nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 29.09.1994; Aktenzeichen S 7 V 109/92) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.09.1994 und der Bescheid des Beklagten vom 01.07.1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.11.1992 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, der Klägerin weiterhin Hörhilfe im Wege der Heilbehandlung zu gewähren.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin für die im Sinne der Verschlimmerung anerkannte Schädigungsfolge "Otosklerose beiderseits mit hochgradiger Schwerhörigkeit" weiterhin eine Hörgeräteversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zusteht.
Bei der am ...1928 geborenen Klägerin, die bei der Postbeamtenkrankenkasse, Bezirksstelle Nürnberg, krankenversichert ist, sind mit Bescheid vom 16.10.1952 als Schädigungsfolge mit einer nicht rentenberechtigenden MdE von 20 v.H. anerkannt worden: "Otosklerose beiderseits mit hochgradiger Schwerhörigkeit, nicht richtunggebend verschlimmert".
Am 16.01.1980 beantragte die Klägerin erstmals eine Hörgeräteversorgung bei der Orthopädischen Versorgungsstelle Würzburg (OVSt). Der HNO-Arzt Dr ... stellte in seinem versorgungsärztlichen Gutachten vom 05.03.1980 eine doppelseitige hochgradige an Taubheit grenzende kombinierte überwiegende Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits als Endstadium der anerkannten Otosklerose fest und bejahte eine Heilbehandlung mit der Begründung, der Anteil der Nichtschädigungsfolgen lasse sich sachlich nicht von dem als Schädigungsfolge anerkannten Anteil trennen. Das Versorgungsamt Würzburg (VA) teilte der OVSt auf Anfrage unter dem 12.03.1980 mit, daß unter Berücksichtigung dieses Gutachtens ein Hörgerät gem. § 10 Abs. 1 BVG zustehe. Da nach Sachlage anzunehmen sei, daß sich die Voraussetzungen zur Gewährung eines Hörgerätes mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern würden, könne auf eine weitere (spätere) versorgungsrechtliche Würdigung des Falles verzichtet werden.
Am 13.03.1980 bewilligte die OVSt ein Hörgerät und lieferte es am 02.04.1980 an die Klägerin aus. Ein förmlicher Bescheid erging an die Klägerin nicht.
In den folgenden Jahren versorgte die OVSt die Klägerin alle zwei Monate mit 16 Stück Batterien, bezahlte 1982 für die Instandsetzung des Hörgeräts 90,25 DM und übernahm 1983 die Kosten für ein neues Ohrpaßstück.
Am 25.04.1986 beantragte die Klägerin die Ausstattung mit einem weiteren Hörgerät. Die OVSt hielt eine versorgungsrechtliche Entscheidung durch das VA nicht mehr für erforderlich und holte ein Gutachten des HNO-Arztes Dr ... ein. Im Gutachten vom 11.06.1986 stellte dieser wiederum fest, daß sich Schädigungsfolgen und schädigungsfolgenfremde Anteile nicht voneinander trennen ließen, so daß Heilbehandlung und orthopädische Versorgung sowie die Ausstattung mit Hörgeräten für das Gesamtleiden zustehe. Die Ersatzbeschaffung habe auch im Hinblick auf die rechtliche Entscheidung des VA vom 12.03.1980 nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BVG zu erfolgen. Für das Hörgerät müsse ein neues secret ear nach Maß angefertigt werden. Das Batteriekontingent sei das gleiche wie bisher. Es erging ein Auftrag zur Lieferung eines Hörgeräts im Wert von 1.359,90 DM. Die Klägerin bestätigte den Empfang des Hörgeräts am 26.06.1986. 1988 übernahm die OVSt Reparaturkosten für dieses Hörgerät, 1989 Kosten für ein Ohrpaßstück und 1990 wiederum Reparaturkosten für das Hörgerät.
Am 29.05.1992 beantragte die Klägerin erneut die Versorgung mit einem Hörgerät. Der HNO-Arzt Dr ... vertrat hierzu in einer von dem Beklagten veranlaßten Stellungnahme vom 10.06.1992 die Auffassung, der anerkannte Verschlimmerungsanteil sei für den Zustand, der hörprothetische Versorgung erfordere, ohne Einfluß, da die Hörhilfe auch ohne den Verschlimmerungsanteil notwendig sei. Seine gegenüber dem Gutachten des Dr ... vom 11.06.1986 abweichende Beurteilung beruhe auf der "Änderung zu § 10/2" BVG.
Daraufhin lehnte die OVSt mit Bescheid vom 01.07.1992 eine Versorgung mit einer Hörhilfe mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 10 BVG lägen nicht vor. Für die Hörgeräteversorgung sei deshalb die Krankenkasse zuständig. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte u.a. mit der Begründung zurück, die gegenüber Juni 1986 andere Beurteilung beruhe auf der Konkretisierung des § 10 Abs. 1 Satz 2 BVG durch die Verwaltungsvorschrift Nr. 2 zu § 10 BVG (Widerspruchsbescheid vom 02.11.1992).
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Würzburg (SG) den HNO-Arzt Dr ... gehört (Gutachten vom 15.09.1993 / 02.04.1994). Dieser hat den überwiegenden Anteil der Schwerhörigkeit für schädigungsfremd und eine Hörgeräteversorgung auch ohne den schädigungsbedingten Anteil für erforderlich gehalten. Das SG hat die Postbeamtenkrankenkasse Nürnberg einfach beigeladen und die Klage mit Urteil vom 29.09.1994 abgewiesen. Es hat sich auf das Gutachten von Dr ... ...