Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 15.02.1985) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. Februar 1985 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen die Weigerung der Beklagten, ihm für den Monat März 1983 Arbeitslosengeld (Alg) zu zahlen.
Der am 6. November 1939 geborene, kriegsbeschädigte Kläger war vom 1. April 1980 bis 31. Januar 1983 bei der Firma (H.) in P. als Disponent beschäftigt. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) kündigte ihm der Arbeitgeber unter Einhaltung der in seinem Falle gültigen ordentlichen Kündigungsfrist (6 Wochen zum Vierteljahresschluß) zum 31. März 1983 wegen Arbeitsmangels; die Fürsorgestelle für Kriegsopfer beim Kreis P. hatte hierzu die Zustimmung erteilt. Am 26. Januar 1983 schloß der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Januar 1983 beendet werde, weil der Kläger einen neuen Arbeitsplatz gefunden habe. Ihm wurde eine Abfindung in Höhe von 8.600,00 DM gezahlt. Im Anschluß daran war der Kläger vom 1. bis 28. Februar 1983 bei der Firma (I.H.) beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers während der Probezeit am 28. Februar 1983.
Der Kläger meldete sich am 23. Februar 1983 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg mit Wirkung zum 1. März 1983. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin Alg ab 1. April 1983 für 312 Leistungstage. Mit einem besonderen Bescheid vom 16. März 1983 teilte sie ihm mit, daß er keinen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 1. bis 31. März 1983 habe; mit Rücksicht auf sein vorzeitiges Ausscheiden bei der Firma H. und die ihm gewährte Abfindung ruhe der Anspruch auf Alg bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß § 117 Abs. 2 und 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Der Widerspruch des Klägers hiergegen war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 1983). Mit der Klage machte der Kläger die Zahlung von Alg für den Monat März 1983 geltend.
Durch Urteil vom 14. November 1983 hat das Sozialgericht (SG) die Bescheide der Beklagten vom 16. März 1983 und 27. Mai 1983 aufgehoben und die Berufung zugelassen. Das SG war der Auffassung, daß ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nach § 117 Abs. 2 AFG nicht mehr in Betracht komme, nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma I.H. durch fristgerechte Kündigung und ohne Gewährung einer Abfindung beendet worden ist.
Durch Urteil vom 15. Februar 1985 hat das LSG auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Der vom Kläger erhobene Anspruch auf Alg ruhe bis zum 31. März 1983; dies folge aus § 117 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AFG idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497). Im Sinne dieser Vorschrift sei das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Firma H. ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers vorzeitig beendet worden, und der Kläger habe wegen dieser Beendigung eine Abfindung von 8.600,00 DM erhalten. Deshalb ruhe der Anspruch des Klägers auf Alg vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem es bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist geendet hätte; das sei hier der 31. März 1983. Daß die Abfindung ursprünglich erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungfrist am 31. März 1983 gezahlt werden sollte, ändere nichts an dem Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der gezahlten Abfindung. Die Zahlung einer Abfindung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründe die unwiderlegbare Vermutung, daß die Abfindung eine Lohnausfallentschädigung wegen der vorzeitigen Beendigung enthalte.
Der Anwendung des § 117 Abs. 2 AFG stehe es nicht entgegen, daß die Ruhenswirkung nicht aufgrund der Beendigung des letzten, sondern des vorletzten Arbeitsverhältnisses eingetreten sei. Sinn und Zweck der Vorschrift, Doppelleistungen von Arbeitsentgelt und Alg zu vermeiden, erforderten eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auch auf Fälle dieser Art. Solange der Arbeitslose Geldbezüge aus einem Arbeitsverhältnis erhalte, die nicht als verbraucht gelten, ruhe der Alg-Anspruch, wobei die Vorschrift bestimmte Anrechnungsfristen festlege. Daß der Kläger für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Firma I. H. vom 1. bis 28. Februar 1983 noch keinen Anspruch auf Alg gemäß § 100 Abs. 1 AFG besessen habe, widerspreche dem nicht. Es handele sich insoweit um ein gesetzlich fingiertes Ruhen. Nach dem Gesetz werde damit das Ruhen des Alg-Anspruchs während des Bestehens eines weiteren Arbeitsverhältnisses mit dem während tatsächlicher Arbeitslosigkeit gleichgestellt. Auch § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG enthalte die Fiktion, daß das Alg ruhe, obwohl es tatsächlich unter den dort genannten Voraussetzungen gewährt werde, weil der Betreffende nicht die bestehenden Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis erhalte.
