Beteiligte
Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. September 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist, ob Beitragszeiten der Klägerin in Polen von November 1957 bis November 1961 als rentenrechtliche Zeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in ihrem Versicherungsverlauf vorzumerken sind.
Die am 25. April 1941 geborene Klägerin arbeitete in Polen vom 5. November 1957 bis 24. November 1961 als Wicklerin. Im Januar 1962 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland um; sie besitzt den Vertriebenenausweis A. Ihre in der Zeit vom 8. Mai 1962 bis 31. Dezember 1964 im Bundesgebiet entrichteten Pflichtbeiträge ließ sie sich nach ihrer Heirat erstatten (Bescheid vom 20. Juli 1965). In der Folgezeit ergaben sich Beitragszeiten für die Erziehung ihrer beiden Kinder und 41 Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeiten.
Auf den im Dezember 1988 gestellten Kontenklärungsantrag der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. November 1989 die zurückgelegten Zeiten fest, wobei im Versicherungsverlauf auch die Zeiten vom 5. November 1957 bis 24. November 1961 als Pflichtbeitragszeiten gemäß Art 4 Abs 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über RV und UV vom 9. Oktober 1975 (BGBl II 396 – Abk Polen RV/UV) iVm Art 2 Abs 1 des Gesetzes zu diesem Abkommen vom 12. März 1976 (BGBl II 393 – AbkG Polen RV/UV) berücksichtigt wurden. Die Zeit vom 8. Mai 1962 bis 31. Dezember 1964 wurde hingegen wegen der Verfallswirkung der Beitragserstattung nicht als Beitragszeit anerkannt.
Im Zuge einer Überprüfung des Versicherungsverlaufs stellte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 1998 die rentenrechtlichen Zeiten neu fest. Dabei wurden die polnischen Zeiten nicht mehr berücksichtigt. Die Beklagte führte dazu aus: „Als rentenrechtliche Zeiten werden abgelehnt: Die Zeit vom 05.11.1957 bis 24.11.1961 kann nicht berücksichtigt werden, weil wegen einer Beitragserstattung Ansprüche aus rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr hergeleitet werden können.” Sie verwies auf die Änderung der Rechtslage. Bis zum 30. Juni 1990 hätten in Polen zurückgelegte Zeiten auch nach einer nach deutschem Recht durchgeführten Beitragserstattung als Zeiten gemäß dem Abk Polen RV/UV anerkannt werden können, wenn die Erstattung vor Inkrafttreten dieses Abkommens am 1. Mai 1976 durchgeführt worden sei. Mit Inkrafttreten des Art 2 Abs 1 des AbkG Polen RV/UV am 1. Juli 1990 könnten Zeiten, die nach polnischen Rechtsvorschriften rechtserheblich sind, nur noch insoweit berücksichtigt werden, als auch das FRG eine Anerkennung zulasse; nach diesem Gesetz seien die fraglichen Zeiten jedoch nicht anrechenbar, weil die Verfallswirkung der Beitragserstattung anläßlich der Heirat auch die nach dem FRG anrechenbaren Zeiten betreffe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 1998 zurück, nachdem sie mit „Vorschußrentenbescheid” vom 21. Oktober 1998 der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. September 1998 – ebenfalls ohne Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Zeiten – gewährt hatte.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 19. März 1999; Urteil des LSG vom 14. September 1999). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 FRG sei wegen der Beitragserstattung nicht gegeben. Nach § 1303 Abs 7 RVO führe die Beitragserstattung zum Verlust aller Rechte aus den zuvor zurückgelegten Versicherungszeiten, also auch den Versicherungszeiten in Polen. Dem stehe der Feststellungsbescheid vom 2. November 1989 nicht entgegen. Denn die Beklagte habe diesen im Feststellungsbescheid vom 3. April 1998 auf der Grundlage von Art 38 RÜG idF des Art 14 Rü-ErgG konkludent aufgehoben. Gemäß Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV seien erstmals ab 1. Mai 1976 (Inkrafttreten des Abkommens) in Polen zurückgelegte Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellte Zeiten so zu berücksichtigen gewesen, als ob sie im Bundesgebiet zurückgelegt worden wären. Diese Zeiten seien also erst am 1. Mai 1976 existent geworden und daher von der Verfallswirkung der 1965 erfolgten Heiratserstattung zunächst nicht erfaßt worden. Mit Inkrafttreten des Art 20 RRG 1992 am 1. Juli 1990 sei Art 2 Abs 1 AbkG Polen RV/UV dahingehend geändert worden, daß nach polnischem Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigende Zeiten nur insoweit angerechnet werden könnten, als auch das FRG eine Anerkennung zulasse. Damit sei auf diese Zeiten nunmehr über das FRG auch § 1303 Abs 7 RVO anwendbar; die streitigen Zeiten seien also wegen der 1965 erfolgten Heiratserstattung nicht mehr zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere verletze Art 20 RRG 1992 nicht Art 3 GG, da damit lediglich eine durch die frühere Rechtslage entstandene Besserstellung des betroffenen Personenkreises vermieden werde und die für Personen mit Beitragszeiten im Beitrittsgebiet geschaffene Sonderregelung des § 286d Abs 2 SGB VI ihre Berechtigung darin finde, daß es sich um im Bundesgebiet zurückgelegte Beitragszeiten und nicht um Abkommenszeiten handele.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision wendet sich die Klägerin nur noch gegen den Vormerkungsbescheid, nicht mehr gegen den Vorschußrentenbescheid. Sie rügt eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG. Sie ist der Ansicht, es komme durch die im Zuge des Art 20 RRG 1992 erfolgte Neufassung des Art 2 Abs 1 AbkG Polen RV/UV zu einer Ungleichbehandlung gegenüber solchen Personen, die auch zu berücksichtigende Zeiten in Polen zurückgelegt hätten, aber bewußt oder willkürlich die Beitragserstattung nicht realisiert hätten. Diese Ungleichbehandlung sei willkürlich, da sie (die Klägerin) keine Möglichkeit gehabt habe, Vorteile aus den in Polen zurückgelegten Beitragszeiten zu ziehen. Sie sei insoweit gegenüber Personen, die Beitragszeiten nur im Bundesgebiet zurückgelegt hätten, benachteiligt. In den Motiven zu Art 20 RRG 1992 sei aber ausdrücklich festgehalten, die neue Fassung des Art 4 Abs 2 des Abkommens (richtig: des Art 2 Abs 1 AbkG Polen RV/UV) bewirke keine Schlechterstellung der erfaßten Personen. Die hier aufgetretene Fallkonstellation sei von den dort aufgeführten Beispielsfällen nicht umfaßt und möglicherweise nicht bedacht worden, wie auch das LSG in seiner Revisionszulassung angedeutet habe. Im übrigen sei die Rechtsänderung im Zeitpunkt der Beitragserstattung nicht vorhersehbar gewesen, und wegen § 286d Abs 2 SGB VI komme es zu einer Besserstellung von Personen, die Beiträge im Beitrittsgebiet geleistet hätten. Denn dieser Personenkreis werde von der Verfallswirkung nicht erfaßt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. September 1999 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19. März 1999 abzuändern sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 1998 zu verurteilen, die in Polen zurückgelegten Zeiten vom 5. November 1957 bis 24. November 1961 als rentenrechtliche Zeit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie teilt ergänzend mit, die Erstattungsakten aus dem Jahre 1965 seien nach maschineller Speicherung der Entscheidungsdaten bereits in den Jahren 1981/1982 vernichtet worden.
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung der in Polen vom 5. November 1957 bis 24. November 1961 zurückgelegten Versicherungszeiten.
1. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, hat die Beklagte ihren Feststellungsbescheid vom 2. November 1989 zu Recht gemäß Art 38 RÜG überprüft und als Folge der Überprüfung abgeändert. Denn Abkommenszeiten können nach der Änderung des Art 2 Abs 1 AbkG Polen RV/UV durch Art 20 RRG 1992 (vom 18. Dezember 1989, BGBl I 2261, in Kraft getreten am 1. Juli 1990: Art 85 Abs 6 RRG 1992) nur noch berücksichtigt werden, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem FRG erfüllen. Wie der erkennende Senat bereits mit Urteil vom 21. Februar 1996 (5 RJ 48/95 – SozR 3-2200 § 1303 Nr 5) ausgeführt hat, scheitert eine solche Anrechnung indessen an der Verfallswirkung der Beitragserstattung nach § 1303 Abs 7 RVO (jetzt § 210 Abs 6 SGB VI), die auch die – nicht erstattungsfähigen – Fremdrentenzeiten betrifft. Demgemäß erfaßt im Fall der Klägerin die Verfallswirkung der 1965 durchgeführten Beitragserstattung (§ 14 FRG, §§ 1304 Abs 3, 1303 Abs 7 RVO) auch die vor der Erstattung zurückgelegten, aber nicht erstattungsfähigen Zeiten nach dem FRG (vgl BSG Urteile vom 4. Oktober 1979 – 1 RA 83/78 – BSGE 49, 63 = SozR 2200 § 1303 Nr 14, vom 26. Juni 1980 – 5 RJ 126/78 – nicht veröffentlicht; vom 21. Februar 1996 – 5 RJ 48/95 – SozR 3-2200 § 1303 Nr 5 mwN). Die in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sind damit verfallen.
2. Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Bindungswirkung des früheren Feststellungsbescheides vom 2. November 1989 berufen. Denn die Beklagte war nach Art 38 RÜG idF des Art 14 Rü-ErgG berechtigt, diesen Bescheid durch den neuen Feststellungsbescheid vom 3. April 1998 zu ersetzen. Gemäß Art 38 Satz 1 RÜG vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606) sind Bescheide, die außerhalb einer Rentenbewilligung aufgrund des FRG Feststellungen getroffen haben, zu überprüfen, ob sie mit den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltenden Vorschriften des SGB VI und des FRG übereinstimmen. Beginnt die Rente nach dem 31. Juli 1991, ist die für diese Renten nach diesem Zeitpunkt maßgebende Fassung des SGB VI und des FRG von ihrem Beginn an auch dann anzuwenden, wenn der Feststellungsbescheid nach Satz 1 noch nicht durch einen neuen Feststellungsbescheid ersetzt ist (Satz 2 Halbsatz 1); der Feststellungsbescheid ist im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen der §§ 24 und 48 SGB X aufzuheben (Satz 2 Halbsatz 2 idF des Art 14 Rü-ErgG vom 24. Juni 1993, BGBl I 1038). Laut Art 38 Satz 3 RÜG sind die Sätze 1 und 2 entsprechend auch auf Feststellungsbescheide anzuwenden, die aufgrund des AbkG Polen RV/UV ergangen sind. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, daß die Bindungswirkung früherer Feststellungsbescheide nach dem FRG zwar nicht von Gesetzes wegen beseitigt wird, sondern der die Versicherungszeiten betreffende Feststellungsbescheid (spätestens) im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden soll, ohne daß die Voraussetzungen der Anhörung (§ 24 SGB X) und des Vertrauensschutzes (§ 48 SGB X) zu prüfen sind (vgl BSG Urteile vom 21. Februar 1996 – 5 RJ 48/95 – SozR 3-2200 § 1303 Nr 5, vom 16. Dezember 1997 – 4 RA 56/96 – und vom 29. April 1997 – 4 RA 25/96 – jeweils nicht veröffentlicht).
Die Beklagte hat zwar den früheren Bescheid vom 2. November 1989 nicht ausdrücklich aufgehoben oder geändert. In dem Feststellungsbescheid vom 3. April 1998 kommt aber die erforderliche Aufhebung, wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, konkludent zum Ausdruck. Eine Aufhebung früherer Bescheide muß nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen (vgl §§ 31 und 33 Abs 2 Satz 1 SGB X). Die hierfür geltenden Anforderungen (vgl BSG Urteile vom 16. Dezember 1997 – 4 RA 56/96 –, vom 29. April 1997 – 4 RA 25/96 – und vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 32/98 R –, jeweils nicht veröffentlicht) sind erfüllt. Aus den Formulierungen, Hinweisen und Auskünften des Bescheides vom 3. April 1998 kommt – für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger ebenso wie für die Klägerin – klar erkennbar zum Ausdruck, daß die Beklagte die im bislang einzigen Feststellungsbescheid vom 2. November 1989 festgestellte Zeit vom 5. November 1957 bis 24. November 1961 nicht mehr berücksichtigt, dieser Bescheid somit diesbezüglich keine Bindungswirkung mehr entfaltet.
3. Schließlich kann die Klägerin ihr Klagebegehren auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Sie kann insbesondere nicht verlangen, so gestellt zu werden, als sei keine Beitragserstattung erfolgt. Ein derartiger – von der Rechtsprechung entwickelter – Anspruch (vgl BSG Urteile vom 26. Juni 1980 – 5 RJ 126/78 – MittLVA Württ 1981, 169 f, vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 64/93 – SozR 3-2600 § 58 Nr 2, vom 5. April 2000 – B 5 RJ 50/98 R – zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen, jeweils mwN) setzt eine Pflichtverletzung der Beklagten voraus, die jedoch im vorliegenden Fall von der Klägerin bisher selbst nicht geltend gemacht worden ist und mangels entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte auch nicht angenommen werden kann. § 1303 Abs 7 RVO, auf den die Vorschrift über die Heiratserstattung verweist (§ 1304 Abs 3 RVO), besagt eindeutig, daß eine Erstattung weitere Ansprüche aus bisher zurückgelegten Versicherungszeiten – somit auch aus Zeiten nach dem FRG – ausschließt. Ob die Klägerin im Antragsformular oder im Bescheid vom 20. Juli 1965 auf diese gesetzliche Rechtsfolge besonders hingewiesen worden war, läßt sich aufgrund der zwischenzeitlichen Vernichtung der Erstattungsakten und mangels entsprechender Unterlagen der Klägerin nicht mehr klären. Wie sie im Berufungsverfahren mit Schreiben vom 2. Mai 1999 jedoch selbst vorgetragen hat, war sie seinerzeit aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, sich Beiträge von Mai 1962 bis Dezember 1964 erstatten zu lassen. Im Hinblick auf den Erstattungsbetrag (1.206,70 DM) sowie gemessen an den zu erstattenden und den hierdurch verfallenen Zeiten bestand auch kein krasses, die Erstattung als offenkundig unzweckmäßig darstellendes Mißverhältnis, so daß von daher die Beklagte ebenfalls keinen Anlaß hatte, von sich aus „spontan” auf die Verfallswirkung der Beitragserstattung auch für Versicherungszeiten nach dem FRG besonders hinzuweisen.
An einem konkreten Beratungsanlaß fehlte es auch während der durch § 282 SGB VI geschaffenen Möglichkeit zur Nachzahlung wegen Heirat erstatteter Beiträge (1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1995). Die Wahrnehmung dieser vom Gesetzgeber geschaffenen, bis 31. Dezember 1995 befristeten Möglichkeit wäre zwar offensichtlich zweckmäßig gewesen, jedoch ist der Versicherungsträger nicht gehalten, alle von dieser Möglichkeit betroffenen Versicherten zu ermitteln und individuell zu informieren (vgl BSG Urteile vom 16. Dezember 1993 – 13 RJ 19/92 – SozR 3-1200 § 14 Nr 12 – zur Beratungspflicht über die Änderungen durch das HBegleitG 1984 – und vom 5. April 2000 – B 5 RJ 50/98 R –, zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen).
4. Die von der Klägerin in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Nichtberücksichtigung der streitigen Zeiten vermag der Senat nicht zu teilen. Insbesondere verstößt die Änderung des AbkG Polen RV/UV durch Art 20 RRG 1992 nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz enthält die allgemeine Weisung an den Gesetzgeber, „Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden” zu behandeln. Dabei steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleichbehandelt ansehen will. Allerdings muß er die Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd und deshalb willkürlich ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur stets in bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll (vgl BVerfG Urteil vom 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – BVerfGE 84, 133, 157; Beschlüsse vom 15. Mai 1984 – 1 BvR 464/81 ua – BVerfGE 67, 70, 85 f und vom 23. März 1994 – 1 BvL 8/85 – BVerfGE 90, 236, 239 mwN; stRspr).
Wie das LSG in seiner Entscheidung bereits zutreffend ausgeführt hat, ging es dem Gesetzgeber bei der Neufassung des Art 2 Abs 1 AbkG Polen RV/UV durch Art 20 RRG 1992 um die Gleichstellung von Personen, die ihr Arbeitsleben in der Volksrepublik Polen verbracht haben, mit Personen, die ihr Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben. Es sollte sowohl eine Schlechterstellung als auch eine Besserstellung vermieden werden. Zu einer Besserstellung von Personen, die unter den Geltungsbereich des Abkommens fallen, kam es nach der früheren Fassung des Art 2 Abs 1 AbkG Polen RV/UV 1976 jedoch insoweit, als danach Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen Rentenversicherung in „entsprechender Anwendung” des FRG zu berücksichtigen waren. Dies führte, wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist (BT-Drucks 11/5530, S 68 zu Art 14a Nr 2 = Art 20 RRG), beispielsweise zu Besserstellungen bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten, Zeiten der Pflege eines kranken Kindes und Zeiten einer Ausbildung ohne Abschluß. Diese beispielhaft genannten Besserstellungen sind jedoch nicht abschließend aufgeführt. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit der Neufassung des Art 2 Nr 1 AbkG Polen RV/UV, wonach Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung „in Anwendung” des FRG zu berücksichtigen sind, künftig generell Besserstellungen im Verhältnis zu hiesigen Versicherten vermeiden (so ausdrücklich BT-Drucks aaO, S 29, 69). Die Neufassung des Art 2 Nr 1 AbkG Polen RV/UV erfaßt deshalb auch Fallgestaltungen – wie bei der Klägerin –, bei denen nach der ursprünglichen Auffassung der deutschen Rentenversicherungsträger die Verfallswirkung der Beitragserstattung nach § 1303 Abs 7 RVO nicht auf polnische Beitragszeiten bezogen wurde, weil diese erst mit Inkrafttreten des Abk Polen RV/UV am 1. Mai 1976 „existent” und anrechenbar geworden seien (so bereits Senatsurteil vom 21. Februar 1996 – 5 RJ 48/95 – SozR 3-2200 § 1303 Nr 5). Ob diese frühere Rechtsauffassung zutreffend war oder nicht, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls bedeutet die jetzige Fassung des Art 2 Nr 1 AbkG Polen RV/UV eine Gleichstellung mit hiesigen Versicherten, die ihr Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt haben und insbesondere auch mit Aus- und Übersiedlern aus anderen osteuropäischen Ländern, für die das FRG unmittelbar anwendbar war. Die Verfallswirkung einer Beitragserstattung gilt nunmehr ausnahmslos, sie erfaßt das Versicherungsverhältnis in seiner Gesamtheit und damit auch Ansprüche aus fremden Beitragszeiten ungeachtet dessen, daß die während dieser Zeit entrichteten Beiträge nicht erstattet worden sind (vgl BSG Urteil vom 4. Oktober 1979 – 1 RA 13/78 = BSGE 49, 63, 65 = SozR 2200 § 1303 Nr 14). Anders ausgedrückt: Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des Art 2 Nr 1 AbkG Polen RV/UV eine Rechtslage beseitigt, die ihrerseits eine Gruppe von Versicherten gegenüber anderen Versicherten erheblich begünstigte; dies ist auch unter Berücksichtigung des Eingliederungsprinzips, das Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV zugrunde liegt, weder sachlich ungerechtfertigt noch als willkürlich anzusehen.
Ein ausreichender sachlicher Grund für eine Differenzierung gegenüber den von der Klägerin in der Revisionsbegründung angesprochenen Personen, die sich im Gegensatz zur Klägerin die Beiträge nicht haben erstatten lassen, ist im übrigen gerade in der nicht erfolgten Erstattung zu sehen. Die Schlechterstellung gegenüber Personen, die Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben und bei denen eine Beitragserstattung nicht die sonst übliche Verfallswirkung der vorher geleisteten Beiträge hat (§ 286d Abs 2 SGB VI), ist ebenfalls sachlich gerechtfertigt. Denn diese Versicherten haben ihr Arbeits- und Berufsleben im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt. Deren versicherungsrechtliche Zeiten sind als in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegte und nicht lediglich „wie” deutsche Zeiten zu werten; deshalb wurden sie auch aus dem FRG herausgenommen (vgl BVerfG Beschluß vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143, 161; Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 33 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1).
Verfassungsrechtliche Bedenken greifen auch im Hinblick auf Art 14 GG nicht durch, denn die Klägerin hat als Zugehörige zu dem nach dem FRG berechtigten Personenkreis keine eigene Beitragsleistung zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung im Umfang der streitigen Zeiten erbracht (vgl BSG Urteile vom 21. Februar 1996 – 5 RJ 48/95 – SozR 3-2200 § 1303 Nr 5, vom 1. Dezember 1999 – B 5 RJ 26/98 R – BSGE 85, 161, 163 = SozR 3-5050 § 22 Nr 7). Die Personengruppe, die bereits vor dem 1. Juli 1990 Rentenleistungen erhalten hat und die sich bereits auf eine konkrete Höhe von Rentenleistungen eingestellt hat, hat der Gesetzgeber aus Gründen des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Vertrauensschutzes von der Neuregelung ausgenommen (Art 20 Nr 3 RRG 1992).
Die von der Klägerin geltend gemachte Nichtvorhersehbarkeit der durch die Beitragserstattung eingetretenen Rechtsfolgen verletzt schließlich auch nicht das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG). Denn im Zeitpunkt der Beitragserstattung 1965 konnte die Klägerin mangels Vorliegens eines Abkommens nicht darauf vertrauen, daß die vor der Erstattung in Polen zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten trotz der Beitragserstattung bei der Berechnung der Rente berücksichtigt würden; vielmehr war nach der damaligen Rechtslage von einem Verfall der vor der Erstattung in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten auszugehen. Dieser Zustand entsprach im Ergebnis dem nunmehr anzuwendenden Recht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen