Verfahrensgang
LSG Hamburg (Urteil vom 09.06.1983) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 1983 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1939 geborene Klägerin war – wie schon von August 1976 bis August 1977 – aufgrund eines weiteren Dienstvertrages mit der Stadt K. vom 9. August 1977 an als Dramaturgin und Mitarbeiterin in der Leitung des Schauspielhauses mit Schauspielverpflichtung beschäftigt. Nach § 2 des Dienstvertrages sollte das Beschäftigungsverhältnis am 8. August 1979 enden. § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages über die Mitteilungspflicht vom 23. November 1977 (TVM), der ausdrücklich Bestandteil des Dienstvertrages war, bestimmte, daß ein für mindestens ein Jahr abgeschlossener Arbeitsvertrag sich zu den gleichen Bedingungen um ein Jahr (eine Spielzeit) verlängerte, wenn nicht ein Vertragspartner dem anderen bis zum 31. Oktober der Spielzeit, mit deren Ablauf der Arbeitsvertrag endete, schriftlich mitteilte, daß eine Verlängerung des Arbeitsvertrages nicht beabsichtigt sei (Nichtverlängerungsmitteilung). Vor Ablauf der Vertragsdauer war nach § 15 Abs. 1 des Normal-Vertrages zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehörigen vom 1. Mai 1924 idF vom 3. Dezember 1974, der ebenfalls Bestandteil des Dienstvertrages war, eine Kündigung nur aus wichtigem Grunde möglich.
Wie das LSG festgestellt hat, sollen Ensemble-Mitglieder im Hinblick auf Auseinandersetzungen zwischen dem Schauspieldirektor St. und dem Generalintendanten H., die schließlich am 25. November 1977 zur Kündigung von St. führten, gegenüber der Presse erklärt haben, für den Fall der Kündigung des Schauspieldirektors auch ihr Arbeitsverhältnis beenden zu wollen. Unter Bezugnahme auf die „Kieler Nachrichten” teilte H. der Klägerin durch Schreiben vom 28. November 1977 mit, daß er wunschgemäß das Arbeitsverhältnis vom 1. Dezember 1977 an als beendet ansehe. Nach verschiedenen Gesprächen von Ende November/Anfang Dezember 1977 teilte H. der Klägerin mit Schreiben vom 3. und 7. Dezember 1977 mit, daß das Arbeitsverhältnis einverständlich zum 31. Dezember 1977 beendet werde, und sie ab sofort beurlaubt sei. Die Klägerin widersprach dem und begehrte in einem gegen die Stadt K. angestrengten Bühnenschiedsgerichtsverfahren die Feststellung des Fortbestehens ihres Beschäftigungsverhältnisses. Am 19. April 1978 schlossen die Beteiligten einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Inhalt, daß das Beschäftigungsverhältnis der Parteien auf Veranlassung der Beklagten am 31. Dezember 1977 beendet worden sei, und die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 10.000 DM steuerfrei gem § 3 Ziff 9 Einkommensteuergesetz erhalte.
Der Klägerin, die sich am 23. Januar 1978 beim Arbeitsamt K. und nach ihrem Umzug am 30. Januar 1978 beim Arbeitsamt M. arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt hatte, wurde vom Arbeitsamt K. für die Zeit vom 23. bis 28. Januar 1978 und vom Arbeitsamt M. für die Zeit vom 30. Januar bis 29. Juli 1978 – insgesamt 162 Tage – Alg bewilligt und gezahlt. Anschluß-Arbeitslosenhilfe beantragte die Klägerin trotz ihrer bis zum 15. August 1978 andauernden Arbeitslosigkeit nicht.
