Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgung nach dem SVG
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Freie und Hansestadt Hamburg |
1. Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch a) Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung, Wilhelmshaven, Gökerstraße 14, b) Wehrbereichsverwaltung III, Düsseldorf 30, Wilhelm-Raabe-Straße 46, c).. |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der Kläger begehrt Versorgung ab Juli 1980 wegen der Folgen eines Verkehrsunfalles, den er während seines Grundwehrdienstes am 11. September 1979 abends erlitt. Die Unfallfolgen sind als Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von 80 vH anerkannt. Der Kläger verunglückte als Beifahrer in einem Pkw, den der dabei ums Leben gekommene Unteroffizier R, ein Soldat auf Zeit, gesteuert hatte. Beide befanden sich auf der Rückfahrt zu ihrer Kaserne in W. von einem Vortrag über "Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten für Fachkräfte in der elektronischen Datenverarbeitung und in der Computertechnik", der außerhalb der Dienstzeit in der Bundeswehrfachschule in Oldenburg stattfand. Er wurde als "Fachvortrag für Interessenten an EDV-Berufen" in der Bundeswehr mit Eignungsprüfung vom Berufsförderungsdienst (BFD) des Kreiswehrersatzamtes Oldenburg organisiert, für die Bundeswehr kostenlos, nach der schriftlichen Ankündigung des C. Instituts der C. GmbH F. , die den Vortrag abhielt, vom BFD auch veranstaltet. Der BFD hat die 32 Teilnehmer, überwiegend Zeitsoldaten und einige Wehrpflichtige, die sich auf seine Mitteilung gemeldet hatten, durch "Sammeleinweisung" in die Veranstaltung "eingewiesen" und zur regelmäßigen Beteiligung an den anschließenden fortlaufenden Veranstaltungen verpflichtet. Es wurde ihnen auch ein Fahrkostenzuschuß in Aussicht gestellt, sofern die Einheit keine Dienst-Kraftfahrzeuge zur Verfügung stellte. Der Kompaniechef des Klägers teilte dem Wehrgebührnisamt mit, die Teilnahme sei aus dienstlichen Gründen erwünscht gewesen und von Vorgesetzten unterstützt und genehmigt worden.
Die beigeladenen Unfallversicherungsträger haben Leistungen aus der Unfallversicherung abgelehnt. Im anschließenden Rechtsstreit ist das Berufungsverfahren ausgesetzt worden, bis im Versorgungsstreit entschieden ist.
Nachdem das Wehrbereichsgebührnisamt das Verfahren ohne Entscheidung beendet hatte, lehnte die Beklagte den Versorgungsantrag des Klägers vom April 1981 ab, weil die Teilnahme an der Veranstaltung als Maßnahme iS des § 7 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) nicht mit dem Wehrdienst des Klägers zusammengehangen habe (Bescheid vom 22. Mai 1981). Klage und Berufung haben keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts vom 8. Dezember 1987, Urteil des Landessozialgerichts [LSG] vom 24. Januar 1991). Das Berufungsgericht hat die Teilnahme an der Vortragsveranstaltung, für die dem Kläger als Wehrpflichtigen keine Berufsförderung zugestanden habe, nicht als versorgungsrechtlich geschützte Wehrdienstverrichtung (§ 81 Abs 1 SVG) und auch nicht den Vortrag als mit dem Wehrdienst zusammenhängende, ihm gleichgestellte "dienstliche Veranstaltung" gewertet. Die formularmäßige Pflicht zur Beteiligung habe noch nicht für die vorgeschaltete Vortragsveranstaltung zugetroffen. Der Kläger habe nicht dienstlich teilnehmen müssen. Deshalb sei er nicht auf einer Dienstreise verunglückt, und deshalb habe seine Fahrt zur Kaserne nicht mit dem Dienst zusammengehangen (§ 81 Abs 4 SVG). Die freiwillige Teilnahme sei auch nicht diensteigentümlichen Verhältnissen zuzurechnen. Selbst wenn die Zeitsoldaten auf der Fahrt versorgungsrechtlich geschützt gewesen wären, verstoße der Ausschluß des Klägers nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Der Kläger rügt mit der - vom LSG zugelassenen - Revision eine Verletzung der §§ 80 und 81 SVG. Er wertet den Informationsvortrag als dienstliche Veranstaltung unter Berücksichtigung diensteigentümlicher Verhältnisse. Eine solche Veranstaltung könne im Rahmen der Berufsförderung auch für Wehrpflichtige organisiert werden. Nach der Anmeldung hätten jedenfalls trotz der Freiwilligkeit dienstliche Verhältnisse den Ablauf geprägt.
Der Kläger beantragt,
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unter Änderung der Urteile der Vorinstanzen und unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ab Juli 1980 wegen näher bezeichneter Gesundheitsstörungen Versorgung dem Grunde nach gemäß dem SVG zu gewähren, |
hilfsweise,
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die Sache an das LSG zur weiteren Aufklärung zurückzuverweisen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Ebenso wie die Beklagte treten die Vertreter der beigeladenen Bundesrepublik in Übereinstimmung mit dem Bundesverteidigungsminister der Rechtsauffassung des LSG bei. Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag des Klägers an.
II
Die Revision des Klägers ist begründet.
Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Vorinstanzen hat der Kläger wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der am 11. September 1979 erlittenen Unfallverletzung, einer Wehrdienstbeschädigung, einen Anspruch auf Versorgung entsprechend den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes [BVG] (§ 80 Satz 1 SVG in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 18. Februar 1977 - BGBl I 337 -). Die gesundheitliche Schädigung wurde durch einen Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes verursacht und war deshalb eine Wehrdienstbeschädigung gemäß § 81 Abs 1 SVG. Als Wehrdienst in diesem Sinne gilt ua das Zurücklegen des mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weges. Seine Fahrt hing deshalb mit seinem Wehrdienst zusammen, weil zum Wehrdienst im Sinn dieser Vorschrift auch die Teilnahme eines Soldaten an einer "dienstlichen Veranstaltung" gehört (§ 81 Abs 3 Nr 3 SVG); eine solche, von der der Kläger kam und die daher den Zweck der Fahrt bestimmte (BSG SozR Nr 8 zu § 4 BVG), war die EDV-Informationsveranstaltung in der Oldenburger Berufsfachschule der Bundeswehr. Durch diesen funktionalen Zusammenhang mit dem Wehrdienst wurde die Fahrt aus dem Freizeitbereich, der grundsätzlich die nicht versorgungsrechtlich geschützte Privatwelt des Soldaten umfaßt (BSG SozR 3200 § 81 Nrn 30 und 31; 3200 § 85 Nr 5; Urteil des Senats vom 13. März 1985 - 9a RV 36/83 -), herausgelöst und dem Versorgungsschutz des SVG unterstellt. Die Beklagte hat zu Recht dem Umstand besondere Bedeutung zugemessen, ob die Informationsveranstaltung privatwirtschaftlichen oder dienstlichen Zwecken gedient hat. Denn nach bisheriger Rechtsprechung ist nicht jegliche Fahrt aus der Freizeit zur Kaserne dem Dienst zuzurechnen (BSGE 12, 78 = SozR Nr 44 zu § 1 BVG; SozR 3100 § 1 Nr 36; 3200 § 81 Nr 12, 24, 25), ob dies für Wehrpflichtige ausnahmslos gilt, braucht nicht entschieden zu werden; denn die Fahrt, bei der der Kläger verunglückte, wurde vom Dienst bestimmt.
Was unter "dienstlichen Veranstaltungen" iS der Vorschrift zu verstehen ist, erklärt sich aus der Abgrenzung zum Dienstbereich im engeren Sinn (§ 81 Abs 1 SVG, § 1 Abs 1 BVG) und aus der geschichtlichen Entwicklung der einschlägigen Vorschriften (ebenso für Angehörige des bis 1945 geleisteten militärischen oder militärähnlichen Dienstes - §§ 2 und 3 BVG - für einen Versorgungsanspruch nach dem BVG: § 4 Abs 1 Buchstabe d BVG idF seit dem 2. Neuordnungsgesetz vom 21. Februar 1964 - BGBl I 65 -; für Beamte für die Unfallfürsorge: § 135 Abs 2 Nr 3 Bundesbeamtengesetz vom 14. Juni 1953 - BGBl I 551 - und § 31 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Beamtenversorgungsgesetz vom 24. August 1976 - BGBl I 2485 -).
