Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiträge von Selbständigen zur Angestelltenversicherung keine Betriebsausgabe, sondern Sonderausgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Daß Beiträge der der Angestelltenversicherung als Selbständige beigetretenen Versicherten weder ganz noch zur Hälfte Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Für die laufenden Beiträge zur Angestelltenversicherung der als Selbständige beigetretenen Steuerpflichtigen brauchte der Gesetzgeber nicht einen über die Höchstbetragsgrenze des § 10 Abs. 3 EStG 1971 hinausgehenden Sonderausgabenabzug vorzusehen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 10 Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
BFH (Urteil vom 22.09.1977; Aktenzeichen IV R 213/75) |
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 30.09.1975; Aktenzeichen III 172/74) |
Gründe
1. Es läßt sich verfassungsrechtlich nicht beanstanden, daß Beiträge der der Angestelltenversicherung als Selbständige beigetretenen Versicherten weder ganz noch zur Hälfte Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1971 sind. Das gilt auch für die nach Art. 2 § 49 a Abs. 1 AnVNG in der Fassung des Rentenreformgesetzes nachentrichteten Beiträge.
2. a) Angestellte können durch eine Nachentrichtung von Beiträgen für eine Zeit, in der sie keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt haben, nicht bewirken, daß ihr Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge übernehmen und als Betriebsausgaben abziehen könnte. Nachentrichtungsbeiträge sind vielmehr bei Selbständigen wie bei Nichtselbständigen und Personen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, stets nur Sonderausgaben, die, soweit sie die für alle geltenden Sonderausgabenhöchstbeträge überschreiten, aus dem versteuerten Einkommen aufgebracht werden müssen. Insoweit scheidet eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG aus.
b) Für die laufenden Beiträge zur Angestelltenversicherung der als Selbständige beigetretenen Steuerpflichtigen brauchte der Gesetzgeber nicht einen über die Höchstbetragsgrenze des § 10 Abs. 3 EStG 1971 hinausgehenden Sonderausgabenabzug vorzusehen.
Bei Arbeitnehmern werden die Rentenversicherungsanwartschaften je zur Hälfte durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge finanziert. Die Arbeitgeberbeiträge sind, sofern sie als Betriebsausgaben anzusehen sind, nicht mit Steuern vom Einkommen belastet. Sie zählen beim Arbeitnehmer wegen der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 62 EStG 1971 nicht zum steuerpflichtigen Einkommen. Insoweit müssen aber Arbeitnehmer eine Kürzung des Höchstbetrags für Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d EStG hinnehmen; die Vergünstigung des § 3 Nr. 62 EStG 1971 wird also durch § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d EStG teilweise wieder aufgehoben. Eine dem Arbeitnehmer verbleibende Vergünstigung ergibt sich aus § 3 Nr. 62 EStG 1971 nur dann, wenn die Arbeitgeberanteile den Kürzungsbetrag des § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d EStG 1971 überschreiten.
Diese Vergünstigung auf Arbeitnehmer zu beschränken, ist dem Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht verwehrt. Der Gesetzgeber kann auf dem Gebiet des Steuerrechts im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit zwischen Selbständigen und Nichtselbständigen unterscheiden (BVerfGE 46, 224 [234 f.]). Bei der Öffnung der Sozialversicherung für Selbständige war der Gesetzgeber nicht gezwungen, die Selbständigen bei der Besteuerung den Nichtselbständigen wirtschaftlich in allen Punkten gleichzustellen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen