Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff des Heimarbeiters im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1963-04-30, § 729 Abs. 1 Fassung: 1924-12-15, § 735 Fassung: 1942-03-09, § 537 Nr. 7 Fassung: 1942-03-09
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 1. September 1965 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist Inhaber eines Unternehmens, das sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Babykleidung befaßt. Er beschäftigt außerhalb seiner Betriebsräume zahlreiche Frauen, die Kinderkleidung stricken oder häkeln (Häklerinnen) und im Durchschnitt ein Entgelt von 30,- bis 40,- DM monatlich erzielen. Dieses Entgelt führte der Kläger in dem Lohnnachweis für das Jahr 1960 nicht auf.
Mit Schreiben vom 21. Februar 1961 forderte die Beklagte den Kläger auf, das den Häklerinnen gezahlte Entgelt nachzuweisen; diese seien Heimarbeiterinnen (HA). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 2. Juni 1961) unter Hinweis auf die satzungsmäßige Verpflichtung der Auftraggeber, die Beiträge für HA zu entrichten.
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts - SG - Braunschweig vom 7. Februar 1964, Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Niedersachsen vom 1. September 1965).
Das LSG hat zur Begründung seines Urteils u.a. ausgeführt: Gemäß § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der 1960 geltenden Fassung habe der Auftraggeber die Beiträge für HA zu zahlen; diese gelten gemäß § 30 Abs. 1 der Satzung als in seinem Unternehmen beschäftigt. Die Häklerinnen, welche der Kläger beschäftige, gehörten zu diesem Personenkreis. Die fehlende Eingliederung und Weisungsgebundenheit schlössen die HA-Eigenschaft nicht aus; diese werde vielmehr durch die wirtschaftliche Abhängigkeit bestätigt. Der Begriff der HA sein ein Sammelbegriff, der wegen der sozialen Schutzbedürftigkeit des von ihm erfaßten Personenkreises geschaffen sei, dies jedoch nicht in jedem Einzelfall erfordere. Auch eine nach zeitlichem Aufwand und Verdienst geringfügige Tätigkeit sei eine gewerbliche Arbeit i.S. des Heimarbeitergesetzes (HAG), auch wenn sie nach § 168 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versicherungsfrei sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat dieses Rechtsmittel am 9. November 1965 eingelegt und es am 7. Dezember 1965 begründet. Er rügt die Anwendung des § 2 Abs. 1 HAG und macht insbesondere geltend, das LSG habe das Begriffsmerkmal "gewerblich arbeiten" verkannt. Hierfür sei es erforderlich, daß die Tätigkeit nachhaltig auf die Bestreitung des Lebensunterhalts gerichtet sei. Hieran fehle es jedoch, weil das Entgelt nur 30,- bis 40,- DM im Monat betrage, der Lebensunterhalt auf sonstige Weise sichergestellt sei und die Tätigkeit eine Freizeitbeschäftigung darstelle. Zur Unterstützung ihres Vorbringens beruft sich die Revision auf ein Rechtsgutachten, das Prof. Dr. B. für den Bundesverband der Häkelindustrie e.V. erstattet hat.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 21. Februar und 2. Juni 1961 sowie die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und festzustellen, daß die beim Kläger außerhalb der Betriebsstätte beschäftigten Frauen nicht der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Beklagten unterliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die vorinstanzlichen Urteile für zutreffend und führt u.a. aus: Die Häklerinnen seien Heimarbeiterinnen i.S. des HAG. Hierfür sei der vom LSG in den Vordergrund gestellte Umstand, daß die Arbeit in der Hauptsache der Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen diene, von nachrangiger Bedeutung. Entscheidend sei vielmehr, daß die Häklerinnen gewerblich arbeiteten; ihre Tätigkeit diene der Herstellung, der Be- und Verarbeitung von Waren für den Gewerbebetrieb des Klägers.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision des Klägers ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben zu Recht den Kläger als verpflichtet angesehen, der Beklagten das Entgelt nachzuweisen, das er den von ihm beschäftigten Häklerinnen im Jahre 1960 gezahlt hat.
