Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Scheidungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Die schuldlos geschiedene Ehefrau eines 1 1/2 Jahre nach der Scheidung verstorbenen Beschädigten hat gemäß BVG § 42 Abs 1 S 1 keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn nach einer Unterhaltsvereinbarung die Unterhaltszahlungen erst 3 1/2 Jahre nach der Scheidung beginnen sollten und bis dahin der Ehefrau ein Entgelt für die Überlassung von Vermögenswerten zu zahlen war. Dem letzten wirtschaftlichen Dauerzustand kann in der Regel eine voraussehbare Entwicklung bis zu einem Jahr nach dem Tode des Beschädigten zugerechnet werden (Fortsetzung von BSG 1973-12-18 5 RKn 29/72 = SozR Nr 70 zu § 1265 RVO).
Leitsatz (redaktionell)
1. "Unterhalt leisten" bedeutet, daß jemand den wirtschaftlichen Lebensbedarf eines anderen unabhängig davon befriedigt, ob dieser eine Gegenleistung dafür erbringt (vergleiche BSG 1963-06-21 12/4 RJ 170/60 = BSGE 19, 185, 1963-10-29 SozR Nr 19 zu § 1265 RVO).
2. Unter der in BVG § 42 Abs 1 S 1, Alternative 1 und 2 gebrauchten Formulierung "zur Zeit seines Todes" ist - übereinstimmend mit der Rechtsprechung zu RVO § 1265 - eine zeitliche Betrachtungsweise zu verstehen, die es auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Beschädigten abstellt, soweit dieser Zustand nach der Ehescheidung liegt (vergleiche BSG 1961-06-16 1964-06-23 zu § 1265 RVO); hiermit soll vermieden werden, daß zufällige und bloß vorübergehende Besonderheiten in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen der geschiedenen Eheleute die Beurteilung des Rentenanspruchs der geschiedenen Ehefrau ausschlaggebend beeinflussen.
3. Die Entwicklung nach dem Tode des Beschädigten ist zu berücksichtigen, wenn bei dessen Tod Unterhaltsleistungen in "naher Zukunft", dh in der Regel ein Jahr nach dem Tode (vergleiche BSG 1973-12-18 § 1265), zu erwarten sind.
4. Ausschließliche Leistungen gegen Übertragung eines Miteigentumsanteils stellen keinen im Zeitpunkt des Todes geleisteten Unterhalt dar.
Normenkette
BVG § 42 Abs. 1 S. 1; EheG § 72 Fassung: 1946-02-20
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 1973 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die 1951 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem ab 1962 nicht mehr berufstätig gewesenen, im August 1970 an den anerkannten Schädigungsfolgen verstorbenen Schwerbeschädigten Sch (S.) wurde am 17. Januar 1969 aus dem alleinigen Verschulden des S. geschieden. Aus der Ehe stammt eine 1953 geborene Tochter. Die Klägerin und S. waren seit 1964 Miteigentümer eines Einfamilienhauses mit einem Einheitswert von DM 3.300,-. S. hatte im Todesjahr Renteneinkünfte in Höhe von DM 1.063,80 monatlich. Die Klägerin war seit 1961 berufstätig, sie verdiente als Montagehelferin im September 1970 DM 768,16 brutto, im Oktober 1970 DM 853,71 brutto und im November 1970 DM 811,53 brutto zuzüglich DM 400,- Weihnachtsgeld. Sie bezieht seit 1. September 1970 Witwenrente von der Landesversicherungsanstalt Westfalen (§ 1265 Reichsversicherungsordnung - RVO -). Anläßlich der Scheidung vereinbarten die früheren Ehegatten vor dem Landgericht Münster am 17. Januar 1969, ergänzt am 27. Juni 1969, u. a. die Übertragung des auf DM 13.000,- geschätzten Miteigentumsanteils der Klägerin an dem Einfamilienhaus an S. gegen Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von DM 300,-, beginnend mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils bei Vorwegzahlung eines "auf den Kaufpreis" anzurechnenden Betrages von DM 3.000,-, wofür die Klägerin "während der Laufzeit der Kaufpreisraten" und für weitere 10 Monate keine Unterhaltsansprüche erhob; eine Unterhaltsrente in Höhe von DM 200,- monatlich sollte erst nach diesem Zeitpunkt unabhängig vom Einkommen der Klägerin von S. gezahlt werden. Das Einfamilienhaus wurde von S. im Oktober 1969 verkauft.
Das Versorgungsamt lehnte den Antrag der Klägerin vom August 1970, ihr Hinterbliebenenrente zu gewähren, mit Bescheid vom 30. Dezember 1970 ab, weil S. zwischen Scheidung und Tod nur Kaufpreisraten bezahlt habe und ein Unterhaltsanspruch erst in der Zukunft habe entstehen sollen. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 28. Mai 1971).
Im Klageverfahren brachte die Klägerin vor, die umfassende Regelung des Zugewinnausgleiches und des Unterhaltes in zeitlicher Folge sei wegen der Umschreibung des Miteigentumsanteils erforderlich gewesen, S. habe zunächst monatlich DM 300,- bezahlt, den Rest von DM 7.600,- aber in einer Summe, um die Umschreibung des Miteigentumsanteils zu ermöglichen. Das Sozialgericht (SG) verurteilte den Beklagten, der Klägerin ab 1. September 1970 Hinterbliebenenrente zu gewähren (Urteil vom 21. März 1972).
Auf die Berufung des Beklagten änderte das Landessozialgericht (LSG) das angefochtene Urteil und wies die Klage ab (Urteil vom 21. Februar 1973): Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin habe von der Ehescheidung bis zum Tode des S. nach der getroffenen Vereinbarung, die als "sonstiger Grund" anzusehen sei, nicht vorgelegen. Ein solcher Anspruch hätte, da vom Scheidungstermin an ein Zeitraum von 43 Monaten durch die Kaufpreiszahlungen gedeckt gewesen sei, frühestens ab 17. August 1972 entstehen können. Bei der Vorauszahlung von DM 3.000,- und den anschließenden 33 Monatsraten von DM 300,- habe es sich nicht um Unterhalt gehandelt, sondern um die Gegenleistung für die baldige Übertragung des Miteigentumsanteils. Die Umdeutung des Vergleichs in eine Unterhaltsvereinbarung für die ersten 43 Monate nach der Scheidung verbiete sich auch deshalb, weil Unterhaltsleistung die Befriedigung des wirtschaftlichen Lebensbedarfes eines anderen bedeute, unabhängig davon, ob er eine Gegenleistung erbringe (SozR Nrn. 13, 19 zu § 1265 RVO). Ob eine Unterhaltsleistung vorliege, entscheide sich nicht danach, wie der Empfänger die Leistung verwende, sondern aus welchen rechtlichen Gründen sie erbracht werde. Der Begriff "zur Zeit des Todes" hebe zwar nicht eng auf den Todeszeitpunkt ab, sondern auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand. Der Zeitraum von 43 Monaten, für den nach dem Vergleich kein Unterhaltsanspruch bestanden habe, stelle aber keine im Zeitpunkt des Todes nur zufällige, bloß vorübergehende und deshalb den Anspruch aus § 42 Abs. 1 Satz 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) nicht beeinträchtigende Gegebenheit dar. Dies gelte insbesondere, weil nach der Scheidung kein Unterhaltsanspruch bestanden und die Zeit vom Tod des S. bis zur in Aussicht genommenen Aufnahme der Unterhaltszahlungen noch mehr als 2 Jahre umfaßt habe. Ein Zeitraum von mehr als 3 1/2 Jahren sei immer ein Dauerzustand, auf den deshalb abzustellen sei, damit vorübergehende Schwankungen mit unterhaltsrechtlicher Wirkung als entscheidungserheblich ausgeschaltet würden (SozR Nr. 22 zu § 1265 RVO). Ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin bei ihrem Einkommen überhaupt bestanden habe, könne dahinstehen, weil die Klägerin selbst eingeräumt habe, S. habe neben dem Ausgleichsanspruch keinen Unterhaltsanspruch erfüllen können. S. sei wegen der Übertragung des Miteigentumsanteiles an der Befriedigung des Ausgleichsanspruches vorrangig interessiert gewesen. Die Behauptung, in den Monatsraten sei eine Unterhaltszahlung enthalten gewesen, treffe nicht zu. Ohne Belang sei, ob an sich die Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Ausgleich des Zugewinns vorrangig gewesen sei. Denn den vertragschließenden Parteien sei es überlassen gewesen, abweichende Bestimmungen zu treffen. Aus Ziff. 4 des Vergleiches könne kein Unterhaltsanspruch für die Zeit vor dem 17. August 1972 hergeleitet werden. S. habe für 43 Monate nach der Scheidung keinen Unterhalt zu zahlen gehabt, woran auch die vorzeitige Zahlung der restlichen DM 7.600,- nach Ratenzahlungen von insgesamt DM 2.400,- - nichts geändert habe; denn dies habe die Verpflichtung des S. zur Erbringung von Unterhaltsleistungen vor dem in Nr. 3 des Vergleichs vorgesehenen Zeitpunkt nicht bewirkt. S. habe der Klägerin sonach zur Zeit seines Todes weder nach eherechtlichen Vorschriften noch aus sonstigen Gründen Unterhalt zu leisten gehabt und auch im letzten Jahr vor seinem Tode nicht geleistet.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 58 Ehegesetz (EheG) und des § 42 BVG. Die gezahlten Beträge habe sie ausschließlich für ihren Unterhalt verwendet, ohne einen Vermögenszuwachs zu erzielen. Nach 43 Monaten habe sich der Unterhalt auf DM 200,- monatlich ermäßigen sollen. Es könne nicht darauf ankommen, daß gleichzeitig der Zugewinnausgleich habe getilgt werden sollen. Von einem Unterhaltsverzicht sei nie die Rede gewesen. Das beklagte Land habe nie bestritten, daß die Klägerin von den Raten ihren Unterhalt bestritten habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid vom 30. Dezember 1970 aufzuheben (W-Bescheid vom 28. Mai 1971) und den Beklagten zu verurteilen, ihr Rente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen: S. sei während der Laufzeit des Zugewinnausgleiches zu einer Unterhaltsleistung finanziell nicht in der Lage gewesen. § 42 BVG bezwecke, daß nur die geschiedene Ehefrau nach dem schädigungsbedingten Tode des früheren Ehemannes Versorgung erhalte, die durch den Tod einen Unterhaltsanspruch verloren habe.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
Die Feststellung des LSG, daß keiner der in § 42 Abs. 1 Satz 2 und 3 BVG geregelten Sondertatbestände hier vorliegt, ist von der Revision nicht angegriffen worden, so daß der Senat hierauf nicht einzugehen braucht. Die rechtliche Nachprüfung beschränkt sich deshalb auf § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG. Nach dieser Vorschrift würde die Klägerin als frühere Ehefrau des S. einer Witwe gleichstehen und damit Hinterbliebenenrente beanspruchen können, wenn ihr geschiedener Ehemann ihr a) z. Zt. seines Todes Unterhalt nach den eherechtlichen Vorschriften oder b) Unterhalt aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder c) im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat.
Was die letztgenannte Alternative zu c) betrifft, so macht die Revision vor allem geltend, die tatsächlichen Zahlungen des S. in Höhe von insgesamt DM 13.000,- seien als Unterhaltsleistungen anzusehen, weil die Klägerin in der Zeit zwischen der Scheidung un dem Tode des S. davon ihren Unterhalt bestritten und keinen Vermögenszuwachs erzielt habe. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden, weil sie die Begriffsmerkmale einer Unterhaltsleistung verkennt und dem klaren Wortlaut und Sinn des gerichtlichen Vergleichs vom 17. Januar 1969 zuwiderläuft. Diesem Vergleich hat das LSG zutreffend entnommen, daß der Klägerin seinerzeit ein Betrag von 13.000,- DM als Gegenleistung für die Überlassung des Miteigentumsanteils an dem während der Ehe erworbenen Hausgrundstück zufließen sollte; diesen "Kaufpreis" hatte S. in Höhe von 3.000,- DM sofort zu begleichen, während ihm für die restlichen 10.000,- DM Ratenzahlungen von monatlich 300,- DM eingeräumt wurden, woraus sich - wie in der Nr. 3 des Vergleichs festgestellt worden ist -, eine Zeit von insgesamt 43 Monaten seit der Ehescheidung für die finanzielle Abwicklung dieses Rechtsgeschäftes ergab. Daraus, daß hierbei ein Verhältnis von Leistung der Klägerin (Übertragung des Miteigentumsanteils) und Gegenleistung des S. (Zahlung von 13.000,- DM) vorlag, hat das LSG unter bedenkenfreier Heranziehung der zu § 1265 RVO ergangenen Rechtsprechung zutreffend gefolgert, daß es sich bei den Zahlungen, welche die Klägerin in zwei größeren Einzelbeträgen und mehreren Monatsraten à 300,- DM von S. erhalten hatte, keinesfalls um Unterhaltsleistungen handeln konnte. Denn der Begriff "Unterhalt leisten" bedeutet, daß jemand den wirtschaftlichen Lebensbedarf eines anderen unabhängig davon befriedigt, ob dieser eine Gegenleistung dafür erbringt (vgl. BSG 19, 185, 187; SozR Nr. 19 zu § 1265 RVO). Dies leuchtet vollends ein, wenn man sich bei sonst gleichem Sachverhalt die durchaus denkbare Variante vor Augen hält, daß die Klägerin im Januar 1969 ihren Miteigentumsanteil nicht an ihren früheren Ehemann, sondern für ebenfalls 13.000,- DM gleich an diejenige Person veräußert hätte, die dann im Oktober 1969 das gesamte Anwesen erwarb; daß die Klägerin den Veräußerungserlös für ihren Lebensunterhalt verbraucht hat, würde bei dieser Fallgestaltung ganz offensichtlich nicht bewirken können, die Zahlungen des Erwerbers als Unterhaltsleistungen zu kennzeichnen; nichts anderes kann aber gelten, wenn statt eines außenstehenden Dritten der geschiedene Ehemann als Partner eines solchen Rechtsgeschäftes in Erscheinung tritt. Soweit in dieser Zeit die Klägerin von eigenem Vermögen lebte und S. zur Bezahlung des Miteigentumsanteiles verpflichtet war, konnte auch kein Unterhaltsanspruch entstehen, weil die Ehefrau in diesem Umfang nicht bedürftig, der Ehemann nicht leistungsfähig war.
Auch die von der Revision vertretene Auffassung, die Zahlungen des S. hätten einem doppelten Zweck gedient, geht fehl und findet in den deutlichen Abgrenzungen des Vergleichs vom 17. Januar 1969, zumal in dessen Nr. 3, keinerlei Stütze. Die dort gebrauchten Formulierungen lassen klar erkennen, daß die ratenweise über 43 Monate verteilte Zahlung des Ausgleichs für die Miteigentumsübertragung und die monatliche Unterhaltsrente sich im zeitlichen Nacheinander ablösen sollten und nicht etwa kumulativ schon in den 1969/70 geleisteten Zahlungen zusammengefaßt waren. Selbstverständlich hätte es den Beteiligten beim Vergleichsabschluß freigestanden, die vorgesehenen Monatsraten von 300,- DM etwa hälftig in Ausgleichszahlung und Unterhaltszahlung aufzuteilen; dieser Weg wurde jedoch offenbar mit gutem Grund nicht beschritten, denn hierdurch hätte sich die Verkäuflichkeit des Grundstückes im Hinblick auf die der Klägerin nach Nr. 1 Abs. 4 des Vergleichs zu bestellende Hypothek u. U. erheblich verzögert. Von den eingangs aufgeführten drei Alternativen des § 42 Abs. 1 Satz 1 BVG scheidet also die zu c) genannte aus.
Z. Zt. seines Todes im August 1970 hatte S. der Klägerin weder nach den eherechtlichen Vorschriften noch aus sonstigen Gründen Unterhalt zu leisten. Dabei bedarf es im Zusammenhang mit der ersten Alternative keiner näheren Prüfung, ob und in welcher Höhe der schuldig geschiedene Ehemann der Klägerin etwa nach § 58 EheG 1946 zur Unterhaltsgewährung verpflichtet gewesen sein könnte; denn diese dispositive Vorschrift (vgl. Hoffmann/Stephan, EheG, Kommentar, 2. Aufl., Randnote 29 zu § 72) war im vorliegenden Fall durch die im Vergleich vom 17. Januar 1969 getroffene Unterhaltsregelung verdrängt worden, die für die Zeit ab August 1972 gleichbleibende Unterhaltszahlungen ohne Berücksichtigung einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse vorsah und daher nicht eine bloße Festsetzung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs (vgl. BSG 34, 192; BGHZ 31, 211, 218), sondern einen selbständigen Unterhaltsvertrag darstellte (§ 72 EheG 1946, vgl. RGZ 166, 40, 48, Hoffmann/Stephan, aaO, Randnote 24; s. auch BSG 31, 5, SozR Nr. 70 zu § 1265 RVO).
"Aus sonstigen Gründen" war der Klägerin im Vergleich vom 17. Januar 1969 eine monatliche Unterhaltsrente von DM 200,- zugestanden worden, mit deren Zahlung jedoch zunächst noch nicht begonnen werden sollte. Vielmehr war der Beginn der Unterhaltszahlungen durch Nr. 3 Satz 2 des Vergleichs bis zu dem Zeitpunkt nach Ablauf der "Kaufpreis"-Ratenzahlungen und von zusätzlich weiteren 10 Monaten (als Ausgleich für die vorweggezahlten 3.000,- DM) aufgeschoben worden. Das bedeutete - wie das LSG mit Recht gefolgert hat -, daß die Unterhaltszahlungen erst im August 1972 einzusetzen hatten, woran sich auch dadurch nichts ändern konnte, daß S. nach einer ratenweisen Abtragung von insgesamt 2.400,- DM den Restbetrag von 7.600,- DM vorzeitig in einer Summe an die Klägerin zahlte. Von der Ehescheidung im Januar 1969 bis zum Tode des S. im August 1970 war also ein Unterhaltsanspruch der Klägerin aufgrund des Vergleichs nicht gegeben; ein solcher Anspruch hätte vielmehr frühestens zwei Jahre nach dem Tode des geschiedenen Ehemannes wirksam werden können. Unter der in § 42 Abs. 1 Satz 1, 1. und 2. Alternative, gebrauchten Formulierung "zur Zeit seines Todes" ist - übereinstimmend mit der Rechtsprechung zu § 1265 RVO - eine zeitliche Betrachtungsweise zu verstehen, die es auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Beschädigten abstellt, soweit dieser Zustand nach der Ehescheidung liegt (vgl. BSG 14, 255; SozR Nr. 22 zu § 1265 RVO); hiermit soll vermieden werden, daß zufällige und bloß vorübergehende Besonderheiten in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen der geschiedenen Eheleute die Beurteilung des Rentenanspruchs der geschiedenen Ehefrau ausschlaggebend beeinflussen. Eine solche irreguläre Beeinflussung hat die im Vergleich vom 17. Januar 1969 getroffene Regelung, wonach von der Ehescheidung bis zum Tode des Ehemannes rund 1 1/2 Jahre ohne Bestehen eines Unterhaltsanspruches der Klägerin verflossen waren, nicht ausgeübt; die Klägerin hatte sich seit Januar 1969 darauf einrichten müssen, daß sie vorerst von S. keine Unterhaltszahlungen zu beanspruchen hatte (vgl. BSG 31, 5, 10). Wie auch das LSG nicht verkannt hat, wäre es allerdings bedeutsam, wenn beim Tode des geschiedenen Ehemannes im August 1970 der Beginn von Unterhaltsleistungen in naher Zukunft zu erwarten gewesen wäre. Der Senat hat keine Bedenken, diesen unbestimmten Zeitbegriff mit dem Urteil des 5. Senats vom 18. Dezember 1973 (SozR Nr. 70 zu § 1265 RVO) dahin zu konkretisieren, daß hierunter in der Regel ein Jahr nach dem Tode des Beschädigten zu verstehen ist (vgl. auch SozR Nr. 35 zu § 1265 RVO). Eine solche Fallgestaltung, bei der auch Entwicklungen nach dem Tode des Beschädigten in noch vertretbarer Weise zu berücksichtigen wären, hat hier jedoch nicht vorgelegen; denn es hätte noch volle zwei Jahre nach dem Tode des S. gedauert, bis die Klägerin einen Unterhaltsanspruch gegen ihn erlangt haben würde.
Die Revision gegen das zutreffende Urteil des LSG muß hiernach zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1646731 |
BSGE, 287 |