Leitsatz (amtlich)
1. Ein nach RVO § 538 pflichtversicherter Einzelhändler steht bei der Leistung von unternehmensfremden Gefälligkeitsdiensten für seine Stammkunden grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz, wenn die Gefälligkeit lediglich aus Anlaß der auf den Geschäftsbeziehungen beruhenden Bekanntschaft erwiesen wird. Für die Bejahung des Versicherungsschutzes genügt die Erwägung, daß Gefälligkeiten die Kundschaft erhalten, regelmäßig nicht; vielmehr ist hierfür grundsätzlich erforderlich, daß die Gefälligkeit als Kundendienst eng mit dem Einzelhandelsunternehmen zusammenhängt, also insbesondere in unmittelbarer Verbindung zu bestimmten Geschäftsabschlüssen steht.
2. RVO § 544 findet auf versicherte Unternehmer keine Anwendung.
3. Privatfahrten eines Unternehmers, die nicht unmittelbar den Zwecken des Unternehmens dienen, stehen auch dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie mit einem sonst überwiegend für Geschäftszwecke verwendeten Fahrzeug durchgeführt werden.
Normenkette
RVO § 538 Fassung: 1942-03-09, § 542 Fassung: 1942-03-09, § 544 Fassung: 1942-03-09, § 631 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Gebühren für die Berufstätigkeit des Rechtsanwalts ... und des Rechtsanwalts ... werden auf je DM ... festgesetzt.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Ehemann der Klägerin, der Gastwirt und Einzelhändler ..., war bei der Beklagten auf Grund ihrer Satzung in Verbindung mit § 538 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) pflichtversichert. Am späten Abend des 10. März 1953 baten ihn fernmündlich die Eheleute ..., die zu seinen Stammkunden gehörten, mit dem Zuge aus ... zurückgekehrt waren und vom Bahnhof ... aus vergeblich sich um ein Mietauto bemüht hatten, er möge sie mit seinem Personenkraftwagen nach Hause befördern. Er entsprach dieser Bitte, holte mit seinem Kraftwagen, den er sonst auch zu Geschäftsfahrten benutzte, die Eheleute vom Bahnhof ab und fuhr mit ihnen zu ihrem Bauernhof nach .... Die zur Mitfahrt aufgeforderte Klägerin nahm an der Fahrt nicht teil. Als der Ehemann der Klägerin von ... aus die Heimfahrt antreten wollte, versagte die Steuerung seines Wagens. Nach stundenlangem vergeblichen Bemühen, den Wagen wieder fahrbereit zu machen, begab sich der Ehemann der Klägerin nachts gegen 2,30 Uhr zu Fuß bei völliger Dunkelheit und Schneetreiben auf den Heimweg nach dem etwa 2 km entfernten Dorf .... Er hatte hierbei eine Bahnlinie zu überqueren. Am Morgen des 11. März 1953 wurde seine Leiche, mehrfach überfahren, etwa 300 m nördlich des Bahnübergangs auf den Schienen gefunden.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Hinterbliebenenentschädigung ab, weil die Fahrt nach ... von vornherein als Gefälligkeitsleistung nicht im Zusammenhang mit dem Unternehmen gestanden habe. Der Versicherungsschutz entfalle aber auch deshalb, weil der Ehemann der Klägerin nachher den direkten Heimweg aus offenbar betriebsfremden Gründen verlassen habe.
Das Oberversicherungsamt ... wies die Berufung der Klägerin zurück. Ihr hiergegen gemäß § 27 Buchst. c der Verordnung Nr. 165 (Verwaltungsgerichtsbarkeit in der britischen Zone) eingelegtes weiteres Rechtsmittel ging nach § 215 Abs. 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Berufung auf das Landessozialgericht (LSGer.) ... über. Das LSGer. setzte Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme auf den 18. Mai 1954 fest; die Beteiligten wurden hiervon (unter Hinweis auf §§ 110, 126, 127 SGG) benachrichtigt und über die beabsichtigte Vernehmung der Zeugin ... unterrichtet. Wegen Erkrankung der Zeugin beantragte die Klägerin die Aufhebung des Termins. Das LSGer, wies jedoch am 18. Mai 1954 die Berufung der Klägerin zurück. Es unterstellte hierbei, daß die Zeugin ... ihre bereits schriftlich vorliegenden Erklärungen auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt haben würde. In den Entscheidungsgründen (vgl. BG 1954 S. 446) verneinte das LSGer. den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unternehmen und der zum Unfall führenden Autofahrt. Dem Schutz der Unfallversicherung unterstehe zwar - ohne Beschränkung auf fachlich-technische Tätigkeiten - jede Unternehmertätigkeit, die dem Betrieb wesentlich diene, gleich an welcher Stelle des Betriebs sie verrichtet werde. Die Personenbeförderung liege jedoch nicht im üblichen betrieblichen Rahmen eines Einzelhandels- und Gastwirtunternehmens, sondern entspreche der betrieblichen Sphäre eines Fuhrunternehmens. Das auf Bescheinigung des Bürgermeisters, des Einzelhandelsverbandes und der Zeugin ... gestützte Vorbringen der Klägerin, derartige Gefälligkeitsleistungen seien ortsüblich und für die Geschäftsleute zur Erhaltung ihrer ländlichen Kundschaft notwendig, könne nicht dazu führen, betriebsfremde Gefälligkeitsleistungen als Ausfluß der betrieblichen Tätigkeit eines Kaufmanns anzusehen. Die in den Bescheinigungen aufgeführten Beispiele - Fahrten zu Hochzeiten, Kindtaufen, Begräbnissen und dergleichen - hingen insofern eng mit der Einzelhandelstätigkeit zusammen, als mit diesem Kundendienst auch regelmäßig eine Warenlieferung verbunden sei. Die Gestellung des Fahrzeugs sei hierbei unter Umständen eine Art "Draufgabe". Wo aber, wie vorliegend, solche enge Verbindung zwischen Handelsunternehmen und Kundendienst fehle, könne die Gefälligkeitsleistung nicht mehr dem Versicherungsschutz unterstellt werden. Gegen einen Zusammenhang der Autofahrt mit dem Unternehmen spräche auch das Bemühen der Eheleute ..., zunächst ein Mietauto zu bestellen, sowie der Versuch des Ehemannes der Klägerin, seine Frau zur Mitfahrt zu veranlassen. Der Versicherungsschutz sei auch nicht aus entsprechender Anwendung des § 544 RVO herzuleiten. Selbst bei anderer rechtlicher Beurteilung der unfallbringenden Autofahrt sei der ursprünglich gegebene Versicherungsschutz infolge Unterbrechung des Kausalzusammenhangs zwischen der Fahrt und den zum Tode führenden Bedingungen zu verneinen: Nach den Ermittlungen der Kriminalpolizei sei anzunehmen, daß der Ehemann der Klägerin den direkten Heimweg verlassen habe, um noch die Bahnhofswirtschaft ... aufzusuchen. Für die Behauptung der Klägerin, ihr Ehemann sei infolge seiner Kurzsichtigkeit, des schlechten Wetters und der Dunkelheit von dem nach Hause führenden Fahrweg abgekommen und so unversehens an die Unfallstelle geraten, spreche keine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Das LSGer. hat die Revision zugelassen, ohne dies näher zu begründen.
Gegen das am 19. Juli 1954 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. August 1954 Revision eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidungen die Beklagte zur Gewährung von Sterbegeld und Hinterbliebenenrente zu verurteilen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das LSGer. zurückzuverweisen. In der am 14. September 1954 beim Bundessozialgericht ( BSGer .) eingegangenen Revisionsbegründung, in weiteren Schriftsätzen sowie in den Ausführungen während der mündlichen Verhandlung rügt sie folgendes:
Das LSGer. habe den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der gewerblichen Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin und seiner zum Unfall führenden Autofahrt verkannt. Eine so enge Verbindung zwischen Kundendienst und Handelsbetrieb, wie sie das LSGer. voraussetze, sei für die Anerkennung des Versicherungsschutzes nicht geboten. Vielmehr müsse auch eine mittelbare Förderung der Betriebszwecke durch den Kundendienst als ausreichend anerkannt werden. Das LSGer. habe die ländlichen Verhältnisse nicht genügend gewürdigt, unter denen sich der Einzelhändler oder Gastwirt der gelegentlichen Kundenbeförderung mit seinem Wagen nicht entziehen könne. Das Revisionsgericht möge auch die Anwendbarkeit des § 544 RVO auf versicherte Unternehmer prüfen. Zur Hilfsbegründung des angefochtenen Urteils macht die Revision geltend, das LSGer. habe seiner Pflicht zur Sachaufklärung nicht genügt: Zur Klärung der zum tödlichen Unfall führenden Vorgänge seien eine Ortsbesichtigung und die Vernehmung des Bahnwärters erforderlich gewesen. Die Übergehung des von der Klägerin gestellten Vertagungsantrages verstoße gegen §§ 127, 62 SGG.
Die Beklagte beantragt, die Revision zu verwerfen, hilfsweise, sie zurückzuweisen. Sie hält die Revision für unzulässig, weil die nicht mit Gründen versehene Zulassung unbeachtlich sei; die Revisionsrügen nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 SGG seien nicht schlüssig. Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin bestehe auch nicht etwa deshalb, weil die zum Unfall führende Fahrt mit einem Kraftwagen ausgeführt worden sei, der sonst zu Betriebszwecken Verwendung gefunden habe. Die von der Klägerin behaupteten "ortsüblichen" Gepflogenheiten seien kein nachprüfbares Recht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG. Die Verfahrensrügen der Klägerin seien unbegründet.
Die Revision ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt, jedoch unbegründet.
Der Senat hatte keine Bedenken, mit dem LSGer. die grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtsfragen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zu bejahen. Deshalb kam es nicht darauf an, ob und inwieweit das Revisionsgericht in der Lage ist, die vom Vorderrichter ausgesprochene Zulassung der Revision nachzuprüfen (vgl. BSG 1 S. 104 ff.; Haueisen in Sgb 1955 S. 1). Daß das LSGer. die Revisionszulassung nicht begründet hat, ist unerheblich, weil das Gesetz hierfür eine Begründung nicht vorschreibt (Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 162, Anm. 1; Hastler, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, § 150, Anm. I, 3; BArbGer . in NJW 1955 S. 1335).
Der Senat hatte die Frage zu entscheiden, ob der Ehemann der Klägerin auf der Unglücksfahrt unter Versicherungsschutz stand. Nach Lage des Falles wäre der Versicherungsschutz nur denkbar als Auswirkung der eigenen Unternehmenssphäre des Einzelhändlers und Gastwirts .... Der Versicherungsschutz kann nicht etwa aus dem Betrieb des Landwirts ... hergeleitet werden, denn dieser übte bei der Rückkehr von seiner Reise nach Bremen keine Betriebstätigkeit aus, andererseits betätigte sich der Ehemann der Klägerin mit dem Fahren seines eigenen Kraftwagens den Eheleuten ... gegenüber auch nicht "wie ein versicherter (Arbeitnehmer)". Zu Ausführungen bezüglich der Anwendbarkeit des § 537 Nr. 10 RVO gibt also der vorliegende Sachverhalt keinen Anlaß.
Verrichtungen, die ein pflichtversicherter Unternehmer nicht unmittelbar im Betrieb, sondern nebenher, zur mittelbaren Förderung des Unternehmens vornimmt (z. B. Werbung, Kundendienst, Pflege des geschäftlichen Ansehens), können nach Auffassung des Senats dem Schutz der Unfallversicherung unterstehen. Insoweit hat schon das Reichsversicherungsamt (RVA) (EuM. Bd. 20 S. 74) festgestellt, der Begriff des Betriebes umfasse auch alle Handlungen und Maßnahmen, die durch das äußere Dasein des Betriebes und seine Beziehungen zum öffentlichen Leben für den Betrieb als solchen veranlaßt sind. Die damals noch geltende Beschränkung auf den "technischen" oder "fachlichen" Teil des Betriebes (vgl. hierzu auch EuM. Bd. 23 S. 354) hat freilich nach dem Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9.3.1942 ihre Bedeutung verloren. Diesen Standpunkt vertritt auch mit Recht der Vorderrichter gegenüber einigen abweichenden Entscheidungen aus neuerer Zeit, denen allerdings zum Teil anders geartete Sachverhalte zugrunde lagen, deren Leitsätze aber doch zu Bedenken Anlaß geben (vgl. Bayer. LSGer. in Breithaupt 1954 S. 1014 = BG. 1955 S. 41 = Betriebsberater 1954 S. 776; Bayer. LSGer. in BetrBer. 1955 S. 641; LVAmt Württemberg-Baden in Soz. rechtl. Entsch. Samml. IV § 542 - a - Nr. 22; a. M. zutreffend Teutsch "Die Versicherung der Unternehmer und unternehmerähnlichen Personen gegen Arbeitsunfälle in der Sozialversicherung" in "Schriftenreihe des Instituts für Versicherungswissenschaft an der Universität Köln", N. F. Heft 12 S. 154; Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl. April 1955, S. 65, Anm. II g) bb); Spiecker in BetrBer. 1955 S. 642).
Sind somit nach dem Wegfall der erwähnten Beschränkung auch "unternehmensfremde" Tätigkeiten eines versicherten Unternehmers grundsätzlich nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, so bleibt aber zwingendes Erfordernis für eine Anerkennung des Versicherungsschutzes die innere Beziehung der Tätigkeit zu dem Unternehmen. Hierfür hat das RVA den Begriff der wesentlich mitwirkenden, rechtlich beachtlichen Ursache aufgestellt (Grunds. Entsch. Nr. 2690 An. 1914 S. 411). Von ihm ist auch heute noch auszugehen. Aus dem Unternehmen herzuleitende Umstände müssen also immer ein wesentliches Glied in der Reihe derjenigen Ursachen bilden, die beim Zustandekommen des Unfalls zusammengewirkt haben.
Eine Abgrenzung des Versicherungsschutzes nach diesem Maßstab mag allerdings gerade bei einem Unternehmer wie dem Ehemann der Klägerin nicht leicht zu finden sein. Einzelhändler, Gastwirte und Geschäftsleute ähnlicher Branchen müssen vielfach zwecks Gewinnung, Aufrechterhaltung oder Erweiterung ihres Kundenkreises in der lokalen Öffentlichkeit hervortreten. Solche Geschäftsleute treten aus diesen Gründen auch oft in persönliche Beziehungen zu den Bewohnern ihrer Nachbarschaft oder Gemeinde. Die Klägerin betont auch nicht mit Unrecht, daß, wie dies allgemeinkundig ist, in dieser Hinsicht die Verhältnisse auf dem flachen Lande anders gestaltet sind als in den Städten.
Die Ausführungen des Vorderrichters zur Abgrenzung des Versicherungsschutzes sind jedoch nach Ansicht des Senats überzeugend. Sie ergeben auch für ländliche Verhältnisse die im Regelfall richtige Trennungslinie zwischen einer wesentlich mit dem Unternehmen zusammenhängenden Unternehmertätigkeit und dem Bekunden allgemeinmenschlicher Hilfsbereitschaft, wie sie vielfach auch durch das dörfliche Zusammenleben ausgelöst werden mag. Bei unternehmensfremden Gefälligkeitsdiensten, die ein auf dem Lande tätiger Einzelhändler oder Gastwirt seinen guten Kunden erweist, muß zur Bejahung des Versicherungsschutzes die Gefälligkeit als Kundendienst eng mit dem Einzelhandelsgeschäft oder der Gastwirtschaft zusammenhängen, insbesondere in unmittelbarer Verbindung zu bestimmten (kurz zuvor getätigten oder bald bevorstehenden) Geschäftsabschlüssen stehen. Würde man den Rahmen weiter ziehen und den Versicherungsschutz auch für solche unternehmensfremden Gefälligkeitsleistungen anerkennen, die lediglich aus Anlaß der auf den Geschäftsbeziehungen beruhenden Bekanntschaft erwiesen werden - wobei also die allgemeine Erwägung des Kaufmanns, daß Gefälligkeiten die Kunden erhalten, als ausschlaggebend erachtet würde -, so wäre in der Tat, wie der Vorderrichter zutreffend ausführt, eine klare Scheidung von Unternehmertätigkeit und privaten Handlungen unter Menschen, die auch geschäftliche Beziehungen unterhalten, kaum noch möglich. Dann wäre es auch - je nach den landschaftlichen Gepflogenheiten - unter Umständen geboten, die Betätigung des Unternehmers in Vereinen und Gesellschaften verschiedenster Art, seine Teilnahme an lokalen geselligen Veranstaltungen und dergleichen mehr als Auswirkung des Unternehmens unter Versicherungsschutz zu stellen, zumal da der werbende Erfolg solcher Betätigung oft erheblich sein mag. Derartige Konsequenzen wären aber mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vereinbar. Auch die Versicherung des Unternehmers kann nur eine Versicherung gegen "Arbeitsunfälle" sein. Zwar kann für ihn, stärker als für einen Arbeitnehmer, die Leistung von Gefälligkeitsdiensten für seine Mitmenschen - insbesondere Kunden oder Nachbarn - von dem Bestreben getragen sein, seinem Unternehmen einen guten Ruf zu schaffen oder zu erhalten; der für den Versicherungsschutz erforderliche wesentliche Zusammenhang mit dem Unternehmen ist aber nicht mehr gewahrt, wenn die oben dargelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die hier getroffene Abgrenzung geht - entsprechend der Entwicklung der Gesetzesvorschriften und des Wirtschaftslebens - insofern über die frühere Rechtsprechung des RVA zu Gefälligkeitsverrichtungen von selbständigen Gewerbetreibenden (vgl. RVO Mitgl. Komm. Bd. III 2. Aufl. S. 44, S. 217 f. nebst den dort zitierten Entscheidungen) hinaus, als nicht mehr gefordert wird, daß die Gefälligkeit "fachlich" dem Unternehmen zuzurechnen ist. Sie trägt andererseits dem zur Gewährung des Versicherungsschutzes unentbehrlichen Ursachenbegriff Rechnung und bildet ferner für versicherte Unternehmer das notwendige Korrelat zu einer Auslegung des § 537 Nr. 10 RVO, welche den Versicherungsschutz bei solchen Gefälligkeitsleistungen abgrenzt, die jemand für ein anderes Unternehmen wie ein versicherter Arbeitnehmer leistet. Der Senat findet schließlich eine Bestätigung seiner Ansicht auch in den Entscheidungen des Bayerischen LSGer. (Breithaupt 1954 S. 584; 1955 S. 243) und des Hessischen LSGer. (Breithaupt 1955 S. 925). In diesen Entscheidungen wird es für den Versicherungsschutz von Nebenverrichtungen des Unternehmers ebenfalls darauf abgestellt, daß ein enger Zusammenhang mit der einzelnen betrieblichen Arbeit besteht.
Dem Vorderrichter ist auch darin beizupflichten, daß § 544 RVO auf versicherte Unternehmer keine Anwendung findet. Schon das RVA. hat zu dem dieser Vorschrift entsprechenden damaligen § 546 RVO festgestellt (BG. 1922 S. 84; RVO Mitgl. Komm. Bd. III 2. Aufl. S. 87), der Wortlaut der Vorschrift schließe es aus, daß ein Unternehmer sich selbst zu anderen Diensten "heranziehen" könne. § 544 RVO läßt klar erkennen, daß er lediglich den Schutz des Arbeitnehmers bezweckt, der sich Weisungen seines Arbeitgebers nicht entziehen kann. Die Vorschrift kann infolgedessen nicht in den von der Klägerin angedeuteten rechtlichen Zusammenhang mit den §§ 542, 538 RVO gebracht werden. Bei Anwendbarkeit des § 544 RVO würde ein versicherter Unternehmer wegen jeder eigenwirtschaftlichen Tätigkeit versichert sein (LVAmt Württemberg-Baden in Breithaupt 1952 S. 557 ff, insbesondere S. 560); für die deshalb von der Klägerin vorgeschlagene einschränkende Auslegung bietet aber der Gesetzeswortlaut keinerlei Stütze.
Schließlich ist der Versicherungsschutz auch nicht deswegen gegeben, weil der Kraftwagen, mit dem der Ehemann der Klägerin die zum Unfall führende Gefälligkeitsfahrt antrat, sonst für Geschäftszwecke verwendet wurde. Zwar hat das RVA. für die Zeit vor 1942 den Versicherungsschutz bejaht, auch wenn das Betriebsfahrzeug zu reinen Privatfahrten benutzt wurde (zu vgl. EuM. Bd. 29 S. 18, Bd. 37 S. 438, Bd. 49 S 133). Diese Rechtsprechung beruhte aber darauf, daß nach der damaligen Gesetzesfassung (§ 537 Abs. 1 Nr. 7 RVO) die Fahrzeughaltung unter allen Umständen der Unfallversicherung unterlag. Seit dem Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9.3.1942 ist diese Rechtsgrundlage entfallen. Nunmehr sind an Stelle einzeln aufgezählter Betriebsarten und Tätigkeiten bestimmte Personengruppen versichert, und zwar nur bei der Arbeit oder einer der Arbeit gleichgestellten Tätigkeit, nicht dagegen bei privater (eigenwirtschaftlicher) Tätigkeit (vgl. Jantz in AN. 1942 S. II 209). Die Benutzung von Betriebseinrichtungen, wie z. B. Kraftfahrzeugen, kann hiernach für sich allein nicht mehr den Ausschlag geben bei der Entscheidung der Frage, ob die Tätigkeit jeweils mit der Arbeit zusammenhängt oder privater Natur ist. Auch bei der Benutzung eines im allgemeinen den Geschäftszwecken dienenden Fahrzeugs kommt es also darauf an, ob die Fahrt im Einzelfall mit der versicherten Tätigkeit im Unternehmen rechtlich im Zusammenhang steht. Nach dem Wegfall des § 537 Abs. 1 Nr. 7 RVO a. F. ist die heute noch weiter geltende Vorschrift des § 631 Abs. 3 RVO nicht geeignet, schlechthin einen Versicherungsschutz für Privatfahrten von Unternehmern zu begründen (vgl. Kersten in BG. 1954 S. 396; OVA. München und Bayer. LSGer. in BetrBer. 1955 S. 641; Spiecker in BetrBer. 1955 S. 642; a. M. Teutsch a. a. O., S. 152 f).
Da die angefochtene Entscheidung sich schon aus rechtlichen Gründen als zutreffend erweist, kommt es auf die in ihr gegebene Hilfsbegründung und die damit verbundene Beweiswürdigung nicht mehr an. Der Senat brauchte daher insoweit auf die Revisionsrügen nicht einzugehen.
Die Revision mußte hiernach als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung und die Festsetzung der Gebühren für die Prozeßbevollmächtigten und Beteiligten beruhen auf §§ 193, 196 SGG.
Fundstellen