Nachdem die Beklagte von der an die Klägerin gezahlten Abfindung erfahren hatte, hob sie (Arbeitsamt K.) wegen Ruhens des Anspruchs vom 23. Januar bis 31. März 1978 (§ 117 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes –AFG–) die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 23. Januar bis 28. Januar 1978 gem § 151 AFG auf und kündigte für die restliche Zeit des Ruhens einen weiteren Bescheid des Arbeitsamtes M. an (Bescheid vom 28. August 1978). Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30. August 1979). Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat diese Bescheide aufgehoben und festgestellt, daß der Anspruch der Klägerin auf Alg für die Zeit vom 23. Januar bis 31. März 1978 nicht zum Ruhen gebracht worden sei (Urteil vom 9. April 1981).
Auf die vom SG zugelassene Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Juni 1983).
Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht ein Ruhen des Alg-Anspruchs bis zum 31. März 1978 angenommen. Nach § 2 des Dienstvertrages habe das Arbeitsverhältnis der Klägerin erstmals zum 8. August 1979 beendet werden können, und zwar durch eine bis zum 31. Oktober 1978 eingehende Nichtverlängerungsmitteilung an die andere Vertragspartei. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei also unbefristet, für zwei Jahre unkündbar und dann jährlich durch Mitteilung bis jeweils 31. Oktober zum Ende der Spielzeit lösbar gewesen. Von der vertraglich vorgesehenen ersten fristgemäßen Beendigungsmöglichkeit zum 8. August 1979 hätten die Klägerin und die Stadt K. jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 31. Dezember 1977 – und damit vorzeitig – gelöst. Auch durch eine Kündigung aus wichtigem Grunde sei das Anstellungsverhältnis nicht beendet worden. Die Anwendbarkeit des § 117 Abs. 2 AFG werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß auf einen derartigen Vertrag die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) nicht anwendbar seien; denn § 117 Abs. 2 AFG inkorporiere keinen Kündigungsschutz. Trotz der in dieser Vorschrift verwendeten Begriffe „ordentliche Kündigungsfrist” und „ordentliche Kündigung” verlange sie nicht, daß das Arbeitsverhältnis überhaupt ordentlich kündbar gewesen sei. Wie sich aus § 117 Abs. 2 Satz 3 AFG ergebe, gelte auch für ein befristetes unkündbares Arbeitsverhältnis die Ruhensregelung. Entscheidend sei nur, ob das Arbeitsverhältnis nach seiner vertraglichen Ausgestaltung und den Rechtsvorschriften, denen es unterliege, fristgemäß oder nicht fristgemäß beendet worden sei. Wie § 117 Abs. 1 AFG trage auch Abs. 2 dem Grundsatz, daß ein Alg-Anspruch für die Zeit ruhe, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat, dadurch Rechnung, daß er unwiderlegbar vermute, daß wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährte Leistungen in dem in § 117 Abs. 3 AFG bestimmten Umfange Elemente von Arbeitsentgelt enthalten. Dies sei auch bezüglich der von der Stadt an die Klägerin gezahlten 10.000 DM zu bejahen, da sie diesen Betrag bei Nichtaufhebung des Dienstvertrages nicht erhalten hätte. Ob es sich bei diesem Betrag entgegen dem Wortlaut des Vergleichs nicht um eine Abfindung, sondern um einen Schadensersatz für entgangene künstlerische Betätigung gehandelt habe, könne dahinstehen, da nach § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG auch solche Zahlungen zum Ruhen des Alg-Anspruchs führten. Dabei werde der Umstand, daß in dem gezahlten Betrag auch ein Ersatz für soziale Nachteile enthalten sei, durch die Anrechnungsmodalitäten des § 117 Abs. 3 AFG berücksichtigt. Die Beklagte habe den Ruhenszeitraum zutreffend berechnet und dabei nach § 117 Abs. 3 Satz 3 AFG von der gezahlten Abfindung zu Recht nur 70 % berücksichtigt. Das an die Klägerin zuletzt im Dezember 1977 gezahlte Arbeitsentgelt in Höhe von 2.411,– DM entspreche einem Tageslohn von 77,77 DM, so daß sie die zu berücksichtigenden 7.000,– DM in 90 Tagen hätte verdienen können. Ihr Alg-Anspruch ruhe deshalb nach § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AFG nicht über den 31. März 1978 hinaus. Eine weitere Verkürzung des Ruhenszeitraums ergebe sich aus den sonstigen Regelungen des § 117 Abs. 2 und 3 AFG nicht. Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG sei der Ruhenszeitraum auf den 8. August 1979 und nach § 117 Abs. 3 Satz 1 AFG auf den 30. Juni 1978 begrenzt. Selbst wenn vorliegend vom Ausschluß einer ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses und deshalb nach § 117 Abs. 2 Satz 3 zweite Alternative AFG von der Kündigungsfrist auszugehen sei, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen sei, so gelte in analoger Anwendung des § 622 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für die Klägerin eine sechswöchige Kündigungsfrist zum Schluß des Kalendervierteljahres. Auch nach dieser Vorschrift habe das Anstellungsverhältnis der Klägerin aufgrund der Schreiben des Generalintendanten H. vom 28. November, 3. und 7. Dezember 1977 nicht vor dem 31. März 1978 enden können. Da der Aufhebungsbescheid der Beklagten somit zu Recht ergangen sei, müsse das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 117 Abs. 2 AFG durch das LSG. Sie trägt dazu vor: Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits mehrfach entschieden habe, sei die Nichtverlängerungsmitteilung durch die das Arbeitsverhältnis zum Ende der Spielzeit habe beendet werden können, keine Kündigung und unterliege auch nicht den Vorschriften des KSchG. Es fehle überhaupt zugunsten der gesamten künstlerischen Mitarbeiter an den deutschen Bühnen eine dem KSchG auch nur annähernd vergleichbare gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung. Der § 117 Abs. 2 AFG sei jedoch von seinem Wortlaut her nur auf solche Arbeitsverhältnisse anwendbar, die durch eine ordentliche Kündigung beendet werden können oder bei denen die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen sei. Keine dieser Voraussetzungen liege für das Arbeitsverhältnis der Klägerin vor. Sei schon die Anwendbarkeit des § 117 Abs. 2 AFG auf den Dienstvertrag vom Wortlaut des Gesetzes her nicht gedeckt, so sei auch die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden nicht mit dem von der Vorschrift verfolgten Zweck zu vereinbaren, da der Gesetzgeber diese Vorschrift bewußt nicht auf solche Verträge habe angewendet wissen wollen, denen ohnehin bereits jeglicher Sozial- und Kündigungsschutz fehle. Die Ansicht des LSG, daß auch befristete unkündbare Arbeitsverhältnisse der Ruhensregelung unterlägen, finde im Gesetz keine Stütze, da in § 117 Abs. 2 AFG von befristeten Arbeitsverhältnissen nicht die Rede sei. Entgegen der Auffassung des LSG sei das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch nicht ein „unbefristetes”, sondern ein „befristetes” gewesen, auch wenn es sich bei fehlender Nichtverlängerungsmitteilung um jeweils eine weitere Spielzeit (ein Jahr) verlängert hätte. Es handele sich hier um den seltenen Fall von Kettenarbeitsverträgen, die tarifvertraglich vereinbart und vom BAG in diesen Fällen für zulässig erklärt worden seien. Ebenfalls zu Unrecht gehe das LSG in seiner Entscheidung davon aus, § 117 Abs. 2 AFG beinhalte die unwiderlegbare Vermutung, daß wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährte Leistungen immer Elemente von Arbeitsentgelt enthielten. Die Vorschrift entbinde die Beklagte nicht, den Zweck der Zuwendung an den ausscheidenden Arbeitnehmer zu überprüfen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des SG, die auch das LSG nicht anders getroffen habe, seien die 10.000 DM der Klägerin als Ausgleich für den erlittenen künstlerischen Schaden gezahlt worden, da ihr die Möglichkeit verwehrt worden sei, sich in ihrer künstlerischen Darstellungsfähigkeit zu zeigen und weiterzuentwickeln, sowie sich dadurch anderen künstlerischen Aufgaben zu empfehlen. Dabei handele es sich auch nicht um einen gesetzlich oder tarifvertraglich normierten Anspruch; dieser Anspruch sei vielmehr von den Bühnenschiedsgerichten in jahrelanger Tradition entwickelt worden.
Die Klägerin hat erklärt, daß sie ihren ursprünglich gestellten Feststellungsantrag nicht aufrechterhalte und beantragt deshalb sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 1983 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. April 1981 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, der Wille des Gesetzgebers, alle Leistungen, die der Arbeitslose im Zusammenhang mit seinem vorzeitigen Ausscheiden erhält, für ein Ruhen des Anspruchs zu berücksichtigen, sei auch in der Begründung zum Entwurf des AFG (BT-Drucks V/2291 zu § 106) zum Ausdruck gekommen. Eine andere Behandlung der Abfindung im vorliegenden Falle stellte deshalb eine ungerechtfertigte Privilegierung dar.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 28. August 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1979 (§ 95 SGG). Darin hat die Beklagte (Arbeitsamt K.) ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 23. Januar bis 28. Januar 1978 gem § 151 AFG aF aufgehoben. Eine andere oder weitergehende Regelung enthält der Bescheid – entgegen der Auffassung des LSG – nicht. Die Beklagte (Arbeitsamt K.) hat zwar auch das Ruhen des Alg-Anspruchs der Klägerin wegen des Erhalts einer Abfindung gem § 117 AFG für die Zeit vom 23. Januar bis 31. März 1978 festgestellt, damit aber keine weitere selbständige Verfügung getroffen, sondern nur die Aufhebung der Bewilligung begründet, wie sich auch daraus ersehen läßt, daß sie für die Zeit nach dem 28. Januar 1978 den Erlaß eines weiteren Bescheides des dafür zuständigen Arbeitsamtes M. angekündigt hat.
Die in dem angefochtenen Bescheid für die Zeit vom 23. bis 28. Januar 1978 ausgesprochene Aufhebung der Bewilligung von Alg ist nicht zu beanstanden; der Anspruch der Klägerin auf Alg für diese Zeit hat nach § 117 Abs. 2 und 3 AFG geruht.
Grundlage für die Aufhebung der Bewilligung des Alg ist § 151 Abs. 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582). Hiernach werden Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG gewährt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorgelegen haben oder – wie das aufgrund der Zahlung der Abfindung der Fall ist – nachträglich weggefallen sind. Diese Vorschrift gilt auch, wenn ein Ruhenstatbestand vorliegt (vgl. BSGE 46, 20, 22 = SozR 4100 § 117 Nr. 2), und ist trotz ihrer Streichung durch Art. II § 2 Nr. 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – (SGB X) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) maßgebend geblieben, wenn es – wie hier – lediglich um die Entscheidung über die Anfechtung eines Aufhebungsbescheides geht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. BSG SozR 1200 § 31 Nr. 1; SozR 4100 § 115 Nr. 1; SozR 4220 § 3 Nr. 1).
Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1978 geltenden Fassung des 4. AFG-Änderungsgesetzes –4. AFG-ÄndG– vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen erhalten oder zu beanspruchen hat, und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Dies ist hier der Fall. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist vorzeitig beendet worden. Nach den Feststellungen des LSG war das Arbeitsverhältnis der Klägerin zwar bis zum 8. August 1979 befristet, sollte sich jedoch gem § 2 Abs. 1 TVM bei nicht rechtzeitig erfolgter Nichtverlängerungsmitteilung einer Partei um ein Jahr (eine Spielzeit) verlängern. Da somit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses trotz der im Arbeitsvertrag vereinbarten Beendigungsfrist das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht endgültig feststand, hat das LSG das Arbeitsverhältnis der Klägerin als unbefristet, für zwei Jahre nicht ordentlich kündbar und dann jährlich bis zum 31. Oktober zum Ende der Spielzeit lösbar angesehen. Nach der Rechtsprechung des BAG handelt es sich dagegen bei Verträgen dieser Art. mit Bühnenpersonal um befristete Arbeitsverträge, wobei die Befristung des Vertrages grundsätzlich zulässig ist, es sei denn, daß sie objektiv funktionswidrig verwendet wird, was immer dann anzunehmen ist, wenn der durch die Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestand des Arbeitsverhältnisses vereitelt wird und dafür kein sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Nur in dem zuletzt genannten Falle gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet, während in allen anderen Fällen von einem befristeten Arbeitsverhältnis auszugehen ist (vgl. BAGE 35, 309 ff, 314 f mwN). Dabei scheidet nach der Rechtsprechung des BAG eine unmittelbare oder auch nur analoge Anwendung des KSchG bei der Befristung aus. Insbesondere stellt die Nichtverlängerungsmitteilung, mit der der Arbeitgeber seine Absicht mitteilt, das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers nicht über die Befristung hinaus zu verlängern, keine die Anwendung des KSchG auslösende Kündigung dar und ist im Rahmen der Zulässigkeit der Befristung auch nicht ordentlichen Kündigungen gleichzustellen (vgl. BAG aaO, S 320 ff mwN; BVerwG in MDR 1966 S 265 f).
Der Senat ist zwar an einer eigenen Auslegung des § 2 TVM nicht gehindert und kann diese Bestimmung in vollem Umfange gem § 162 SGG nachprüfen, da es sich hier um eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bühnenverein-Bundesverband deutscher Theater und den Genossenschaften Deutscher Bühnen-Angehöriger handelt, die für alle deutschen Theater im Bundesgebiet gilt, ihr Geltungsbereich sich somit über den Bereich des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (vgl. Präambel zum TVM). Im vorliegenden Falle bedarf jedoch weder die Frage der Befristung des Arbeitsverhältnisses noch deren sachlicher Rechtfertigung einer abschließenden Stellungnahme. Die für das Arbeitsverhältnis geltende Beendigungsfrist ist nämlich keinesfalls eingehalten worden. Bei der Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses galt mangels abweichender einzelvertraglicher Vereinbarung die in § 622 Abs. 1 BGB normierte ordentliche Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres, so daß, selbst wenn die Schreiben des H. an die Klägerin vom 28. November 1977 oder 3. bzw 7. Dezember 1977 eine ordentliche Kündigung enthielten, diese erst zum 31. März 1978 hätte wirksam werden können. Ein befristetes Arbeitsverhältnis hätte aber – abgesehen von einer außerordentlichen Kündigung – seitens des Arbeitgebers überhaupt nicht vor dem 8. August 1979 beendet werden können, wie das LSG zutreffend festgestellt hat.
