Corona-Infektion bei Polizist und Lehrer als Dienstunfall anerkannt
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteilen vom 5. Juni 2024 die Berufungen des Freistaates Bayern gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Augsburg und Würzburg zurückgewiesen und den Freistaat Bayern dazu verpflichtet, die jeweils bei den Klägern eingetretenen Corona Infektionen als Dienstunfall anzuerkennen.
Maßgeblich ist gesteigerte Infektionsgefahr bei konkret ausgeübter Tätigkeit
Zur Begründung führte der BayVGH aus, dass in den vorliegenden Einzelfällen die Beamten durch ihre jeweils konkret ausgeübte dienstliche Tätigkeit bei einem Lehrgang für Sportübungsleiter und bei der Unterrichtung an einer staatlichen Wirtschaftsschule der Gefahr einer Corona-Infektion in ähnlichem Maße wie eine Person im Gesundheitsdienst, der Pflege oder einem Labor besonders ausgesetzt gewesen seien.
Polizist infizierte sich bei dienstlichem Übungsleiterlehrgang
Die dienstliche Teilnahme am praktischen Teil eines Anfang März 2020 beginnenden Lehrgangs für Sportübungsleiter barg für einen im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West tätigen Polizisten eine hohe Wahrscheinlichkeit in sich, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Die von einer gesteigerten körperlichen Anstrengung geprägte Art der sportlichen Betätigung in geschlossenen Räumen führt regelmäßig zu einem verstärkten und weiterreichenden Ausstoß von möglicherweise infektiösen Aerosolen. Diese, dem dienstlichen Übungsleiterlehrgang innewohnende, abstrakte Infektionsgefahr hat sich anhand der hohen Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds des Klägers konkretisiert bzw. durch dessen eigene Infektion schließlich auch tatsächlich realisiert. Der Lehrgang war ein absoluter infektiöser Hotspot. Während und kurz nach dem Lehrgang erkrankten 19 von 21 Teilnehmern an Corona. Als Folge der hohen Erkrankungsfälle wurde der Lehrgang schließlich abgebrochen. Während des praktischen Teils des Lehrgangs fanden in Innenräumen ohne Schutzmasken Partnerübungen aller Kollegen mit Körperkontakt untereinander statt. Darüber hinaus wurden auch das Schwimmbad und die Umkleiden und Duschen gemeinsam benutzt. Nach Ansicht des Gerichts lagen daher besondere Umstände vor, die zu einer auch unter Berücksichtigung der damaligen pandemischen Situation im Vergleich zur übrigen Bevölkerung erheblich höheren Übertragungsgefahr geführt haben.
Lehrer konnte Mindestabstand bei Präsenzunterricht nicht einhalten
Dies gilt nach Ansicht des BayVGH auch hinsichtlich der Corona-Infektion eines Lehrers an einer staatlichen Wirtschaftsschule in Unterfranken. Anfang Dezember 2020 wies seine Schule gegenüber den bereits generell hohen Infektionszahlen im Bundesgebiet ein massiv erhöhtes Infektionsgeschehen auf. Von 30 Lehrkräften wurden 10 positiv auf Corona getestet. In einer von ihm unterrichteten Klasse wurden 7, in einer anderen 19 von 23 Schülern infiziert. Die akut bestehende besondere Infektionsgefahr führte sogar dazu, dass die Schule am 2. Dezember 2020 geschlossen und auf Distanzunterricht umgestellt wurde. Dies zeigt, dass auch die zuständigen Behörden bei der Fortsetzung des Präsenzunterrichts an der Wirtschaftsschule von einer besonderen und konkreten Infektionsgefahr für Lehrkräfte und Schüler ausgingen, die selbst unter Berücksichtigung der damaligen pandemischen Lage erheblich höher war als in anderen bayerischen Schulen. Hinzu kam, dass der Kläger während seines Präsenzunterrichts den Mindestabstand von 1,5 m zu den Schülern aus zwingenden pädagogisch-didaktischen Gründen unterschreiten musste. Im Fach Übungsunternehmen erforderte der Unterricht einen häufigeren und näheren Kontakt zu jedem Schüler, weil der jeweilige Fall am Schüler-PC eingesehen werden musste. Zudem hielten einzelne Schüler die angeordneten Infektionsschutzmaßnahmen nicht ein.
Gegen die Nichtzulassung der Revision kann der Freistaat Bayern innerhalb von einem Monat Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.
(BayVGH, Urteile vom 5. Juni 2024, Az.: 3 BV 21.3116 und 3 B 22.809)
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