Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung - Beitragspflicht - Versorgungsbezüge - schuldrechtlicher Versorgungsausgleich - Abtretung - geschiedener Ehepartner - Beitragsminderung - Begriff Zahlbetrag - Unterscheidung zwischen Abtretung und Übertragung bzw dinglichem und schuldrechtlichem Versorgungsausgleich
Leitsatz (redaktionell)
In der Krankenversicherung bleiben Versorgungsbezüge auch insoweit beitragspflichtig, als sie im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs an den geschiedenen Ehepartner abgetreten worden sind.
Orientierungssatz
1. Unter "Zahlbetrag" ist nach dem Wortsinn nicht der Betrag gemeint, den der Versorgungsberechtigte tatsächlich erhält, sondern derjenige, den der Versorgungsträger (Zahlstelle) insgesamt zur Erfüllung des Versorgungsanspruchs auszahlt.
2. Zur Unterscheidung zwischen Abtretung des Anspruchs auf Rentenleistungen einerseits und Übertragungen der Versorgungsberechtigung als solcher (des "Stammrechts") andererseits.
3. Zur Unterscheidung zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Versorgungsausgleich.
Normenkette
BGB §§ 1587h, 1587g; RVO § 180 Abs. 8 S. 2 Nr. 5 Fassung 1981-12-01; SGB V § 229 Abs. 1 Nr. 5 Fassung 1988-12-20; RVO § 180 Abs. 5 Nr. 2 Fassung 1981-12-01; SGB V § 237 S. 1 Nr. 2 Fassung 1988-12-20
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 20.05.1992; Aktenzeichen L 4 Kr 170/91) |
SG Lüneburg (Entscheidung vom 21.10.1991; Aktenzeichen S 9 Kr 70/90) |
Tatbestand
Umstritten ist die Höhe des Beitrages zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der Kläger ist als Rentner krankenversicherungspflichtig und Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 862,00 DM (ab Juli 1989: 914,60 DM) bezog er von seiner früheren Arbeitgeberin, der Beigeladenen, eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 4.270,00 DM. In einem Scheidungsfolgeverfahren wurde der Kläger durch Beschluß des Amtsgerichts vom 12. Mai 1989 verpflichtet, seiner geschiedenen Ehefrau vom 1. Februar 1988 an aus der Betriebsrente eine schuldrechtliche Ausgleichsrente von 1.820,00 DM monatlich zu zahlen und ihr in dieser Höhe die Versorgungsansprüche gegen seine frühere Arbeitgeberin abzutreten. Sein im Rahmen einer "Anhörung" zur Beitragsfestsetzung geäußertes Begehren, den Beitrag zur Krankenversicherung entsprechend zu mindern, hatte keinen Erfolg. Mit Bescheid vom 2. Oktober 1989 setzte die Beklagte den auf die Betriebsrente entfallenden Beitrag zur KVdR für die Zeit vom 1. Juli 1989 an auf monatlich 236,10 DM fest. Weil die Rente aus der Rentenversicherung und die Betriebsrente zusammen die Beitragsbemessungsgrenze überschritten, zog die Beklagte die Betriebsrente nur insoweit zur Beitragsberechnung heran, als sie zusammen mit der Rente aus der Rentenversicherung die Beitragsbemessungsgrenze erreichte; im übrigen blieb die Betriebsrente beitragsfrei. Die Erhöhung des Zahlbetrags der Rente aus der Rentenversicherung zum 1. Juli 1989 auf 914,60 DM führte demgemäß bei einer Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 4.575,00 DM zu beitragspflichtigen Versorgungsbezügen in Höhe von 3.660,40 DM. Gleichzeitig lehnte es die Beklagte ab, die Beitragspflicht für die Zeit ab 1. Februar 1988 auf die um die Ausgleichsrente geminderten Versorgungsbezüge, also auf den an den Kläger tatsächlich ausgezahlten Betrag zu beschränken.
Im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluß des Amtsgerichts wurde die schuldrechtliche Ausgleichsrente durch Vergleich vom 2. Mai 1990 vor dem Oberlandesgericht (OLG) auf 1.718,00 DM monatlich ermäßigt. Zur Berechnung der Ausgleichsrente wurde vom Bruttobetrag der Betriebsrente (monatlich 4.270,00 DM) ein darauf entfallender Beitrag von 240,00 DM abgezogen und der Rest unter Berücksichtigung der Ehezeit aufgeteilt.
Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 2. Oktober 1989 blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1990; Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 21. Oktober 1991). Mit Urteil vom 20. Mai 1992 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung im wesentlichen zurückgewiesen. Die Betriebsrente unterliege der Beitragspflicht, auch soweit der Kläger sie im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs an seine geschiedene Ehefrau abgetreten habe. Ebensowenig wie durch die Erfüllung einer Unterhaltsforderung werde die Beitragspflicht durch die Abtretung gemindert, denn der Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich sei einem Unterhaltsanspruch ähnlich. Das Grundgesetz (GG) sei nicht verletzt. Der Gesetzgeber sei im Hinblick auf die für die betriebliche Altersversorgung geltenden Besonderheiten nicht gehalten gewesen, auch Betriebsrenten im Rahmen des Versorgungsausgleichs der Realteilung oder dem Rentensplitting zu unterwerfen. Allerdings obliege es seit dem 1. Januar 1989 nicht mehr den Krankenkassen, sondern den Zahlstellen der Versorgungsbezüge, die Beiträge einzuziehen. Deshalb habe die im angefochtenen Bescheid verfügte Beitragszahlung durch den Kläger aufgehoben werden müssen.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) und des Sozialstaatsprinzips (Art 20 Abs 1 GG). Die Abtretung der Betriebsrente im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sei mit anderen Abtretungen nicht vergleichbar; vielmehr müsse die Betriebsrente wie eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung behandelt werden, die teilweise auf den geschiedenen Ehepartner übertragen worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 20. Mai 1992 und des SG vom 21. Oktober 1991 sowie
den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 1989 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 1990 abzuändern und festzustellen, daß
der von ihm an seine geschiedene Ehefrau abgetretene Teil seiner von der
Beigeladenen bezogenen Betriebsrente nicht der Beitragspflicht zur
Krankenversicherung der Rentner unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Revision für unbegründet.
Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Die verbundene Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Umstritten im Revisionsverfahren ist die in einem getrennten Verfügungssatz des Bescheids vom 2. Oktober 1989 getroffene Feststellung, daß die Abtretung und Auszahlung eines Teils der Betriebsrente an die geschiedene Ehefrau bei der Beitragsberechnung ab 1. Februar 1988 nicht beitragsmindernd wirkt. Im übrigen, also insbesondere hinsichtlich des Beitragseinzugs ab 1. Juli 1989, ist das Urteil des LSG nicht angefochten und daher rechtskräftig. Dem hat der Kläger Rechnung getragen, indem er seinen Antrag als Abänderungsklage formuliert hat.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Betriebsrente ungeachtet der Abtretung insoweit der Beitragspflicht unterliegt, als sie zusammen mit der Rente aus der Rentenversicherung die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt.
Der Beitrag des als Rentner krankenversicherungspflichtigen Klägers ist außer nach dem Zahlbetrag der Rente aus der Rentenversicherung nach dem Zahlbetrag der Betriebsrente zu berechnen. Dies ergibt sich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1988 aus § 180 Abs 5 Nr 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO), der gemäß § 514 Abs 2 iVm § 385 Abs 2a Satz 1 RVO auf Mitglieder von Ersatzkassen entsprechende Anwendung findet. Für die Zeit danach enthält § 237 Satz 1 Nr 2 iVm § 223 Abs 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) die gleiche Regelung. Daß die Betriebsrente zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen gehört, ergibt sich aus § 229 Abs 1 Nr 5 SGB V (§ 180 Abs 8 Satz 2 Nr 5 RVO) und wird vom Kläger nicht angezweifelt.
Der nach § 237 Satz 1 Nr 2 SGB V (§ 180 Abs 5 Nr 2 RVO) maßgebende Zahlbetrag der Versorgungsbezüge wird durch eine Abtretung des Anspruchs auf einen Teil der Betriebsrente nicht gemindert. Was unter "Zahlbetrag" zu verstehen ist, regelt das Gesetz nicht ausdrücklich. Nach dem Wortsinn ist damit jedoch nicht der Betrag gemeint, den der Versorgungsberechtigte tatsächlich erhält, sondern derjenige, den der Versorgungsträger (Zahlstelle) insgesamt zur Erfüllung des Versorgungsanspruchs auszahlt.
Diese Auslegung wird durch die rechtssystematische Unterscheidung zwischen Abtretungen des Anspruchs auf Rentenleistungen einerseits und Übertragungen der Versorgungsberechtigung als solcher (des "Stammrechts") andererseits bestätigt. Eine Abtretung ändert ebensowenig etwas an der Rechtszuständigkeit für das dem einzelnen Zahlungsanspruch zugrundeliegende Stammrecht wie eine Pfändung, eine Aufrechnung, eine Verrechnung oder eine Abzweigung. Das wird sichtbar, wenn eine Abtretung die Leistung in ihrer vollen Höhe erfaßt, so daß der Stammberechtigte tatsächlich nichts mehr erhält, denn auch dann gilt er hinsichtlich etwaiger, die Leistung berührender Entscheidungen weiterhin als rechtlich Betroffener (vgl BSGE 48, 159, 162 = SozR 2200 § 119 Nr 1 S 4; bei Rückforderungen BSG SozR 1300 § 50 Nr 10). Bei einer Übertragung oder Aufteilung des Stammrechts dagegen ist der frühere Berechtigte von der Einflußnahme auf das ihm nicht mehr zustehende Stammrecht rechtlich ausgeschlossen - und zwar auch, wenn es sich auf die Ansprüche aus dem ihm verbliebenen Teil des Stammrechts auszuwirken droht (vgl BVerfGE 83, 182 = SozR 3-1100 Art 19 Nr 2; BSGE 61, 27 = SozR 1500 § 54 Nr 71). Der Abtretung oder den genannten anderen Rechtsinstituten wohnt im Gegensatz zur endgültig wirkenden Übertragung des Stammrechts auch insofern ein Element des Vorläufigen inne, als die unverminderte Leistung des Gesamtbetrags durch den Versorgungsträger an den Berechtigten wieder einsetzt, sobald die Abtretung ihre Wirkung verliert; die Voraussetzungen der Stammberechtigung sind dabei nicht zu überprüfen. Erhält demgegenüber der frühere Berechtigte das Stammrecht (teilweise) zurückübertragen, ist eine Wiederaufnahme oder Erhöhung des Leistungsbezugs ohne Überprüfung seiner Voraussetzungen nicht selbstverständlich. Die fortbestehende Rechtszuständigkeit für abgetretene Ansprüche kommt auch im Recht des Versorgungsausgleichs zum Ausdruck: Der Inhaber des Stammrechts kann sich gegenüber einem Ausgleichsanspruch seines früheren Ehegatten auf Abtretungen an Dritte nicht mit Erfolg berufen (BGH FamRZ 1988, 936, 939). Bei einer Übertragung des Stammrechts würde das Ergebnis anders lauten.
Dieses Verständnis vom "Zahlbetrag" der Versorgungsbezüge (ohne Abtretungen, Pfändungen, Aufrechnungen, Verrechnungen und Abzweigungen) ist nicht nur für das Recht der Leistungserbringung, sondern auch für das Beitragsrecht maßgebend (so auch Gerlach in Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch, K § 229 SGB V RdNr 15; Heinze in Gesamtkommentar Sozialversicherung § 180 RVO Anm 14 und § 226 SGB V Anm 5, 6). Allein der Empfang einer Leistung vom Rentenversicherungsträger löst nämlich die Versicherungs- und Beitragspflicht in der KVdR nicht aus, vielmehr muß die Rentenberechtigung als solche entstanden sein: § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V macht ebenso wie früher § 165 Abs 1 Nr 3 RVO die Versicherungspflicht davon abhängig, daß der Rentenbezieher die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Rentenanspruchs erfüllt, also Inhaber des Rentenstammrechts ist. Die Verknüpfung von Beitragspflicht und Rentenstammrecht ist ein gewichtiges Indiz dafür, daß sich auch die Beitragsberechnung von Versorgungsbezügen nach der Versorgungsberechtigung iS eines Stammrechts und nicht nach dem tatsächlichen Empfang einer Geldsumme vom Versorgungsträger richtet. Die Abspaltung der Beitragslast vom Stammrecht oder ihre Verteilung auf die jeweiligen Empfänger von Teilbeträgen wäre im übrigen mit erheblichen zusätzlichen Schwierigkeiten beim Beitragseinzug verbunden. Dafür, daß der Gesetzgeber sie gewollt oder auch nur in Kauf genommen hätte, ergeben die einschlägigen Vorschriften weder im alten Recht (§ 317 Abs 8, § 393a RVO) noch im neuen Recht (§ 256 SGB V) einen Anhalt. Die Aufteilung unter eine Mehrheit von Gläubigern ist ihnen vielmehr fremd.
Der Ansicht des Klägers, diese Grundsätze seien auf die Abtretung von Versorgungsbezügen im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nicht anzuwenden, vermag der Senat nicht zu folgen.
Zwischen den beiden Grundformen des Versorgungsausgleichs, der Übertragung oder Begründung von Versorgungsanwartschaften einerseits ("dinglicher Versorgungsausgleich") und dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich andererseits, besteht der gleiche rechtssystematische Unterschied wie er oben zwischen einem endgültigen Übergang des Stammrechts und einer lediglich anderweitigen Auszahlung dargelegt wurde. Der Versorgungsausgleich in allen Formen der "dinglichen" oder "versorgungsrechtlichen" Aufteilung von Versorgungsrechten (Rentensplitting, Realteilung, Quasi-Splitting und Super-Splitting nach § 1587b Abs 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ≪BGB≫, § 1 Abs 2 und 3, sowie § 3b Abs 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich ≪VAHRG≫ in der seit 1. Januar 1987 geltenden Fassung, BGBl I 1986, 2317) begründet oder erweitert ein Versorgungsstammrecht des Ausgleichsberechtigten und führt zu einem entsprechenden Rechtsverlust beim Ausgleichsverpflichteten. Die Beitragspflicht in der KVdR ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach mit dem Rentenstammrecht verknüpft, so daß durch die versorgungsrechtlich wirksame Teilung von Anwartschaften eine etwaige Beitragslast des Ausgleichsberechtigten gegebenenfalls begründet oder erhöht, die bestehende Beitragslast des Ausgleichsverpflichteten aber gemindert wird. Demgegenüber wird durch den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587f BGB, § 2 VAHRG dem Ausgleichsberechtigten kein Versorgungsstammrecht übertragen, so daß der Ausgleichsverpflichtete ein solches Recht auch nicht verliert. Stattdessen muß er im Versorgungsfall die aus dem ihm verbleibenden Stammrecht fließenden Zahlungen mit dem geschiedenen Ehepartner teilen (§ 1587g Abs 1 BGB); zur Sicherung dieses Anspruchs ist er nach § 1587i BGB verpflichtet, den ihm zustehenden Zahlungsanspruch teilweise abzutreten. Da kein Stammrecht übertragen wird, gibt es auch keine Handhabe, die Beitragspflicht zu mindern oder abzuspalten. Andernfalls würde beitragsrechtlich eine "dingliche" Teilung vorgenommen, die dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht entspräche.
Dem können die Besonderheiten des Rechts des Versorgungsausgleichs nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Zwar hat der Gesetzgeber das ursprüngliche Ziel des Versorgungsausgleichs, nämlich die endgültige Trennung der finanziellen Beziehungen zwischen den geschiedenen Ehegatten durch die Aufteilung von Versorgungsanwartschaften, nicht in vollem Umfang verwirklicht. Er hat ihn einerseits, soweit der "dinglichen" Form Hindernisse entgegenstanden, in schuldrechtlicher Weise geregelt, diese jedoch zu Gunsten des Ausgleichsberechtigten und zu Lasten des Ausgleichsverpflichteten der dinglichen Form angenähert. Andererseits hat er, soweit er von der dinglichen Form ausgegangen ist, zumindest für eine Übergangszeit (vgl § 13 Abs 2 VAHRG) gewisse Ausnahmen von der endgültigen Trennung der wirtschaftlichen Verhältnisse vorgesehen. So verpflichtet § 10a Abs 1 VAHRG das Familiengericht, seine Entscheidung über den Versorgungsausgleich abzuändern, und zwar unter anderem dann, wenn sich der auszugleichende Wertunterschied inzwischen geändert hat; die Abänderung ist nach § 10a Abs 3 VAHRG ausgeschlossen, wenn sie nach den beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere dem Versorgungserwerb nach der Ehe, grob unbillig wäre. Nach § 4 Abs 1 und 2 VAHRG ist der dingliche Versorgungsausgleich rückgängig zu machen, wenn der Ausgleichsberechtigte stirbt, ohne daß die aus dem übertragenen Stammrecht zu zahlenden Leistungen einen bestimmten Grenzbetrag überschreiten. Schließlich kann die Kürzung der Versorgungsleistungen beim unterhaltspflichtigen Ausgleichsverpflichteten nach § 5 Abs 1 VAHRG ausgesetzt werden. Andererseits findet eine gewisse Annäherung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs an den dinglichen ihren Ausdruck darin, daß der Ausgleichsberechtigte nach § 1587i Abs 1 BGB die Abtretung der Versorgungsansprüche in Höhe seines Anspruchs verlangen kann; damit tritt er auch außerhalb einer Pfändung in unmittelbare Rechtsbeziehung zum Träger der Versorgung. Auf die Unpfändbarkeit des Versorgungsanspruchs kann sich der Ausgleichsverpflichtete gegenüber dem Ausgleichsberechtigten nicht berufen (§ 1587i Abs 2 BGB). Außerdem ist die Ausgleichsrente auch nach der Wiederheirat des Berechtigten (Gegenschluß aus § 1587k BGB) und über den Tod des Ausgleichsverpflichteten hinaus (nach Maßgabe des § 3a VAHRG) weiterzuzahlen.
Die gegenseitigen Annäherungen zwischen dinglichem und schuldrechtlichem Versorgungsausgleich erschweren zwar die rechtssystematische Unterscheidung, nehmen ihr aber nicht die Berechtigung. Trotz der zitierten Vorschriften bleiben die geschiedenen Ehegatten beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich wirtschaftlich enger verbunden als bei der Übertragung oder der Begründung von Versorgungsanwartschaften. Auch die sonstigen Unterschiede schließen die Annahme aus, bei der hier in Rede stehenden Abtretung könne es sich um eine Form der Stammrechtsübertragung handeln.
Zu den verbleibenden gewichtigen Unterschieden gehört etwa, daß der dingliche Versorgungsausgleich beim Tod des Ausgleichsberechtigten Hinterbliebenenrenten auslösen kann; § 4 VAHRG enthält hierzu keine Ausnahme, weil die Rückübertragung des Stammrechts auf den Ausgleichsverpflichteten nicht nur durch Rentenzahlungen an den Ausgleichsberechtigten, sondern auch durch Rentenzahlungen an dessen Hinterbliebene ausgeschlossen ist. Demgegenüber erlischt der Anspruch aus dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich beim Tod des Berechtigten; der Verpflichtete erhält abgetretene Ansprüche kraft Gesetzes zurück (§ 1587k Abs 2 Satz 1 und 2 BGB). Sind Versorgungsanwartschaften übertragen worden, richtet sich die Geltendmachung der dadurch begründeten Ansprüche nach den einschlägigen versorgungsrechtlichen (in der Regel: rentenversicherungsrechtlichen) Bestimmungen, während die Ausgleichsrente unterhaltsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere den Einschränkungen des Unterhalts für die Vergangenheit unterworfen ist (§ 1587k Abs 1 iVm § 1585b Abs 2 und 3 BGB). Der dingliche Versorgungsausgleich hat nur dann einen unmittelbaren rechtlichen Bezug zu den unterhaltsrechtlichen Verhältnissen der Eheleute nach der Scheidung, wenn die Kürzung des Versorgungsanspruchs beim Ausgleichsverpflichteten nach § 5 Abs 1 VAHRG vorläufig ausgesetzt wird. Zwar können die Bezugnahmen auf die "beiderseitigen Verhältnisse" bzw auf die "beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse" in § 1587c BGB und § 10a Abs 1 VAHRG auch zur Prüfung der jeweiligen Unterhaltslage berechtigen, aber die im Gesetz jeweils hervorgehobenen Beispiele des "Vermögenserwerbs während ..." bzw des "Versorgungserwerbs nach der Ehe" zeigen, daß Unterhaltsgesichtspunkte nicht im Vordergrund stehen dürfen. Demgegenüber steht die durch den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich veranlaßte Ausgleichsrente wegen der in § 1587g Abs 3, § 1587i Abs 3 BGB enthaltenen Verweisungen auf § 1587d Abs 2 BGB ständig unter dem Vorbehalt der Änderung der Verhältnisse, zu denen insbesondere auch die zum Lebensunterhalt verfügbaren Einkünfte gehören. Denn anders als § 1587c Nr 1 BGB beim dinglichen Versorgungsausgleich schließt § 1587h Nr 1 BGB den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausdrücklich aus, "soweit der Berechtigte den nach seinen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt aus seinen Einkünften und seinem Vermögen bestreiten kann und die Gewährung des Versorgungsausgleichs für den Verpflichteten bei Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Härte bedeuten würde." Damit ist der Ausgleichsanspruch zwar nicht wie jeder Unterhaltsanspruch von den Voraussetzungen der Bedürftigkeit (§ 1602 Abs 1 BGB) und der Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs 1 BGB) abhängig; die genannten Regelungen und die aufgezeigten Unterschiede zur dinglichen Form kennzeichnen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich aber als "unterhaltsähnlich" (so auch - statt aller - Palandt/Diederichsen, 52. Aufl 1993, § 1587g BGB Anm 1c). Das steht seiner Einordnung als Sonderfall der Realteilung entgegen; die vom Gesetzgeber rechtstechnisch gewählte Form der Abtretung entspricht rechtssystematisch seinen materiell-rechtlichen Voraussetzungen und Folgen. Dem entspricht auch die in § 13 Abs 2 VAHRG angeordnete Befristung der in §§ 4, 5 und 10a VAHRG enthaltenen, bereits dargestellten Einschränkungen des dinglichen Versorgungsausgleichs. An diese Vorgaben hat das krankenversicherungsrechtliche Beitragsrecht anzuknüpfen.
Das Ergebnis stimmt mit Sinn und Zweck der Vorschriften über die Beitragsbemessung überein. Das in der Sozialversicherung geltende Solidaritätsprinzip erfordert eine Beitragsbemessung, die sich grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten orientiert (dazu BVerfG 79, 223, 236f = SozR 2200 § 180 Nr 46 S 198f). Ein Anspruch auf laufende Bezüge wird in der Regel abgetreten, um mit den dann erfolgenden Zahlungen eine Verbindlichkeit gegenüber dem Abtretungsempfänger zu erfüllen; andernfalls handelt es sich um freiwillige Zuwendungen an diesen. Eine Minderung der beitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit tritt deswegen jedoch nicht ein, denn entweder wird der Abtretende von einer Verbindlichkeit befreit (vgl BGH FamRZ 1988, 936, 939 für die trotz Abtretung bestehende Ausgleichsverpflichtung), oder er verfügt kraft freiwilligen Entschlusses über die Verwendung seiner Einkünfte, was die Beitragsbemessung ebenfalls nicht beeinflussen kann. Die Abtretung des Anspruchs auf Versorgungsbezüge im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bildet keine Ausnahme. Denn aus § 1587h Nr 1 BGB ergibt sich, daß der Gesetzgeber bei dieser Form des Versorgungsausgleichs Verhältnisse unterstellt, wie sie für Unterhaltsbeziehungen typisch sind, ohne daß in jedem Fall ein Unterhaltsanspruch zu bestehen braucht (dazu BGH LM Nr 4 zu § 1587g BGB = FamRZ 1985, 263; OLG Hamm NJW 1991, 184). Auf atypische Sachverhalte braucht für das Beitragsrecht nicht notwendigerweise Rücksicht genommen zu werden. Zwar kann auch der dingliche Versorgungsausgleich dem Ausgleichsverpflichteten Unterhaltsschulden ersparen; den Vorschriften des § 1587c BGB und des § 10a VAHRG ist jedoch zu entnehmen, daß dies nicht mit den Voraussetzungen bzw Ausschlußgründen des Versorgungsausgleichs, sondern mit der von jedem Unterhaltsanspruch vorausgesetzten Bedürftigkeit zusammenhängt. Die beitragsrechtliche Leistungsfähigkeit kann durch solche zufälligerweise günstigen Rechtsreflexe nicht erhöht werden. Das Beitragsrecht kennt auch keinen Grundsatz, wonach Einkünfte lediglich einmal beitragspflichtig sein dürften, also nur entweder bei dem, der sie bezieht, oder bei dem, an den sie weitergeleitet werden. Denn die durch die Weiterleitung etwa ausgelöste "nochmalige" Beitragspflicht des geschiedenen Ehegatten ändert nichts an der beitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit des ursprünglichen Einkommensbeziehers (zur möglichen Berücksichtigung des bereits beitragspflichtigen Ehegatteneinkommens beim freiwillig versicherten Ehegatten in einer intakten Ehe vgl BSG SozR 3-2200 § 180 Nr 3). Da das vom Kläger angegriffene Beitragsrecht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beitragspflichtigen ausreichend berücksichtigt, ist ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip nicht erkennbar.
Auf Art 3 Abs 1 GG gestützte verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Beitragsbelastung des jeweils Ausgleichsverpflichteten beim schuldrechtlichen bzw dinglichen Versorgungsausgleich bestehen nicht, wie die dargestellten materiell-rechtlichen Unterschiede zeigen. Für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ungenügend könnten sie möglicherweise dann sein, wenn sie ausschließlich darauf zurückzuführen wären, daß der Gesetzgeber Eingriffe in die privatrechtlich ausgestaltete betriebliche Altersversorgung vermeiden wollte (vgl BT-Drucks 7/4361 S 39) und insoweit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit vor demjenigen der gleichen Teilhabe der Ehepartner am Versorgungserwerb während der Ehe den Vorrang eingeräumt hat, wenn der Ausgleichsverpflichtete also ausschließlich deshalb benachteiligt würde, weil der Gesetzgeber ihn für schutzwürdig hielt. Das ist jedoch nicht der Fall. Zwar mag es zwischen dem Schutz der Vertragsfreiheit und dem Ausschluß von Hinterbliebenenrenten beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich einen Zusammenhang geben. Die unterhaltsähnliche Ausgestaltung der Ausgleichsrente, insbesondere in der Ausschlußklausel des § 1587h Nr 1 BGB, läßt sich damit jedoch nicht erklären. Im übrigen macht die durch § 1 Abs 2 VAHRG eingeführte Möglichkeit der Realteilung von Betriebsrenten deutlich, daß der Kläger krankenversicherungsrechtlich so gestellt werden möchte, als hätte er eine Betriebsrentenvereinbarung abgeschlossen, welche die Realteilung zuläßt. Unter diesem Gesichtspunkt ist sein möglicher Nachteil nicht Folge einer verfassungsrechtlich bedenklichen Regelung, sondern seiner privatrechtlichen Bindung.
Im übrigen hält sich beim Kläger des vorliegenden Verfahrens die Gesamtbelastung wegen der im Vergleich vor dem OLG festgelegten Berechnung der Ausgleichsrente in Grenzen. Da bei ihm die Ausgleichsrente erst berechnet wurde, nachdem von der Betriebsrente der gesamte auf sie entfallende Krankenversicherungsbeitrag (laut Vergleich monatlich 240,00 DM) abgezogen worden ist ("Nettoprinzip"), spart der Kläger wirtschaftlich gesehen einen Teil der von ihm angegriffenen Beitragsbelastung wieder ein, weil sich die Ausgleichsrente verringert. Nach der von ihm befürworteten Art der Beitragsberechnung würde er zwar zunächst den auf die Ausgleichsrente entfallenden, unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze berechneten Beitrag einsparen; er müßte dann aber damit rechnen, daß bei der Bemessung der Ausgleichsrente ein geringerer Krankenversicherungsbeitrag als bisher vorweg abgezogen wird und sich dadurch die Ausgleichsrente erhöht. Dadurch würde ein nicht unerheblicher Teil der Beitragsersparnis wieder aufgezehrt. Bei anderen Zahlenverhältnissen, insbesondere bei einer niedrigen Betriebsrente, können sich die Ergebnisse der unterschiedlichen Auffassungen in der wirtschaftlichen Gesamtbelastung sehr nahekommen. Sollte das Nettoprinzip in der Rechtsprechung der Zivilgerichte allgemein Anwendung finden (dafür OLG Hamm FamRZ 1987, 290; FamRZ 1992, 694; aM allerdings OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 1322) oder würde die Beitragsbelastung - dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich entsprechend - in anderer Weise schuldrechtlich ausgeglichen, wäre die vom Kläger gerügte beitragsrechtliche Ungleichbehandlung zwischen dem dinglich und dem schuldrechtlich Ausgleichsverpflichteten möglicherweise auch als notwendige, den Beitragseinzug sichernde Pauschalierung hinzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten an die Beigeladene war nicht anzuordnen, weil sie sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat.
Fundstellen
RegNr, 21301 (BSG-Intern) |
BR/Meuer SGB V § 237, 21-12-93, 12 RK 28/93 (LT1, OT1-3) |
BetrAV 1995, 200 (S1) |
USK 9381 (LT1, OT1-3) |
Breith 1994, 705-712 (LT1) |
NZS 1994, 221-224 (LT1) |
SozR 3-2500 § 237, Nr 3 (LT1) |
Breith. 1994, 705 |