Der Senat teilt die Auffassung des LSG, daß die Anwendbarkeit des § 117 Abs. 2 AFG nicht nur auf Arbeitsverhältnisse zu beschränken ist, die ordentlich kündbar sind und im Falle einer solchen Kündigung den Bestimmungen des KSchG unterliegen. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen, die mit Erreichen des dafür vereinbarten Termins ohne weiteres enden, ist vorbehaltlich einer ausdrücklich abweichenden Vereinbarung die ordentliche Kündigung stets ausgeschlossen (§ 620 Abs. 2 BGB), da die Befristung den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Endtermin garantieren soll. Diese Arbeitsverhältnisse unterliegen mangels ordentlicher Kündigungsmöglichkeit nicht den Bestimmungen des KSchG (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch 5. Aufl S 163 § 39 I; Becker ua, Gemeinschaftskommentar zum KSchG usw, 2. Aufl, § 620 BGB RdNrn 14 und 15; Münchner Kommentar zum BGB, Band 3 Schuldrecht BT, 1. Halbband 1980, § 620 BGB V RdNr. 48; Hanau/Adomeit, Arbeitssrecht, 6. Aufl 1981, S 202, 219 f). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anwendbarkeit des § 117 Abs. 2 AFG auf befristete Arbeitsverhältnisse jedoch nicht ausgeschlossen. Dies folgt schon aus dem Gesetzeswortlaut. Zwar läßt sich dies nicht – wie das LSG angenommen hat – dem § 117 Abs. 2 Satz 3 AFG entnehmen, da dieser Satz nur die Dauer des Ruhens bei zeitlich begrenztem oder unbegrenztem Ausschluß der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber regelt, wie zB bei älteren Arbeitnehmern mit langjähriger Betriebszugehörigkeit oder bei Betriebsratsmitgliedern usw (vgl. Eckert/Hess/Maibaum, Gemeinschaftskommentar-AFG § 117 Anm. 24 ff, 29; Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, Erl 5 zu § 117 S 194 b Stand: Juni 1982); diese Regelung enthält aber keine Aussage über die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend ist jedoch der Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 des § 117 AFG. Er bestimmt, daß der Anspruch nicht über den Tag hinaus ruht, an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte. Wäre § 117 Abs. 2 AFG – wie die Klägerin behauptet – auf befristete Arbeitsverhältnisse von vornherein nicht anwendbar, so ginge die Regelung des Absatzes 3 Satz 2 Nr. 2 ins Leere. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.
Hinzu kommt, daß der mit der Vorschrift verfolgte Zweck es nicht rechtfertigen würde, die Zahlung von Leistungen iSd § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG bei vorzeitiger Beendigung befristeter Arbeitsverträge anders zu behandeln, als dies in solchen Fällen für unbefristete Arbeitsverträge gilt. Der § 117 AFG beruht auf der Erwägung, daß der Arbeitslose nicht der Leistungen der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Daher ruht ein Anspruch auf Alg für die Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 117 Abs. 1 AFG). Ebenso bedarf der Arbeitslose keines Alg, soweit er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entschädigung für den Lohnausfall erhält. Die Ruhensvorschriften des § 117 Abs. 2 und 3 AFG enthalten die unwiderlegbare Vermutung, daß in den wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährten Abfindungen, Entschädigungen und ähnlichen Leistungen in pauschaliertem Umfange auch Arbeitsentgeltanteile enthalten sind, wenn auch nach Alter und Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers in unterschiedlichem Umfange. Dieses Arbeitsentgelt soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers mit Hilfe des § 117 AFG erfaßt werden (BT-Drucks V/2291 zu § 106; vgl. BSG SozR 4100 § 117 Nr. 3 sowie die Urteile des Senats vom 17. Februar 1981 – 7 RAr 90/79 –, Breithaupt 1982, 239 = Dienstblatt R der Bundesanstalt für Arbeit – DBlR– Nr. 2438a zu § 119 AFG, und vom 12. November 1981 – 7 RAr 34/81 –, DBlR Nr. 2727 zu § 117 AFG; ebenso Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm z AFG, § 117 RdNr. 12. Juni 1978). Diese Vermutung betrifft sachgerecht aber auch Leistungen, die wegen vorzeitiger Beendigung von befristeten Arbeitsverhältnissen gewährt werden. Der Auffassung der Klägerin, daß § 117 Abs. 2 AFG nur auf ordentlich kündbare und den Bestimmungen des KSchG unterliegende Arbeitsverhältnisse Anwendung finden kann, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen.
Zu Recht hat das LSG auch die Kausalität zwischen der erhaltenen Abfindung und der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bejaht. Wie der Senat schon mehrmals entschieden hat, wird eine Abfindung wegen der vorzeitigen Beendigung gewährt, wenn zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (vgl. SozR 4100 § 117 Nr. 5 und das bereits zitierte Urteil vom 12. November 1981 – 7 RAr 34/81 – aaO). Ein solcher Zusammenhang ist jedoch bei einer vergleichsweisen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie sie hier vorliegt, nicht zweifelhaft. Nach den unwidersprochenen und deshalb für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hätte die Klägerin den Betrag von 10.000 DM ohne ihre Einwilligung in die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1977 nicht erhalten. Steht somit der ursächliche Zusammenhang zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Geldleistung fest, gilt – wie bereits ausgeführt – die unwiderlegbare Vermutung, daß die Abfindung zu einem bestimmten – in § 117 Abs. 3 AFG festgesetzten – Prozentsatz Arbeitsentgelt enthält. Eine weitergehende Prüfung bezüglich des Zwecks der Abfindung braucht, ja darf das Gericht nicht vornehmen, so daß auch der Einwand der Klägerin, sie habe die Geldleistung nicht als Ersatz für entgangenes Arbeitsentgelt, sondern als Ausgleich für den erlittenen künstlerischen Schaden erhalten, zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts führen kann. Durch die vom Gesetz gewählte Formulierung „Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung” soll sichergestellt werden, daß alle im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Beendigung gewährten Leistungen berücksichtigt werden. Hierbei spielt es keine Rolle, wie die Leistung bezeichnet wird (vgl. das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des erkennenden Senats vom 22. Februar 1984 – 7 RAr 55/82 –). Aus demselben Grunde bedarf es auch keiner Klärung, ob es sich bei dem Abfindungsanspruch um einen gesetzlich oder tarifvertraglich geregelten oder um einen sonstigen von der Rechtsprechung entwickelten Anspruch handelt.
Der Anspruch der Klägerin auf Alg ruhte somit unabhängig davon, ob es sich um ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis gehandelt hat, nach § 117 Abs. 2 iVm Abs. 3 Satz 1 AFG bis zum 31. März 1978, wie das LSG auch im Ergebnis zutreffend festgestellt hat.
Das LSG hat auch richtig erkannt, daß sonstige Begrenzungen der Ruhenszeit iS des § 117 Abs. 2 und 3 AFG nicht vorliegen oder sich nicht auswirken, weil ihr Endpunkt jedenfalls nach dem 31. März 1978 läge. Aus den Feststellungen des LSG ergeben sich insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin sich auf die Rechtsfolge aus § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG berufen könnte, wonach der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus ruht, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können. Zwar kommt es insoweit entgegen der Auffassung des LSG nicht darauf an, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch eine solche (außerordentliche) Kündigung beendet worden ist, vielmehr ist maßgebend, ob der Arbeitgeber einen wichtigen Kündigungsgrund hätte geltend machen können (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 16/84 –). Einen solchen Kündigungsgrund des Arbeitgebers hat aber weder die Klägerin behauptet, noch ergibt sich aus dem Gesamt Zusammenhang der vom LSG getroffenen Feststellungen dafür ein Anhalt.
Sind somit die Voraussetzungen für ein Ruhen des Alg-Anspruchs vom 23. Januar bis 31. März 1978 erfüllt, entsprach die Bewilligung des Alg für die Zeit ab 23. Januar 1978 nicht mehr der Rechtslage. Die Beklagte war deshalb nach § 151 Abs. 1 AFG aF berechtigt, die Bewilligung entsprechend aufzuheben. Da sie dies in dem angefochtenen Bescheid lediglich bis zum 28. Januar 1978 ausgesprochen hat, beschränkt sich der Streitgegenstand hierauf. Es war deshalb hier weder darüber zu entscheiden, ob die Beklagte jetzt noch zur Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 30. Januar bis 31. März 1978 berechtigt ist, noch darüber, ob und in welchem Umfange sie die trotz Ruhens gewährten Leistungen zurückfordern kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen