Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Nachversicherung. Beamter auf Zeit. Bürgermeister. Nachdienstzeit. unversorgtes Ausscheiden. Erhöhung des Ruhegehalts aus früherem Dienstverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Scheidet ein Beamter auf Zeit (Bürgermeister) ohne einen neuen Versorgungsanspruch aus einem Dienstverhältnis aus, erhöht sich jedoch durch eine so genannte Nachdienstzeit der Ruhegehaltsanspruch gegen den früheren Dienstherrn, tritt kein Nachversicherungsfall ein.
Normenkette
SGB VI § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; BeamtVG § 7 S. 1 Nr. 1 Buchst. a.F.: 1987-02-12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Oktober 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von ihr entrichteten Beiträge für die Nachversicherung des Beigeladenen zu 1) zusteht.
Der Beigeladene zu 1) war zunächst ua als Beamter beim Kreis S.… beschäftigt. Ab Februar 1979 stand er als Bürgermeister der Stadt B.… S.… in einem Beamtenverhältnis auf Zeit. Nach Ablauf der Amtszeit von sechs Jahren wurde er als Bürgermeister nicht wieder gewählt und trat in den Ruhestand. Er erhielt von seinem letzten Dienstherrn (Stadt B.… S.…) Versorgungsbezüge in Höhe von 69 vH seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Ab 1. Mai 1986 stand er als gewählter Bürgermeister der Stadt H.… (Beigeladene zu 3) erneut in einem Beamtenverhältnis auf Zeit. Nach Ablauf seiner Amtszeit von sechs Jahren stellte er sich nicht zur Wiederwahl; er wurde daraufhin nach landesrechtlichen Vorschriften aus dem Beamtenverhältnis bei der Beigeladenen zu 3) entlassen und erhielt keine (weitere) eigenständige Versorgung. Sein Ruhegehalt aus seinem Beamtenverhältnis bei der Stadt B.… S.… erhöhte sich allerdings auf den Höchstsatz von 75 vH seiner ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge.
Die Klägerin zahlte im Jahre 1995 für die Zeit vom 1. Mai 1986 bis 30. April 1992 an die Beklagte Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) in Höhe von 102.902,36 DM.
Am 2. Juni 1997 beantragte die Klägerin die Erstattung der von ihr entrichteten Nachversicherungsbeiträge. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 19. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1998 ab. Auf Klage hin hob das SG diese Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 102.902,36 DM zu erstatten (Urteil vom 25. September 2001). Das LSG hat der Berufung der Beklagten teilweise stattgegeben und diese unter Abänderung des Urteils des SG sowie der vorgenannten Bescheide verurteilt, “der Klägerin die von ihr für den Beigeladenen zu 1) entrichteten Nachversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis 30. April 1992 zu erstatten”. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 9. Oktober 2002).
Das LSG hat ausgeführt: Die Klägerin sei klagebefugt, da sie nach landesrechtlichen Vorschriften die Nachversicherungsbeiträge ihrer Mitglieder zu übernehmen und die Beiträge gezahlt habe. Deshalb stehe ihr auch der Erstattungsanspruch zu. Die Berufung sei nur zum Teil begründet, denn für die Zeit bis einschließlich Dezember 1990 könnten die entrichteten Beiträge nicht mehr beanstandet werden, weil sie Gegenstand eines Vormerkungsbescheides gewesen seien. Ein Verfahren nach den §§ 44 ff SGB X sei bislang nicht durchgeführt worden. Es bestehe deshalb für die bis Dezember 1990 entrichteten Beiträge kein Erstattungsanspruch. Die Nachversicherung für den Beigeladenen zu 1) sei jedoch zu Unrecht erfolgt, denn dieser sei nicht ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3) ausgeschieden. Nach dem Wortlaut des § 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI sei es nicht zwingend, dass es sich – wie die Beklagte meint – um einen unmittelbaren und eigenständigen Anspruch gegen den letzten Dienstherrn handeln müsse. Auch Sinn und Zweck dieser Norm spreche gegen die Auffassung der Beklagten. Ein (zweites) Beamtenverhältnis, das sich auf eine schon bestehende Beamtenversorgung als Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten auswirke, könne kein zusätzliches (Sicherungs-)Bedürfnis zu Gunsten der gesetzlichen Rentenversicherung begründen. Der Beigeladene zu 1) habe im Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Beigeladenen zu 3) den höchstmöglichen Versorgungsanspruch gehabt.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 8 Abs 2 Satz 1 SGB VI. Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften, die eine Nachversicherung nach dieser Vorschrift ausschlössen, lägen nur vor, wenn sich diese unmittelbar gegen den bisherigen Arbeitsgeber richteten, bei dem der Betroffene versicherungsfrei beschäftigt gewesen sei und aus dessen Diensten er nunmehr ausscheide. Eine Erhöhung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit aus einem früheren Dienstverhältnis – wie sie beim Beigeladenen zu 1) vorliege – reiche hierfür nicht aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Oktober 2002 abzuändern, das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 25. September 2001 aufzuheben und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Oktober 2002 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Nachversicherung für den Beigeladenen zu 1) zu Unrecht erfolgt sei, denn dieser sei nicht ohne Anspruch auf Versorgung aus der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3) ausgeschieden. Die Tätigkeit als Bürgermeister der Beigeladenen zu 3) habe die Versorgungsbezüge des Beigeladenen zu 1) gegenüber dem ersten Dienstherrn erhöht (Höchstruhegehaltssatz). Die Ausführungen des LSG, wie lange zu Unrecht gezahlte Beiträge beanstandet werden könnten, würden nicht durch eine eigenständige Revision angegriffen.
Die Beigeladenen haben sich zur Revision der Beklagten nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Das Urteil des LSG ist schon deshalb aufzuheben, weil es inhaltlich zu unbestimmt ist (vgl BSG SozR 1500 § 136 Nr 6).
1.a) Mit der Revision wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des LSG, mit dem dieses auf Berufung der Beklagten hin diese verurteilt hat “der Klägerin die von ihr für den Beigeladenen zu 1) entrichteten Nachversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis 30. April 1992 zu erstatten”. Da das LSG im Übrigen die Klage abgewiesen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, ist zwar erkennbar, dass es der von der Klägerin erhobenen, gegen die ablehnende Verwaltungsentscheidung gerichtete Anfechtungsklage verbunden mit einer auf Zahlung von 102.902,36 DM gerichteten (echten) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) nur zum Teil stattgegeben hat. Es ist aus dem Urteil des LSG jedoch nicht erkennbar, in welcher Höhe es der Klägerin den durch das Urteil des SG titulierten Zahlungsanspruch aberkannt hat, nachdem dieses der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin in vollem Umfang stattgegeben hatte. Das LSG hat in seinem Urteil keinen Geldbetrag genannt, weder denjenigen, den die Beklagte noch hätte zahlen müssen, noch denjenigen, den die Klägerin entgegen dem Urteil des SG nicht mehr hätte verlangen dürfen.
b) Das LSG hat in seinem Urteil auch nicht die Grundlagen mitgeteilt, nach denen der abgewiesene Betrag bzw der noch streitige Betrag hätte rechnerisch festgestellt werden können. Daher kann offen bleiben, ob dies ausgereicht hätte, den Inhalt des Urteils zu bestimmen. Jedenfalls lässt sich allein aus der Angabe des Zeitraums, für welchen der Klägerin nach Auffassung des LSG ein Erstattungsanspruch zustand (1. Januar 1991 bis 30. April 1992), auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG die Höhe der nach dessen Urteil hierauf entfallenen Nachversicherungsbeiträge nicht erschließen. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass das LSG festgestellt hätte, welche Arbeitsverdienste der Nachversicherte in jedem Kalenderjahr des Nachversicherungszeitraums erzielt hat, welche Dynamisierungsfaktoren iS von § 181 Abs 4 SGB VI es als maßgeblich erachtet hat und welchen Beitragssatz (§ 181 Abs 1 SGB VI) es für maßgeblich hielt (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 181 Nr 1). Das Revisionsgericht kann daher aus dem Urteil nicht erkennen, in welchem Umfang das LSG der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Zahlungsklage abgewiesen hat.
c) Das LSG hat auch nicht etwa lediglich ein Grundurteil iS von § 130 Abs 1 Satz 1 Regelung 2 SGG erlassen, also nicht nur über den Anspruchsgrund entschieden. Das Urteil des LSG lässt an keiner Stelle erkennen, es solle nur ein solches Zwischenurteil ergehen, das lediglich hinsichtlich des Rechtsmittels einem Endurteil gleichgestellt ist und das ggf ein gerichtliches Nachverfahren über die Höhe des streitigen Anspruchs notwendig machte (vgl dazu BSGE 61, 217, 221 f; 74, 36, 44). Die Unbestimmtheit, in welchem Umfang der vom SG vollstreckbar austitulierte Zahlungsanspruch aberkannt worden ist, kann auch nicht durch die Unterstellung ausgeräumt werden, das LSG habe – wenn auch in Verkennung der prozessrechtlichen Lage – das Urteil des SG durch ein Grundurteil iS von § 130 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGG ersetzt. Denn auch auf dieser – bundesrechtlich fehlerhaften – Grundlage ist nicht erkennbar, in welcher Höhe der eingeklagte Zahlungsanspruch aberkannt worden ist und welche Maßgaben die Beklagte bei der ein solches Grundurteil ausführenden (und damit das gerichtliche Nachverfahren im SGG insoweit “ersetzenden”) Verwaltungsentscheidung über die Höhe des Erstattungsanspruchs befolgen muss. Schließlich gibt es keinen Hinweis darauf, es könne sich um ein sog unselbstständiges Zwischenurteil iS von § 130 Abs 2 SGG handeln, das selbst nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar wäre und nur über einzelne Streitpunkte mit Bindung des LSG für das notwendige Endurteil entschieden hätte, falls der Prozess nicht anderweitig erledigt würde.
d) Da die Klägerin gegen das Urteil des LSG Revision nicht eingelegt hat, ist es im Umfang ihrer Beschwer zwar formell rechtskräftig geworden, entbehrt aber mangels ausreichender Bestimmtheit der Fähigkeit, materielle Rechtskraft zu erlangen. Dem entspricht, dass die Hauptbeteiligten sich vor dem Revisionsgericht nicht darüber verständigt haben, welcher Betrag noch im Streit sei. Es war deshalb dem Revisionsgericht nicht möglich zu erkennen, wie weit die – zweifellos gegebene – Revisionsbeschwerde der Beklagten reichte bzw inwieweit bereits rechtskräftig über die Forderung der Klägerin entschieden worden war. Das Urteil des LSG war deshalb in vollem Umfang aufzuheben, ohne dass dem das Verböserungsverbot entgegen gestanden hätte, und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (vgl BSG SozR 1500 § 136 Nr 6).
2.a) Bei der erneuten Prüfung der Begründetheit der Berufung der Beklagten wird das LSG – falls neue Tatsachen zum Anspruchsgrund nicht festgestellt werden – seine bisherige zutreffende Rechtsauffassung zu Grunde zu legen haben, dass der Erstattungsanspruch der Klägerin aus § 26 Abs 2 SGB IV als Spezialnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entstanden ist, weil beim Ausscheiden des Beigeladenen zu 1) aus dem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis bei der Beigeladenen zu 3) zum 1. Mai 1992 kein Nachversicherungsfall eingetreten ist.
b) Nach § 8 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Regelung 1 SGB VI sind kraft Gesetzes ua Personen nachversichert, die als Beamte auf Zeit versicherungsfrei waren, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn der Beigeladene zu 1) ist nicht unversorgt aus dem Dienstverhältnis bei der Beigeladenen zu 3) ausgeschieden. Bis zum Ablauf des 30. April 1992 war er als Beamter auf Zeit versicherungsfrei iS von § 5 Abs 1 Nr 1 SGB VI. Mit Ablauf des 30. April 1992 hatte er zwar nach Landesrecht – wie das LSG als oberste Instanz verbindlich festgestellt hat – keine weitere Versorgungsberechtigung gegen die Beigeladene zu 3) erlangt, er hatte jedoch einen Anspruch auf eine dem Schutz der Rentenversicherung vergleichbare beamtenrechtliche Versorgung gegen seinen früheren Dienstherrn, die Stadt B.… S.…, nämlich einen Anspruch auf Ruhegehalt in Höhe des Höchstsatzes (75 vH der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge). Dieser ergibt sich aus den bundesrechtlichen Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG).
c) Gemäß § 69a BeamtVG idF der Bekanntmachung vom 24. Oktober 1990 (BGBl I S 2298) war auf den Beigeladenen zu 1), der im Februar 1985 in den Ruhestand getreten ist, das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht anzuwenden. Nach § 66 Abs 1 BeamtVG idF vom 12. Februar 1987 (BGBl I S 570, 1339) gelten für die Versorgung der Beamten auf Zeit grundsätzlich die Vorschriften über die Versorgung der Beamten auf Lebenszeit entsprechend, mithin auch die Bestimmungen über das Ruhegehalt in den §§ 4 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2 und Abs 2, 6 Abs 1, 7 Satz 1 Nr 1 Buchst a BeamtVG. Der Beigeladene zu 1) der schon auf Grund seiner Tätigkeit als Bürgermeister der Stadt B.… S.… die Wartezeit von fünf Jahren erfüllte (§ 4 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BeamtVG), hatte ab Beginn seines Ruhestandes im Februar 1985 Anspruch auf Ruhegehalt (§ 4 Abs 2 BeamtVG) gegenüber seinem bisherigen Dienstherrn, der Stadt B.… S.…. Während des Beamtenverhältnisses auf Zeit bei der Beigeladenen zu 3) (1. Mai 1986 bis 30. April 1992) ruhten die monatlichen Zahlungsansprüche aus dem Recht auf Ruhegehalt gemäß § 53 Abs 1 BeamtVG idF vom 12. Februar 1987 (BGBl I S 570, 1339), abhängig von der Höhe der Bezüge, ganz oder teilweise. Mit Ablauf des 30. April 1992 lebten die monatlichen Zahlungsansprüche aus dem Recht auf Ruhegehalt gegen den früheren Dienstherrn in vollem Umfang wieder auf und wurden zudem nach §§ 4 Abs 1 Satz 2, 6 Abs 1, 7 Satz 1 Nr 1 Buchst a BeamtVG idF vom 12. Februar 1987 (BGBl I S 570, 1339) in ihrem Wert um die vermeintlichen Nachversicherungszeiträume durch deren Anerkennung als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten angehoben. Die bundesrechtliche Bestimmung des § 7 Satz 1 Nr 1 Buchst a BeamtVG sieht vor, dass die Zeit, die ein Ruhestandsbeamter ua in einer seine Arbeitskraft voll beanspruchenden entgeltlichen Beschäftigung als Beamter zurückgelegt hat (so genannte Nachdienstzeit), ohne einen neuen Versorgungsanspruch zu erlangen, die ruhegehaltsfähige Dienstzeit und damit das Ruhegehalt erhöht. Dementsprechend wurde auch im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des LSG der Ruhegehaltssatz auf Grund des Beamtenverhältnisses bei der Stadt B.… S.… (69 vH der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge) durch die Anrechnung der Zeit des Beamtenverhältnisses bei der Beigeladenen zu 3) auf den Höchstsatz von 75 vH der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge mit Wirkung vom 1. Mai 1992 angehoben. Der Beigeladene zu 1) ist mithin nicht unversorgt aus dem versicherungsfreien Beamtenverhältnis bei der Beigeladenen zu 3) ausgeschieden, vielmehr hat er kraft Bundesrecht eine Versorgungsberechtigung, welche die Dienstzeit bei der Beigeladenen zu 3) umfasst.
d) Die Auffassung der Beklagten, Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften, die eine Nachversicherung nach § 8 Abs 2 Satz 1 SGB VI ausschlössen, lägen nur vor, wenn sich diese unmittelbar gegen den bisherigen Arbeitgeber richteten, bei dem der Betroffene versicherungsfrei beschäftigt gewesen sei und aus dessen Diensten er nunmehr ausscheide, lässt sich weder aus dem Wortlaut dieser Vorschrift noch dem Sinn und Zweck der Nachversicherung herleiten. Aus der Wortwahl “ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung” ergibt sich, dass die aus einer versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschiedene Person nur dann nachzuversichern ist, wenn überhaupt kein Schutz durch eine der Rentenversicherung vergleichbare lebenslängliche Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gegeben ist (in diesem Sinne schon BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 6 S 24 f). Nur dann bedarf es einer zusätzlichen Sicherung durch die Rentenversicherung. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Nachversicherung. Diese soll sicherstellen, dass Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung in ihrer Beschäftigung früher versicherungsfrei waren, vor einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Benachteiligung gegenüber dem Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung geschützt werden. Als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf lebenslängliche Versorgung sollen sie bei Eintritt des Versicherungsfalls ihre soziale Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung erhalten. Sie sollen so gestellt werden, als seien sie – stets – versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die während der versicherungsfreien Beschäftigung – in rückschauender Betrachtung – entstandene Sicherungslücke beim Aufbau des Schutzes für Alter und Invalidität, soll nach dem Zweck des Gesetzes beim Ausscheiden aus dieser Tätigkeit durch die sofortige Nachversicherung dieser Zeiten geschlossen werden. Durch die Nachversicherung soll also der Zustand wieder hergestellt werden, wie er ohne die Ausnahmeregelung (hier Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB VI) bestanden hätte (vgl BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 6 S 21 f; BSG Urteil vom 9. November 1999 – B 4 RA 3/99 R).
Soweit sich die Beklagte für ihre Auffassung auf die Rechtsprechung des BSG beruft (BSG Urteil vom 20. Juni 1985 – 11a RA 28/84, BSGE 58, 171 = SozR 2200 § 1260c Nr 18), so betrifft diese Entscheidung zum einen nicht die Auslegung einer Vorschrift über die Nachversicherung, sondern nur die Anwendung des § 37c Abs 1 AVG (= § 1260c Abs 1 RVO), also das Verbot der Doppelanrechnung. Zum anderen ist darin nur die Aussage enthalten, dass eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen nach dem letzten Arbeitsentgelt ausgerichtet ist (BSGE 58, 171, 173 = SozR 2200 § 1260c Nr 18 S 69 f).
3. Das LSG wird bei der erneuten Prüfung der Begründetheit der Berufung weiter Folgendes bedenken müssen: Die Datenfeststellungen in einem Vormerkungsbescheid erschöpfen sich in der Feststellung der Erfüllung von Tatbeständen, ohne über die Anrechnung und Bewertung der festgestellten Tatbestände in einem künftigen Leistungsfall zu entscheiden (vgl BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S 14 f). Demgemäß wird durch solche Datenfeststellungen nicht entschieden, dass der Rentenversicherungsträger künftig Leistungen zu erbringen hat; sie dienen vielmehr “beweissichernd der Speicherung von Fakten”. Ebenso wenig werden durch die Feststellung solcher Daten “Leistungen” erbracht. Solche Datenfeststellungen sind für einen Erstattungsanspruch eines früheren Arbeitgebers wegen zu Unrecht gezahlter Nachversicherungsbeiträge aus § 26 Abs 2 SGB IV ohne rechtliche Bedeutung. Ferner wird das LSG bedenken müssen, dass sich die Regelung des § 26 Abs 1 Satz 2 SGB IV, nach der Beiträge als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten, wenn sie nicht mehr beanstandet werden dürfen, nur auf die in Satz 1 aaO genannten Pflichtbeiträge bezieht, deren Berechtigung bei der nächsten (Betriebs-) Prüfung beim Arbeitgeber der Möglichkeit der sofortigen Beanstandung unterliegt. Hierzu zählen Nachversicherungsbeiträge nicht. Schließlich bemisst sich die Höhe eines Anspruchs auf Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen nach den Vorschriften und Verhältnissen, also nach den Rechnungsgrößen, die im Zeitpunkt seiner Fälligkeit (dazu BSG SozR 2600 § 8 Nr 4) gelten bzw vorliegen (BSG SozR 3-2600 § 181 Nr 1).
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1083259 |
FA 2004, 96 |
SozR 4-2600 § 8, Nr. 1 |