Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherungsschutz der Schüler
Leitsatz (amtlich)
Die Schülerin einer allgemeinbildenden Schule ist auf dem Wege zu oder von einem privaten Nachhilfeunterricht nicht nach RVO § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b iVm RVO § 550 S 1 gegen Unfall versichert.
Leitsatz (redaktionell)
Bei dem Ergänzungs- und Förderunterricht handelt es sich um eine Maßnahme der Schule, Schüler, die auf Veranlassung der Schule an diesen Unterrichtsmaßnahmen teilnehmen, sind im Rahmen der gesetzlichen Schüler-Unfallversicherung geschützt.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b Fassung: 1971-03-18, § 550 S. 1 Fassung: 1963-04-30
Tenor
Die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 1975 werden zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die im Jahre 1955 geborene Klägerin ist am 4. Juni 1972 in ihrem Wohnort R auf dem Heimweg vom Latein-Nachhilfeunterricht, den ihr der ebenfalls in R wohnende Realschul-Konrektor P (P.) erteilt hatte, von einem Pkw erfaßt und verletzt worden. Sie war seinerzeit Schülerin der 10. Klasse der W-Schule in N.
Die wegen dieses Unfalles geltend gemachten Entschädigungsansprüche hat der Beklagte durch Bescheid vom 25. Juli 1972 mit der Begründung abgelehnt, Schüler seien nur während des Besuchs allgemeinbildender Schulen, nicht aber während des Besuchs eines privaten Nachhilfeunterrichts versichert. Da der Aufenthalt bei P. am Unfalltag nicht von der Schule und im Rahmen des Unterrichts angeordnet gewesen sei, könne der Nachhilfeunterricht auch nicht dem Haftungs- und Verantwortungsbereich der Schule zugeordnet werden. Vielmehr habe das Motiv für die Tätigkeit am Unfalltage im privaten Bereich der Klägerin gelegen.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht (SG) Nürnberg nach uneidlicher Vernehmung des P. und der Studienräte R und J sowie Einholung einer Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus über den Förderunterricht ... an den bayerischen Gymnasien stattgegeben (Urt. vom 7. Dezember 1973).
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Juli 1972 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, darüber, daß es sich bei dem Latein-Nachhilfeunterricht nicht um einen Besuch einer allgemeinbildenden Schule und um Schulunterricht im engeren Sinne gehandelt habe, bestehe zwischen den Beteiligten kein Streit. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe außerdem zur Überzeugung des Gerichts fest, daß es sich bei dem genannten Nachhilfeunterricht nicht um einen von der Schule getragenen Ergänzungs- oder Förderungsunterricht gehandelt habe. Die Schule selbst habe keinen Ergänzungs- oder Förderungsunterricht durch Lehrer oder Mitschüler angeordnet, angeregt oder wenigstens für nützlich gehalten. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, die Schule sei dem Lehrauftrag nicht genügend nachgekommen und habe deswegen die Teilnahme einzelner Schüler am Nachhilfeunterricht zu verantworten, habe eine solche Verantwortung zumindest der Klägerin gegenüber nicht bestanden. Diese sei, wie die Beweisaufnahme ergeben habe, in Latein selbst nicht gefährdet gewesen, habe vielmehr in Französisch auf 6, in Latein aber auf einer schwachen 3 gestanden. Der Auffassung des SG, die Nichteinbeziehung des Nachhilfeunterrichts verstoße gegen das in Art. 20 Grundgesetz (GG) verankerte Sozialstaatsprinzip, könne nicht gefolgt werden. Es besage nämlich nicht, daß Schüler, die schwächere Leistungen erbringen, mit allen Mitteln dahin geführt werden müßten, daß sie das nächste Klassenziel erreichten oder die Reifeprüfung erfolgreich ablegten.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die beigeladene Ersatzkasse die zugelassene Revision eingelegt. Die Klägerin machte geltend, der Nachhilfeunterricht sei notwendig gewesen und geradezu von der Schule angeraten worden. Er sei in einem Fach erfolgt, bei dem die Klägerin zwar nicht völlig versagt habe, sie habe aber den Nachhilfeunterricht deswegen benötigt, um durch bessere Leistungen in diesem, die Versetzung sonst gefährdende Leistung in einem anderen Fach auszugleichen. Es sei lebensfremd, wenn man den an einem Sonntag angetretenen unfallbringenden Weg und den Anlaß zu demselben in den privaten, eigenwirtschaftlichen und deshalb unversicherten Bereich verweisen wollte, zumal die Schule ein großes Interesse daran gehabt habe, ihr Ansehen dadurch zu wahren, daß möglichst alle Schülerinnen versetzt würden. Der vorliegende Fall sei nicht anders anzusehen, als die versicherte Teilnahme an einem katholischen Beichtunterricht oder an einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft, bzw. der Vorbereitung eines Schulfestes oder bei Einsätzen von Schülern in Betrieben.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen LSG-Urteils die Berufung des beklagten Freistaates gegen das dessen Ablehnungsbescheid vom 25.7.1972 aufzuhebendes, nunmehr wiederherzustellendes Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 7.12.1973 zurückzuweisen,
hilfsweise
den Rechtsstreit gem. § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beigeladene hat zur Begründung ihrer Revision vorgetragen, entgegen der Ansicht des LSG sei der Lateinnachhilfeunterricht als von der Schule getragener Ergänzungs- oder Förderunterricht anzusehen, wie sich auch aus dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus in M vom 27. August 1973 an das SG in Nürnberg ergebe. Förderunterricht und Ergänzungsunterricht sei nicht dasselbe wie Nachhilfeunterricht. Die Empfehlung an die Klägerin, Latein-Nachhilfestunden zu nehmen, sei von der Schule ausgegangen, die selbst nicht dazu in der Lage gewesen sei (vgl. deren Schreiben vom 26. Februar 1973). Daraus folge, daß P. mit Erteilung des Nachhilfeunterrichts eine Aufgabe ausgeführt habe, die nach der Vorstellung der Schule eigentlich durch diese hätte übernommen werden sollen. Schulische Veranstaltungen ständen auch dann unter Versicherungsschutz, wenn sie nicht im Schulgebäude stattfänden.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 16. Juli 1975 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 7. Dezember 1973 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt er aus, die Revisionskläger unterschieden nicht hinreichend zwischen dem von der Schule angeordneten und getragenen Ergänzungs-bzw. Förderungsunterricht und der Empfehlung von Klassenlehrern, privaten Nachhilfeunterricht zu nehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen konnten in der Sache keinen Erfolg haben.
Das LSG hat festgestellt, daß es sich bei dem Latein-Nachhilfeunterricht, den die Klägerin bei P. genommen und der zu dem hier streitigen Wegeunfall geführt hat, nicht um einen von der Schule getragenen Ergänzungs- oder Förderungsunterricht gehandelt und daß die Schule selbst einen derartigen Unterricht durch Lehrer oder Mitschüler nicht angeordnet, angeregt oder wenigstens für nützlich gehalten habe (Urteil Seite 4/5). Der von den Studienräten R und J - nicht von der Schule -angeregte, möglicherweise von ihnen vermittelte und dann von der Klägerin mit Billigung ihrer Eltern bei P. genommene Nachhilfeunterricht sei nicht als von der Schule getragener oder auch nur von ihr zu verantwortender Ergänzungs- oder Förderunterricht anzusehen (Urteil S. 5/6). Soweit das LSG damit tatsächliche Feststellungen getroffen hat, sind sie für das Revisionsgericht bindend, da sie weder von der Klägerin noch von der Beigeladenen mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind (§ 163 SGG). Soweit das LSG zu dem Ergebnis gelangte, der von den genannten Lehrern angeregte und möglicherweise von ihnen vermittelte Nachhilfeunterricht sei nicht als von der Schule getragener oder von ihr zu verantwortender Ergänzungs- oder Förderunterricht anzusehen, steht dies im Einklang mit der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 27. August 1973, auf den sich auch die Beigeladene beruft. Denn hiernach wird der Ergänzungsunterricht (gelegentlich auch Förderunterricht genannt) - soweit notwendig - in den Fächern Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache erteilt. Er darf nur eingerichtet werden, wenn es die Personallage erlaubt und zusätzliche Lehrkräfte nicht erforderlich werden. Es bleibt der Schule überlassen, ob sie diese Stunden unmittelbar an den Vormittagsunterricht anschließt oder bei besonders gelagerten Fällen am Nachmittag ansetzt. Die Schule soll um eine befriedigende Regelung der Mittagszeit bemüht sein. Es ist sinnvoll, wenn im Ergänzungsunterricht die Lehrer eingesetzt werden, die das betreffende Fach im ordentlichen Unterricht erteilen. Es steht schließlich im Ermessen der Schule, wie lange sie den Unterricht durchführt, ob bis zum Ende der Probezeit oder länger.
Hieraus ergibt sich, daß es sich bei dem Ergänzungs- bzw. Förderunterricht um eine Maßnahme der Schule handelt, die nach ministerieller Anweisung als Behörde oder private Schule ihre Räume zur Verfügung stellt und die Einzelheiten regelt.
Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall, in dem die Klägerin - wenn auch auf Anraten ihrer Lehrer, was häufig der Fall sein wird - mit Billigung ihrer Eltern einen Nachhilfeunterricht bei dem nicht am Schulort in Nürnberg, sondern an ihrem Wohnort R. wohnhaften P. genommen hat. Dabei hat es sich um einen privaten Nachhilfeunterricht gehandelt, denn dieser Unterricht hatte ungeachtet der Anregung bzw. möglicherweise erfolgten Vermittlung durch die Studienräte R und J (vgl. S. 5 des LSG-Urteils) privaten Charakter, weil er nicht von der Schule durchgeführt worden ist. Die Frage, ob eine schulische Veranstaltung im Einzelfall vorliegt, ergibt sich aus den Richtlinien der Unterrichtsverwaltungen oder bei deren Fehlen - aus der verantwortlichen Entscheidung des Schulleiters (vgl. Vollmar, Unfallversicherung für Schüler und Studenten usw. in der Schriftenreihe der Zeitschrift WzS 75, S. 21). An einer solchen fehlt es nach den Feststellungen des LSG. Dieser private Nachhilfeunterricht steht grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (UV); deshalb ist auch der Weg nach und von diesem Nachhilfeunterricht nicht gem. § 550 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gegen Unfall geschützt gewesen.
Nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b der RVO sind Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen gegen Arbeitsunfälle versichert. Zum Besuch allgemeinbildender Schulen gehört vor allem die Teilnahme am Schulunterricht einschließlich schulischer Veranstaltungen. Schüler allgemeinbildender Schulen stehen beim Besuch des Schulunterrichts und anderer schulischer Veranstaltungen auch unter Versicherungsschutz, wenn der Unterricht oder die Schulveranstaltung nicht im Schulgebäude stattfindet. In diesen Fällen besteht gemäß § 550 Abs. 1 RVO Versicherungsschutz für die Schüler auch auf den Wegen nach und von dem Ort des Schulunterrichts oder anderer schulischer Veranstaltungen (vgl. Urteil des BSG vom 23.4.1975 in SozR 2200, Nr. 4 zu § 550 RVO und dortige Zitate). Jedoch muß es sich grundsätzlich um einen "Schulbesuch" handeln. Denn die genannte Vorschrift enthält die ausdrücklichen Worte:" während des Besuchs allgemeinbildender Schulen". Sie unterscheidet sich insofern von der Regelvorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO, die das Wort "während" nicht enthält und nur ganz allgemein bestimmt, daß die auf Grund eines Arbeits- Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten gegen Arbeitsunfall versichert sind. Zu "Schulen" gehören nur solche Einrichtungen, die wegen des dort erteilten Unterrichts von Schülern "besucht" werden (vgl. BSG 35, 207, 209). In dieser Entscheidung ist unter Hinweis auf die amtliche Begründung zu § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO auch betont worden, daß sich der Versicherungsschutz auf den Unterricht einschließlich der Pausen und andere schulische Veranstaltungen (etwa Schulausflüge, Schülerreisen) sowie auf den Weg zu und von der Schule oder einen Ort, an dem die Schulveranstaltung stattfindet, erstreckt (vgl. BSG 35. 211 und Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Stand Mai 1975, Anm. 85 - 3 a zu § 539 RVO). Mit der Vorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO ist sonach kein umfassender Versicherungsschutz ohne Rücksicht auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schuleinrichtung eingeführt worden (BSG 35, 211). Vielmehr muß eine unmittelbare zeitliche und räumliche Beziehung zur Schule bzw. zum Unterrichtsort oder der Schulveranstaltung gegeben sein (vgl. Vollmar aaO, S. 21). Durch § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO ist also kein allgemeiner Versicherungsschutz in dem Sinne begründet worden, daß alle Tätigkeiten, die irgendwie mit der Schule etwas zu tun haben, unter UV-Schutz stehen. Demgemäß hat der erkennende Senat im Urteil vom 22. Oktober 1975 - 8 RU 68/75 - bereits ausgesprochen, daß z. B. die Hausaufgaben in der grundsätzlich dem Versicherungsschutz entzogenen privaten Lebenssphäre des Schulers gefertigt werden. Insoweit besteht also regelmäßig kein UV-Schutz (gleicher Ansicht: Lauterbach aaO, Anmerkung 85 - 30 und Vollmar aaO, S. 24). Obwohl die Schule die Verrichtung der Hausaufgaben verlangt und diese Tätigkeit in aller Regel eine unerläßliche Voraussetzung für einen geordneten Schulbetrieb und für die Erreichung des Klassenziels ist, steht diese nicht unter UV-Schutz, weil sie im häuslichen Wirkungskreis des Schülers oder etwa auch eines Klassenkameraden oder dergleichen, jedenfalls aber nicht im örtlichen oder räumlichen Bereich einer Schule oder Schulveranstaltung ausgeübt wird.
Die gleichen Grundsätze gelten auch für einen privaten Nachhilfeunterricht der vorliegenden Art. Auch hier besteht kein örtlicher bzw. organisatorischer Zusammenhang mit der Schule. Die Klägerin hat den Nachhilfeunterricht nicht in ihrer Schule in Nürnberg - etwa im Sinne eines Nachmittagsunterrichts -, sondern bei dem in R. wohnenden Konrektor P. genommen. Der damit zusammenhängende Gefahrenbereich war durchaus verschieden von dem durch § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO geschützten schulischen Bereich. Diese Unterscheidung ist auch sinnvoll. Denn wenn sich in der Schule oder bei einer Schulveranstaltung ein Unfall ereignet, so wird die Haftpflicht der Schule bzw. der sie tragenden Körperschaft berührt; sie wird daher stets entsprechende Vorkehrungen zu treffen haben, die das Unfallrisiko weitgehend herabmindern. Auf der anderen Seite gibt die Schüler-Unfallversicherung den in ihrem Schulbereich Verletzten die Gewähr, ohne langwierige Verhandlungen oder Prozesse über die Frage des Vorliegens einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung oder Unterlassung der Schule bzw. ihrer Bediensteten kostenlose Heilbehandlung und gegebenenfalls Unfallentschädigung zu erhalten. Nur diesen Schulbereich wollte der Gesetzgeber in den gesetzlichen UV-Schutz einbeziehen, wie sich aus den Worten "während des Besuchs allgemeinbildender Schulen" ergibt. Dagegen läßt sich nicht einwenden, hier gehe es um einen Wegeunfall, und die Wegegefahr sei hier wie dort etwa die gleiche. Denn § 550 Satz 1 RVO ist nur ein abgeleiteter Anspruch; er hat stets zur Voraussetzung, daß der Weg mit einer der in § 539 (sowie 540 und 543 bis 545) genannten Tätigkeiten zusammenhängt.
Sonach wird der nicht von der Schule durchgeführte, sondern im wesentlichen auf privater Vereinbarung beruhende Nachhilfeunterricht außerhalb der Schule von dem Versicherungsschutz des § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO nicht erfaßt. Die gleiche Auffassung wird von Brackmann(Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II, Stand Februar 1975, S. 474 s) und Lauterbach (aaO, Anm. 85 - 3 b) vertreten, die betonen, daß die Hausaufgabenüberwachung sowie der Nachhilfeunterricht auf Grund privater Vereinbarung unversichert sind.
Dem gewonnenen Ergebnis stehen die von der Beigeladenen und zum Teil auch von der Klägerin zitierten Entscheidungen des 2. Senats des BSG vom 31. Januar 1974 - 2 RU 48/73 - (SozR 2200 Nr. 2 zu § 550 RVO) und vom 23. April 1975 - 2 RU 227/74 - (SozR aaO Nr. 4) nicht entgegen. Die erste Entscheidung betraf eine Studentin, die am Hochschulort ein möbliertes Zimmer bewohnte und sich in den Semesterferien auf eine Vordiplomprüfung am Hochschulort vorbereitete. Hier wurde unter Berücksichtigung der "Besonderheiten eines Hochschulstudiums" der Versicherungsschutz auf der Fahrt zur Familienwohnung bejaht. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, ganz abgesehen davon, daß dort die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. d RVO zu prüfen waren. Diese Vorschrift spricht nicht vom "Besuch" von Schulen, sondern allgemein von "Aus- und Fortbildung an Hochschulen". In der Entscheidung vom 23. April 1975 wurde der UV-Schutz bejaht, weil der Beichtunterricht nach irrevisiblem Landesrecht zum Unterricht an allgemeinbildenden Schulen gehörte. Die Klägerin befand sich aber im Unfallzeitpunkt nicht auf dem Wege von oder zum Unterricht an einer allgemeinbildenden Schule. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Art. 20 des GG. Das in Abs. 1 dieser Vorschrift verankerte Sozialstaatsprinzip besagt nichts über die Frage, inwieweit einem Schüler auf dem Weg vom oder zum Schul- bzw. Nachhilfeunterricht UV-Schutz nach Maßgabe des § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b RVO zu gewähren ist. Diese Frage beantwortet sich nach dem oben näher dargelegten Sinn und Zweck der in der genannten Vorschrift geregelten Schüler-Unfallversicherung. Dem Art. 20 GG kann nicht entnommen werden, daß eine Vorschrift entgegen ihrem begrenzten Wirkungsbereich stets weit auszulegen sei; er stellt im Gegenteil in Abs. 3 klar, daß die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist.
Da das LSG-Urteil nach alledem nicht zu beanstanden war, mußten die Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1650102 |
BSGE, 149 |