Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung polnischer Abkommenszeiten nach Beitragserstattung in der deutschen Rentenversicherung. Rechtsänderung durch das RRG 1992. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Zur Berücksichtigung polnischer Abkommenszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach Änderung des RV/UVAbkPOLG durch Art 20 Nr 3 RRG 1992, wenn vor Inkrafttreten des RV/UVAbk POL eine Beitragserstattung nach deutschem Recht durchgeführt wurde.
2. Die Regelung des Art 20 Nr 3 RRG 1992 verstößt nicht gegen das GG.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von in Polen zurückgelegten Beitragszeiten vom 05. November 1957 bis 24. November 1961 streitig.
Die ... 1941 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie hat bis zum 15. Januar 1962 in Polen gelebt und dort vom 05. November 1957 bis 24. November 1961 als Wicklerin bei der Arbeitsgenossenschaft für Volkskunst "T" in M gearbeitet. Seit dem 16. Januar 1962 lebt die Klägerin -- die als Vertriebene nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 Bundesvertriebenengesetz (BVG) anerkannt ist -- in Deutschland. Sie war in der Zeit vom 08. Mai 1962 bis 31. Dezember 1964 im Bundesgebiet versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Bescheid vom 20. Juli 1965 sind ihr anläßlich ihrer Heirat antragsgemäß die Beiträge erstattet worden. Seitdem sind Beitragszeiten für die Kindererziehung des ... 1965 geborenen Sohnes F und des ... 1967 geborenen Sohnes G sowie 41 Monate Pflichtbeiträge für eine Pflegetätigkeit zurückgelegt worden.
Mit Bescheid vom 02. November 1989 stellte die Beklagte die von der Klägerin zurückgelegten Zeiten fest, wobei im Versicherungsverlauf nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen auch die Zeiten vom 05. November 1957 bis 24. November 1961 aufgeführt wurden.
Mit Feststellungsbescheid vom 03. April 1998 stellte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) die zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten erneut fest. Der Zeitraum vom 05. November 1957 bis 24. November 1961 wurde nicht mehr berücksichtigt, da wegen der durchgeführten Beitragserstattung Ansprüche aus rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr hergeleitet werden könnten. Nach der bis zum 30. Juni 1990 geltenden Rechtslage hätten in Polen zurückgelegte Zeiten auch nach einer nach deutschem Recht durchgeführten Beitragserstattung als Zeiten nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) anerkannt werden können, wenn die Erstattung vor Inkrafttreten dieses Abkommens am 01. Mai 1976 durchgeführt worden sei. Mit Inkrafttreten des Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA am 01.07.1990 könnten Zeiten, die nach polnischen Rechtsvorschriften rechtserheblich seien, nur insoweit berücksichtigt werden, als auch das Fremdrentengesetz (FRG) eine Anerkennung zulasse. Zum Zeitpunkt der für die Klägerin durchgeführten Erstattung seien die polnischen Zeiten als Zeiten nach dem FRG rechtserheblich gewesen und somit von der Verfallswirkung der Beitragserstattung erfaßt worden.
Mit dem am 22. April 1998 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihre Beitragserstattung habe vor dem 01. Mai 1976 stattgefunden, so daß die Zeiten in Polen nicht von der Verfallswirkung erfaßt sein dürften.
Mit Vorschußrentenbescheid vom 21. Oktober 1998 wurde der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. September 1998 gewährt. In dem anliegenden Versicherungsverlauf sind die Zeiten vom 05. November 1957 bis 24. November 1961 nicht aufgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 1998 wurde der Widerspruch der Klägerin gegen die Bescheide vom 03. April 1998 und 21. Oktober 1998 aus den im Bescheid vom 03. April 1998 genannten Gründen zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin sich darauf berufen, dienststreitigen Zeiten seien in dem zu ihrem Versicherungsverlauf ergangenen Bescheid vom 02. November 1989 anerkannt worden. Durch die jetzige Aberkennung der in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten sei sie in ihren Grundrechten, insbesondere Artikel 3 und 14 Abs. 1 und 3 Grundgesetz (GG) verletzt.
Mit Urteil vom 19. März 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ferner hat es der Klägerin Mutwillenskosten in Höhe von 250,-- DM auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht Bezug genommen auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1996 -- 5 RJ 48/95 -- (SozR 3-2200 § 1303 Nr. 5), in dem ausdrücklich festgestellt worden sei, daß Abkommenszeiten, die nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen aus dem Jahre 1976 in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar waren, nach der Änderung des Zustimmungsgesetzes durch Art. 20 des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 ab dem 01. Juli 1990 nur noch dann berücksichtigungsfähig seien, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem FRG erfüllten. Die Abkommenszeiten unterlägen damit nunmehr der Verfallswirkung nach erfolgter Beitragserstattung. Wie das BSG ausdrücklich festgestellt habe, gelte dies nach Art. 38 des Rentenüberleitungsgesetzes (R...