Eine Verkürzung des Ruhenszeitpunktes nach § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AFG sei nicht eingetreten. Nach dieser Vorschrift ruhe der Alg-Anspruch nicht über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgeltes einen Betrag in Höhe von 70 vH der Abfindung verdient hätte. Unter Berücksichtigung seiner Betriebszugehörigkeit und seines Lebensalters (§ 117 Abs. 3 Sätze 3 und 4 AFG) wäre beim Kläger jedenfalls anteilsmäßig die Abfindung mit 65% anzurechnen. Danach würde sich der Ruhenszeitraum nach dieser Vorschrift sogar bis zum 4. April 1983 erstrecken. Da nach § 117 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AFG das Ruhen jedoch nur bis zum 31. März 1983 gewährt habe, greife die Regelung des Abs. 3 nicht ein.
Auch § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG sei nicht einschlägig, wonach der Ruhenszeitraum bis auf den Tag beschränkt sei, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können. Der Grund für die Kündigung des Klägers bei der Firma H. sei Arbeitsmangel gewesen; Arbeitsmangel berechtige jedoch nicht zur fristlosen Kündigung.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 100, 117 AFG durch das LSG. Er führt dazu im wesentlichen aus: Zwar habe er wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Firma H. eine Abfindung erhalten, und dieses Arbeitsverhältnis sei auch ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers beendet worden. Dies erfülle die Tatbestandsmerkmale der Ruhensvorschrift in § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG jedoch nur scheinbar. Das LSG habe nämlich verkannt, daß die Prüfung, ob ein Ruhenstatbestand gegeben sei, auch die Prüfung einschließen müsse, ob überhaupt ein Alg-Anspruch bestehe. Der Eintritt der im Gesetz bestimmten Rechtsfolge setze notwendig voraus, daß auch ein Anspruch vorhanden sei, der zum Ruhen kommen könne. Vermutungen und Spekulationen würden nicht weiterhelfen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Firma H. am 31. Januar 1983 sei der Kläger nicht arbeitslos iS von § 100 Abs. 1 AFG gewesen. Er habe auch die sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg nicht erfüllt. Infolgedessen habe ein derartiger Anspruch auch nicht ruhen können. Nicht die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung seien Voraussetzung für das Ruhen eines Anspruchs, sondern der Eintritt des Versicherungsfalles und die Erfüllung der im Gesetz bestimmten Anspruchsmerkmale.
Der § 117 Abs. 2 AFG verbiete den Rückgriff auf ein früheres Arbeitsverhältnis. Dies folge aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach Voraussetzung sei, daß der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten habe. Damit habe der Gesetzgeber eindeutig das Arbeitsverhältnis bestimmt, dessen Beendigung ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles Arbeitslosigkeit und daher auch für den Anspruch Alg sei. Der Auffassung des LSG sei deshalb nicht zu folgen, eine Abfindung wegen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die nicht ursächlich für den Anspruch auf Alg sei, wirke gegebenfalls auch über mehrere weitere Arbeitsverhältnisse als Ruhenstatbestand fort. Könne aber ein Alg-Anspruch während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht gegeben sein, könne dieser entgegen der Auffassung des LSG auch nicht fiktiv ruhen. Auch auf die Gleichwohlgewährung von Alg nach § 117 Abs. 4 AFG könne sich das LSG nicht berufen. Diese Regelung stelle darauf ab, daß der Arbeitslose Arbeitsentgelt nicht erhalte, also eine Doppelversorgung nicht stattfinde, aber ein Anspruch des Arbeitslosen auf Arbeitsentgelt bestehe und dieser in Höhe des Alg auf das Arbeitsamt übergehe. Diese Vorschrift regele mithin nicht ein fingiertes, sondern ein tatsächliches Ruhen für den Fall, daß Alg gezahlt werde. Schließlich sei die Annahme des LSG nicht gerechtfertigt, der Anspruch ruhe, solange der Arbeitslose Geldbezüge aus einem Arbeitsverhältnis habe, die nicht als verbraucht gelten. Einen derartigen Tatbestand enthalte § 117 Abs. 2 AFG nicht. Nach dieser Vorschrift sei eindeutig nur das Arbeitsverhältnis bestimmend, dessen Beendigung ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles Arbeitslosigkeit sei. Ein mit einer Abfindung verbrämtes Ende eines Arbeitsverhältnisses, welches nicht diesen Versicherungsfall zur Folge habe, sei nicht Gegenstand der Regelung in § 117 Abs. 2 AFG.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 14. November 1983 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend führt sie aus, daß der Ruhenszeitraum nach dem Sinn des § 117 Abs. 2 AFG nicht an die Entstehung des Anspruchs auf Alg, sondern an das Ende des Arbeitsverhältnisses anknüpfe und der Ruhenszeitraum unabhängig davon ablaufe, ob ein Anspruch von Alg bestehe oder nicht. Es sei deshalb unerheblich, ob das Ende des Arbeitsverhältnisses, das zur Zahlung der Abfindung geführt habe, für die Arbeitslosigkeit ursächlich war oder nicht, zumal da das Ruhen des Anspruchs nach § 117 AFG keine Strafvorschrift sei, sondern nur eine Zahlung von Alg und Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis für die gleiche Zeit ausschließen soll. Im übrigen gebe der Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt für die Auffassung des Klägers, daß nur ein unmittelbar nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, welches die Zahlung der Abfindung ausgelöst habe, entstehender Alg-Anspruch ruhe.
Beide Beteiligte haben erklärt, daß sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand der Klage (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 16. März 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 1983. Darin hat die Beklagte entschieden, daß der dem Kläger dem Grunde nach seit 1. März 1983 zustehende Anspruch auf Alg bis zum 31. März 1983 ruhe. Mit der Klage will der Kläger die Zahlung von Alg schon vom 1. März 1983 an erreichen (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Sein Rechtsschutzinteresse für das Klageziel ist trotz der ab 1. April 1983 einsetzenden Alg-Zahlung gegeben (BSGE 50, 121, 122 = SozR 4100 § 117 Nr. 3). Die Klage ist jedoch nicht begründet, denn der angefochtene Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG erfüllte der Kläger für die Zeit ab 1. März 1983 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg gemäß § 100 AFG. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Zu Recht hat die Beklagte jedoch die Auszahlung des Alg für die Zeit vom 1. bis 31. März 1983 verweigert; denn in diesem Zeitraum ruhte der Anspruch des Klägers gemäß § 117 Abs. 2 AFG in der hier anzuwendenden Fassung des AFKG. Die Vorschrift ordnet diese Rechtsfolge in bestimmtem Umfange an, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung zu erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Nach den Feststellungen des LSG ist bei der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Firma H. zum 31. Januar 1983 die dem Arbeitgeber eingeräumte ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten und die Abfindung von 8.600,00 DM dem Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt worden. Der Senat folgt dem LSG, daß für diese Beurteilung die vorangegangene Kündigung des Arbeitgebers zum 31. März 1983 keine Rolle spielt.
Hinsichtlich des Umfanges des Ruhens bestimmt § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG, daß dieses in Fällen der vorliegenden Art. vom Ende des Arbeitsverhältnisses an beginnt und bis zu dem Tage währt, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers geendet hätte. War vor dem tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers ausgesprochen, so begrenzt das Ende dieser Kündigungsfrist den Ruhenszeitraum (§ 117 Abs. 2 Satz 1 AFG), sofern nicht eine Verkürzung des Ruhenszeitraumes nach § 117 Abs. 3 AFG in Betracht kommt. Aufgrund dieser Rechtslage stünde es außer Frage, daß ein bereits am 1. Februar 1983 tatsächlich entstandener Alg-Anspruch des Klägers bis zum 31. März 1983 geruht hätte. Aus den Feststellungen des LSG folgt, daß ein früheres Ende der Ruhenswirkung in diesem Falle nach § 117 Abs. 3 AFG nicht eingetreten wäre. Ohne Rechtsfehler hat das LSG erkannt, daß weder der nach dem Lebensalter des Klägers zu berücksichtigende Teil der Abfindung (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 iVm Satz 3 AFG) noch ein Recht des Arbeitgebers zu fristloser Kündigung (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG) zu einer Verkürzung des oa Ruhenszeitraumes führen konnte; das Arbeitsverhältnis war auch nicht befristet (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AFG).
Steht danach fest, daß dem Kläger im Falle einer anspruchsbegründenden Arbeitslosmeldung und Antragstellung zum 1. Februar 1983 wegen der Ruhenswirkung des § 117 Abs. 2 AFG ein Anspruch auf Auszahlung von Alg nicht früher als vom 1. April 1983 an zustand, so verblieb es bei dieser Rechtswirkung ungeachtet des Umstandes, daß der Kläger von 1. bis 28. Februar 1983 in einem anderen Arbeitsverhältnis gestanden hat und er folglich erst für die Zeit vom 1. März 1983 an Alg begehrt. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 117 AFG, jedoch aus Sinn und Zweck der Vorschrift und der dementsprechend ausgestalteten Festlegung des Ruhenszeitraumes.
Den Regelungen des § 117 AFG liegt die Absicht zugrunde, im Interesse der Versichertengemeinschaft den Doppelbezug von Arbeitsentgelt und Alg zu vermeiden. Der § 117 Abs. 1 AFG ordnet deshalb das Ruhen jeglichen Alg-Anspruchs für Zeiten bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder zusteht. § 117 Abs. 2 AFG erfaßt die Auswirkungen bestimmter Leistungen des Arbeitgebers mit Entgeltcharakter für Zeiten nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses auf einen Alg-Anspruch (vgl. dazu BSGE 52, 47 = SozR 4100 § 117 Nr. 7). Zutreffend weist der Kläger darauf hin, daß ein Ruhenstatbestand nach § 117 Abs. 2 AFG nur verwirklicht wird, wenn nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis für diesen ein Alg-Anspruch entsteht. Nur ein tatsächlich und rechtlich entstandener Anspruch kann zum Ruhen gelangen. Das bedeutet jedoch nicht, daß der Alg-Anspruch unmittelbar nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses entstanden sein muß. Auch wenn sich der Arbeitnehmer erst zu einem späteren Zeitpunkt arbeitslos meldet und dadurch einen Anspruch auf Alg zum Entstehen bringt, ruht dieser bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 117 Abs. 2 AFG von da an in dem für den Einzelfall gesetzlich vorgeschriebenen zeitlichen Umfang (vgl. zB den im Urteil des Senats vom 12. Dezember 1984 – SozR 4100 § 117 Nr. 13 – entschiedenen Fall). Grund dafür ist die Regelung des § 117 Abs. 2 und 3 AFG über den Ruhenszeitraum.
Diesen Ruhenszeitraum legt § 117 Abs. 2 Halbsatz 2 AFG – wie schon ausgeführt – nach Beginn und Ende fest, letzteres allerdings nur, soweit nicht ein früheres Ende gemäß § 117 Abs. 3 AFG in Betracht kommt. Der Wortlaut der Vorschrift, daß der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage ruht, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers geendet hätte, bedeutet nicht eine gesetzliche Beschränkung der Ruhenswirkung auf Fälle, bei denen Ansprüche auf Alg unmittelbar nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses entstehen. Vielmehr wird hier der Beginn (und das Ende) des Zeitraumes festgelegt, während dessen die Beklagte unabhängig vom Beginn des Anspruchs auf Alg dessen Zahlung wegen Ruhens verweigern darf.
Der § 117 Abs. 1a AFG, eingefügt durch das AFKG, drückt diese Wirkung schon im Wortlaut besser aus; er bestimmt nämlich, daß der Anspruch auf Alg „für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs” ruht, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat, und daß der Ruhenszeitraum „mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses” beginnt. Damit sollte hinsichtlich der Auswirkung solcher Arbeitgeberleistungen auf einen an irgend einem Tage während des Ruhenszeitraumes entstehenden Alg-Anspruch nichts von § 117 Abs. 2 AFG Abweichendes gesagt werden, wie aus den Motiven zu § 117 Abs. 1a AFG folgt. Dort heißt es nämlich: „Die Vorschrift ergänzt die Regelung des geltenden Rechts, nach der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit ruht, für die ein Arbeitsloser Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat…” (vgl. BT-Drucks 9/799, Begründung zu Art. I § 1 Nr. 35 Buchst a des Entwurfs eines AFKG). Deutlich wird der Inhalt des § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG als eine Zeitraumbestimmung für den Eintritt von Ruhenswirkungen auf alle in dieser Zeit entstehenden Alg-Ansprüche auch durch die Regelung in § 117 Abs. 2 Satz 5 AFG. Dort heißt es nämlich, daß sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um bestimmte Zeiten abgegoltenen Urlaubs verlängert. Die Ruhensbestimmung des § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG entspricht damit dem System nach der Ruhensbestimmung beim Eintritt einer Sperrzeit (vgl. § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG).
Eine andere Auffassung würde im übrigen weder dem schon geschilderten Zweck des § 117 Abs. 2 AFG gerecht werden, noch wäre sie in irgend einer Weise einsichtig. Sie würde nämlich dazu führen, daß der gegen Abfindung vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer die Ruhenswirkung gänzlich vermeiden könnte, wenn er sich zB erst am zweiten Tage nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitslos melden und von diesem Tage an Alg beantragen würde. § 117 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 AFG behält einen vernünftigen Sinn deshalb nur dann, wenn man ihn dahin versteht, daß er einen Zeitraum festlegt, der grundsätzlich unabhängig vom Bestand eines Alg-Anspruchs kalendermäßig abläuft, und dessen leistungsrechtliche Bedeutung darin besteht, daß ein an jedem beliebigen Tage innerhalb dieses Zeitraumes entstehende Anspruch auf Alg bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Halbsatz 1 für die jeweils noch verbleibende Restdauer dieses Zeitraumes ruht (in diesem Sinne ebenso: Gagel, Kommentar zum AFG, 2. Ergänzungslieferung, RdNr. 174 zu § 117; Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, Erl 2 zu § 117 – Stand: Juni 1982 –; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Kommentar zum AFG, 1984, Erl 3 zu § 117; Eckert in Gemeinschaftskommentar – AFG, RdNr. 33 zu § 117 – Stand: Januar 1986 –). Nur diese Auslegung wird nach Auffassung des Senats dem Grundgedanken des § 117 AFG gerecht, daß ein Alg-Anspruch solange nicht zur Gewährung dieser Lohnersatzleistung führen soll, als dem Arbeitslosen der Verbrauch von in der zugeflossenen Abfindung oder Entschädigung enthaltenen Arbeitsentgeltteilen zugemutet werden kann (vgl. dazu BVerfG in SozR 4100 § 117 Nr. 1 und BSG SozR 4100 § 117 Nrn 13 und 14). Für die Verwirklichung dieses Grundsatzes ist es unerheblich, von wann ab innerhalb des vom Gesetz bestimmten Ruhenszeitraumes ein Alg-Anspruch geltend gemacht wird. Daß die Regelung des § 117 Abs. 2 AFG auch in Bezug auf die typisierende Weise der Erfassung dieser Arbeitsentgeltteile nicht verfassungswidrig ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits festgestellt (vgl. BVerfG SozR 4100 § 117 Nr. 8). Kommt es für die Auslösung der Rechtswirkung des Ruhens eines Alg-Anspruchs mithin nur darauf an, daß innerhalb des Ruhenszeitraumes nach § 117 Abs. 2 Satz 1, ggf iVm Abs. 3 AFG, ein Alg-Anspruch zur Entstehung gelangt, spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen dieses Ereignis nicht bereits am ersten Tage dieses Ruhenszeitraumes, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt. Es liegt im Belieben des ausgeschiedenen Arbeitnehmers, wann er seinen Alg-Anspruch erhebt. Geschieht dies zB erst nach Ablauf des Ruhenszeitraumes, entfällt das Ruhen des Alg-Anspruchs völlig. Geschieht dies vorher, wenn auch nicht schon mit Beginn des Ruhenszeitraumes, tritt ein entsprechend verkürztes Ruhen des Anspruchs bis zum Ende des kalendermäßig festliegenden Ruhenszeitraumes ein.