Nach § 30 der Satzung der Beklagten in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 1961 geltenden Fassung (Satzung) galten u.a. HA als im Unternehmen des Auftraggebers beschäftigt (Abs. 1 Satz 1), der verpflichtet war, die Beiträge für die HA zu zahlen (Abs. 4 Satz 1) und das ihnen gezahlte Entgelt alljährlich zur Berechnung der Beiträge nachzuweisen (Abs. 4 Satz 2). Die Beklagte hat diese Satzungsbestimmungen auf den Kläger angewandt und ihn in ihrem Schreiben vom 21. Februar 1961 aufgefordert, das den Häklerinnen im Jahre 1960 gezahlte Entgelt nachzuweisen. Hiermit hat sie nicht allein die Grundlagen für die Beitragsberechnung und den Bescheid schaffen, sondern - wie auch aus der Reaktion des Klägers sichtbar wird - ihre Rechtsbeziehungen zu ihm regeln wollen. Sie hat die satzungsmäßige Nachweispflicht für den Kläger, der als Mitglied zu ihr im Verhältnis der Unterordnung steht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 18. Dezember 1969 - 2 RU 314/67), konkretisiert und damit eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen (vgl. BSG 3, 204, 206; 10, 218, 221; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 7. Aufl. Bd. I S. 232 b ff. mit Nachweisen). Es liegt also ein Verwaltungsakt vor, den der Kläger unter den Voraussetzungen des § 54 SGG mit der Aufhebungsklage anfechten konnte.
Die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes hängt - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - davon ab, ob die Häklerinnen HA i.S. des § 30 der Satzung sind. Diese enthielt keine eigene Begriffsbestimmung, legte vielmehr durch die Bezugnahme auf das HAG den in § 2 Abs. 1 HAG definierten HA-Begriff zugrunde.
Soweit sich diese Regelung auf HA bezog, stand sie nicht im Widerspruch mit den Vorschriften des Unfallversicherungsrechts. Die gesetzliche Ermächtigung, nach der durch Satzungsbestimmung dem Auftraggeber die Zahlung der Beiträge für die hausgewerblich Beschäftigten auferlegt werden konnte (§ 735 Reichsversicherungsordnung idF des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 9. März 1942 - RVO aF), bezog sich zwar ihrem Wortlaut nach nicht auf HA, sondern auf Hausgewerbetreibende. Der hier im sozialversicherungsrechtlichen Sinn anzuwendende Begriff (§ 162 RVO - vgl. Moesle/Rabeling, UV, Anm. 3 zu § 735; RVO Mitgl.Komm. 2. Aufl. Anm. 3 zu § 735; Schulte-Holthausen, UV, Anm. 3 zu § 735; Schraeder/Strich, Die Deutsche UV, Bd. II Anm. 3 zu § 735; Lauterbach, UV, 2. Aufl. Anm. 3 zu § 735) umfaßt jedoch auch HA wegen ihrer begriffsnotwendigen (vgl. Maus, HAG 2. Aufl. Anm. 5 zu § 2; Fitting-Karpf, HAG Anm. 3 zu § 2; BT-Drucks. Nr. 1357 Anl. 1 S. 20) persönlichen Selbständigkeit (BSG 18, 70/73 a.E.; SozR Nr. 1 zu § 1436 RVO aF; Teutsch RdA 1951, 329; Sprengel, Beitr. 1967, 231; RVA AN 1940 S. 245 Nr. 5376).
Die Begriffsbildung hat im Arbeits- und im Sozialversicherungsrecht eine unterschiedliche Entwicklung erfahren. Die Vorschriften zum Schutz der im Hausgewerbe Beschäftigten grenzen den Personenkreis, den sie vor Ausbeutung und gesundheitlichen Schäden bewahren sowie vor den wirtschaftlichen Folgen bei Krankheit, Invalidität, Arbeitsunfall u.ä. schützen wollen, nicht einheitlich ab. Für das Sozialversicherungsrecht schuf die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 (RGBl S. 509) in § 162 einen einheitlichen undifferenzierten Begriff des Hausgewerbetreibenden. Die hiermit - in den einzelnen Versicherungszweigen unterschiedlich (vgl. jetzt §§ 166 Nr. 1, 539 Nr. 2, 1228 Abs. 2 RVO) - erfaßten Personen waren gekennzeichnet durch ihre Zwischenstellung zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden im eigentlichen Sinne und den Lohnarbeitern. Sie wurden als selbständige Gewerbetreibende angesehen, bei denen persönliche Unabhängigkeit mit wirtschaftlicher Abhängigkeit verbunden war. Als Merkmale der persönlichen Unabhängigkeit galten u.a. die Berechtigung, Anfang und Ende, Umfang und Reihenfolge der Arbeit zu bestimmen sowie Hilfskräfte heranzuziehen und für andere zu arbeiten. Wesentlich war ferner die Herstellung oder Bearbeitung gewerblicher Erzeugnisse und die persönliche Mitarbeit (vgl. Handbuch der UV, 3. Aufl. 1909, Erster Band S. 61; Hanow, RVO, Erstes Buch, 5. Aufl. Anm. 3 zu § 162; RVO Mitgl.Komm. Bd. I Anm. 2 zu § 162; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 7. Aufl. Bd. II S. 312 p f.). Demgegenüber wurden Personen, die in persönlicher Abhängigkeit außerhalb der Betriebsstätte ihres Arbeitgebers beschäftigt wurden, als HA oder unselbständige Außenarbeiter angesehen. Das Heimarbeitsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne war somit gekennzeichnet durch das persönliche Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Die arbeitsrechtliche Begriffsbildung ging einen anderen Weg. Das Hausarbeitsgesetz (vom 20. Dez. 1911 - RGBl S. 976) band den Schutz der Heimarbeit an die Werkstätten, in denen Heimarbeit geleistet wurde, und erfaßte die in ihnen beschäftigten Personen nur mittelbar. Diese Regelung sah von einer eigenen Begriffsbestimmung des Hausarbeiters und des Hausgewerbetreibenden ab, um zu vermeiden, daß "dieselbe Person versicherungsrechtlich als Arbeitgeber, arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer behandelt werden würde" (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Hausarbeitsgesetzes vom 20. Dez. 1911 - RABl 1922, 212). Zur Abgrenzung von den selbständigen Unternehmern verwies die Begründung auf die Anleitung des Reichsversicherungsamts (RVA) über den Kreis der nach der RVO gegen Invalidität und Krankheit versicherten Personen vom 26. April 1912 (AN S. 721 Nr. 15), so daß sich der arbeitsrechtliche und der sozialversicherungsrechtliche Schutzbereich insoweit deckten. Dieses primär objektbezogene Schutzsystem wurde durch das Gesetz über Heimarbeit vom 23. März 1934 (RGBl I S. 214) abgelöst, das den mißverständlichen Begriff des Hausarbeiters aufgab und eine Unterteilung der in Heimarbeit Beschäftigten in HA und Hausgewerbetreibende vornahm (vgl. Begründung RABl 1934 S. I 80). Die Begriffsbestimmungen für den HA und den Hausgewerbetreibenden (§ 3 Absätze 1 und 2) dienten vor allem der Abgrenzung des erfaßten Personenkreises gegenüber den selbständigen Unternehmern (vgl. Begründung aaO). Da HA und Hausgewerbetreibende unter der Bezeichnung "in Heimarbeit Beschäftigte" zusammengefaßt waren (vgl. § 2 Abs. 1) und stets völlig gleich behandelt wurden, war eine genaue Abgrenzung dieser Gruppen für die Anwendung des HAG nicht erforderlich. Die Differenzierung und insbesondere die selbständige Definition des HA stellten einen weiteren Schritt zur Verselbständigung der arbeitsrechtlichen Begriffe dar. Mit der Beschränkung des arbeitsrechtlichen Schutzbereichs auf Hausgewerbetreibende, die in der Regel allein mit ihren Familienangehörigen oder mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften arbeiten (§ 2 Abs. 1 Nr. 2), wurde die zuvor mit dem Sozialversicherungsrecht gemeinsame Abgrenzung gegenüber den selbständigen Unternehmern aufgegeben. Dies hatte zur Folge, daß nicht alle unter § 162 RVO fallenden Hausgewerbetreibenden von dem Gesetz über Heimarbeit unmittelbar erfaßt wurden. Der hiernach unterschiedliche Anwendungsbereich sowie die andersartige Bestimmung der Begriffe waren u.a. die Gründe, weshalb das RVA die Anpassung des Begriffs des Hausgewerbetreibenden (§ 162 RVO) an die durch das HAG neugeschaffenen Bezeichnungen abgelehnt und die von der Rechtsprechung aufgestellten Merkmale bestätigt hat, nach denen "weiterhin auch diejenigen Personen versicherungsrechtlich als Hausgewerbetreibende zu behandeln" sind, "die im Sinne des HAG als HA zu bezeichnen wären" (AN 1940 S. 245 f). Gleichzeitig gab das RVA den früheren sozialversicherungsrechtlichen Begriff des HA auf und ersetzte ihn, um eine Verwechslung mit dem Sprachgebrauch des HAG zu vermeiden, durch den des Hausarbeiters.
Der einheitliche sozialversicherungsrechtliche Begriff des Hausgewerbetreibenden (§ 162 RVO) ist für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dadurch geändert worden, daß seit dem Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der UV neben den Hausgewerbetreibenden auch die HA ausdrücklich als versichert bezeichnet werden (§ 537 Nr. 7 RVO aF = § 539 Nr. 2 RVO). Es war nicht der Sinn dieser Regelung, nach Aufgabe des früheren einen neuen unfallversicherungsrechtlichen HA-Begriff zu schaffen und die HA aus der Gruppe der Hausgewerbetreibenden auszuscheiden, vielmehr sollte offenbar wegen der großen Zahl der in Heimarbeit Beschäftigten (am 15. Sept. 1940: 160.486 Personen - BT-Drucks. Nr. 1357 Anlage 1 S. 17) und der eigenständigen arbeitsrechtlichen Begriffsbestimmung mit den hieraus resultierenden Auslegungsschwierigkeiten lediglich verdeutlicht werden, daß der - zuvor nur kraft Satzungsbestimmung mögliche (§ 548 RVO idF der Bekanntmachung vom 9.1.1926 - RGBl I S. 9) - Versicherungsschutz für Hausgewerbetreibende (§ 162 RVO) auch HA i.S. des HAG umschließt (vgl. Jantz in AN 1942, 210).
Die in § 30 Abs. 4 der Satzung geregelte Lohnnachweispflicht für das HA gezahlte Entgelt ist auch insoweit Rechtens, als sie sich auf die Vergütung bezieht, welche Personen erhalten, die bei der Beklagten unfallversichert sind. Nach § 537 Nr. 7 RVO aF erfaßt der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung HA i.S. des HAG in doppelter Weise. HA sind einmal den Hausgewerbetreibenden im sozialversicherungsrechtlichen Sinn zuzurechnen und werden zusätzlich im Gesetz noch ausdrücklich als unfallgeschützt bezeichnet. Diese doppelte Absicherung der HA wird durch die jetzt geltende Vorschrift (§ 539 Nr. 2 RVO), die auf den sozialversicherungsrechtlichen Begriff des Hausgewerbetreibenden (§ 162 RVO) verweist, bestätigt. Da HA nach § 30 Abs. 1 der Satzung als im Betrieb des Auftraggebers beschäftigt gelten, hat die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung u.a. für den Gewerbezweig der Strick- und Wirkwarenherstellung (§§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 16 der Satzung) den vom Kläger beschäftigten HA Unfallversicherungsschutz zu gewähren.
Das LSG hat die Häklerinnen zutreffend als HA angesehen. Es ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre davon ausgegangen, daß der HA nicht in einem Arbeitsverhältnis steht, sondern auf Grund eines rechtlichen Zuordnungsverhältnisses besonderer Art beschäftigt ist, das durch das Zusammentreffen von persönlichen Selbständigkeit und wirtschaftlicher Abhängigkeit gekennzeichnet wird (Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. I S. 56 f; Nikisch, Arbeitsrecht, 2. Aufl. 6. Bd. S. 114; Maus, HAG Anm. 18 ff zu § 2; Fitting/Karpf, HAG Anm. 2 a.E. zu § 2; Lentsch , RdA 1951, 327; Brackmann, Handbuch d. SozVers., 1. bis 7. Aufl. Bd. II S. 772 m). Hiergegen hat die Revision keine Einwände erhoben. Sie macht lediglich geltend, das LSG habe zu Unrecht auch bei einer nach zeitlichem Aufwand und Entgelt nur geringfähigen Tätigkeit das begriffliche Erfordernis des "gewerblich arbeiten" (§ 2 Abs. 1 HAG) als erfüllt angesehen. Hierbei kann sich der Kläger zwar auf die von Bulla (Rechtsgutachten S. 27 ff) und Maus (HAG Anm. 6 zu § 2) vertretene Auffassung berufen, die verrichteten Arbeiten müßten nicht nur vorwiegend manuell verrichtet werden und die Herstellung, Be- und Verarbeitung oder Verpackung von Waren betreffen, sondern gewerblich auch in dem Sinne sein, als sie nachhaltig auf die Bestreitung des Lebensunterhalts gerichtet seien, verkennt hierbei jedoch, daß diese Auslegung der im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit erfolgten Typisierung des HAG widerspricht. Die in § 2 Abs. 1 HAG vorgenommene Abgrenzung nach generalisierenden und leicht feststellbaren Merkmalen ermöglicht es, ungeachtet der individuell unterschiedlichen und zeitlich wechselnden Vermögens- und Einkommenslage, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Auftraggeber und den von ihm Beschäftigten einheitlich zu regeln, und vermeidet es, die Beschäftigten zu einer Offenbarung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Auftraggeber zu veranlassen. Ebensowenig wie es für den Begriff des Arbeitnehmers auf die Höhe des Entgelts und dessen Bedeutung für den Lebensunterhalt ankommt (vgl. Hueck/Nipperdey aaO S. 34 ff, Nikisch, aaO S. 79 ff), können diese Umstände nach der Auffassung des Senats als geeignete Kriterien für den Begriff des HA angesehen werden. Sie Ansicht der Revision ist auch unvereinbar mit dem Ziel des HAG, Mißstände zu verhindern, die sich bei einer - sonst möglichen - Vernachlässigung des Arbeitsschutzes, des öffentlichen Gefahrenschutzes sowie einer unzulänglichen Bezahlung der Beschäftigten ergeben (vgl. BT-Drucks. Nr. 1357 Anl. 1 S. 17). Die Erreichung dieses sozialpolitischen Zieles wäre in zahlreichen Fällen nicht möglich, wollte man den Schutz des HAG solchen Beschäftigten versagen, die nur unregelmäßig und gegen geringes Entgelt arbeiten.
Die sprachlichen und sachlichen Berührungspunkte mit dem Gewerberecht zwingen nicht dazu, für das Begriffselement "gewerblich arbeiten" (§ 2 Abs. 1 HAG) eine nachhaltige Tätigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu verlangen. Dieses Erfordernis ist lediglich für den Begriff des Gewerbes, nicht aber für den des gewerblichen Arbeiters von Bedeutung (vgl. Landmann/Rohner, Gewerbeordnung, 12. Aufl., Einl.Nr. 89 ff, 112 ff, 126 ff, zu § 1 Nr. 3, Vorbem. §§ 105 ff Nr. 87 ff, 96, 114; Rohlfing/Kiskalt/Wolff, Gewerbeordnung, 3. Aufl. zu § 1 Anm. 1, Vorbem. zu Titel VII).
Der Senat vermag der Revision aus Gründen der Gesetzessystematik nicht darin zu folgen, daß der Schutz des HAG im Einzelfall von der Erfüllung des (ungeschriebenen) Erfordernisses der Schutzbedürftigkeit abhängig sei. Das HAG unterstellt in § 1 Abs. 1 HA (und Hausgewerbetreibende) unmittelbar seinem Schutz und macht diesen lediglich für andere Personen formell von der Gleichstellung und materiell von deren Schutzbedürfnis (§ 1 Absätze 2 und 3) abhängig, geht also davon aus, daß HA generell schutzbedürftig sind (so schon die Begründung des Gesetzes über die Heimarbeit vom 23. März 1934 - RABl I S. 80). Daß die Anwendung des HAG auf die vom Kläger beschäftigten Häklerinnen zu möglicherweise auch von diesen nicht erwünschten arbeits- und unfallversicherungsrechtlichen Folgen führt, ist ohne Bedeutung; diese ergeben sich zwingend aus der Erfüllung der in § 2 Abs. 1 HAG (vgl. Maus, HAG zu § 1 Nr. 77; Fitting/Karpf, HAG zu § 2 Nr. 9; s. auch BAG AP § 2 HAG Nr. 2) und in § 537 Nr. 7 RVO aF normierten Voraussetzungen.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Februar 1961 (BSG 14, 29), auf das sich der Kläger beruft, betrifft den Versicherungsschutz in der Kranken- und Rentenversicherung (§§ 168 Abs. 2, 1228 Abs. 2 RVO aF), der u.a. von der Höhe des Entgelts abhängig ist. Der Schutz in der gesetzlichen UV wird jedoch ohne Rücksicht auf die Höhe des Entgelts gewährt (vgl. §§ 537 ff RVO aF), so daß der angeführten Entscheidung keine sachdienlichen Gesichtspunkte entnommen werden können.
Da die Häklerinnen als HA i.S. von § 2 Abs. 1 HAG - wie ausgeführt - gemäß § 537 Nr. 7 RVO aF unfallversichert sind, konnte auch die nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 280 der Zivilprozeßordnung zulässige Zwischenfeststellungsklage (BSG 13, 163, 164 f; Brackmann aaO S. 244 a f) keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen