war auch "Einwirkungen" ausgesetzt, die im Falle der BK 3101 in einer besonders erhöhten Infektionsgefahr bestehen (dazu 1.). Diese beurteilt sich nach dem Grad der Durchseuchung des versicherten Tätigkeitsbereichs und dem Übertragungsrisiko der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen (dazu 2.). Die besonders erhöhte Infektionsgefahr hat das LSG aufgrund des Tätigkeitsprofils der Klägerin angenommen (dazu 3.). Die Rüge des Beklagten, dabei seien die Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung überschritten worden, greift nicht (dazu 4.). Zudem ist der vom Gesetz als ausreichend erachtete mögliche Zusammenhang zwischen der erhöhten Infektionsgefahr und der Infektionskrankheit nicht ausgeschlossen (dazu 5.).
1. Die Listen-BKen sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass Versicherte über einen längeren Zeitraum schädigenden Einwirkungen ausgesetzt sind und erst diese längerfristige Belastung zu der Erkrankung führt. Bei der BK 3101 besteht hingegen die Besonderheit, dass die schädliche Einwirkung, also der Ansteckungsvorgang, bei dem die Krankheit übertragen wurde, ein einmaliges, punktuelles Ereignis darstellt, das häufig im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden kann. Meistens sind verschiedene Infektionsquellen und Übertragungswege denkbar, ohne dass sich feststellen lässt, bei welcher Verrichtung es tatsächlich zu der Ansteckung gekommen ist. Gerade aus diesem Grund sind Infektionskrankheiten, deren auslösendes Ereignis - die einmalige Ansteckung - an sich eher die Voraussetzungen des Unfallbegriffs erfüllt, als BK bezeichnet worden (BSG vom 21. März 2006 - B 2 U 19/05 R - Juris RdNr 15 mwN) . Um den Nachweisschwierigkeiten zu begegnen, genügt bei der BK 3101 als "Einwirkungen" iS des § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII, dass der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden "Infektionsgefahr besonders ausgesetzt" war.
Der Senat hat in früheren Entscheidungen zur BK 3101 festgestellt, dass die notwendige Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und einer Infektionskrankheit den Nachweis einer berufsbedingten besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr erfordere (BSG vom 11. Dezember 1957 - 2 RU 80/54 - BSGE 6, 186, 188 = SozR Nr 3 zu 5. BKVO Anl Nr 39; BSG vom 28. September 1972 - 7 RU 34/72; BSG vom 28. August 1990 - 2 RU 64/89 - mwN; BSG vom 24. Februar 2004 - B 2 U 13/03 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 1 RdNr 10 mwN; BSG vom 21. März 2006 - B 2 U 19/05 R - Juris RdNr 15) . Diese Rechtsprechung ist dahingehend zu präzisieren, dass die besondere Infektionsgefahr nicht Bestandteil eines Ursachenzusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und Infektionskrankheit ist. Sie ersetzt als eigenständiges Tatbestandsmerkmal die Einwirkungen und ist mit dem weiteren Tatbestandsmerkmal "Verrichtung einer versicherten Tätigkeit" durch einen wesentlichen Kausalzusammenhang, hingegen mit der "Erkrankung" nur durch die Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs verbunden.
Für die erhöhte Infektionsgefahr gelten damit hinsichtlich des Beweismaßstabes die Anforderungen, die ansonsten für das Tatbestandsmerkmal der Einwirkungen zu beachten sind. Sie muss im Vollbeweis vorliegen. Zwar setzt der Begriff der Gefahr eine Wahrscheinlichkeitsprognose voraus. Er charakterisiert einen Zustand, bei dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich gelten kann (vgl BSG vom 13. September 2005 - B 2 U 6/05 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 7 RdNr 11; vgl auch BVerfG vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - BVerfGE 115, 320) . Allerdings ist zwischen der tatsächlichen Ebene, auf die sich die Wahrscheinlichkeitsprognose beziehen muss, und der rechtlichen Wertung, ob aufgrund der nachgewiesenen Tatsachen eine Schädigung möglich ist, zu unterscheiden.
2. Für die Feststellung einer Infektion mit dem HBV als BK 3101 infolge einer besonderen Gefahrenexposition hat der Senat bislang den Nachweis gefordert, dass entweder (a) ein unmittelbarer oder mittelbarer beruflicher Kontakt mit an Hepatitis B erkrankten Personen bestanden hat oder (b) der prozentuale Anteil Hepatitis B-infektiöser Patienten im Arbeitsumfeld des infizierten Versicherten deutlich höher war als in der Normalbevölkerung oder (c) die Art der versicherten Tätigkeit als solche besonders hepatitisgefährdend war (BSG vom 24. Februar 2004 - B 2 U 13/03 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 1 RdNr 11 mwN) . Diese Kriterien zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der erhöhten Infektionsgefahr iS der BK 3101 bedürfen der Fortentwicklung.
Eine erhöhte Ansteckungsgefahr ist bei Versicherten anzunehmen, die aufgrund ihrer Tätigkeit oder ihres Arbeitsumfeldes einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt sind. Die besondere Infektionsgefahr kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben (in diesem Sinne auch Brandenburg, Rechtliche Voraussetzungen für die Anerkennung und Entschädigung von Hepatitis B- und C-Infektionen als Berufskrankheit, in Selmair/Manns, Virushepatitis als Berufskrankheit, 2. Aufl, S 163 f; Mehrtens/Brandenburg, BKV, M 3101 10.2 (3.2); Linder, MEDSACH 2007, 194, 195) . Der Grad der Durchseuchung ist hinsichtlich der kontaktierten Personen als auch der Objekte festzustellen, mit oder an denen zu arbeiten ist. Lässt sich das Ausmaß der Durchseuchung nicht aufklären, kann aber das Vorliegen eines Krankheitserregers im Arbeitsumfeld nicht ausgeschlossen werden, ist vom Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung auszugehen.
Das weitere Kriterium der mit der versicherten Tätigkeit verbundenen Übertragungsgefahr richtet sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen. Der spezifische Übertragungsweg eines bestimmten Krankheitserregers ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und ggf technischer Sachkunde dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu entnehmen. Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (vgl BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, jeweils RdNr 20) . Daneben sind die individuellen Arbeitsvorgänge zu beachten. Da für die Anerkennung der BK 3101 nicht eine schlichte Infektionsgefahr genügt, sondern eine (zT typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt wird (§ 9 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII) , kommt es darauf an, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind.
Die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes auf der einen und die Übertragungsgefahr der versicherten Verrichtungen auf der anderen Seite stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger hingegen die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der Infektion behaftet sind, umso mehr gelangt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung. Allerdings muss zumindest die Möglichkeit einer Infektion bestehen. Ist das nicht der Fall, weil zB trotz eines hohen Durchseuchungsgrades die Art der konkret ausgeübten Tätigkeit einen Infektionsvorgang ausschließt, ist für die Annahme einer Gefahr von vornherein kein Raum. Kommt indes eine Infektion in Betracht, ist im Wege einer Gesamtbetrachtung der Durchseuchung und der Übertragungsgefahr festzustellen, ob sich im Einzelfall eine Infektionsgefahr ergibt, die nicht nur geringfügig erhöht ist (vgl hierzu BSG vom 30. Mai 1988 - 2 RU 33/87 - NZA 1988, 823, 824) , sondern in besonderem Maße über der Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt. Dabei legt der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger übertragungsgefährdender Tätigkeit das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahe. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht.
Entscheidend ist immer die Gesamtwürdigung der das Arbeitsumfeld und die versicherte Tätigkeit betreffenden beiden Risikobereiche unter Berücksichtigung des spezifischen Übertragungsmodus und Verbreitungsgrades der jeweiligen Infektionskrankheit. Dabei können die in der fachwissenschaftlichen Literatur für die Beurteilung der Übertragungsgefahr ausgearbeiteten Schemata (vgl Remé, Arbeitsmedizinische Grundlagen für die Konkretisierung von Beweiserleichterungen im Berufskrankheitenfeststellungsverfahren - Fallgruppen und Einzelfallermittlun- gen, in Selmair/Manns, Virushepatitis als Berufskrankheit, 2. Aufl, S 188 f; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl, S 782 f; Mehrtens/Brandenburg, aaO, 12) herangezogen werden, sofern sie sich auf dem neuesten Stand befinden. Ihnen kommt indes keinerlei rechtliche Verbindlichkeit zu und sie ersetzen nicht die Ermittlung der erhöhten Infektionsgefahr anhand der Umstände des zu beurteilenden konkreten Einzelfalles.
3. Die Klägerin war einem solchen besonders erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Das Berufungsgericht hat zwar eine erhöhte Durchseuchung der von ihr zu versorgenden Patienten, nicht aber die Möglichkeit der Infektion mit dem HCV ausgeschlossen. Da der Grad der Durchseuchung bezüglich HCV-Antikörper in der Gesamtbevölkerung ca 0,5 bis 0,7% beträgt (vgl Potthoff/Schüler/Wedemeyer/Manns, Epidemiologie der Virushepatitis A, B und C, in Selmair/Manns aaO, S 18; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 771) und das R.-krankenhaus nicht über eine infektiologische Spezialabteilung verfügte, kommt eine Infektion mit dem HCV in Betracht. Allerdings lässt sich die erforderliche besondere Infektionsgefahr nur auf die Übertragungsgefahr der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten zurückführen.
Zu der Annahme einer erhöhten Infektionsgefahr ist das LSG aufgrund der von ihm festgestellten Arbeitsvorgänge der Klägerin sowie der Gutachten von Prof. Dr. N. vom 10. April 2000 und Dr. E. vom 9. Februar 2006 und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Prof. Dr. S. vom 3. September 2003 gelangt. Sie hatte frisch operierte Patienten zu versorgen, Infusionen an- und abzuhängen sowie Kanülen zu entsorgen. Auf der internistischen Station wurden mangels infektiologischer Spezialabteilung auch infektiöse Patienten gepflegt. Zudem war die Klägerin im Schichtdienst tätig, so dass wegen der ungünstigeren Arbeitsbedingungen und Lichtverhältnisse während der Nachtschicht eine besondere Gefahr für Nadelstichverletzungen bestanden hat. Das auf diese Feststellungen unter Berücksichtigung der sachverständigen und beratungsärztlichen Ausführungen gestützte Ergebnis, die Klägerin sei durch ihre Tätigkeiten besonders infektionsgefährdet gewesen, ist für das Revisionsgericht bindend.
4. Die Feststellungen des LSG binden den Senat (§ 163 SGG) , da sie nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen sind. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31) . Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.
Die Rüge des Beklagten, das Berufungsgericht habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, ist unzulässig. Die Beweiswürdigung des LSG ist nur eingeschränkt überprüfbar. Da das Tatsachengericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, ist diese Vorschrift nur dann verletzt, wenn es gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss im Einzelnen dargelegt werden (BSG vom 31. Mai 2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9) . Daran fehlt es hier. Der Beklagte hat mit seiner Wahrscheinlichkeitsberechnung weder einen fehlerhaft angewendeten Erfahrungssatz noch ein Denkgesetz aufgezeigt, gegen das das LSG verstoßen haben soll. Abgesehen davon ist die Rüge des Verstoßes gegen Denkgesetze nur dann schlüssig, wenn nur eine Folgerung gezogen werden kann, jede andere aber nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG vom 11. Juni 2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13 mwN) .
Aus dem Vorbringen des Beklagten, das LSG habe "rein stochastische Einwände demgegenüber" für nicht überzeugend gehalten und sich deshalb mit seinen rechtserheblichen Einwänden nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt, geht auch nicht hervor, dass das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Die zitierte Begründung des LSG macht gerade die Gesamtwürdigung deutlich. Im Kern zieht der Beklagte trotz der vom LSG festgestellten Tatsachen den Schluss, dass sich ein erhöhtes Infektionsrisiko nicht begründen lasse. Eine formgerechte Rüge der Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung liegt indes nicht vor, wenn die Revision ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG setzt (BSG vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 33) .
Im Übrigen lässt sich unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Übertragungsformen des HCV auch kein Überschreiten der Grenzen der freien Beweiswürdigung durch das LSG feststellen. Das HCV wird parenteral durch direkten Blut- oder Schleimhautkontakt übertragen (vgl Böhm/Jilg, Die Stabilität und Dauer der Infektiosität von Hepatitis A-Viren, Hepatitis B-Viren und Hepatitis C-Viren außerhalb des menschlichen Organismus als wichtige Kriterien für die Beurteilung des berufsbedingten Infektionsrisikos, in Selmair/Manns aaO, S 120) . Aufgrund des im Vergleich zur HBV-Infektion wesentlich geringeren Infektionsrisikos kommen bei der HCV-Infektion als übertragungsgefährdend Tätigkeiten in Betracht, die erfahrungsgemäß mit der konkreten Gefahr von häufigen parenteralen Inokulationsereignissen im Sinne von Verletzungsereignissen verbunden sind, bei denen es zu einem erheblichen Blutaustausch kommt (vgl Brandenburg, Rechtliche Voraussetzungen für die Anerkennung und Entschädigung von Hepatitis B- und C-Infektionen als Berufskrankheit, in Selmair/Manns, aaO, S 166; Remé, aaO, S 198) . Im Gesundheitswesen ist die Nadelstichverletzung insbesondere mit einer Hohlnadel daher ein geeigneter Übertragungsweg, der ein besonders hohes Übertragungsrisiko beinhaltet, da hier regelmäßig der Transfer relativ großer Mengen frischen Blutes möglich ist (vgl Trautwein/Manns, Vorgehen nach Nadelstichverletzung bei Hepatitis B- und C-Infektion in der Klinik, in Selmair/Manns, aaO, S 145; Remé, aaO, S 190; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 777; Mehr- tens/Brandenburg, aaO, 13.3) . Das Beweisergebnis des LSG, das mit den Verrichtungen der Klägerin einhergehende erhöhte Risiko einer Nadelstichverletzung bedinge die besondere Infektionsgefahr, ist daher in sich schlüssig und widerspruchsfrei.
Soweit der Beklagte geltend macht, für Beschäftigte im Gesundheitsdienst sei eine generelle Risikoerhöhung nicht anzunehmen, verkennt er, dass der Verordnungsgeber gerade für den Bereich des Gesundheitswesens von einer besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgeht. Diese Einschätzung wird in der fachwissenschaftlichen Literatur auch in Bezug auf die HCV-Infektion geteilt (vgl Mehrtens/Brandenburg, aaO, 11.2; Kralj/Hofmann/Rieger, Hepatitis B- und Hepatitis C-Epidemiologie bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst, in Selmair/Manns, aaO, S 85, 97 ff, 101; Böhm/Jilg, aaO, S 120) . Der Senat hat keine Veranlassung, dies in Frage zu stellen.
Auch der weitere Einwand, dass selbst bei zehn Nadelstichverletzungen das Infektionsrisiko bei nur 0,13 % liege und eine berufsbedingte Infektion nach mathematischen Grundsätzen ein "unmögliches Ereignis" sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Beklagte übersieht dabei, dass sich die erhöhte Infektionsgefahr aus einem Vergleich mit der Gefahr ergibt, die in der Bevölkerung allgemein hinsichtlich einer Infektion besteht. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion durch den Stich einer kontaminierten Nadel noch so gering ist, kommt eine tätigkeitsbedingte erhöhte Infektionsgefahr in Betracht, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion in der Allgemeinbevölkerung noch geringer ist. Der stochastisch-mathematische Ansatz des Beklagten läuft darauf hinaus, die HCV-Infektion von der BK 3101 auszuschließen.
5. Liegen eine durch die versicherte Tätigkeit bedingte besonders erhöhte Infektionsgefahr und die Infektionskrankheit vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgte und die Krankheit wesentlich verursacht hat. Für diese Typisierung ist allerdings dann kein Raum, wenn eine Infektion während oder aufgrund der versicherten Verrichtungen und damit der unterstellte Ursachenzusammenhang ausgeschlossen ist. Zum einen darf die Inkubationszeit nicht gegen einen zeitlichen Zusammenhang der Krankheit mit der beruflichen Tätigkeit sprechen (vgl Bekanntmachung des BMA vom 1. Dezember 2000, Merkblatt zur BK-Nr 3101 der Anlage zur BKV, BArbBl 1/2001 S 35, 36; Koch in Lauterbach, SGB VII, Band 2, Stand Juli 2007, § 9 Anh IV 3101 erg Erl 6.; Schön-berger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 768; Mehr-tens/Brandenburg, aaO, 7 ≪3≫) . Der Zeitpunkt der Infektion muss in den Zeitraum der Ausübung der gefährdenden Arbeitsvorgänge fallen . Zudem ist der Ursachenzusammenhang nicht gegeben, wenn ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnendes Infektionsrisiko die Erkrankung verursacht hat (BSG vom 21. März 2006 - B 2 U 19/05 R - Juris RdNr 16).
Danach ist der vom Verordnungsgeber unterstellte Ursachenzusammenhang zwischen der mit der Tätigkeit der Klägerin verbundenen erhöhten Infektionsgefahr, ihrer HCV-Infektion und ihrer Krankheit nicht ausgeschlossen. Aufgrund der bindenden Feststellungen des LSG haben neben der berufsbedingten Infektionsgefahr keine anderen Ansteckungsrisiken bestanden. Im Hinblick auf die Inkubationszeit von zwei bis 26 Wochen (vgl Bekanntmachung des BMA vom 1. Dezember 2000, Merkblatt zur BK-Nr 3101 der Anlage zur BKV, BArbBl 1/2001 S 35, 36; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 777) trat die im Mai 1998 festgestellte HCV-Infektion auch im zeitlichen Zusammenhang mit der seit 1992 ausgeübten gefährdenden Tätigkeit auf.
6. Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Über eine Leistungspflicht des Beklagten oder der Beigeladenen aufgrund des Versicherungsfalls der BK 3101 ist - wie bereits ausgeführt wurde - nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193, 194 SGG iVm § 100 Abs 1 Zivilprozessordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 2195362 |
BSGE 2010, 45 |