Dienst im engeren Sinne leistet der Soldat durch Erfüllung der militärischen Pflichten nach entsprechenden Grundsätzen und Vorschriften sowie auf besonderen Befehl hin im üblichen militärischen Befehls- und Gehorsamsverhältnis, in der Bundeswehr als Übung für die Erfüllung des Verteidigungsauftrages (§ 87a Grundgesetz [GG], § 7 Soldatengesetz idF vom 19. August 1975 - BGBl I 2273 - / 30. Juli 1979 - BGBl I 1301 -; Urteil des Senats in SozR 3200 § 85 Nr 5 und Urteile des Senats in BSGE 54, 76, 77 = SozR 3200 § 81 Nr 17 und vom 13. Dezember 1984 - 9a RV 17/83 -; zur Erweiterung infolge militärischer Organisation: BSG SozR 3200 § 85 Nr 5). Zwischen diesem Dienstbereich im engeren Sinn und der Freizeit liegen die "dienstlichen Veranstaltungen" der Bundeswehr; sie hängen mit jenem soldatischen Dienst zusammen, dienen dienstlichen Interessen und sind durch organisatorische Maßnahmen sachlicher und personeller Art in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen; auf eine Teilnahmepflicht kommt es nicht an (später geregelt in Verwaltungsvorschriften [VV] 81.3.3 Satz 1 zu § 81 SVG idF vom 11. August 1981 - Bundesanzeiger Nr 151 vom 18. August 1981 -; für Exerzitien und Rüstzeiten im Rahmen der Militärseelsorge: RdSchr des BMA, BVBl 1962 S 45 Nr 30; für den Besuch der Partnerstädte von Schiffen und Booten der Kriegsmarine: RdSchr des BMA, BVBl 1966 S 106 Nr 54; für Gottesdienstbesuch mit geschlossenem An- und Abmarsch oder Benutzung von Dienstfahrzeugen auf Befehl: RdSchr des BMA, BVBl 1975 S 15 Nr 8). "Dienstliche Veranstaltungen" müssen von der Bundeswehr als Dienstherrin für ihre Angehörigen, im Bereich der Streitkräfte für die Soldaten, im dienstlichen Interesse veranstaltet, dh angeboten sein; die Freiwilligkeit der Teilnahme schließt den Bezug zum Dienst nicht aus. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben.
Was sich inhaltlich zum Gegenstand "dienstlicher Veranstaltungen" eignet, läßt sich vor allem aus der geschichtlichen Entwicklung erklären. Vorläufer dieses angegliederten vorsorgungsrechtlich geschützten Bereiches war - ebenso wie im Beamtenrecht - die Beschränkung auf Gemeinschaftsveranstaltungen, insbesondere von Dienstvorgesetzten organisierte "Kameradschaftsabende" und Betriebssport, jeweils bis 1945 veranstaltet von der Wehrmacht, seit 1956 von der Bundeswehr (§ 107 Abs 2 Satz 2 Deutsches Beamtengesetz in der Bundesfassung vom 30. Juni 1950 - BGBl I 279 -; jetzt Satz 2 der VV 81.3.3 zu § 81 SVG; BSG SozEntsch SVG BSG IX/4 § 27 Nr 1; BSGE 8, 264, 267 ff = SozR Nr 32 zu § 1 BVG; BSG SozR Nr 1 zu § 81 SVG 1957). Nach dem Vorbild der gesetzlichen Unfallversicherung (BSGE 68, 200 = SozR 3-2200 § 548 Nr 10) verlangt die Rechtsprechung für die Zuordnung solcher Veranstaltungen zum Dienst im weiteren Sinn sowohl eine "materielle Dienstbezogenheit" als eine "formelle" Organisation durch den Dienstherrn oder einen von ihm Beauftragten (zum Beamtenrecht: BVerwGE 81, 265, 266 f; BVerwG Buchholz 232 § 135 BBG Nr 32 = ZBR 1968, 84; BVerwGE 44, 36, 38 ff = Buchholz 232 § 135 BBG Nr 51 = ZBR 1974, 23; OVG Münster, ZBR 1963, 356; OVG Münster, DÖD 1986, 273; Bayerischer VGH, Bayerisches Verwaltungsblatt 1980, 500). Schon in früheren Fassungen des SVG gab es Unfallschutz bei Teilnahme an "dienstlichen Veranstaltungen zur militärischen Fortbildung"; das war aber auf Zivilpersonen (Reservisten) beschränkt (§ 80 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SVG vom 26. Juli 1957 - BGBl I 785 - / 8. September 1961 - BGBl I 1685 -; VV Nr 6 zu § 81 SVG idF der Bekanntmachung vom 10. Mai 1973, Beilage 20/73 zum Bundesanzeiger Nr 121 vom 4. Juli 1973). Seit der Neufassung von 1976 gilt das für alle "dienstlichen Veranstaltungen" ohne die Einschränkung auf militärische Fortbildung; alle Teilnehmer, insbesondere aktive wehrpflichtige Soldaten, sind in den Versorgungsschutz einbezogen (§ 81 Abs 3 Satz 1 Nrn 2 und 5 SVG idF vom 11. März 1976 - BGBl I 457; VV 81.3.3 zu § 81 SVG idF vom 11. August 1981 - Bundesanzeiger Nr 151 vom 18. August 1981 -). Seitdem sind die von der Bundeswehr veranstalteten Informationsveranstaltungen für Bildungswillige versorgungsrechtlich geschützt. Dies kommt dem Kläger zugute.