Diese Rechtswirkung hat auch den Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1. bis 31. März 1983 erfaßt; denn der als Folge seines Ausscheidens bei der Firma H. und der ihm deswegen gezahlten Abfindung entstandene Ruhenszeitraum lief bis zum 31. März 1983. Die Tatsache der Beschäftigung des Klägers bei einem anderen Arbeitgeber während des Monats Februar 1983 hat hierauf keinen Einfluß. Der Kläger genoß in dieser Zeit den Vorteil des Doppelbezugs von Arbeitsentgelten, nämlich der entsprechenden Anteile aus der Abfindung seitens der Firma H. und des Arbeitsentgelts aus der Beschäftigung bei der Firma I.H.. Dieser Vorteil ergibt sich nach der Regelung des § 117 Abs. 2 AFG jedoch nicht für Ansprüche auf Arbeitsentgelt und Alg in deckungsgleichen Zeiten, soweit die Ruhenswirkung reicht, hier also für den Monat März 1983. Es ist dies nicht die Folge eines fiktiven Ruhens eines Alg-Anspruchs schon für die Zeit ab 1. Februar 1983; dieser Auffassung des LSG widerspricht der Kläger zu Recht. Vielmehr ergibt sich dies aus der gesetzlichen Konstruktion, die trotz der Verwendung der Worte „ruhen” und „Ruhenszeitraum” in der Festlegung eines kalendermäßig bestimmten und bestimmbaren Zeitraumes besteht, während dessen die Beklagte unabhängig vom Beginn eines solchen Anspruchs die Leistung von Alg verweigern darf. Rechtstechnisch treffender könnte insoweit von einem Leistungsverweigerungszeitraum gesprochen werden. Damit ist zugleich der Auffassung des Klägers der Boden entzogen, § 117 Abs. 2 AFG wirke sich nur in Fällen aus, in denen Arbeitslosigkeit ohne weitere Beschäftigung im Anschluß an das mit Abfindung vorzeitig beendete Arbeitsverhältnis eintrete. Im übrigen ist diese Argumentation nicht schlüssig, wenn sie auf Kausalität zwischen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und Arbeitslosigkeit abstellt. Für eine nach Aufgabe einer Zwischenbeschäftigung eingetretene Arbeitslosigkeit ist durchaus auch die Beendigung eines früheren Arbeitsverhältnisses eine nicht wegzudenkende Ursache.
An dem dargestellten Inhalt der Regelung des § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG ändern nichts die Vorschriften des § 117 Abs. 3 AFG. Dort ist zwar verschiedentlich von „der letzten Beschäftigungszeit” die Rede (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Satz 4 AFG); die Vorschrift steht jedoch in einem unmittelbaren Bezug zu § 117 Abs. 2 AFG, indem sie Regeln dafür aufstellt, wie sich bei bestimmten Sachverhalten ein früheres Ende des Ruhenszeitraums (= Leistungsverweigerungszeitraums) abweichend von Abs. 2 errechnet. Die Worte „letzte Beschäftigungszeit” können sich folglich immer nur auf die letzte Zeit der Beschäftigung beziehen, aus der der Arbeitnehmer iS des § 117 Abs. 2 AFG vorzeitig gegen Erhalt einer Abfindung ausgeschieden ist (vgl. dazu BSGE 46, 20, 31 = SozR 4100 § 117 Nr. 2).
Ob die Ruhenswirkung aus § 117 Abs. 2 AFG in Fällen der vorliegenden Art. auch dann noch erhalten bleibt, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer aus der anschließenden Beschäftigung eine neue Anwartschaft auf Alg erworben hat (§ 104 AFG), läßt der Senat ausdrücklich offen. Nach den Feststellungen des LSG lag eine solche Sach- und Rechtslage hier nicht vor.
Nach allem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen