Beteiligte
…, Klägerin und Revisionsbeklagte |
…, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Klägerin macht als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes dessen Anspruch auf ein höheres Knappschaftsruhegeld geltend. Streitig ist dabei, ob der Urlaubsmonat März 1973 für den Leistungszuschlag zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin ist die Witwe des am 26. August 1986 verstorbenen Versicherten Karl K ..., der mit Ausnahme der Kriegsdienstzeit, von 1938 bis 1973 als Fahrhauer im Untertagebergbau tätig gewesen war. In der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 1973 war er als technischer Angestellter der Gruppe 01 unter Tage eingesetzt und hatte während des gesamten Monats März 1973 den tariflichen Erholungsurlaub. Der Versicherte bezog seit dem 1. Juli 1982 das Knappschaftsruhegeld, bei dessen Neufeststellung mit Bescheid vom 6. Dezember 1983 die Beklagte den Monat März 1973 bei der Berechnung des Leistungszuschlags unberücksichtigt ließ.
Die Beklagte hat den Widerspruch des Versicherten nach § 85 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem zuständigen Sozialgericht (SG) als Klage zugeleitet. Das SG hat die Beklagte unter Abänderung des Neufeststellungsbescheides vom 6. Dezember 1983 verurteilt, den Monat 1973 als ständig unter Tage verbrachte Arbeitszeit bei der Berechnung des Leistungszuschlages zu berücksichtigen. Nachdem der Versicherte während des Berufungsverfahrens verstorben war, hat die Klägerin das Verfahren als seine Sonderrechtsnachfolgerin fortgesetzt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 11. Dezember 1986 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Monat März 1973 sei bei der Berechnung des Leistungszuschlags zu berücksichtigen, obwohl der Versicherte wegen seines Tarifurlaubs keine Schicht unter Tage verfahren habe. Nach § 2 der Verordnung über die den ständigen Arbeiten unter Tage gleichgestellten Arbeiten in der knappschaftlichen Rentenversicherung vom 25. Mai 1968 (Gleichstellungsverordnung) seien die Tage des tariflich zustehenden, vom Arbeitgeber bezahlten Urlaubs, in denen sich der Versicherte von den ungünstigen Einflüssen ständiger Arbeiten unter Tage erhole, den ständigen Arbeiten unter Tage selbst gleichzustellen, weil die dadurch ausgefallenen Schichten als überwiegend unter Tage verfahren zu gelten haben. Der von der Beklagten vertretenen Ansicht, ein Kalendermonat mit bezahltem Urlaub könne nur dann angerechnet werden, wenn wenigstens während einer (Teil-) Schicht ständige Arbeiten unter Tage oder gleichgestellte Arbeiten verrichtet und dafür ein Beitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet worden sei, fehle die rechtliche Grundlage. Daß solche Zeiten anzurechnen seien, ergebe sich schon aus § 49 Abs 5 und § 56 Abs 5 Reichsknappschaftsgesetz (RKG).
Die Beklagte macht mit ihrer Revision im wesentlichen geltend, § 2 der Gleichstellungsverordnung gelte unmittelbar nur für die in § 1 genannten Arbeiten, zu denen die Tätigkeiten des Ehemannes der Klägerin nicht gehört habe. Aber auch dann, wenn man diese Vorschrift entsprechend anwende, müsse gefordert werden, daß der Versicherte während der Beitragszeit mindestens eine Schicht der begünstigten Arbeit verfahren habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Dezember 1936 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Dezember 1985 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat sich bisher im Verfahren nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten hat keinen Erfolg, denn das LSG hat mit Recht die unbegründete Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteile des SG zurückgewiesen.
Die Klägerin ist Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes nach § 56 Abs 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - (SGB 1) und daher sowohl prozessual als auch materiell berechtigt, den Anspruch ihres verstorbenen Ehemannes im eigenen Namen geltend zu machen.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig, denn die Klägerin hat - unter Berücksichtigung des Monats März 1973 beim Leistungszuschlag nach § 59 RKG - einen Anspruch auf ein höheres als das von der Beklagten festgestellte Knappschaftsruhegeld ihres verstorbenen Ehemannes.
Der Ehemann der Klägerin hat in dem streitigen Monat März 1973 zwar nicht effektiv unter Tage gearbeitet, weil er während des vollen Monats wegen des tariflichen Erholungsurlaubs von der Arbeitspflicht freigestellt war. Es kann deshalb zweifelhaft sein, ob diese Zeit schon unmittelbar nach § 59 Abs 1 RKG für den Leistungszuschlag zu berücksichtigen ist. Mit Recht haben aber die Vorinstanzen angenommen, daß die Anrechenbarkeit dieser Zeit sich jedenfalls aus § 2 Nr 2 der Gleichstellungsverordnung ergibt. Nach dieser Vorschrift gelten als überwiegend unter Tage verfahren auch solche Schichten, die in einem Kalendermonat wegen bezahlten Urlaubs ausfallen, wenn für diesen Kalendermonat aufgrund von ständigen Arbeiten unter Tage oder nach § 1 gleichgestellten Arbeiten Beiträge entrichtet worden sind und der Versicherte in den drei vorausgegangenen Kalendermonaten mindestens einen Kalendermonat ständige Arbeiten unter Tage oder gleichgestellte Arbeiten nach § 1 verrichtet hat. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht auf solche Versicherte beschränkt, die gleichgestellte Arbeiten iS des § 1 der Verordnung verrichtet haben. Das geht schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift hervor, die gleich zweimal die ständigen Arbeiten unter Tage neben den gleichgestellten Arbeiten nach § 1 erwähnt. Selbst wenn man aber der Ansicht der Beklagten folgen wollte, so müßte der § 2 der Gleichstellungsverordnung mindestens entsprechend angewendet werden, denn es ist nicht einzusehen, daß die in den Nummern 1 bis 3 genannten Zeiten zwar für die in § 1 genannten gleichgestellten Arbeiten, nicht aber für die Arbeiten unter Tage begünstigt werden.
Nach den nicht angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des LSG hat der Ehemann der Klägerin in den drei dem Urlaubsmonat vorausgegangenen Kalendermonaten mindestens einen Kalendermonat ständige Arbeiten unter Tage verrichtet. Für ihn ist auch für den Urlaubsmonat ein Monatsbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet worden. Diese Beitragsleistung beruht iS des § 2 der Gleichstellungsverordnung auf ständigen Arbeiten unter Tage. Nach § 1 Abs 1 Nr 1 RKG werden nach diesem Gesetz alle Personen versichert, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt sind. Diese Versicherungspflicht besteht auch dann fort, wenn der Versicherte zB während des Tarifurlaubs von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt ist und also nicht effektiv einer Beschäftigung nachgeht. Die die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist also auch dann Grundlage der Versicherungspflicht und Ursache der Beitragsleistung, wenn bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis keine Arbeit geleistet, wohl aber Arbeitsentgelt gezahlt wird. Für die unmittelbare oder entsprechende Anwendbarkeit des § 2 der Gleichstellungsverordnung kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darüber hinaus verlangt werden, daß der Versicherte während der in den Nummern 1 bis 3 genannten beschäftigungslosen Zeiten mindestens eine Schicht mit Arbeiten unter Tage oder gleichgestellten Arbeiten verfahren hat. Dieses Erfordernis läßt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus ihrem Sinn herleiten. § 2 der Gleichstellungsverordnung bestimmt lediglich, welche Schichten als überwiegend unter Tage verfahren gelten, ohne zu sagen, wie sich das auf die Anwendung des § 59 RKG auswirkt. Insbesondere geht daraus nicht hervor, welcher versicherungsrechtlichen Zeiteinheit diese Schichten zuzuordnen sind. Liegen die Voraussetzungen des § 2 der Gleichstellungsverordnung vor, so steht lediglich fest, an welchem Tage eine der Untertagearbeit gleichgestellte Schicht als verfahren gilt. Die weiteren Folgen ergeben sich aus § 59 RKG.
Es ist zwar richtig, daß nach § 59 RKG nur solche Zeiten mit dem Leistungszuschlag begünstigt werden sollen, in denen der Versicherte den besonderen Gefahren und Beschwernissen der Untertagearbeit und der sonstigen typisch bergmännischen Tätigkeiten ausgesetzt ist. Das bedeutet aber nicht, daß geprüft werden muß, ob dies auch während jeder einzelnen Schicht der Fall gewesen ist. Der Leistungszuschlag wird nach § 59 RKG für volle Jahre der entsprechenden Tätigkeit gewährt. Dabei handelt es sich einerseits nicht um Kalenderjahre, andererseits aber auch nicht um Jahreseinheiten, in denen jeder Tag mit einer entsprechenden Tätigkeit belegt ist. Es sind also nicht etwa die verfahrenen Schichten zusammenzurechnen und durch 365 zu dividieren; vielmehr sind die Beitragsmonate zusammenzurechnen, in denen der Versicherte die in § 59 RKG genannten Arbeiten verrichtet hat. Das entspricht auch der Verwaltungsübung der Beklagten, die vom Bundessozialgericht (BSG) während der Geltung der Hauerarbeitenverordnung vom 4. März 1958 bestätigt worden ist (BSG SozR Nr 8 zu § 1 Hauerarbeitenverordnung vom 4. März 1958). Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des § 49 Abs 5 RKG, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, daß Beitragsmonate, in denen Untertagearbeiten tatsächlich verrichtet worden sind, auch dann unabhängig von der Gleichstellungsverordnung als volle Monate nach § 59 RKG zu berücksichtigen sind, wenn nicht an allen Arbeitstagen dieses Monats entsprechende Arbeiten ausgeübt wurden. § 2 Nr 2 der Gleichstellungsverordnung geht auf das zitierte Urteil des BSG zurück, in dem ausgeführt worden ist, daß der Gesetzgeber die üblicherweise vorkommenden Unterbrechungen, insbesondere durch den jährlichen Erholungsurlaub oder Krankheit nicht von der Berücksichtigung ausgeschlossen wissen wollte, falls nur für die jeweiligen Kalendermonate Beiträge aufgrund von Hauerarbeiten oder gleichgestellten Arbeiten entrichtet worden sind. Die Beklagte hatte schon seinerzeit die Ansicht vertreten, Zeiten des jährlichen Erholungsurlaubs oder Krankheitszeiten müßten bei dem Leistungszuschlag ausgeklammert werden. Das BSG hatte in der zitierten Entscheidung schon darauf hingewiesen, daß dieser Ansicht nicht zugestimmt werden könne. Der Verordnungsgeber hat in § 2 der Gleichstellungsverordnung die in dem Urteil des BSG enthaltenen Grundsätze unter bestimmten Voraussetzungen zur Rechtsnorm erhoben. Weder aus der Entscheidung des BSG noch aus der Gleichstellungsverordnung ist erkennbar, daß die üblicherweise vorkommenden Unterbrechungen der begünstigten Beschäftigung nur dann unschädlich sind, wenn während des jeweiligen Kalendermonats mindestens an einem Tage die begünstigte Arbeit ausgeübt worden ist. Das in § 2 der Gleichstellungsverordnung aus dem genannten Urteil des BSG übernommene Erfordernis, das für den betreffenden Kalendermonat aufgrund der begünstigten Arbeiten Beiträge entrichtet sein müssen, macht die Begünstigung nicht von der Verrichtung der begünstigten Arbeit in dem betreffenden Monat abhängig, sondern will nur - wie das weitere Erfordernis der Verrichtung von mindestens einem Kalendermonat begünstigte Arbeiten in den drei vorausgegangenen Kalendermonaten sicherstellen, daß es sich während der ausgefallenen Schichten nicht um eine Beendigung, sondern Iediglich um eine Unterbrechung der begünstigten Arbeiten gehandelt hat. Die Ansicht der Beklagten würde zu dem vom Verordnungsgeber nicht gewollten Ergebnis führen, daß bei einer Unterbrechung der begünstigten Arbeit von mehr als 30 Tagen - etwa vom zweiten Tag des ersten Monats bis zum vorletzten Tag des zweiten Monats - beide Monate für den Leistungszuschlag berücksichtigt würden, während eine kürzere Unterbrechung, die aber einen vollen Kalendermonat umfaßt, für den Leistungszuschlag unberücksichtigt bliebe. Der dem § 2 der Gleichstellungsverordnung zugrundeliegende Gedanke, daß beschäftigungslose Zeiten den Beschäftigungszeiten gleichzustellen sind, wenn davon auszugehen ist, daß der Versicherte ohne die genannten Umstände die früher verrichtete Tätigkeit weiterhin ausgeübt hätte, trifft auch dann zu, wenn die beschäftigungslose Zeit einen vollen Kalendermonat andauert. Insbesondere während der Urlaubszeit soll der Versicherte weder arbeitsrechtlich noch versicherungsrechtlich einen Nachteil erleiden.
Die danach unbegründete Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen