Beteiligte
Postbeamtenkrankenkasse, Bezirksstelle Nürnberg |
Bayerische Landesamt für Versorgung und Familienförderung -Landesversorgungsamt- |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 1998 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist im Rahmen einer Heilbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) die Bewilligung eines Hörgerätes.
Das Versorgungsamt (VA) stellte mit Bescheid vom 16. Oktober 1952 bei der am 8. Juni 1928 geborenen und bei der Beigeladenen krankenversicherten Klägerin, als Schädigungsfolge mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in nicht rentenberechtigender Höhe eine „Otosklerose beiderseits mit hochgradiger Schwerhörigkeit im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung” fest.
Im Jahre 1980 beantragte die Klägerin erstmals die Versorgung mit einem Hörgerät. In einem hierauf von der Versorgungsverwaltung eingeholten Gutachten gelangte der Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. M. (Dr. M.) zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe eine doppelseitige, hochgradige, an Taubheit grenzende, kombinierte überwiegende Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits als Endstadium der anerkannten Otosklerose; da das Leiden im Sinne der Verschlimmerung anerkannt und der nicht schädigungsbedingte Anteil sachlich nicht von dem als Schädigungsfolge anerkannten Anteil zu trennen sei, ständen der Klägerin Heilbehandlung und orthopädische Versorgung für die Schwerhörigkeit insgesamt zu. In einem Schreiben an die Orthopädische Versorgungsstelle (OVSt) teilte die Versorgungsverwaltung daraufhin mit, es sei anzunehmen, daß sich die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Hörgerätes mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mehr änderten; daher könne auf eine weitere versorgungsrechtliche Würdigung verzichtet werden. Am 2. April 1980 wurde der Klägerin das Hörgerät ausgehändigt. In den folgenden Jahren versorgte die OVSt die Klägerin mit Batterien für das Hörgerät und übernahm die Kosten für dessen Reparatur sowie für ein neues Ohrpaßstück. Auf ihren Antrag vom April 1986 erhielt die Klägerin am 26. Juni 1986 nach einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme des Hals-, Nasen- und Ohrenarztes (HNO-Arzt) Dr. M. wiederum ein Hörgerät; auch hierfür übernahm die Versorgungsverwaltung in der Folgezeit die Kosten für Batterien, Reparaturen und ein neues Ohrpaßstück.
Am 29. Mai 1992 beantragte die Klägerin erneut die Versorgung mit einem Hörgerät. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vertrat der HNO-Arzt Dr. N. am 10. Juni 1992 die Auffassung, der anerkannte Verschlimmerungsanteil sei für den Zustand, der eine hörprothetische Versorgung erfordere, ohne Einfluß (§10 Abs 1 Satz 2 BVG); die Hörhilfe sei ohne den Verschlimmerungsanteil auch notwendig; seine gegenüber den früheren Gutachten abweichende Ansicht beruhe auf einer Änderung der Verwaltungsvorschrift zu §10 Abs 1 Satz 2 BVG. Mit Bescheid vom 1. Juli 1992 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 2. November 1992 lehnte der Beklagte hierauf die Bewilligung einer Hörhilfe ab.
Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat nach Einholung eines Gutachtens des HNO-Arztes Dr. D. die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. September 1994). In dem Berufungsverfahren hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) Gutachten von Prof. Dr. H. eingeholt; dieser hat die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit auf eine schädigungsfremde Otosklerose zurückgeführt; er hielt die Versorgung mit einem Hörgerät auch ohne den als Schädigungsfolge anerkannten Verschlimmerungsanteil in gleichem Umfang für erforderlich. Durch Urteil vom 18. Februar 1998 hat das LSG den Beklagten unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung sowie der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin „weiterhin” eine Hörhilfe im Wege der Heilbehandlung zu gewähren. Es hat die Auffassung vertreten: Durch die Aushändigung des Hörgerätes am 2. April 1980 habe die Klägerin einen Anspruch auf Heilbehandlung gemäß §10 Abs 1 Satz 2 BVG dem Grunde nach erworben; der Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes habe sich nicht in einem einmaligen Bewilligungsvorgang erschöpft, wie die mehrfachen Reparaturen und Ersatzbeschaffungen zeigten. Infolgedessen habe der Anspruch auf ein Hörgerät nur abgelehnt werden können, wenn gemäß §48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine wesentliche Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse gegenüber 1980 eingetreten wäre. Die Neufassung der Verwaltungsvorschriften (VV) Nr 2 zu §10 BVG im Jahre 1986 sei jedoch keine wesentliche – rechtliche – Änderung in diesem Sinne. Sie sei lediglich Ausdruck einer geläuterten Rechtsauffassung und habe eine bereits bestehende Rechtslage konkretisiert. Auch in medizinischer Hinsicht sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Nach den Gutachten sei eine Hörgeräteversorgung beiderseits auch ohne den als Schädigungsfolge anerkannten Verschlimmerungsanteil in gleichem Umfang erforderlich. Dies sei bereits 1980, bei der erstmaligen Versorgung mit dem Hörgerät, der Fall gewesen, so daß der Klägerin damals kein Anspruch auf eine Hörhilfe zugestanden habe. Eine Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 2. April 1980 könne infolgedessen nur im Wege des §45 SGB X erfolgen, sie sei jedoch im Hinblick auf den Fristablauf nicht mehr möglich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte – sinngemäß – eine Verletzung von §48 SGB X sowie von §10 Abs 1 Satz 2 BVG und trägt vor: Die Entscheidung über eine konkrete Heilbehandlungsmaßnahme sei kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein derartiger Verwaltungsakt sei nur der Bescheid vom 16. Oktober 1952. Er habe das Versorgungsrechtsverhältnis begründet, enthalte eine rechtliche Regelung für die Zeit nach seiner Bekanntgabe und sei Grundlage für den konkreten Heilbehandlungsanspruch.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Februar 1998 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29. September 1994 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und weist ergänzend darauf hin, daß sie nur dann nach §10 Abs 1 Satz 2 BVG keinen Anspruch auf eine Hörhilfe habe, wenn der als Schädigungsfolge anerkannte Verschlimmerungsanteil keinen Einfluß auf die Heilbehandlungsmaßnahme habe; dies sei nicht der Fall, so daß der schädigungsbedingte Anteil der Hörminderung eine der Bedingungen für die Hörgeräteversorgung sei; nicht erforderlich sei, daß der schädigungsbedingte Verschlimmerungsanteil eine wesentliche Bedingung für die Behandlungsbedürftigkeit des Gesamtleidens darstelle.
Die Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert und auch keinen Sachantrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
II
Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§170 Abs 2 SGG).
Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus. Die Frage, ob der Klägerin wegen der mit Bescheid vom 16. Oktober 1952 anerkannten Schädigungsfolge „Otosklerose beiderseits mit hochgradiger Schwerhörigkeit im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung” eine Heilbehandlungsmaßnahme durch Gewährung einer Hörhilfe zusteht, kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht beantwortet werden. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung, bei der Aushändigung des Hörgeräts am 2. April 1980 habe es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt, mit diesem sei der Klägerin dem Grunde nach auf Dauer ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hörgerät bewilligt worden, so daß bei einer hiervon abweichenden Entscheidung die Voraussetzungen des §48 SGB X erfüllt sein müßten, hat das LSG nicht dazu Stellung genommen, ob die im Jahre 1952 im Sinne der Verschlimmerung anerkannte Schädigungsfolge eine Bedingung (im naturwissenschaftlichen Sinn) für die Versorgung mit dem Hörgerät ist (§§10 Abs 1 Satz 2, 11 Abs 1 Nr 8, 13 BVG; §17 Abs 1 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG – Orthopädieverordnung – idF der Bekanntmachung vom 17. Oktober 1994, BGBl I S 3009).
1. Entgegen der Auffassung des LSG kann die Klägerin aus der früheren Versorgung mit einem Hörgerät keinen Rechtsanspruch auf erneute Gewährung einer solchen Leistung herleiten.
a) Eine Bindung auf der Grundlage früher gewährter Leistungen kennt das Verwaltungsrecht generell nicht. Die Sozialverwaltung ist, auch soweit sie Leistungen erbringt, an das sie hierzu ermächtigende Gesetz gebunden (§31 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – ≪SGB I≫). Demgemäß widerspräche die generelle Anerkennung eines Anspruchs aus früher gewährten Leistungen auch für die Zukunft dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes (vgl hierzu BSGE 64, 1, 2 = SozR 3100 §11 Nr 17; Urteil vom 27. Oktober 1982 - 9a RV 14/82 -).
b) Zwar hat das LSG zu Recht angenommen, daß die Aushändigung des Hörgerätes an die Klägerin am 2. April 1980 ein Verwaltungsakt war; denn insoweit handelte es sich um eine Entscheidung der Versorgungsverwaltung zugunsten der Klägerin über die Gewährung des Hilfsmittels „Hörgerät”, also um eine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (§31 Satz 1 SGB X). Der Rechtsauffassung des LSG, es habe sich insoweit um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt, kann jedoch nicht gefolgt werden.
Verwaltungsakte mit Dauerwirkung iS des §48 Abs 1 Satz 1 SGB X sind Verwaltungsentscheidungen, die sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfen, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründen oder inhaltlich verändern. Typisch für einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist ein Bescheid, der den regelmäßigen Bezug von Sozialleistungen zum Gegenstand hat (vgl BT-Drucks 8/2034 S 34; vgl hierzu BSGE 74, 287, 288 f = SozR 3-1300 §48 Nr 33; BSGE 69, 255, 257 f = BSG SozR 3-1300 §48 Nr 13; BSGE 56, 165, 169 ff = SozR 1300 §45 Nr 6; Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, 3. Aufl, §48 RdNr 3) und dessen rechtliche Wirkungen sich über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer erstrecken (vgl hierzu BSGE 58, 49, 51 = SozR 1300 §45 Nr 15; BVerwGE 78, 101, 111). Die getroffenen Regelungen haben Bestand, bis sie aufgehoben oder abgeändert werden oder sich auf sonstige Weise erledigen.
Um eine derartige Entscheidung handelt es sich bei der Versorgung mit einer Hörhilfe nicht. Ihre rechtliche Wirkung bezieht sich allein auf die Bewilligung des konkreten Hilfsmittels. Mit dieser Entscheidung wird aber nicht gleichzeitig festgestellt, daß die Klägerin auch künftig einen Anspruch auf erneute Versorgung hätte. Vielmehr ist hierüber jeweils aus Anlaß eines neuen Antrags unter Berücksichtigung der dann bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse neu zu entscheiden.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf eine konkrete Heilbehandlungsmaßnahme, hier die Versorgung mit einem Hörgerät (§11 Abs 1 Nr 8, §13 BVG iVm §17 Orthopädieverordnung), ist §10 Abs 1 Satz 2 BVG. Danach hat die Versorgungsverwaltung bei einer im Sinne der Verschlimmerung anerkannten Gesundheitsstörung Heilbehandlung für den gesamten Gesundheitsschaden zu gewähren, es sei denn, daß die Schädigungsfolge auf den Zustand, der die Heilbehandlung erfordert, ohne Einfluß ist. Die iS der Verschlimmerung anerkannte Gesundheitsstörung, deren Behandlungsbedürftigkeit und das Erfordernis, daß die anerkannte Verschlimmerung – auch – Bedingung für die Behandlungsbedürftigkeit ist, bilden somit den gesetzlichen Tatbestand für den Anspruch auf eine konkrete Heilbehandlungsmaßnahme. Die mit Bescheid vom 16. Oktober 1952 anerkannte Schädigungsfolge erfüllt mithin die erste Voraussetzung für die Versorgung mit einem Hilfsmittel. Die Anerkennung hat das Versorgungsrechtsverhältnis zwischen dem beklagten Land und der Klägerin begründet und gleichzeitig eine Grundlage für eine ggf wiederholt zu gewährende konkrete Heilbehandlungsmaßnahme geschaffen (vgl hierzu BSG Urteil vom 8. August 1984 - 9a RVg 5/83 -). Insoweit sind die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Beklagten und der Klägerin durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gestaltet.
Demgegenüber erschöpft sich die Entscheidung über eine konkrete Heilbehandlungsmaßnahme in der einmaligen Gewährung der beantragten Leistung bzw in deren Ablehnung. Weitere Rechtswirkungen hat die Entscheidung nicht. Sie ist daher kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl hierzu Fehl: Zur Anwendbarkeit des §48 Abs 1 SGB X auf Verwaltungsakte ohne Dauerwirkung, SGb 1989 S 371; Thelen, Zum Begriff des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung, DAngVers 1984, S 381, 386; vgl hierzu auch BSG SozR 3-3100 §18 Nr 4 S 12). Der sich aus dem Versorgungsrechtsverhältnis bei Erfüllung weiterer gesetzlicher Voraussetzungen ergebende Anspruch auf die konkrete Heilbehandlungsmaßnahme, hier auf das Hörgerät, betrifft die Hauptpflicht der Versorgungsverwaltung; sie erlischt mit Aushändigung des Gerätes, also mit der Erfüllung des konkreten Heilbehandlungsanspruchs. Daneben obliegt der Versorgungsverwaltung zwar die – nachgehende – Pflicht, das einmal bewilligte Gerät während der Laufzeit funktionsfähig zu erhalten (vgl §13 Abs 1 und 4 BVG), insbesondere die Kosten für Batterien, Reparaturen und Ohrpaßstücke (als Folgeleistungen) zu tragen (vgl hierzu BSGE 46, 183, 185 = SozR 2200 §182b Nr 7 S 19; Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl, §13 BVG RdNrn 63, 64). Aber auch diese Nebenpflicht führt nicht dazu, daß die Entscheidung über die Versorgung mit einem Hörgerät als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung angesehen werden könnte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §18a Abs 6 Satz 1 BVG, wonach Leistungen nach §§10 bis 24a BVG bis zu dem Tag gewährt werden, an dem ihre Voraussetzungen entfallen. Diese Bestimmung findet nämlich nur auf laufende Leistungen Anwendung und nicht auf solche, die, wie die Versorgung mit einem Hörgerät, sich in der einmaligen Gewährung erschöpfen. Auch den Richtlinien für die Verordnung von Hörhilfen im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts läßt sich etwas Gegenteiliges nicht entnehmen. Zwar ist in diesen von der erstmaligen Bewilligung (Nr 1) und einer Wiederversorgung (Nr 7) die Rede. Insoweit wird jedoch lediglich eine verwaltungstechnische Regel über die zugrundezulegende Gebrauchsdauer eines derartigen Gerätes aufgestellt (Nr 7 iVm §1 Abs 4 Orthopädieverordnung) bzw werden verwaltungsverfahrenstechnische Anforderungen aufgeführt, die vor Bewilligung eines Hörgerätes einzuhalten sind (Nr 1).
2. Das Begehren der Klägerin kann somit nur Erfolg haben, wenn ihr im Hinblick auf das mit Bescheid vom 16. Oktober 1952 im Sinne der Verschlimmerung anerkannte Schädigungsleiden – unabhängig von den Bewilligungen der Hörgeräte in den Jahren 1980 und 1986 – eine Hörhilfe gemäß §10 Abs 1 Satz 2 BVG iVm §11 Abs 1 Nr 8, §13 BVG und §17 Abs 1 Orthopädieverordnung zusteht. Dies ist nur der Fall, wenn der anerkannte Verschlimmerungsanteil für die Behandlungsbedürftigkeit wenigstens eine Bedingung (im naturwissenschaftlichen Sinn) des Gesamtleidens ist (vgl §10 Abs 1 Satz 2 BVG iVm der VV Nr 2 zu §10 BVG; BSGE 25, 257, 261 = SozR Nr 4 zu §10 BVG; Fehl in Wilke, aaO, §10 RdNr 9). Er ist dann nicht Bedingung für die Behandlungsbedürftigkeit, wenn ohne ihn der Heilbehandlungsbedarf in gleichem Umfang bestehen würde, wenn also der anerkannte Verschlimmerungsanteil hinweg gedacht werden kann, ohne daß sich am Behandlungsbedarf etwas ändert (vgl hierzu Lutkat, Die Kausalität beim Anspruch auf Heilbehandlung gemäß §10 Abs 1 Satz 2 BVG, VersBl 1984, 114, 116).
Nach den insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG kann der Senat zwar davon ausgehen, daß bei der Klägerin Behandlungsbedürftigkeit wegen ihres Hörschadens besteht und sie zum Ausgleich der gestörten Körperfunktion ein Hörgerät benötigt. Dem angefochtenen Urteil läßt sich aber nicht entnehmen, ob die im Jahre 1952 im Sinne der Verschlimmerung anerkannte Schädigungsfolge ohne „Einfluß” auf die Behandlungsbedürftigkeit ist. Das LSG wird daher die entsprechenden Feststellungen nachzuholen und dabei folgendes zu beachten haben: Aufgrund des Bescheides vom 16. Oktober 1952 steht der Klägerin ein Heilbehandlungsanspruch für den im Sinne der nicht richtunggebenden Verschlimmerung als Schädigungsfolge anerkannten Hörschaden dem Grunde nach zu (§§1 Abs 1, 9 Nr 1 BVG). Dieser auf der Grundlage des Gutachtens des HNO-Arztes Dr. R. vom 15. September 1952 beschriebene Verschlimmerungsanteil ist dem heute vorliegenden Gesamtschaden gegenüberzustellen und zu fragen, ob sich die Notwendigkeit der Versorgung mit dem Hörgerät allein auf den eigengesetzlichen, schädigungsunabhängigen Verlauf der Krankheit zurückführen läßt (vgl Lutkat, aaO). Sollte dies der Fall sein, so steht der Klägerin kein Anspruch auf Bewilligung des Hörgerätes zu.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Breith. 1999, 1057 |
SozSi 1999, 416 |
SozSi 2000, 71 |