Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrkostenerstattung bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
1. Die BfA darf die Erstattung von Fahrtkosten nicht schematisch und nur deshalb versagen, weil der Versicherte für die Fahrt zwischen Wohnort und Kurort zwecks Durchführung eines ihm gemäß AVG §§ 13 ff (= RVO §§ 1236 FF) Gewährten Heilverfahrens sein eigenes Kraftfahrzeug und nicht öffentliche Verkehrsmittel benutzt hat.
2. Zur Selbstbindung des Verwaltungsermessens durch Richtlinien der BfA betreffend die Gewährung von Regelleistungen nach AVG §§ 13 ff (Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit).
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit die Gewährung einer Leistung in das pflichtgemäße Ermessen des Versicherungsträgers gestellt ist, tragen auch die mit dieser Leistung zusammenhängenden unselbständigen Nebenleistungen (zB Fahrkosten) den Rechtscharakter einer Ermessensleistung; auf sie besteht selbst dann kein Rechtsanspruch, wenn der Versicherungsträger die Hauptleistung bereits bewilligt hat.
2. Der Versicherungsträger, der ein Heilverfahren bewilligt, kann im allgemeinen keinen Einfluß darauf nehmen, welches Verkehrsmittel der Versicherte für die Fahrt zwischen Wohnort und Heilstätte wählt; benutzt der Versicherte sein eigenes Kraftfahrzeug, so sind ihm grundsätzlich seine Aufwendungen bis zur Höhe der bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstandenen Fahrkosten zu erstatten.
3. Auf die Zurücklegung der Wegstrecke mit einem öffentlichem Verkehrsmittel kann der Versicherungsträger im allgemeinen nur dann bestehen, wenn aus ärztlicher Sicht durch die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges die Heilmaßnahme wesentlich beeinträchtigt würde; benutzt der Versicherte dennoch sein Kraftfahrzeug, so ist der Versicherungsträger berechtigt, eine Fahrkostenerstattung abzulehnen.
4. Haben die Selbstverwaltungsorgane eines Versicherungsträgers über die Gewährung von Ermessensleistungen Richtlinien erstellt, so ist die Verwaltung bei ihrer im Einzelfall zu treffenden Entscheidung hieran grundsätzlich gebunden; die Verwaltung übt ihr Ermessen im allgemeinen dann fehlerfrei aus, wenn ihre Entscheidung dem objektiven Inhalt der in den Richtlinien festgelegten Normen entspricht, vorausgesetzt, daß durch die Richtlinien selbst die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
Normenkette
AVG § 13 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1236 Fassung: 1957-02-23; AVG § 14 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1237 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. August 1968 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 9. Oktober 1967 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
In dem Rechtsstreit geht es darum, ob die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) berechtigt ist, dem Versicherten die Erstattung von Reisekosten zu versagen, weil er zwecks Durchführung eines ihm gewährten Heilverfahrens für die Fahrt zwischen Wohnort und Kurort sein eigenes Kraftfahrzeug und nicht öffentliche Verkehrsmittel benutzt hat.
Die Beklagte bewilligte dem in Gelsenkirchen wohnenden Kläger mit Bescheid vom 22. März 1966 ein Heilverfahren in Bad R, das in der Zeit vom 15. Juni bis 27. Juli 1966 durchgeführt wurde. Der Bewilligungsbescheid enthielt auf der Rückseite u. a. folgenden Hinweis:
"Wir bitten Sie, für die Fahrt zum Kurantritt und zur Rückreise nicht Ihren eigenen Wagen zu benutzen. Vorsorglich weisen wir darauf hin, daß bei Benutzung des eigenen Wagens Fahrtkosten in Höhe der Tarife öffentlicher Verkehrsmittel nur dann erstattet werden können, wenn Sie vorher durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen, daß Ihnen wegen der Schwere Ihrer Behinderung die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zugemutet werden kann und dies von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vorher anerkannt worden ist. Versicherte, die mit privaten Kraftfahrzeugen reisen, die von Dritten gesteuert werden, werden Fahrtkosten nur erstattet, wenn die Notwendigkeit der Fahrt mittels Kraftwagen ärztlich bescheinigt und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vorher anerkannt worden ist."
Vor Antritt des Heilverfahrens teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er beabsichtige, für die Fahrt zum Kurort und zurück seinen eigenen Pkw zu benutzen; er beantragte, ihm die Fahrtkosten in der Höhe zu erstatten, die bei Benutzung der 2. Klasse der Bundesbahn entstehen würden. Mit Bescheid vom 26. Mai 1966 entschied die Beklagte, daß dem Kläger bei Pkw-Benutzung die beantragten Fahrtkosten nicht erstattet werden können. Zur Begründung führte sie aus, die dem Kläger im Bewilligungsbescheid mitgeteilte Regelung über die Erstattung von Fahrtkosten bei Pkw-Benutzung gehe auf einen Beschluß des Vorstandes der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13. Oktober 1965 zurück, der damit einer Empfehlung des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger gefolgt sei, um den in zunehmendem Maße infolge der Benutzung eigener Kraftfahrzeuge in den Kurorten auftretenden Schwierigkeiten entgegenzuwirken; vom Kläger sei keine körperliche Behinderung geltend gemacht worden. Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle durch Bescheid vom 26. Juli 1966 zurück.
Der Kläger, der inzwischen die Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnort und Kurort mit dem eigenen Pkw zurückgelegt hatte, hat gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm die Fahrtkosten in Höhe des Bundesbahntarifs, und zwar im Betrage von DM 65,- zu erstatten. Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat durch Urteil vom 9. Oktober 1967 den Bescheid vom 26. Mai 1966 in Form des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1966 aufgehoben und im übrigen die Klage abgewiesen; es hat die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ablehnung der Fahrtkostenerstattung aus den von der Beklagten vorgebrachten Gründen sei ermessenswidrig, und zwar wegen der Wahl eines untauglichen, nämlich nicht ausreichenden Mittels; der ablehnende Bescheid sei daher aufzuheben; die Klage auf Verurteilung zu der begehrten Leistung sei abzuweisen; insoweit habe das Gericht der Ermessensausübung der Beklagten nicht vorgreifen dürfen; es werde z. B. Sache der Beklagten sein, die Gewichtigkeit der medizinischen Gründe für den Einzelfall zu prüfen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 8. August 1968 - unter Zulassung der Revision - das Urteil des SG abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Ermessensmißbrauch liege nicht vor. Die Beklagte habe durch ihre Selbstverwaltungsorgane für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen Rahmengrundsätze und Richtlinien aufgestellt, die sie gegenüber allen Betreuten einzuhalten habe. Nach § 11 der Rahmengrundsätze vom 26. Juli 1957 (DAngVers 1957, 240) und nach Abschnitt I A der Richtlinien 1961 (DAngVers 1961, 225) übernehme die Beklagte die notwendigen Fahrtkosten für die 2. Eisenbahnklasse vom Wohnort des Versicherten und zurück. Kosten für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs oder eines Krankentransportwagens würden nur übernommen, wenn die Notwendigkeit ärztlich bescheinigt und von der Beklagten vorher anerkannt worden sei. An diese Grundsätze habe sich die Beklagte gehalten; denn der Kläger habe selbst zugestanden, daß er mit der Eisenbahn hätte fahren können und nicht aus gesundheitlichen Gründen den Kraftwagen benutzt habe.
Die Bestimmung der Rahmengrundsätze und Richtlinien, die die Beklagte angewandt habe, überschreite auch nicht das ihr vom Gesetz eingeräumte pflichtgemäße Ermessen, weil sie überwiegend von dem Interesse der Versicherten bestimmt sei. Auch die Hin- und Rückreise habe die Beklagte unter dem Blickwinkel der erstrebten Heilung oder Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten zu beachten.
Dabei sei sie zutreffend davon ausgegangen, daß in der Regel die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel die am wenigsten anstrengende und dem Gesundheitszustand des Versicherten am besten angepaßte Art der Reise sei. Die Benutzung von Kraftfahrzeugen sei dagegen in der Regel eher schädlich als nützlich. Sie weitgehend einzuschränken sei daher geboten. Bei dem heutigen Verkehr belaste die Benutzung eines Kraftfahrzeugs alle Fahrer in erheblichem Umfange. In besonderem Maße gelte dies für Versicherte, denen eir Heilverfahren bewilligt worden sei. Ein großer Teil von ihnen befinde sich vor Beginn der Heilmaßnahmen im Krankenhaus oder zumindest in ambulanter Behandlung und sei arbeitsunfähig. Auch stünden diese Versicherten nach den zumeist sehr anstrengenden Kurmaßnahmen unter medikamentösen Einflüssen und seien im Straßenverkehr besonders unfallgefährdet. Im allgemeinen werde den Versicherten nach Abschluß der Kur eine Arbeitsruhe von mindestens 7 Tagen verordnet, weil sich die Kur noch nachträglich auf den Gesundheitszustand fördernd auswirke und nicht durch sofortige Arbeitsaufnahme wieder ungünstig beeinflußt werden solle. Eine Fahrt im eigenen Kraftwagen ohne fremden Fahrer sei aber besonders auf längeren Strecken nicht weniger anstrengend als ein normaler Arbeitstag. Es liege deshalb im Interesse der Versicherten und der anderen Verkehrsteilnehmer, das Kraftfahrzeug zur An- und Abreise nicht zu benutzen.
Wenn das Kraftfahrzeug zum Kurort mitgebracht werde, werde es in der Regel während der Kur auch benutzt. Im Interesse des Kurerfolges sei es daher zweckmäßig, wenn die Beklagte die Mitnahme von Kraftfahrzeugen durch die ihr zur Verfügung stehenden Mittel möglichst einschränke; denn viele Versicherte hätten trotz ärztlichen Verbots der Benutzung eines Kraftfahrzeugs während der Kur Möglichkeiten gefunden, ihren Wagen zu benutzen, indem sie sie abseits ihres Kurheimes abstellten. Es sei der Beklagten jedoch nicht zu zumuten und auch unmöglich, auf Kosten der anderen Versicherten in Kurorten einen besonderen Überwachungsapparat zu unterhalten, um die Einhaltung des Verbots zu überprüfen.
Es sei deshalb kein Ermessensmißbrauch sondern sachdienlich, wenn die Beklagte grundsätzlich die Erstattung der Fahrtkosten in Höhe der Tarife der öffentlichen Verkehrsmittel bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs nur vornehme, wenn ärztliche Gründe dafür vorlägen und die Beklagte die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs vorher genehmigt habe. Die Maßnahme sei auch ein zur Erreichung der dargelegten Zwecke taugliches Mittel; die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, daß 80 bis 90 v. H. der Versicherten ihrer Empfehlung zur Nichtbenutzung des Kfz nachgekommen seien.
Die Bestimmungen der Rahmengrundsätze und Richtlinien verstießen auch nicht gegen Artikel 2 des Grundgesetzes (GG), denn dem Versicherten sei es freigestellt, Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Wenn er dies tue, dann müsse er sich den sachgemäßen und zweckentsprechenden Regelungen der Rahmengrundsätze und Richtlinien fügen. Ein generelles Verbot der Kraftfahrzeugbenutzung habe die Beklagte nicht erlassen.
Eine andere Beurteilung rechtfertige sich auch durch das Vorbringen des Klägers nicht, daß er an seinem Wohnort keine Garage besitze und im Falle eines Diebstahls Ersatzansprüche nicht rechtzeitig geltend machen könne. Dies seien Risiken, die sich aus der Kraftfahrzeughaltung schlechthin ergäben und die in gleicher Weise bestünden, wenn etwa einem alleinstehenden Hundebesitzer oder Eigentümer eines Einfamilienhauses ein Heilverfahren bewilligt werde; auch diese müßten entsprechende Vorsorgemaßnahmen auf eigene Kosten treffen. Die angefochtenen Bescheide seien aus all diesen Gründen nicht rechtswidrig.
Gegen das Urteil hat der Kläger Revision eingelegt, mit der er insbesondere geltend macht, zwischen dem Sinn und Zweck einer Heilkur und der Versagung der Fahrtkosten müsse eine sachgerechte Verhältnismäßigkeit vorliegen, an der es hier fehle. Die Heilkur bezwecke, dem Versicherten durch Gewährung von Maßnahmen die Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Nur insoweit könne der Versicherungsträger in die Sphäre des Versicherten eingreifen. Deshalb könne er auch nicht darauf Einfluß nehmen, daß ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit durch eine Pkw-Reise in keiner Weise berührt werde, die Eisenbahn zu benutzen habe. Tue er es dennoch, so habe er Mittel eingesetzt, die zu dem erstrebten Erfolg in keinem Verhältnis stünden. Solche Mittel seien sachfremd und willkürlich; sie stellten einen Ermessensmißbrauch dar. Der Versicherungsträger müsse seine Richtlinien dahin differenzieren, daß die Reise mit dem Pkw nur dann zur Versagung der Fahrtkosten führe, wenn im Einzelfall der Kurerfolg in Frage gestellt, zumindest beeinträchtigt werde.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers ist begründet.
Zu Unrecht hat das LSG in dem angefochtenen Urteil auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen. Im Ergebnis ist dem Urteil des SG beizupflichten. Auf die Revision des Klägers hin ist deshalb die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß dem Kläger kein Rechtsanspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zusteht, die ihm aus Anlaß des Heilverfahrens in Bad Rappenau entstanden sind. Bei der Erstattung der Kosten für die Beförderung des Versicherten von seinem Wohnort zum Kurort und zurück handelt es sich um eine Leistung, die als unselbständige Nebenleistung der Art der Leistung zuzurechnen ist, die durch sie erreicht werden soll. Hinsichtlich der Kostentragung ist sie wie die Leistung zu behandeln, zu der sie gehört. Die Beförderungskosten sind demnach Aufwendungen des Heilverfahrens. Das Heilverfahren ist zwar eine Regelleistung der Rentenversicherung. Auf sie besteht aber kein Rechtsanspruch. Auch wenn der Versicherungsträger das Heilverfahren bindend bewilligt hat, besteht auf die mit ihm zusammenhängende Nebenleistung der Erstattung der Beförderungskosten kein Rechtsanspruch; denn dadurch wird der Rechtscharakter der Nebenleistung als Leistung, die in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt ist, nicht geändert (vgl. hierzu BSG 20, 226; BSG in SozR Nr. 15 zu § 184 RVO; SozR Nr. 25 zu § 184 RVO = NJW 1970, 1251).
Ist die Erstattung der Fahrtkosten somit eine Leistung, über die die Beklagte nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden hat, so kann - wie das LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - der Bescheid vom 26. Mai 1966 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 1966 gemäß § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von den Gerichten nur insoweit geprüft werden, ob die Beklagte bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Entgegen der Ansicht des LSG hat die Beklagte aber mit der Ablehnung der Erstattung von Fahrtkosten in dem hier angefochtenen Bescheid von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.
In der Regel entspricht die Verwaltung ihrem pflichtgemäßen Ermessen, wenn sie sich bei der Regelung des Einzelfalles im Rahmen von Richtlinien hält, die von den dazu berufenen Selbstverwaltungsorganen des Versicherungsträgers besonders dafür erlassen sind, um die Ausübung eines dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Verwaltungsermessens und damit eine gleiche Behandlung aller Versicherten zu gewährleisten. Voraussetzung ist nur, daß die Richtlinien selbst ordnungsgemäß zustandegekommen sind und im Einklang mit dem Gesetz stehen, nämlich daß mit ihren Regelungen die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten sind und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. hierzu Jantz-Zweng, Rentenversicherung, 2. Aufl. § 1236 RVO Anm. III-S. 5; Peters-Sautter-Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit § 54 Anm. 2 f - S. 185/2 -). Die Beklagte meint, der hier angefochtene Bescheid sei nach den Rahmengrundsätzen und Richtlinien der BfA erlassen. Dies trifft indessen nicht zu.
Schon die nach Inkrafttreten der Neureglungsgesetze erstmalig erlassenen Rahmengrundsätze der BfA für die Gewährung von Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit von Versicherten bei allgemeinen Erkrankungen (nicht Tbc.) - beschlossen von der Vertreterversammlung der BfA am 26. Juli 1957 - DAngVers 1957, 240 - sahen vor, daß dem Versicherten die Fahrtkosten der An- und Abreise zum Kurort auch bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges in der Höhe zu erstatten sind, die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären. In § 11 Abs. 1 der Rahmengrundsätze von 1957 war zunächst die allgemein geltende Regelung getroffen, daß die BfA die notwendigen Fahrtkosten übernimmt, die anläßlich der Durchführung von Maßnahmen entstehen. Sodann war in § 11 Abs. 2 hinsichtlich der Höhe der zu erstattenden Kosten vorgeschrieben, daß die Fahrtkosten in der Regel für die 2. Eisenbahnklasse vom Wohnort des Versicherten bis zum Zielort und zurück nach dem günstigsten Bahntarif und für den kürzesten Reiseweg übernommen werden. Zwar war in § 11 Abs. 4 besonders vorgesehen, daß die Kosten für die Benutzung eines Kraftwagens oder Krankentransportwagens nur übernommen werden können, wenn die Notwendigkeit des Transportes ärztlich bescheinigt und von der BfA vorher anerkannt worden ist. Diese Vorschrift sollte aber besagen, daß in diesen Fällen die vollen durch Benutzung eines Kraftwagens oder Krankentransportwagens dem Versicherten tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten sind, auch soweit sie die Kosten übersteigen, die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären; denn in § 11 Abs. 6 war des weiteren geregelt, daß dem Versicherten die nachgewiesenen Auslagen bis zur Höhe der nach den Absätzen 1 bis 5 begründeten Kosten ersetzt werden können, wenn der Versicherte eine andere Art von Beförderungsmitteln oder einen anderen als den in den Absätzen 1 bis 5 vorgesehenen Weg wählt. Von dieser Vorschrift war auch erfaßt, daß dem Versicherten bei Benutzung eines Kraftwagens die Auslagen jedenfalls bis zu der Höhe zu erstatten sind, wie sie nach den Absätzen 1 bis 5 ersetzt werden, also mindestens die Fahrtkosten für die 2. Eisenbahnklasse, wie dies in § 11 Abs. 2 vorgesehen war.
Die Selbstverwaltungsorgane der BfA haben sodann im Jahre 1961 neue Richtlinien über die Gewährung von Nebenleistungen während der Durchführung von Gesundheitsmaßnahmen beschlossen, nämlich die Richtlinien der BfA für Regelleistungen - ausgenommen das Übergangsgeld - aus Anlaß der Durchführung von Gesundheitsmaßnahmen nach § 13 ff AVG (DAngVers 1961, 225 ff), die hier, soweit sie die Reisekostenerstattung betreffen, unverändert (vgl. DAngVers 1965, 84 und 1967, 16) in Betracht kommen. In diesen Richtlinien von 1961 ist zunächst ebenfalls festgelegt, daß die BfA die Kosten der Hin- und Rückfahrt zwischen dem Wohnort und dem Ort, an dem die von ihr veranlaßten Maßnahmen durchgeführt werden, übernimmt, und zwar in Höhe der Tarife öffentlicher Verkehrsmittel - Straßenbahn, Autobus, Eisenbahn 2. Klasse ggf. mit Zuschlägen - (I. Abschnitt A. Reisekosten Nr. 1). In Nr. 3 dieser Bestimmung ist gleichfalls die Regelung getroffen, daß die Kosten eines Kraftwagen- oder Krankenwagentransportes übernommen werden, wenn die Notwendigkeit dieses Transportes ärztlich bescheinigt und vom Versicherungsträger - außer in Notfällen - vorher anerkannt worden ist. Zwar enthalten die Richtlinien von 1961 keine Regelung mehr, wie sie in § 11 Abs. 6 der Rahmengrundsätze von 1957 niedergelegt war, nämlich daß dem Versicherten Fahrtkosten bis zur Höhe der nach den Absätzen 1 bis 5 begründeten Kosten ersetzt werden, wenn er eine andere Art von Beförderungsmitteln, also ein privates Kraftfahrzeug wählt. Dafür ist in den Richtlinien von 1961 unter "Anmerkungen" zu Abschnitt I A aber ausdrücklich und besonders vorgeschrieben, daß den Patienten, die anstelle öffentlicher Verkehrsmittel mit Kraftfahrzeugen an und abreisen, die Fahrtkosten erstattet werden können, die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären. Die Richtlinien der BfA von 1961 sehen also in Übereinstimmung mit den Rahmengrundsätzen der BfA von 1957 eine Fahrtkostenerstattung auch bei Benutzung von eigener oder privaten Kraftfahrzeugen vor.
Der hier angefochtene Bescheid beruht in Wirklichkeit weder auf den Rahmengrundsätzen von 1957 noch auf den Richtlinien von 1961, sondern auf dem Beschluß des Vorstandes der BfA vom 13. Oktober 1965. Dieser Vorstandsbeschluß weicht aber mit seiner speziellen Regelung über die Fahrtkostenerstattung bei Kraftfahrzeugbenutzung von den Rahmengrundsätzen und Richtlinien der BfA grundsätzlich ab, denn er trägt nicht mehr der dort allgemein vorgesehenen Regelung Rechnung, daß die BfA die Kosten der Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnort und Kurort übernimmt, sondern schließt bei Benutzung von Kraftfahrzeugen für die An- und Abreise zum Kurort die Fahrtkostenerstattung in der Regel aus; nur wenn vorher durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen ist, daß wegen der Schwere der Behinderung die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zugemutet werden kann, und wenn die BfA dies vorher anerkannt hat, werden Fahrtkosten bei Kraftfahrzeugbenutzung erstattet. Diesem Vorstandsbeschluß kann indessen die Bedeutung einer Richtlinie der BfA nicht beigemessen werden. Gemäß § 5 Abs. 2 Buchst. a der Satzung der BfA (DAngVers 1954/55, 14 ff) beschließt die Vertreterversammlung in Übereinstimmung mit dem Vorstand über Richtlinien für die Gewährung von Heilverfahren. Das gleiche besagt § 10 Abs. 3 Buchst. a der Satzung für den Vorstand. Ein Beschluß der Vertreterversammlung der BfA, daß der Vorstandsbeschluß vom 13. Oktober 1965 als Richtlinie i. S. dieser Satzungsbestimmungen zu gelten habe, liegt bisher nicht vor. Der Vorstandsbeschluß konnte deshalb die geltenden Richtlinien der BfA auch nicht ändern.
Die Versagung der Erstattung von Reisekosten in dem hier angefochtenen Bescheid kann demnach nicht deshalb schon als ermessensfehlerfrei beurteilt werden, weil der Bescheid sich im Rahmen der Regelungen halte, die in den Richtlinien der BfA für die Ausübung des Verwaltungsermessens erlassen sind.
Nachdem durch die Richtlinien von 1961 (Anmerkung zu Abschnitt I A) bereits die Regelung dahin getroffen ist, daß die Versicherten für die An- und Abreise zum und vom Kurort ein Kraftfahrzeug benutzen dürfen und daß ihnen Fahrtkosten in der Höhe erstattet werden, die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittelentstanden wären, war die Verwaltung der Beklagten, bei der hier zu treffenden Entscheidung eines Einzelfallos auch gehalten, sich nach den für sie bindenden Richtlinien zu richten.
Der Senat ist der Auffassung, daß die Geschäftsführung der BfA bei Führung der laufenden Verwaltungsgeschäfte in ihrer Ermessensausübung an die satzungsgemäß, von den dazu berufenen Organen der BfA aufgestellten Richtlinien zur Durchführung von Gesundheitsmaßnahmen gebunden ist. Bei der Entscheidung im Einzelfall darf sie von den durch die Richtlinien erteilten Anweisungen für die Ausübung des Verwaltungsermessens nicht abweichen.
Nach § 20 Abs. 1 der Satzung der BfA (DAngVers 1954/55, 14 ff) haben die Mitglieder der Geschäftsführung die laufenden Verwaltungsgeschäfte der BfA zu führen. Laufende Verwaltungsgeschäfte sind insbesondere gemäß § 20 Abs. 2 Buchst. c der Satzung die Bewilligung von Heilverfahren und Einzelmaßnahmen auf dem Gebiet der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge im Rahmen der allgemeinen Richtlinien (vgl. § 5 Abs. 2 Buchst. a und b sowie § 10 Abs. 3 Buchst. a und b der Satzung).
Die Richtlinien der BfA für die Gewährung von Regelleistungen besitzen zwar keine Rechtsnormkraft in dem Sinne, daß der einzelne Versicherte unmittelbar aus ihnen einen materiellen Rechtsanspruch auf Gewährung der in den Richtlinien vorgesehenen Leistungen herleiten kann. Die Richtlinien beinhalten aber bereits - gewissermaßen vorweggenommen - die Ausübung des der Verwaltung, hier der BfA als Versicherungsträger vom Gesetz zur Durchführung der ihr übertragenen Aufgaben eingeräumten und des ihr damit zustehenden Ermessens. Sie haben den Zweck und verfolgen ihrerseits die Aufgabe sicherzustellen, daß von der Verwaltung der BfA, insbesondere also der Geschäftsführung bei Durchführung der laufenden Verwaltungsgeschäfte der gesetzliche Auftrag bei der Ermessensausübung im Einzelfall nach dem Willen und nach der Vorstellung der Selbstverwaltungsorgane der BfA erfüllt wird. Mit dem Erlaß der Richtlinien durch die Organe der BfA ist also bereits in einem Akt der Selbstbindung das der BfA zustehende Ermessen konkretisiert (vgl. hierzu Jantz/Zweng, Rentenversicherung 2. Aufl. § 1236 Anm. III - S. 5), so daß die Geschäftsführung der BfA bei der Entscheidung über Leistungen, die das Gesetz in das Ermessen der Verwaltung gestellt hat, auch nur im Rahmen dieses bereits durch die Aufstellung der Richtlinien ausgeübten Ermessens handeln darf. Wenn dem Versicherten auch kein Rechtsanspruch auf die Gewährung der in den Richtlinien vorgesehenen Ermessensleistungen zusteht, so hat dies doch zur Folge, daß nur eine solche Entscheidung der Geschäftsführung im Einzelfall der pflichtgemäßen Ermessensausübung entspricht, die mit dem objektiven Inhalt der in den Richtlinien festgelegten Regelungen übereinstimmt. Die von den Selbstverwaltungsorganen der BfA aufgestellten Richtlinien betreffend die Gewährung von Regelleistungen, die in das Ermessen der BfA gestellt sind, bewirken also anderes als bloße nur vom Vorstand der BfA erlassene Verwaltungsvorschriften, -grundsätze oder -anweisungen für die Geschäftsführung bei Bewilligung von Heilverfahren eine Bindung des Verwaltungsermessens, und zwar nicht nur um ein einheitliches, d. h. für alle Versicherten gleiches Handeln der Geschäftsführung zu gewährleisten, sondern vor allem auch um sicherzustellen, daß die Geschäftsführung mit ihren Entscheidungen im Einzelfall die Ziele verwirklicht, die nach dem Willen der Selbstverwaltungsorgane der BfA erreicht werden sollen (vgl. hierzu BSG 29, 246). Dem trägt auch die Satzung der BfA Rechnung, die in § 20 Abs. 2 Buchst. c ausdrücklich vorsieht, daß die Mitglieder der Geschäftsführung die Bewilligung von Heilverfahren im Rahmen der allgemeinen Richtlinien durchzuführen haben.
Die Beklagte beruft sich zwar darauf, durch die Verwendung des Wortes "können" in der Anmerkung zu Abschnitt I A der Richtlinien von 1961 ergebe sich, daß es in das weitere Ermessen der entscheidenden Verwaltungsstelle gestellt sei, die Erstattung der Fahrtkosten in diesen Fällen auch abzulehnen; der Vorstandsbeschluß halte sich daher im Rahmen der Richtlinien; in dem angefochtenen Bescheid seien über den Vorstandsbeschluß auch die Richtlinien der BfA angewandt. Dem kann indessen nicht beigepflichtet werden.
Das Wort "können" ist in dieser Bestimmung offensichtlich nur in dem Sinne gebraucht, daß der Charakter der Leistung als Ermessensleistung gekennzeichnet bleiben sollte. Sinngemäß stimmt die hier gewählte Fassung mit den Formulierungen überein, die auch in anderen Bestimmungen der Richtlinien verwandt werden, und zwar in der Bedeutung, daß den Patienten, die anstelle öffentlicher Verkehrsmittel mit Kraftfahrzeugen an- und abreisen, "nur die Fahrtkosten erstattet werden können, die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären". Die Selbstverwaltungsorgane der BfA haben aber mit dieser Regelung den Verwaltungsstellen die Anweisung erteilt, bei Ausübung des Ermessens im Einzelfall die Kosten wie vorgesehen zu erstatten. Mit dem Ausdruck "können" werden in den Richtlinien von 1961 ebenso wie in den Rahmengrundsätzen von 1957 auch solche Leistungen bezeichnet, die von der Verwaltung als Ermessensleistungen zu übernehmen, also den Versicherten zu gewähren sind, wie sich aus den Vorschriften im I. Abschnitt B Nr. 3 insbesondere Nr. 5 der Richtlinien von 1961 ergibt. Die BfA hatte in den wenigen Fällen, in denen die Durchführung stationärer Maßnahmen von einer anderweitigen Betreuung oder Unterbringung der Kinder des Erkrankten abhängig war, auch bisher schon die hierfür aufzuwendenden Kosten übernommen. Eine entsprechende Regelung ist in den Richtlinien von 1961 aufgenommen worden (vgl. Kugler DAngVers 1961, 223, 224). Hier aber heißt es ebenfalls, daß die hierfür aufzuwendenden Kosten ganz oder teilweise übernommen werden können (I. Abschnitt B Nr. 5 der Richtlinien von 1961). Auch in § 11 Abs. 4 der Rahmengrundsätze von 1957 ist gesagt, wie bereits ausgeführt, daß die Kosten für die Benutzung eines Kraftwagens oder Krankentransportwagens nur übernommen werden können, wenn die Notwendigkeit des Transportes ärztlich bescheinigt und von der BfA vorher anerkannt worden ist. Gleichwohl kann dies nur bedeuten, daß die Kosten für die Benutzung eines Kraftwagens bei der Entscheidung im Einzelfalle dem Versicherten zu erstatten sind, wenn die ärztliche Bescheinigung beigebracht war und die BfA die Notwendigkeit des Transportes vorher anerkannt hat.
Daß sich die BfA in ihren dafür zuständigen Selbstverwaltungsorganen den Vorstandsbeschluß nicht zu eigen gemacht hat, muß auch aus den Rahmengrundsätzen des Jahres 1967 (DAngVers 1967, 32) geschlossen werden; denn hier ist in § 12 a bestimmt, daß sich die Gewährung der Nebenleistungen nach den Richtlinien der BfA für Regelleistungen - ausgenommen das Übergangsgeld - aus Anlaß der Durchführung von Gesundheitsmaßnahmen nach § 13 ff AVG in ihrer jeweils geltenden Fassung richtet. Die Richtlinien, und das sind hinsichtlich der Reisekostenerstattung weiterhin die aus dem Jahre 1961, sehen aber anders als der Vorstandsbeschluß vor, daß bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs für die An- und Abreise zum Kurort die Fahrtkosten in der Höhe erstattet werden, die bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären.
Diese Regelung stimmt auch allein überein mit den Vorschriften über die Fahrtkostenerstattung bei Kraftfahrzeugbenutzung für die An- und Abreise zum Kurort zwecks Durchführung eines Heilverfahrens, wie sie für die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes und für die unter das Bundesversorgungsgesetz (BVG) fallenden Personen gelten. In den §§ 5 und 6 des Bundesreisekostengesetzes vom 20. März 1965 (BGBl I 133) ist für die Kostenerstattung bei Dienstreisen, die der Beamte mit einem ihm gehörenden Kraftfahrzeug zurückgelegt hat, eine nach Art des benutzten Kraftfahrzeugs abgestufte Wegstreckenentschädigung vorgesehen. Dadurch darf jedoch die Reisekostenerstattung nicht höher werden als beim Benutzen eines regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels. Diese für Bundesbeamte getroffene Reisekostenregelung hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bereits mit seinem Rundschreiben vom 28. Juni 1966 "betr. Reisekostenersatz für Versorgungsberechtigte aus Anlaß von Heilbehandlung, Krankenbehandlung und Beweiserhebung (§ 24 BVG und § 32 VfG)" zur Handhabung bei Reisen von Versorgungsberechtigten übernommen (BVBl 1966, 83) und durch seine Bekanntmachung vom 23. Juni 1967 (BVBl 1967, 98) aufrechterhalten.
Da die Beklagte sich sonach nicht an die für sie allein maßgebenden Richtlinien gehalten hat, sondern von ihnen abgewichen ist, kann die in dem angefochtenen Bescheid getroffene Regelung schon aus diesem Grunde nicht als ermessensfehlerfrei beurteilt werden.
Selbst wenn aber die Verwaltung der BfA an den Beschluß des Vorstandes als interne Verwaltungsanweisung gebunden war und ihn bei ihrer Ermessensentscheidung zu beachten hatte, der Vorstandsbeschluß also wie eine Richtlinie der BfA zu behandeln wäre, kann der Bescheid gleichwohl nicht als rechtmäßiges Ermessenshandeln angesehen werden; denn die in ihm erfolgte Ablehnung der Fahrtkostenerstattung ist auch dann nicht frei von einem Ermessensfehlgebrauch.
Sowohl die Richtlinien als auch die internen Verwaltungsanweisungen der BfA binden die Verwaltung bei Ausübung ihres Verwaltungsermessens nur dann, wenn sie sich im Rahmen der Ermächtigung halten. Sie müssen dem gesetzlichen Zweck der Ermächtigung entsprechen, insbesondere also mit den Zielen übereinstimmen, die mit dem Gesetz verfolgt werden. Der Zweck der in den §§ 13 ff AVG der BfA erteilten Ermächtigung, Gesundheitsmaßnahmen für die Versicherten durchzuführen, liegt bei Gewährung eines Heilverfahrens darin, es so zu gestalten, daß es mit dem Erfolg der Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten abgeschlossen werden kann. Im Vordergrund steht mithin der mit dem Heilverfahren für den einzelnen Versicherten erstrebte Kurerfolg. Zwar kann es im Einzelfall aus medizinischen Gründen für die Erreichung des mit dem Heilverfahren erstrebten Kurerfolges von Bedeutung sein, welches Beförderungsmittel der Versicherte für seinen Weg zwischen Wohnort und Kurort benutzt. Dem Versicherungsträger ist es daher auch nicht schlechthin verwehrt, darauf Einfluß zu nehmen, wie der einzelne Versicherte zur Durchführung des ihm bewilligten Heilverfahrens von seinem Wohnort zum Kurort und zurück reist. Es ist aber nicht Aufgabe und Sache des Versicherungsträgers und es hält sich auch nicht im Rahmen der Durchführung eines gewährten Heilverfahrens, wenn die BfA aus allgemeinen verkehrspolizeilichen Gesichtspunkten Belange vertritt und Maßnahmen ergreift, um der Benutzung eigener Kraftfahrzeuge durch die Versicherten auf den öffentlichen Verkehrswegen und insbesondere in den Kurorten entgegenzuwirken. Hierfür ist ihr die gesetzliche Ermächtigung im Rahmen der §§ 13 ff AVG nicht erteilt worden. Soweit durch den zunehmenden allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr in den Kurorten, der zudem keineswegs nur durch die Versicherten verursacht wird, Erscheinungen auftreten, die den Erfolg der den Versicherten in den Kurorten gewährten Heilverfahren in Frage stellen, so sind dafür andere Stellen zuständig, deren Maßnahmen sich sodann gegen alle Verkehrsteilnehmer in den jeweiligen Kurorten und nicht nur gegen eine besondere Gruppe, nämlich nur gegen die bei der BfA Versicherten richten würden. Nur wenn durch das Autofahren des einzelnen Versicherten der Kurerfolg des ihm bewilligten Heilverfahrens, also die Heilmaßnahme als solche wesentlich beeinträchtigt würde, was im Einzelfall auf Grund einer ärztlichen Beurteilung festgestellt werden müßte, könnte die BfA gegen den einzelnen Versicherten Maßnahmen für eine entsprechende Einschränkung bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen durchführen. Die BfA ist aber nicht im Rahmen der ihr in den §§ 13 ff AVG erteilten Ermächtigung berechtigt, die Erstattung von Fahrtkosten schematisch, d. h. ohne Rücksicht auf die Verhältnisse des Einzelfalles und nur deshalb zu versagen, weil der Versicherte für die Fahrt zwischen Wohnort und Kurort zur Durchführung eines ihm gewährten Heilverfahrens sein eigenes Kraftfahrzeug und nicht öffentliche Verkehrsmittel benutzt hat.
Zwar hat die BfA kein allgemeines Verbot der Pkw-Benutzung für die Reise zwischen Wohnort und Kurort ausgesprochen.
Durch die Nichterstattung von Reisekosten bei Benutzung von privaten Kraftfahrzeugen beeinflußt sie jedoch mit ökonomischen Mitteln die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Versicherten in einem von dem Zweck der Ermächtigung nicht gedeckten Maße. Mag aus allgemeinen gesundheits- und verkehrspolitischen Gründen auch jede Maßnahme begrüßenswert sein, die dazu beiträgt, den Personenkraftverkehr auf den öffentlichen Verkehrswegen insbesondere in einem Kurort einzuschränken, so ist es doch der Beklagten verwehrt, im Rahmen der ihr nach den Vorschriften der §§ 13 ff AVG obliegenden Aufgaben dadurch zu diesen Zielen beizutragen, daß sie die Erstattung der Fahrtkosten für die Beförderung eines Versicherten zwischen Wohnort und Kurort davon abhängig macht, daß er die öffentlichen Verkehrsmittel und nicht ein Kraftfahrzeug benutzt. Mit dieser Maßnahme verfolgt die Beklagte ein Ziel, das von dem gesetzlichen Zweck der ihr erteilten Ermächtigung, über die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen nach ihrem Ermessen zu entscheiden, nicht umfaßt wird.
In dem hier angefochtenen Bescheid ist dem Kläger die Erstattung von Fahrtkosten nur deshalb versagt worden, weil er sein eigenes Kraftfahrzeug und nicht die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt hat. Von der Beklagten ist nicht dargetan und es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, daß für die in dem angefochtenen Bescheid getroffene Regelung gesundheitliche Gründe maßgebend waren, weil nämlich im Hinblick auf den Krankheitszustand des Klägers durch die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeuges der Erfolg des ihm bewilligten Heilverfahrens in Frage gestellt gewesen ist. Das SG hat deshalb den Bescheid zu Recht aufgehoben.
Das Urteil des LSG ist aus diesen Gründen aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1669436 |
BSGE, 258 |
NJW 1971, 76 |