An der Veranstaltung, nach der der Kläger auf dem Weg zur Kaserne verunglückte, bestand ein dienstliches Interesse, das für die "materielle Dienstbezogenheit" erforderlich ist. Für Soldaten auf Zeit folgt das unmittelbar aus § 7 Abs 1 Satz 2 SVG, der ihnen einen Anspruch auf Eingliederungsmaßnahmen schon während der Wehrdienstzeit einräumt. Wehrpflichtige, für die hier allein zu entscheiden ist, hat der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) in der Präambel zu den Richtlinien zur Berufsförderung für Wehrpflichtige - Richtlinien -vom 18. April 1972 (VMBl 1972, 187) ausdrücklich gleichgestellt und dazu erklärt, die Bundeswehr fördere "das Weiterbildungsstreben der Wehrpflichtigen" und dies diene "dem Interesse der Bundeswehr" (Abs 2 Satz 2 Richtlinien; zum Interesse der Bundeswehr an der Weiterbildung für Soldaten auf Zeit: §§ 3 ff, hier besonders § 7 Abs 1 Satz 2 SVG 1977). Diese Richtlinien als Verwaltungsvorschrift (Art 86 Satz 1 GG) binden nicht nur im Inneren der Bundeswehr die einzelnen Dienststellen, sondern konkretisieren auch im Verhältnis zu den Wehrpflichtigen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 31 Satz 2 Halbsatz 1 iVm Satz 1 Soldatengesetz; zu den beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften: BVerwGE 16, 68, 70 und in bezug auf BGHZ 10, 295, 298 f). Auch Wehrpflichtige sind zeitweilig aus dem Erwerbsleben herausgelöst und sind je nach ihrer Eignung schon während ihrer Dienstzeit beruflich zu fördern, damit ihre berufliche Wiedereingliederung nach der Dienstzeit über die rechtliche Sicherung des Arbeitsplatzes hinaus (§ 1 Abs 1, § 2 Abs 1 und 2, § 6 Abs 1 Arbeitsplatzschutzgesetz vom 21. Mai 1968 - BGBl I 551 - / 14. April 1980 - BGBl I 425 -) erleichtert wird. Die gesetzliche Regelung der Wiedereingliederung in das Berufsleben (§ 31 Satz 2 Halbsatz 2 Soldatengesetz) ist vielfach unzureichend; sie kann durch eine Förderung der Wettbewerbsfähigkeit in dem sich schnell wandelnden Berufsleben aufgrund von Verwaltungsvorschriften ergänzt werden (dazu Scherer/Alff, Soldatengesetz, 6. Aufl 1988, § 31 Rz 16 iVm Rz 10).
Allerdings hat der Gesetzgeber allgemein die Unfälle im Zusammenhang mit Veranstaltungen zur beruflichen Aus- und Fortbildung oder mit Umschulungskursen, und zwar einschließlich der damit zusammenhängenden Wegeunfälle, dem Risikobereich der gesetzlichen Unfallversicherung zugewiesen (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchstabe c, § 548 Abs 1 Satz 1, § 550 Abs 1 Reichsversicherungsordnung [RVO] in der 1979 geltenden Fassung). Ob dies auch für die Weiterbildung der Soldaten mit der Folge gilt, daß diese nicht versorgungsrechtlich geschützt sind (BSGE 41, 214 = SozR 2200 § 653 Nr 2; BSG 25. Februar 1976 - 8 RU 86/75 -), braucht hier nicht entschieden zu werden.
Anders ist es jedenfalls mit dem Zulassungsverfahren, um das es hier geht. Es ist ein Teil des Dienst- und damit des Versorgungsbereiches. Die Veranstaltung, nach der der Kläger verunglückte und die zum Zulassungsverfahren gehörte, war eine "dienstliche Veranstaltung". Durch Information über Anforderungen der EDV-Tätigkeiten und damit des angestrebten Lehrganges sowie durch Eignungstests konnten die Wehrpflichtigen ermittelt werden, deren Bereitschaft zur Fortbildung förderungswürdig erschien. Insoweit ist die Bundeswehr auch an der zweckgebundenen Verwendung der Mittel interessiert, die sie für diese Berufsförderung zur Verfügung stellt. Es liegt im Interesse der Bundeswehr, die Berufsförderung iS präventiver Eingliederungshilfe nur geeigneten Wehrpflichtigen zukommen zu lassen. Bei der gesonderten Veranstaltung, die die Bundeswehr eingerichtet hat, sollten die Teilnehmer, die - wie der Kläger, ein Industriekaufmann - eine berufsbezogene Weiterbildung anstrebten (Nr 3 Abs 2 Richtlinien), als Voraussetzung der Zulassung ("Bewilligung"; vgl Nr 6 Abs 4, Nr 9 Abs 1 Richtlinien; für Soldaten auf Zeit: § 5 Abs 7 Satz 1 SVG 1977, § 12 Abs 1, § 13 Satz 1 und 2 Durchführungsverordnung vom 26. Oktober 1965 - BGBl I 1746 - VO 1965; in manchen Fällen als "Kommandierung" konstruiert: §§ 7, 18 Abs 2 Satz 1 VO 1965) ua prüfen lassen, ob sie für eine EDV-Tätigkeit geeignet sind. Diese Beurteilung erstreckte sich naturgemäß ebenso schon auf die Eignung für die Teilnahme an dem anschließend eröffneten Lehrgang. Die Ermittlung der Eignung gehörte zur Sachaufklärung, die die Bundeswehrverwaltung vor ihrer endgültigen Entscheidung über die Teilnahmeberechtigung des einzelnen Soldaten zu betreiben hatte (§§ 24 ff Verwaltungsverfahrensgesetz; für Soldaten auf Zeit auch § 12 Abs 2 VO 1965). Die beantragte Teilnahme an dem Lehrgang war nämlich von der Eignung eines Soldaten abhängig (Nr 3 Abs 1 Richtlinien; für Soldaten auf Zeit: § 4 Abs 2 Satz 1, § 5 Abs 4 Satz 1 und Abs 6 SVG 1977, § 3 Satz 2 Nr 2, § 12 Abs 1 VO 1965).
Für den Kläger ersetzte die Information die fachliche Beratung durch den BFD oder eine Berufsfachschule der Bundeswehr, die der Soldat allgemein beanspruchen kann (Nr 4 Richtlinien; für Soldaten auf Zeit: § 5 Abs 1 Satz 2, § 11 Abs 1 Satz 3 VO 1965). In diesem Fall stellte die Bundeswehr für die Soldaten eine fachliche Beratung durch den privaten Unternehmer bereit. Mit Hilfe der zu vermittelnden Information über EDV-Tätigkeiten und der Eignungsprüfung konnte sich der Kläger endgültig darüber schlüssig werden, ob er seinen Antrag auf Bewilligung der Teilnahme am fortlaufenden Lehrgang aufrechterhalten wolle. Diese Entscheidung war eine notwendige Voraussetzung für die endgültige Zulassung durch die Bundeswehrverwaltung. Das verstärkte den Charakter der "dienstlichen Veranstaltung". Zudem war diese Eignungsprüfung in wehrdiensteigentümlicher Weise (§ 81 Abs 1 SVG 1977) angeordnet worden.
Der Dienstherr brauchte die Veranstaltung, nach der der Kläger verunglückte, nicht förmlich als dienstliche anzuerkennen. Aus den aufgezeigten Funktionen, die in den Aufgabenbereich der Bundeswehr fallen und damit den dienstlichen Charakter kennzeichnen (Stegmüller/ Schmalhofer/ Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, Stand: 1991, § 31 Rz 9), sowie aus der Organisation folgte die "formelle Dienstbezogenheit".
Diese lag zudem schon aus mehreren Gründen auf der Hand. Die Bundeswehr hatte die Informationsveranstaltung für dienstliche Zwecke organisiert. Sie fand in einer Bundeswehrfachschule statt, und zu ihr waren nur Soldaten zugelassen. Die Bundeswehr trug die Transportkosten im wesentlichen (Nr 5 Richtlinien; für Soldaten auf Zeit: § 4 Abs 1, § 5 Abs 1 Satz 1, § 5a Abs 3 SVG 1977 und Sammeleinweisung). Daß ihr, abweichend von der allgemeinen Regelung der Kostenlast, keine zusätzlichen Personalkosten gegenüber dem beauftragten Unternehmen entstanden, mag durch wirtschaftliche Interessen des Unternehmens bedingt gewesen sein. Das private C. Institut hat jedenfalls nicht als privater Anbieter eine allgemein offene Informationsveranstaltung durchgeführt. Der Kläger nahm nicht etwa an einem für jedermann offenen Bildungskurs teil, was seinem privaten Lebensbereich zuzurechnen wäre (BSG SozR Nr 1 zu § 81 SVG 1967; Urteil des Senats vom 13. März 1985 - 9a RV 36/83 = HV-Info 1986 1208). Vielmehr wurde das Unternehmen lediglich im Rahmen der Bundeswehrorganisation tätig, mit der inhaltlichen Gestaltung von der Bundeswehr beauftragt. In solcher Weise werden für den Vollzug des institutionell geregelten Berufsförderungswesens neben den Bundeswehrfachschulen und Arbeitsgemeinschaften des BFD der Bundeswehr (Nr 2 [1] Richtlinien) in vielen Fällen private Bildungseinrichtungen von der Bundeswehr herangezogen (für Soldaten auf Zeit: § 3 Abs 1 Nr 2 SVG 1977, § 9 Abs 2 VO 1965). Zu derartigen Veranstaltungen werden auch Wehrpflichtige zugelassen (Nr 2 [2], Nr 3 Abs 2 Richtlinien).
Der dienstliche Charakter des Zulassungsverfahrens wurde durch den zugrundeliegenden Bewilligungsakt verstärkt. Es ist ein begünstigender Verwaltungsakt gegenüber dem Soldaten und gehört zur Gestaltung des Dienstverhältnisses des Wehrpflichtigen. Das Rechtsverhältnis dieser Soldaten zum Staat, vermittelt über die Bundeswehr, ist ein einziges und einheitliches. Es wird innerhalb des Dienstes im engeren Sinn durch Befehle von Vorgesetzten der Streitkräfte gestaltet. Im übrigen werden die auf das Dienstverhältnis bezogenen Verwaltungsakte von der Bundeswehrverwaltung erlassen (Art 87b Abs 1 Satz 1 und 2 GG; Nr 6 Abs 4 Richtlinien; für die Berufsförderung der Soldaten auf Zeit: § 87 Abs 1 Satz 1 SVG 1977, § 21 VO 1965), die organisatorisch von Streitkräften getrennt ist (Art 87a Abs 1 Satz 1 GG); beide Bereiche sind auf oberster Ebene des BMVg, der die Befehls- und Kommandogewalt der Streitkräfte hat (Art 65a GG), als eine Organisationseinheit für die Streitkräfte und die ihnen dienende Verwaltung miteinander verzahnt (für die Verwaltung: Art 65 Satz 2 GG; Roellecke, DÖV 1992, 200; von Münch, Kommentar zum Grundgesetz, Art 87b Rz 2, 3, 4, 25; Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art 87b Rz 13, 18). Der BFD des Kreiswehrersatzamtes, eine Behörde der Bundeswehrverwaltung, genehmigte die Teilnahme an der EDV-Veranstaltung durch eine "Sammeleinweisung". Dieser Hoheitsakt war mit dem Bereich der Streitkräfte verklammert. Der ihm zugrundeliegende und nach den Vorschriften notwendige Antrag des Soldaten als Voraussetzung des begünstigenden Verwaltungsaktes war über den Einheitsführer einzureichen, und dieser hatte bei der Weiterleitung gegenüber dem Kreiswehrersatzamt zu erklären, ob eine Teilnahme des Wehrpflichtigen dienstlich möglich ist (Nr 6 Abs 2 iVm Nr 1 Satz 3 Richtlinien). Der begünstigende Verwaltungsakt enthielt auch eine den Kläger belastende Verpflichtung zur Teilnahme. Wenn der Soldat, der sich zur Teilnahme bereit erklärt hat (Nr 6 Abs 1 Richtlinien), an einem berufsfördernden Lehrgang teilnehmen muß (Nr 7 Richtlinien), so gilt das ebenfalls für die Teilnahme an einer Veranstaltung wie derjenigen, nach der der Kläger verunglückte, wenn er sich zu ihr angemeldet hat. Die Bundeswehr muß sich darauf verlassen können, daß die für sie wichtige Zulassungsveranstaltung stattfinden kann.
Die "Sammeleinweisung" bezog sich vorerst auf den Informationsvortrag und die Eignungsprüfung. Soweit sie sich inhaltlich wegen der Verpflichtung zur regelmäßigen Teilnahme an dem Lehrgang auch auf diese erstreckte, war sie als mit dem selbstverständlichen stillschweigenden Vorbehalt versehen zu verstehen, die Einweisung in den Lehrgang zu widerrufen, falls sich bei der vorgezogenen Veranstaltung ergäbe, daß ein Soldat nicht geeignet ist (§ 36 Abs 2 Nr 3 Verwaltungsverfahrensgesetz). Durch die Sachaufklärungsmaßnahme konnte außerdem einem späteren Rücktritt des Soldaten wegen Nichteignung vorgebeugt werden. Ein solches Ereignis hat der Wehrpflichtige - ebenso wie zuvor die Anmeldung - über den Einheitsführer unverzüglich der Bewilligungsstelle anzuzeigen (Nr 8 Richtlinien), und dies hat zur Folge, daß die Bewilligung aufgehoben wird (Nr 9 Abs 1 Richtlinien).
Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Versorgungsschutz, den das Soldatenrecht bei sonstigen vorbereitenden Eignungsprüfungen vorsieht, zB bei der Musterung und Eignungsprüfung des Wehrpflichtigen vor seinem Wehrdienst (§§ 16, 17, 20a Wehrpflichtgesetz hier idF vom 8. Dezember 1972 - BGBl I 2277 -). Im Zusammenhang mit beruflicher Rehabilitation durch öffentliche Träger auf anderen Gebieten wird den Personen, die sich über ein Sozialrechtsverhältnis bereits in einem dem Wehrpflichtverhältnis vergleichbaren Status befinden, ebenfalls ein solcher umfassender Schutz gewährt, falls ein Sozialleistungsträger die Eignung einer eine berufliche Förderung begehrenden Person prüfen läßt, um seine Entscheidung über die begehrte Sozialleistung vorzubereiten, was zum Verwaltungsverfahren des Sozialleistungsträgers gehört (§ 62 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil, § 539 Abs 1 Nr 17 RVO). Aus diesem Grund sind auch "Aufnahmeprüfungen" für Kindergärten, Schulen und Hochschulen unter Unfallversicherungsschutz gestellt, sofern Rechtsvorschriften sie anordnen (§ 539 Abs 1 Nr 18 RVO idF des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 - BGBl I 2230 -).
Der Versorgungsanspruch, der dem Kläger dem Grunde nach zuzusprechen ist (§ 130 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), wird nicht durch einen Anspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung ausgeschlossen. Wohl könnte umgekehrt ein anspruchsbegründender "Arbeitsunfall" im Rahmen der Unfallversicherung deshalb zu verneinen sein, weil bei einer tatbestandlichen Anspruchskonkurrenz die Unfallversicherung zurücktritt (§ 541 Abs 1 Nr 2 RVO; BSGE 50, 80, 82 = SozR 3200 § 81 Nr 13). Darüber ist aber in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen