Leitsatz (amtlich)
- Der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG kann nicht entnommen werden, dass rentenrechtliche Anwartschaften allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters des Versicherten (hier: Vollendung des 55. Lebensjahres) einen gesteigerten verfassungsrechtlichen Bestandsschutz gegenüber wertmindernden Eingriffen durch den Gesetzgeber aufweisen.
- Zur Verfassungsmäßigkeit der rentenrechtlichen Neubewertung der ersten Berufsjahre durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996.
Verfahrensgang
Tenor
§ 58 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a und Satz 2 in Verbindung mit § 74 Satz 1 und 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Artikels 1 Nummer 11 Buchstabe a und Nummer 16 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996 (Bundesgesetzblatt I Seite 1461) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit er die rentenrechtliche Bewertung der ersten Berufsjahre solcher Versicherter mindert, die Versicherungslücken als Folge eines Wechsels in einen anderen Erwerbsstatus aufweisen.
Tatbestand
A.
Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Minderung der rentenrechtlichen Bewertung der ersten Berufsjahre durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 verfassungsgemäß ist.
I.
1. Mit der Neuordnung des Rentenrechts und insbesondere der Rentenberechnung durch die Rentenreform 1957 erfolgte auch erstmals eine besondere Behandlung der ersten Kalenderjahre einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Von dem Grundsatz, dass für die individuelle Rentenhöhe neben den Versicherungsjahren vor allem der sich aus allen Beitragsjahren ergebende Durchschnittswert maßgeblich ist, wurde für die ersten fünf Kalenderjahre nach Eintritt in die Versicherung eine Ausnahme geschaffen, wenn dieser vor Vollendung des 25. Lebensjahres erfolgte. Da in dieser Zeit üblicherweise die Ausbildungsjahre liegen, in denen regelmäßig niedrige Arbeitsentgelte versichert werden, sollten diese Zeiten bei der Rentenberechnung außer Betracht bleiben, wenn sich hierdurch ein höherer Vomhundertsatz ergab (§ 1255 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter vom 23. Februar 1957, BGBl I S. 55; § 32 Abs. 4 AVG in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten vom 23. Februar 1957, BGBl I S. 98).
2. Durch das Gesetz zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften (Rentenversicherungs-Änderungsgesetz – RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl I S. 476) wurden § 1255 Abs. 4 RVO und § 32 Abs. 4 AVG neu gefasst. Entscheidend für die bevorzugte Bewertung der ersten Versicherungsjahre war nicht mehr, dass der Versicherte vor Vollendung seines 25. Lebensjahres in die Versicherung eingetreten war. Auch die Bewertung selbst änderte sich teilweise. Endeten die ersten fünf Kalenderjahre nach dem 31. Dezember 1963, wurde diesen Zeiten nunmehr mindestens ein bestimmtes Tabellenentgelt zugrunde gelegt, das für Männer und Frauen unterschiedlich war (vgl. § 1255 Abs. 4 Buchstabe b RVO i.V.m. mit der Anlage 2 zu § 1255a RVO; § 32 Abs. 4 Buchstabe b AVG i.V.m. der Anlage 2 zu § 32a AVG). Im Ergebnis bedeutete die neue Rechtslage, dass es auf den Durchschnittswert der bis zum 31. Dezember 1963 zurückgelegten Beitragszeiten ankam, ohne dass sich Lücken im Versicherungsverlauf negativ auswirkten (vgl. § 1255a RVO und § 32a AVG, jeweils in der Fassung des Art. 1 § 1 Nr. 20 und § 2 Nr. 17 RVÄndG). Nur wenn sich der Monatsdurchschnitt bis zum 31. Dezember 1963 aus weniger als 60 Beitragsmonaten zusammensetzte, wurde ebenfalls auf Tabellenwerte, nämlich die Werte der Anlage 1 zu § 1255a bzw. § 32a AVG, zurückgegriffen.
3. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die unterschiedlichen Tabellenwerte für Männer und Frauen für mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar erklärt hatte (BVerfGE 57, 335), wurde im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung auch für die ersten Berufsjahre, die nach dem 31. Dezember 1963 endeten, eine Anhebung auf mindestens 90 vom Hundert des Durchschnittsverdiensts vorgenommen (vgl. § 1255 Abs. 4 Buchstabe b RVO, § 32 Abs. 4 Buchstabe b AVG, jeweils i.d.F. des Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts ≪Haushaltbegleitgesetz 1983≫ vom 20. Dezember 1982, BGBl I S. 1857).
4. Mit der Einführung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 – RGG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) bewertete der Gesetzgeber die ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres besonders (§ 70 Abs. 3 Satz 2 SGB VI i.d.F. des Art. 1 RRG 1992). Mit der (erneuten) Beschränkung auf Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr sollte sichergestellt werden, dass die Anhebung des Beitragswerts vor allem Zeiten der beruflichen Ausbildung betraf, auch wenn der Gesetzgeber für den betreffenden Zeitraum weiterhin auf den Nachweis einer Berufsausbildung verzichtete (vgl. BTDrucks 11/4124, S. 143).
Die Bewertung dieser Zeiten erfolgte nunmehr unabhängig vom Zeitpunkt des Versicherungseintrittes (§ 70 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Zeiten der Berufsausbildung, die außerhalb der Grenzen des § 70 Abs. 3 Satz 2 SGB VI lagen, erhielten bei entsprechendem Nachweis ebenfalls für jeden Kalendermonat 0,075 Entgeltpunkte (vgl. § 70 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Lagen die Zeiten vor dem 1. Januar 1992, geschah dies allerdings nur auf Antrag des Versicherten (vgl. § 256 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des Art. 1 RRG 1992). Eine derartige Berücksichtigung echter Berufsausbildungszeiten außerhalb des gesetzlichen Zeitrahmens war bis dahin nicht möglich gewesen.
5. a) Mit Wirkung vom 1. Januar 1997 wurde § 70 Abs. 3 SGB VI durch das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461) aufgehoben. Zeiten der beruflichen Ausbildung wurden nunmehr als Anrechnungszeiten ausgestaltet (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a SGB VI i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 WFG). Sie unterlagen damit der begrenzten Gesamtleistungsbewertung nach § 71 und § 74 SGB VI. “Begrenzt” ist die Gesamtleistungsbewertung insofern, als der sich aus ihr ergebende Wert zum einen auf 75 vom Hundert beschränkt wurde (§ 74 Satz 1 SGB VI). Zum anderen darf der so begrenzte Gesamtleistungswert für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte (entspricht 75 vom Hundert des Durchschnittswerts aller Versicherten) nicht überschreiten (§ 74 Satz 2 SGB VI i.d.F. des WFG).
In Anlehnung an die Regelung des aufgehobenen § 70 Abs. 3 Satz 3 SGB VI galten nun die ersten 36 anstatt der ersten 48 Monate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres als Zeiten einer beruflichen Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Satz 2 SGB VI; seit 1. Januar 1998 § 54 Abs. 3 Satz 3 SGB VI i.d.F. des Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung ≪Rentenreformgesetz – RRG 1999≫ vom 16. Dezember 1997, BGBl I S. 2998). Durch diese Begrenzung wollte der Gesetzgeber die Nähe zu den beitragsfreien Zeiten der schulischen Ausbildung verstärken, die zeitgleich auf 36 Monate begrenzt wurden (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 Buchstabe a aa WFG). Bei Nachweis einer beruflichen Ausbildung werden allerdings weiterhin auch die über drei Jahre hinausgehenden Ausbildungszeiten bewertet (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a SGB VI i.d.F. des WFG).
Zeiten der beruflichen Ausbildung weisen somit seit der Neuregelung durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz eine Art Doppelfunktion auf. Einerseits gelten sie als Anrechnungszeiten und werden damit fiktiv als beitragsfreie Zeiten eingestuft. Andererseits sind es tatsächlich Beitragszeiten, da Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung entrichtet worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Es handelt sich daher um so genannte beitragsgeminderte Zeiten; dies sind Zeiten, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungs-, Zurechnungs- oder Ersatzzeiten belegt sind (§ 54 Abs. 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1992).
b) In Bezug auf die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für bestimmte beitragsfreie Zeiten auf 75 vom Hundert hatte § 263 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 für die Jahre 1992 bis 2003 eine Absenkung des Gesamtleistungswerts von zwei Prozentpunkten pro Jahr vorgesehen. Zugleich wurde die absolute Obergrenze pro Kalendermonat von 0,0825 Entgeltpunkten (entspricht 0,99 Entgeltpunkten pro Jahr) für Rentenzugänge des Jahres 1992 in Schritten gesenkt. Erst ab dem 1. Januar 2004 wäre die Neuregelung voll wirksam geworden. Das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz straffte diese Übergangsregelung für die Zeit ab dem 1. Januar 1997. Die Begrenzung auf 75 vom Hundert des Gesamtleistungswerts beziehungsweise auf 75 vom Hundert des Durchschnittsentgelts aller Versicherten wurde nun bereits im Jahr 2001 erreicht. Auch hier erfolgte die Absenkung in Monatsschritten (vgl. § 263 Abs. 3 SGB VI i.V.m. der Anlage 18 zum SGB VI i.d.F. des WFG).
6. Seit dem Rentenreformgesetz 1999 werden Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung aus rechtssystematischen Gründen nicht mehr als Anrechnungszeiten bezeichnet. Zeiten einer beruflichen Ausbildung gelten ausdrücklich als beitragsgeminderte Zeiten (vgl. § 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI in der ab 1. Januar 1998 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 26 des Rentenreformgesetzes 1999). Eine inhaltliche Änderung der Bewertung ergibt sich hierdurch nicht, weil § 74 Satz 1 und 2 SGB VI unverändert geblieben ist.
7. Die Höherbewertung fiktiver Berufsausbildungszeiten ist – vorbehaltlich einer Übergangsregelung – schließlich mit Wirkung vom 1. Januar 2005 vollständig entfallen (vgl. Art. 1 Nr. 46 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung ≪RV-Nachhaltigkeitsgesetz≫ vom 21. Juli 2004, BGBl I S. 1791). Außerdem wurde die Anerkennung nachgewiesener Berufsausbildungszeiten auf drei Jahre beschränkt (vgl. § 74 Satz 3 SGB VI i.d.F. des Art. 1 Nr. 13 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes).
II.
Dem Ausgangsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde.
1. Der am 2. Dezember 1931 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens absolvierte vom Juli 1947 bis Juli 1950 eine Maurerlehre und arbeitete im Anschluss hieran als Geselle in diesem Beruf. Im Jahr 1952 nahm er ein Studium an der Fachhochschule auf, das er im Februar 1956 mit der Prüfung zum Ingenieur für Hochbau (Architektur) abschloss. Ab dem März 1956 war der Kläger zunächst versicherungspflichtig beschäftigt. Seinen letzten Pflichtbeitrag zahlte er im Juni 1966. Danach weist sein Versicherungskonto ab Januar 1984 wieder freiwillige Beiträge knapp oberhalb der gesetzlichen Mindestbeiträge auf. Für die Jahre 1986, 1988 und 1989 wurden keine Beiträge entrichtet. Der letzte freiwillige Beitrag wurde für Dezember 1994 gezahlt. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht auf Anfrage mitgeteilt, er sei nach 1966 freiberuflich als Statiker tätig gewesen und habe durchgehend ein kleines Ingenieurbüro selbständig geführt. Daneben habe er auch bei anderen Büros ausgeholfen. Er habe im Zeitraum zwischen 1966 und 1985 über Einkünfte durch Vermietung von Wohnraum, insbesondere durch Vermietung eines von ihm errichteten Wohnhauses mit Appartements verfügt, aus denen er monatlich etwa 4.000 DM erzielt habe. Dabei sei ein Großteil der Einkünfte in die Tilgung der entsprechenden Kredite geflossen. Im September 1996 erteilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) dem Kläger die Auskunft, dass er eine Regelaltersrente in Höhe von 884,30 DM monatlich zu erwarten habe.
2. Auf seinen Antrag bewilligte die Bundesversicherungsanstalt dem Kläger mit Bescheid vom 20. Januar 1997 ab dem 1. Januar 1997 eine Regelaltersrente in Höhe von 792,86 DM monatlich zuzüglich eines Zuschusses zur Pflegeversicherung in Höhe von 6,74 DM monatlich. Dabei berücksichtigte sie die Zeit vom 15. Juli 1947 bis zum 15. Juli 1950, also 37 Monate, als Zeit der beruflichen Ausbildung und ordnete diesen Monaten einen Wert in Höhe von 91 vom Hundert des Gesamtleistungswertes des Klägers zu. Das Gleiche gilt für eine beitragsgeminderte Zeit im März 1952, als der Kläger in der Mitte des Monats seine Fachhochschulausbildung aufnahm. Da der Gesamtleistungswert sich gemäß der Übergangsregelung in § 263 Abs. 3 SGB VI auf 0,0323 belief, waren dies 0,0294 Entgeltpunkte pro Kalendermonat oder 1,1172 Entgeltpunkte für insgesamt 38 beitragsgeminderte Kalendermonate.
Ohne die Höherbewertung der ersten drei Jahre mit Pflichtbeiträgen beziehungsweise ohne die Gesamtleistungsbewertung für die nachgewiesenen Anrechnungszeiten wegen beruflicher Ausbildung hätte der Kläger für den genannten Zeitraum von 38 Monaten aufgrund der gezahlten Pflichtbeiträge lediglich 0,9788 Entgeltpunkte erhalten. Es erfolgte somit auch nach der neuen Rechtslage eine Höherbewertung um 0,1384 Entgeltpunkte. Nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Regelung wären allerdings die ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen bis zum 25. Lebensjahr – für die Zeit vom 15. Juli 1947 bis 30. Juni 1951 – mit 0,075 Entgeltpunkten, also mit insgesamt 3,6 Entgeltpunkten bewertet worden. Insgesamt hätte sich der Monatsbetrag der Rente des Klägers nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht, wie in der Rentenauskunft vom September 1996 mitgeteilt, auf 884,30 DM belaufen.
3. Widerspruch und Klage blieben zunächst ohne Erfolg. Aus der Rentenauskunft vom September 1996 könne der Kläger keine Rechte herleiten; diese sei nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI nicht rechtsverbindlich. Seine Rente sei zutreffend nach den gesetzlichen Vorschriften in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung berechnet worden. Die verminderte Bewertung der ersten 48 Monate durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz verstoße auch nicht gegen die Verfassung.
4. Auf die Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt:
Ist § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 Buchstabe a des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461), in Kraft getreten am 1. Januar 1997, mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar, soweit dadurch die erworbene Rangstelle von Anwartschaftsrechtsinhabern durch eine Neubewertung der ersten Berufsjahre gemindert worden ist?
a) Ob § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 SGB VI in der genannten Fassung verfassungsgemäß sei, sei entscheidungserheblich. Im Fall der Gültigkeit hätte die beklagte Bundesversicherungsanstalt den Wert der monatlichen Regelaltersrente zutreffend berechnet. Insbesondere hätte sie zu Recht die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Neuregelung herangezogen. Bei dem am 2. Dezember 1931 geborenen Kläger seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente erst am 1. Januar 1997 erfüllt gewesen.
b) § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 SGB VI sei insofern verfassungswidrig, als diese Vorschrift unter Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG auch die Rentenanwartschaft von Versicherten erfasse, die bei In-Kraft-Treten der Neuregelung die allgemeine Wartezeit erfüllt und das 55. Lebensjahr vollendet hätten. Die Position dieser Personen in Bezug auf ihren künftigen Rentenanspruch sei bereits derart verfestigt, dass ein dem Vollrecht gleichzustellendes und von der Eigentumsgarantie geschütztes Anwartschaftsrecht vorliege. Gegenstand dieses Anwartschaftsrechts sei der Mindestwert der zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Beitragszeiten einschließlich beitragsgeminderter Zeiten und gleichgestellter Zeiten erreichten und in Entgeltpunkten ausgedrückten Rangstelle des Berechtigten innerhalb der Versichertengemeinschaft. Die Altersgrenze von 55 Jahren sei auf Grund des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 maßgeblich. Die Rentenauskunft, die auf Grund dieser Vorschrift erteilt werde, bezwecke, dem Versicherten eine verlässliche Vertrauens- und Kalkulationsgrundlage zur Planung einer ausreichenden Vorsorge für sein Alter zu geben. Dieses Anwartschaftsrecht sei eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte vermögenswerte Rechtsposition.
In sie werde durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz unverhältnismäßig und gleichheitswidrig eingegriffen. Zwar seien die mit dem Gesetz allgemein verfolgten Ziele verfassungsrechtlich vertretbar. Der Eingriff sei aber unverhältnismäßig. Anhand der Gesetzesmaterialien lasse sich schon keine ausreichende Abwägung der in Betracht kommenden Mittel erkennen. Es fehle an nachvollziehbaren Angaben, welche Alternativen geprüft worden seien. Außerdem sei die Regelung für den betroffenen Personenkreis übermäßig und belaste ihn unzumutbar.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten gestuften Eigentumsschutz bei sozialrechtlichen Rechtspositionen, demzufolge das Maß des Schutzes davon abhänge, inwieweit Elemente der Rente auf eigenen Leistungen beruhten (unter Hinweis auf BVerfGE 58, 81 ≪112≫), könne bei dem einem Vollrecht gleichgestellten Anwartschaftsrecht keine Bedeutung haben. Anderenfalls wären im vorliegenden Fall die bisherigen, in den ersten vier Berufsjahren jeweils erworbenen Entgeltpunkte insoweit eigentumsgrundrechtlich nur geschützt, wie sie auf wirklich gezahlten Beiträgen beruhten; hingegen wären sie nicht geschützt, soweit sie auf der bisherigen Aufstockung beruhten. Der Anwartschaftsrechtsinhaber habe jedoch eine ungeteilte prozentuale Rangstelle erworben; diese sei das Ergebnis eines abgeschlossenen, in seine einzelnen Bestandteile nicht mehr zerlegbaren Erwerbstatbestandes. Die Annahme eines minderen Eigentumsschutzes der während der ersten Berufsjahre einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erlangten Entgeltpunkte sei nicht zu rechtfertigen.
Die Regelung belaste den betroffenen Personenkreis auch deswegen unzumutbar, weil sie dessen Vertrauen in den Bestand des Anwartschaftsrechts verletze. Auf der Grundlage dieses Wertes solle der 55jährige Versicherte in die Lage versetzt werden, abschließend darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er sich noch in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf andere Weise zusätzlich sichern wolle. Daher sei sein Vertrauen, dieser Wert werde sich nicht zu seinen Ungunsten verändern, besonders ausgeprägt. Zwar dürfe der Versicherte im Hinblick auf die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erwarten, dass beispielsweise bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung die gesetzlichen Vorschriften über das Leistungsrecht zu Lasten der aktuell beitragsrelevant Versicherten bis zum Eintritt des Leistungsfalls unverändert fortbestünden. Jedoch müsse der Gesetzgeber dem fortdauernden Sicherungsbedürfnis des Versicherten, insbesondere mit zunehmender Nähe zum Versicherungsfall des Alters, Rechnung tragen und den rentennahen Jahrgängen grundsätzlich den Versicherungsschutz erhalten, auf den sie ihre Lebensplanung eingestellt hätten. Auch unter Berücksichtigung der Übergangsregelungen sei die Neuregelung daher ein schwerwiegender Eingriff gewesen, den nur schwerwiegende Gründe des Gemeinwohls hätten rechtfertigen könnten. Solche seien jedoch nicht erkennbar.
c) § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 SGB VI verstoße auch gegen den Gleichheitssatz. Anwartschaftsrechtsinhaber würden im Vergleich zu jenen Versicherten, die noch kein Anwartschaftsrecht erworben hätten, unverhältnismäßig benachteiligt. Obwohl sie die erwirtschafteten Entgeltpunkte für eine verlässliche Lebensplanung benötigten, würden sie solchen Versicherten gleichgestellt, die – typisierend betrachtet – noch ausreichend Zeit für eine Sicherungsmöglichkeit hätten. Aber auch im Verhältnis zu den Rentenbeziehern bestehe im Hinblick auf die Nähe zum Vollrecht eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Innerhalb der Gruppe der Anwartschaftsrechtsinhaber sei ebenfalls eine Ungleichbehandlung gegeben. Denn das Ausmaß der individuellen Betroffenheit durch die Neuregelung hänge nach dem reinen Zufallsprinzip von den jeweiligen Lebensläufen ab.
III.
Zu der Vorlage haben das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (jetzt: Bundesministerium für Arbeit und Soziales) namens der Bundesregierung, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (beide jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) Stellung genommen.
1. Die Bundesregierung hält die angegriffenen Regelungen für mit dem Grundgesetz vereinbar.
a) Eine Verletzung von Art. 14 GG liege nicht vor. Auch für rentenversicherungsrechtliche Rechtspositionen folge die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Umgestaltungen des Rentenversicherungssystems oder Anpassungen an veränderte Bedingungen, die im Interesse der Verbesserung oder Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung unerlässlich erschienen, seien zulässig. Dabei sei die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei rentenversicherungsrechtlichen Komponenten, die nicht oder nicht vollständig ein Äquivalent eigener Leistung des Versicherten darstellten, besonders groß. Die hier in Frage stehende Vergünstigung beruhe nicht auf eigener Leistung der Versicherten. Sie sei vielmehr Ausdruck des Solidargedankens in der gesetzlichen Rentenversicherung und als solche ein Element des sozialen Ausgleichs.
Vorliegend sei der Eingriff verfassungsrechtlich legitimiert. Die Stärkung des Äquivalenzprinzips und die Konzentration der Schutzwirkung der Rentenversicherung auf langjährige Beitragszahler seien vom Bundesverfassungsgericht als legitime Gestaltungsziele anerkannt worden. Die Einschränkungen bei der Anrechnung und Bewertung beitragsfreier Zeiten habe der Gesetzgeber nicht nur mit dem Ziel vorgenommen, die Finanzgrundlagen der Rentenversicherung zu sichern, sondern auch deshalb, um die Lohn- und Beitragsbezogenheit der Renten zu stärken.
b) Für die Ansicht des Bundessozialgerichts, die einmal erreichten Entgeltpunkte unterlägen einem verfassungsfesten Gesamtschutz, weil hierdurch die jeweilige Rangstelle des Versicherten konkretisiert werde, gebe weder das Rentenversicherungsrecht noch das Verfassungsrecht einen Anhalt.
Auch für eine besondere Verfestigung der Anwartschaft bei über 55jährigen Versicherten gebe es keine Grundlage im einfachen Recht. Insofern vermöge gerade eine Rentenauskunft nach § 109 Abs. 1 SGB VI keinen verstärkten Eigentumsschutz zu begründen. Die Rentenauskunft dokumentiere lediglich einen Ist-Zustand, der Rechtsänderungen nicht ausschließe, weshalb § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI auch ausdrücklich bestimme, dass eine Rentenauskunft “nicht rechtsverbindlich” sei.
c) Es dürfte auch kaum vertretbar sein, eine bestimmte Zahl von Beitragsjahren bei einem 35jährigen anders zu bewerten als bei einem 55jährigen. Darin könnte vielmehr ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Prinzip der Generationengerechtigkeit liegen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kenne daher zu Recht keine derartige Differenzierung. Ein von der Qualität und damit auch der Schutzwürdigkeit der zugrunde liegenden rentenrechtlichen Zeiten abgehobener Entgeltpunkteschutz für 55jährige würde zu einer Festschreibung der Rechtslage zugunsten dieses Personenkreises und zu einer unangemessenen Beschneidung der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit und Gestaltungspflicht führen.
d) Die vom Gesetzgeber gewählte Lösung der Gesamtleistungsbewertung sei auch nicht von Zufälligkeiten abhängig. Das Gegenteil sei der Fall: Je länger der für die Bildung des Durchschnitts maßgebliche Zeitraum sei, desto weniger führe eine relativ kurze Periode hoher oder niedriger Beitragszahlungen zu massiven Veränderungen des Durchschnitts. Die Gesamtleistungsbewertung begünstige denjenigen, der Solidarität in Anspruch nehme, in dem Umfang, in dem er während des Erwerbslebens selbst Solidarität ausgeübt habe. Auch bei dem Kläger hätte jedes zusätzliche Beitragsjahr die Aufwertung seiner ersten Berufsjahre verbessert. Die Auswirkungen der Neuregelung auf Versicherte, die eine lückenlose Versicherungsbiographie aufwiesen und deren Arbeitsentgelt – mit Ausnahme der Zeiten der Berufsausbildung – immer über dem Durchschnittsentgelt gelegen habe, seien gering. Sie beschränkten sich auf die Minderung des Aufwertungsergebnisses von 0,9 Entgeltpunkten auf 0,75 Entgeltpunkte im Jahr. Betroffen seien vor allem Versicherte mit großen Versicherungslücken und niedrigen Beitragszahlungen oder beidem, bei denen deshalb auch die Rente keine existentielle Bedeutung habe, da deren Versorgung vielmehr in anderer Form gesichert sei. Dazu gehörten insbesondere Selbständige, die nach Berufsausbildung und einigen Jahren mit Beitragszahlung als Arbeitnehmer nicht mehr der gesetzlichen Rentenversicherung angehört oder allenfalls noch Mindestbeiträge gezahlt hätten, um die Voraussetzungen bestimmter Renten zu erfüllen.
Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG sei ebenfalls nicht gegeben. Dem Gesetzgeber sei es nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringe. Die hier vorgenommene Differenzierung zwischen Rentenzugang und Rentenbestand sei eine solche typische Stichtagsregelung, die auch sachlich gerechtfertigt sei. Es entspreche den besonderen Strukturen des Rentenrechts und Vertrauensschutzerwägungen, abgeschlossene Rentenbiographien nicht mehr aufzurollen. Zu berücksichtigen sei auch, dass in einer Übergangsphase eine gleitende Minderung des Begrenzungswertes von 91 vom Hundert auf 75 vom Hundert des Gesamtleistungswertes stattgefunden habe.
2. Die Bundesversicherungsanstalt hält die zur Prüfung vorgelegten Bestimmungen ebenfalls für verfassungsgemäß. Sie teilt im Wesentlichen die Auffassung der Bundesregierung und hebt hervor:
a) Die vom vorlegenden Gericht vorgenommene “modifizierte” Übertragung des zivilrechtlichen Begriffs des Anwartschaftsrechts auf das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung sei schon im Ansatz problematisch. Weder bestünde das Bedürfnis, über eine Rechtsposition mit gegenwärtigem Vermögenswert bereits vor Erstarkung zum Vollrecht zu verfügen noch stünde dem Versicherten ein Beteiligter gegenüber, der seinen Anspruch gegebenenfalls zu vereiteln drohe. Es komme ausschließlich eine Rückführung der Leistungen durch den Gesetzgeber in Betracht. Gerade der Gesichtspunkt des auf die Zukunft gerichteten Anspruchs, der das Gericht veranlasst habe, Anwartschaftsrechte zur Sicherstellung der finanziellen Mittel des Versicherten im Alter im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung anzuerkennen, verbiete die Annahme eines dem Vollrecht gleichgestellten Anwartschaftsrechts. Die spätere Anspruchshöhe sei abhängig von künftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch gebe an keiner Stelle einen hinreichend gesicherten Hinweis darauf, wann und mit welchem Inhalt eine Verfestigung der Anwartschaft eintreten könne. Mit der Rentenauskunft nach § 109 Abs. 1 SGB VI trage der Gesetzgeber lediglich dem Interesse des Versicherten an einer Planung seiner Altersversorgung Rechnung, ohne dass ausgedrückt würde, der Versicherte genieße ab diesem Zeitpunkt auch einen besonderen Bestandsschutz im Hinblick auf seine Anwartschaft. Dies ergebe sich bereits daraus, dass Rentenauskünfte unverbindlich seien. Auch mit der – mit jedem Kalenderjahr, für das Beiträge gezahlt werde, wachsenden – prozentualen Rangstelle im Vergleich zu anderen Versicherten lasse sich ein ausreichend konkretisierbarer, bezifferbarer Vermögenswert nicht begründen. Durch den Umstand, dass eine abschließende Wertermittlung vor Eintritt des Leistungsfalls nicht möglich sei, offenbare sich im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung selbst die Unterscheidung zwischen Anwartschaft und Vollrecht.
b) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts sei die Neuregelung auch erforderlich im Sinne der Wahl des schonendsten Mittels gewesen. Es könne offen bleiben, wie im Falle von Regelungen komplexer und schwer überschaubarer Zusammenhänge zu entscheiden wäre. Zumindest wenn, wie vorliegend, die zugrunde liegenden Erwägungen und ihr wirtschaftlicher Hintergrund – insbesondere die demographische Entwicklung und die Lage am Arbeitsmarkt – sowie die daraus folgenden Sparzwänge jedenfalls im Grundsatz ohne weiteres schlüssig seien, seien besondere Anforderungen an den Abwägungsvorgang zu verneinen.
Die neue Inhaltsbestimmung des Eigentums durch § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes sei auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Die Belastung für den Kläger beziehungsweise für den von ihm repräsentierten Personenkreis stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen. Das Verhältnis von Eigenleistung und staatlicher Gewährung entscheide über die Bestandsfestigkeit der Position. § 70 Abs. 3 SGB VI sei eine Regelung des sozialen Ausgleichs gewesen, die – nicht anders als Ausbildungs-Anrechnungszeiten – auf staatlicher Gewährung beruhte. Bei ihrer Ausgestaltung habe dem Gesetzgeber daher ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung gestanden.
Bei der Abwägung sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass die Vergünstigung bei der Bewertung der ersten Berufsjahre nicht völlig beseitigt, sondern nur vermindert worden sei. Von der Regelung des § 70 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des Renten-Reformgesetzes 1992 hätten gerade diejenigen Versicherten überproportional Nutzen gezogen, die der gesetzlichen Rentenversicherung nur latent angehört hätten. Wegen des fehlenden Bezugs zu einer durch Beiträge versicherten Lebensarbeitsleistung sei für sie die Anhebung der ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Vollendung des 25. Lebensjahres auf 90 vom Hundert des Durchschnittsentgelts besonders lukrativ gewesen. In besonderer Weise betroffen von der Neuregelung sei daher ein Personenkreis, der – wie der Kläger des Ausgangsverfahrens – zahlreiche Lücken im Versicherungsverlauf aufweise und dessen individueller Durchschnittsverdienst aus diesem Grunde sehr niedrig sei. Der Umstand, dass der Kläger trotz der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI Kürzungen habe hinnehmen müssen, beruhe auf den erheblichen Lücken in seinem Versicherungsverlauf.
c) Auch der Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Dass die geringere Bewertung von Pflichtbeitragszeiten für Berufsausbildung nur diejenigen Versicherten treffe, die – wie der Kläger – bis zum 1. Januar 1997 noch keine Rente bezogen hätten, sei im Übrigen das Ergebnis einer vom Gesetzgeber gewählten Stichtagsregelung. Die Neuregelung sollte einerseits möglichst schnell greifen; andererseits sollte dem Schutz der Bestandsrenten Vorrang eingeräumt werden. Dies sei unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Gesetzes sachlich vertretbar.
3. Auch nach Auffassung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger verstößt die Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes nicht gegen das Grundgesetz. Der Verband trägt insbesondere vor:
a) Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Neuregelung stelle sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Sie habe der Stabilisierung der Finanzentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung gedient. Dies sei ein Regelungsziel, das im öffentlichen Interesse liege, denn es diene dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder geänderten Bedingungen anzupassen. Aus der Sicht des Gesetzgebers bestand bei Erlass des Gesetzes kurzfristiger Handlungsbedarf, um den Beitragssatzanstieg im Jahre 1997 zu bremsen. Mit einer deutlichen Erhöhung des Beitragssatzes – und damit der Lohnnebenkosten – habe der Gesetzgeber die Gefahr einer weiteren Konjunkturabschwächung verbunden gesehen. Daneben sollte die Finanzsituation angesichts drohender Beitragssätze von 26 bis 28 vom Hundert in den Jahren 2030 bis 2040 mittel- und langfristig verbessert werden. Über die Konsolidierung der Finanzen hinaus habe der Gesetzgeber mit der Änderung im Übrigen das Ziel der Stärkung des Versicherungsprinzips oder des Prinzips der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente durch das Zurückführen von Leistungen verfolgt, die nicht oder nur teilweise durch Beiträge gedeckt seien.
b) Die Maßnahme sei zur Erreichung dieser Ziele geeignet gewesen. Zwar habe sie für sich betrachtet nur zu vergleichsweise geringen Ausgabenkürzungen geführt. Aber auch wenn die erwarteten Einsparungen in den Jahren 1997 bis 2000 aufgrund der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI noch nicht besonders hoch gewesen seien, habe die geänderte Bewertung der ersten Pflichtbeitragszeiten doch kurz- und mittelfristig zu Einsparungen beigetragen. Für Versicherte mit lückenloser Erwerbsbiographie und durchschnittlichem Verdienst sei der Einschnitt durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz daher vergleichsweise gering; er beschränke sich auf die Minderung der Aufwertung von 0,9 auf 0,75 Entgeltpunkte pro Jahr. Für unregelmäßig Versicherte – wie den Kläger des Ausgangsverfahrens – könne die Neuregelung dagegen dazu führen, dass die Berufsausbildung nur geringfügig höher bewertet werde als es bei bloßer Berücksichtigung der Pflichtbeiträge der Fall wäre. Hiervon seien besonders Personengruppen betroffen, die der Solidargemeinschaft nur sporadisch angehört oder besonders geringe Beiträge gezahlt hätten oder bei denen beides zusammenträfe.
c) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts fehle es auch nicht an der Erforderlichkeit der Maßnahme. Es sei nicht evident, dass das angestrebte Ziel mit weniger eingreifenden Mitteln hätte erreicht werden können. In welchen Bereichen des Rentenversicherungsrechts er kürze, liege in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Den Gesetzesmaterialien lasse sich auch entnehmen, dass im Vorfeld der Gesetzgebung verschiedene Konsolidierungsmaßnahmen diskutiert worden seien, etwa ein höherer Zufluss von Bundesmitteln oder eine Aussetzung der Rentenanpassung. Die Bundesregierung habe sich vor allem bewusst gegen eine Änderung der Rentenanpassung entschieden, um das Vertrauen der Versicherten in das Rentenversicherungssystem nicht zu gefährden. Hinzu komme, dass eine Verzögerung oder Änderung der Rentenanpassung im Hinblick auf das Ziel der Stärkung der Beitragsbezogenheit der Rente keine gleichermaßen geeignete Alternative darstelle.
d) Die Verhältnismäßigkeit der Regelung im engeren Sinne sei ebenfalls gegeben. Die Neuregelung sei den Betroffenen zumutbar gewesen, und zwar nicht nur allgemein, sondern auch speziell für den Kreis der Versicherten, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bereits das 55. Lebensjahr vollendet hätten. Die mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz verwirklichten Sparmaßnahmen hätten bei nahezu allen Versicherten zu Rentenminderungen geführt. Im Durchschnitt seien die Auswirkungen der geänderten Bewertung der ersten Pflichtbeitragszeiten aber nicht so gravierend gewesen, wie sie sich für den Kläger darstellten. Darauf wiesen die dargestellten Vergleiche der durchschnittlichen Entgeltpunkte in den Jahren 1996 und 1997 hin. Setze man das prognostizierte Einsparpotential ins Verhältnis zu den betroffenen Fällen, ergebe sich nach dem Auslaufen der Übergangsregelung bei einer Rente von 1.500 DM eine Rentenminderung von 62,50 DM, also rund vier vom Hundert. Dies sei zwar insoweit nicht aussagekräftig, als die Rentenzugänge ungleichmäßig betroffen seien, verdeutliche aber, dass die Belastungen für viele Versicherte erheblich geringer seien als für den Kläger. Der besonderen Schutzbedürftigkeit der rentennahen Versicherten sei allein über den Grundsatz des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen. Dieser sei im vorliegenden Fall nicht verletzt.
e) Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sei nicht gegeben. Dass sich die in Frage stehende Regelung nicht auf Bestandsrentner auswirke, sei das Ergebnis einer vom Gesetzgeber gewählten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Stichtagslösung. Denn die Auswirkungen auf den Kreis der rentennahen Jahrgänge seien durch eine Übergangsregelung abgemildert worden. Die Gesamtleistungsbewertung sei nicht von Zufälligkeiten abhängig, sondern richte sich nach den individuellen Beitragsleistungen des Versicherten während seines gesamten Versicherungslebens. In einem beitragsbezogenen System wie dem der gesetzlichen Rentenversicherung sei die Erwerbs- und Beitragsbiographie ein geeigneter Anknüpfungspunkt, denn sie spiegle wider, in welchem Umfang der Einzelne zur Finanzierung der Solidargemeinschaft beigetragen habe.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist zulässig, die Vorlagefrage ist jedoch einzuschränken. Da das Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG einen – wenn auch dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung zugewiesenen – Teil des einheitlichen Ausgangsstreits darstellt, können nur solche Rechtsvorschriften zur verfassungsgerichtlichen Prüfung und nur solche Rechtsfragen zur Entscheidung gestellt werden, denen im Ausgangsverfahren rechtliche Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 8, 274 ≪291 ff.≫; stRspr). Die hier zur Prüfung gestellte Vorschrift wirkt sich für die gesetzlich Versicherten auf ganz unterschiedliche Weise aus. Bei Versicherten, die durchgängig eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt haben, führt sie – wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme dargelegt hat (siehe oben unter A III 1) – nur zu einer verhältnismäßig geringen Kürzung der in Frage stehenden Rentenanwartschaft der ersten Berufsjahre. Sie hat dagegen bei anderen Gruppen von Versicherten, wie beispielsweise Geringverdienern mit Teilzeitbeschäftigung, erhebliche Folgen für die Höhe der in diesen Jahren erworbenen Entgeltpunkte.
Für die fachgerichtliche Entscheidung im Ausgangsverfahren ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung über die rentenrechtliche Bewertung der ersten Berufsjahre nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer Auswirkung auf alle von der Regelung betroffenen Versicherten von Bedeutung. Der Kläger des Ausgangsverfahrens gehört einer Gruppe von Versicherten an, die in spezifischer Weise durch die zu prüfende Vorschrift beschwert sind, weil ihre Versicherungsbiographie erhebliche Lücken aufweist und diese Lücken wiederum die Folge einer in ihrer Sphäre liegenden Entscheidung für den Wechsel aus der versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung in eine selbständige, rentenversicherungsfreie Tätigkeit sind. Allein soweit die zur Prüfung gestellte Vorschrift diesen Personenkreis betrifft, ist die Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit auch für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich und steht folglich nur insoweit zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Bei Personen mit einem derartigen Versicherungsverlauf handelt es sich auch nicht um eher atypische, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gegebenenfalls zu vernachlässigende Einzelfälle. Besonders beschwert sind durch die zur Prüfung gestellte Vorschrift – wie das Bundesministerium dargelegt hat – typischerweise solche Personen, die nach der Berufsausbildung einige Jahre versicherungspflichtig beschäftigt waren, wegen eines Wechsels in die Selbständigkeit aber der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr angehören oder nur noch Mindestbeiträge zahlen, um sich bestimmte rentenrechtliche Vorteile zu erhalten.
C.
§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4a und Satz 2 in Verbindung mit § 74 Satz 1 und 2 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes ist, soweit seine Verfassungsmäßigkeit auf Grund der unter B. erfolgten Einschränkung Gegenstand der Vorlage ist, mit dem Grundgesetz vereinbar. Er verletzt weder Art. 14 Abs. 1 GG (I) noch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (II).
I.
1. Für die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist grundsätzlich geklärt, dass sie von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪289 f.≫; 55, 114 ≪131≫; 69, 272 ≪298≫; 70, 101 ≪110≫; 100, 1 ≪32≫; BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00 u.a., Umdruck S. 41; stRspr). Jedenfalls Personen, die – wie der Kläger des Ausgangsverfahrens – die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, verfügen über eine eigentumsgeschützte Anwartschaft. Die Gewährung einer Rente – im Regelfall mit dem Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren (§ 35 SGB VI) –, ist dann nur noch eine Frage des Zeitablaufs. Im Falle des Klägers des Ausgangsverfahrens war diese Altersgrenze bereits im Dezember 1996 erreicht; die zur Prüfung gestellte Vorschrift trat am 1. Januar 1997 in Kraft.
Das Bundesverfassungsgericht hat weiter für das Rentenversicherungsrecht entschieden, dass Gegenstand des Schutzes des Art. 14 Abs. 1 GG die Anwartschaft ist, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbständige Ansprüche. Im Hinblick auf Art. 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪109≫). Dies gilt auch, soweit sie auf einer (Höher-)Bewertung der ersten Berufsjahre als Maßnahme des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht (vgl. dazu Dünn/Sengpiel, DRV 2001, S. 449 ≪452≫).
2. Die zur Prüfung gestellte Neuregelung der Bewertung der ersten Berufsjahre greift in die Anwartschaft des Personenkreises ein, der Altersrente seit dem 1. Januar 1997 bezieht; er muss als Folge dieser Regelung teilweise erhebliche Einbußen hinnehmen. Zu ihm gehört nach den insoweit für das Bundesverfassungsgericht bindenden Feststellungen des vorlegenden Gerichts auch der Kläger des Ausgangsverfahrens, der noch im Dezember 1996 das 65. Lebensjahr vollendet hat.
3. a) Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art. 14 GG für Rentenanwartschaften schließt deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht schlechthin aus. Insbesondere eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften lässt die Eigentumsgarantie grundsätzlich zu (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪37 f.≫). Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch den Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪292≫; 70, 101 ≪110≫; 75, 78 ≪97≫; 100, 1 ≪37≫; BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, a.a.O., Umdruck S. 46; stRspr). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspricht dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfGE 70, 101 ≪111≫; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00 u.a., Umdruck S. 47; stRspr).
Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪293≫; 70, 101 ≪111≫; 100, 1 ≪38≫; stRspr). Dabei verengt sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch den personalen Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪293≫; 100, 1 ≪38≫). Die eigene Leistung findet dabei vor allem in einkommensbezogenen Beitragszahlungen Ausdruck (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪291≫; 58, 81 ≪112≫; 69, 272 ≪301≫; 100, 1 ≪33≫; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2006, a.a.O., Umdruck S. 42). Sie rechtfertigt es, dass der durch sie begründeten rentenrechtlichen Rechtsposition ein höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zuerkannt wird als einer Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪112 f.≫; BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, a.a.O., Umdruck S. 42).
Knüpft der Gesetzgeber – wie hier – an ein bereits bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er die in dessen Rahmen begründete Anwartschaft zum Nachteil des Versicherten, so ist darüber hinaus ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen, der für die vermögenswerten Güter und damit auch für die rentenrechtliche Anwartschaft in Art. 14 GG eine eigene Ausprägung erfahren hat (vgl. BVerfGE 36, 281 ≪293≫; 58, 81 ≪120≫; 64, 87 ≪104≫; 71, 1 ≪11 f.≫; 76, 220 ≪244 f.≫; stRspr).
b) Die Vorlage gibt keinen Anlass, diese Grundsätze zu modifizieren, wenn die in Frage stehende rentenversicherungsrechtliche Regelung – wie hier – Inhaber einer Anwartschaft nach Erreichen des 55. Lebensjahres betrifft. Auch danach sind gesetzliche Eingriffe in Anwartschaften nach Maßgabe der dargestellten Voraussetzungen verfassungsrechtlich zulässig. Sie sind – entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts – nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Gesetzgeber zu ihrer Begründung schwerwiegende Gründe des Gemeinwohls geltend machen kann. Das 55. Lebensjahr stellt in der Versicherungsbiographie unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes der rentenrechtlichen Anwartschaft keine eigentumsrechtlich relevante Zäsur dar.
Dies dürfte schon im Hinblick auf das einfache Recht so sein, weil die nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erteilte Auskunft über die Höhe der Anwartschaft, die dem Versicherten ohne weitere rentenrechtliche Zeiten als Regelaltersrente zustehen würde, ausdrücklich vom Gesetz als unverbindlich qualifiziert wird (§ 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI in der zum Zeitpunkt der Vorlage geltenden Fassung); nach dem jetzt geltenden Recht ist die Rentenauskunft sogar mit dem Hinweis zu versehen, dass sie auf der Grundlage des geltenden Rechts und der im Versicherungskonto gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten erstellt ist und damit unter dem Vorbehalt künftiger Rechtsänderungen sowie der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Versicherungskonto gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten steht (§ 109 Abs. 2 SGB VI).
Jedenfalls vermag die einfachgesetzliche Vorschrift des § 109 SGB VI, an die das vorlegende Gericht vorrangig anknüpft, keinen gesteigerten verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz rentenversicherungsrechtlicher Anwartschaften von Versicherten nach dem Eintritt des 55. Lebensjahres zu begründen. Die in der Vorlage dazu entwickelten Vorstellungen nehmen dem Rentengesetzgeber bei der Ausgestaltung der Versicherungsverhältnisse die Flexibilität, die ihm nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von Verfassungs wegen nicht verwehrt werden kann. Er muss insbesondere in der Lage sein, bei unvermeidbaren Anpassungen schon bestehender Versicherungsverhältnisse an eine veränderte gesamtwirtschaftliche oder finanzwirtschaftliche Situation durch Minderung des Werts von Anwartschaften zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung die daraus resultierenden Belastungen angemessen zu verteilen, indem er Versicherungsjahrgänge und Versicherungsbiographien, insbesondere Elemente der Beitragszeit, der Beitragsdichte, der Beitragshöhe und des Lebensalters der Versicherten, berücksichtigt. Dies gilt gerade auch für die Wertminderung solcher Komponenten der Anwartschaft, die zumindest teilweise auf Erwägungen des sozialen Ausgleichs beruhen und nicht Äquivalent eigener Leistung sind.
Wenn man den Gesetzgeber – wie das vorlegende Gericht – auf die Bestimmung des Zeitpunkts und des Umfangs der allgemeinen Rentenanpassung zur Befriedigung eines dringenden Sparbedarfs der gesetzlichen Rentenversicherung verweist, würde man ihn auf eine pauschale und generalisierende Lösung von Finanzierungsproblemen der Rentenversicherungsträger auch in Fällen verpflichten, in denen es stärker differenzierende und damit gerechtere Wege des Interessenausgleichs gibt. Auf die Nähe des Versicherten zum Zeitpunkt des Bezugs einer Regelaltersrente ist bei Eingriffen in die Anwartschaft nach den Grundsätzen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes Rücksicht zu nehmen. Trägt dem der Gesetzgeber nicht hinreichend Rechnung, beispielsweise durch Verzicht auf eine angemessene Übergangsregelung, so liegt darin ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
4. Der Gesetzgeber ist mit der zur Prüfung gestellten Vorschrift im Rahmen seiner Befugnis geblieben, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Anwartschaft ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪121≫; 100, 1 ≪40≫).
a) Der Gesetzgeber verfolgte mit dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, das die zur Prüfung gestellte Regelung enthält, in erster Linie das Ziel, die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern. Die wirtschaftliche Situation der Rentenversicherungsträger war in der ersten Hälfte der 1990er Jahre durch einen massiven Anstieg der Ausgaben gekennzeichnet, denen kein ausreichendes Beitragsaufkommen gegenüberstand. Dafür gab es mehrere Gründe. Die Frühverrentung nahm zu. Der Zuzug von Aussiedlern und Spätaussiedlern bewegte sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre auf einem hohen Niveau. Die Überleitung der Renten aus dem Beitrittsgebiet belastete die Rentenkassen erheblich. Der Bund hatte nur einen Teil der Aufwendungen für die übergeleiteten Renten übernommen (§ 15 Abs. 1 AAÜG). Zudem entwickelte sich die wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland schlechter als zuvor angenommen worden war. Hinzu kam, dass die wirtschaftliche Entwicklung seit dem zweiten Halbjahr 1995 im gesamten Bundesgebiet ungünstig verlaufen war. Für das Jahr 1997 und die folgenden Jahre wären zur Sicherstellung der erforderlichen Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Wiederauffüllung der so genannten Schwankungsreserve, auf die 1996 zum Ausgleich der Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgegriffen worden war, ohne gegensteuernde Maßnahmen Beitragserhöhungen in erheblichem Umfang notwendig geworden (vgl. BTDrucks 13/4610 unter A II 1, S. 18).
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 13. Juni 2006 (a.a.O., Umdruck S. 47 ff.) anerkannt, dass der Gesetzgeber die nachteiligen Folgen dieser Situation für Beitragszahler, Wirtschaft und Arbeitsmarkt als gewichtig bewerten und Maßnahmen ergreifen durfte, um das Ausgabenvolumen der gesetzlichen Rentenversicherung zu begrenzen. Auch die hier zu prüfende Regelung diente dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (vgl. zur Berechtigung dieser Zielsetzung etwa BVerfGE 53, 257 ≪293≫; 97, 271 ≪286≫; 58, 81 ≪110≫).
Sind die finanziellen Erwägungen, die das zur Prüfung vorgelegte Gesetz tragen, ein legitimer Grund für den Eingriff, so kann es offen bleiben, ob auch die anderen mit der Regelung vom Gesetzgeber verfolgten Ziele für sich oder zusätzlich die in Frage stehende Regelung rechtfertigen könnten. Dies gilt insbesondere für die Absicht des Gesetzgebers, das Versicherungsprinzip zu stärken (vgl. BTDrucks, a.a.O., unter A II 2, S. 18) und sich mit der Umwandlung der Zeiten der beruflichen Ausbildung in Anrechnungszeiten und einer entsprechenden Bewertung nach dem begrenzten Gesamtleistungswert an der persönlichen Beitragsdichte der Versichertenbiographie zu orientieren und damit in der Bewertung den beitragsfreien Zeiten der schulischen Ausbildung anzunähern (vgl. BTDrucks, a.a.O., unter A IV 1 d, S. 19).
b) Die in Frage stehende Maßnahme war auch geeignet, zur finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung beizutragen. Insgesamt sollten die im Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zu einer finanziellen Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung schrittweise von 3,9 Mrd. DM im Jahre 1996 bis zu 7,7 Mrd. DM im Jahre 2000 führen. Die Minderausgaben aufgrund der Neubewertung der Pflichtbeitragszeiten der ersten Berufsjahre einschließlich der Zeiten fiktiver Berufsausbildung wurden auf 0,1 Mrd. DM im Jahre 1997, 0,4 Mrd. DM im Jahre 1998, 0,7 Mrd. DM im Jahre 1999 und 1,0 Mrd. DM im Jahre 2000 geschätzt (vgl. BTDrucks, a.a.O., unter C 1, S. 30). Nach dem Auslaufen der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI im Januar 2001 rechnete man für jedes Rentenzugangsjahr mit zusätzlichen Einsparungen in einer Größenordnung von mindestens 600 Mio. DM (vgl. Dünn/Sengpiel, DRV 2001, S. 449 ≪454≫). Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass die Neuregelung damit einen jedenfalls nicht unwesentlichen Beitrag zum Gesamtvolumen der Einsparung durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz leisten würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, a.a.O., Umdruck S. 50).
c) Der durch die zu prüfende Vorschrift bewirkte Wertverlust der Rentenanwartschaft kann auch als erforderlich angesehen werden. Dem Gesetzgeber stand kein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung, mit denen er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können. Er kann nicht darauf verwiesen werden, eine Einsparung in anderen, von dem betroffenen Gesetz nicht erfassten Bereichen zu erzielen (vgl. schon BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, a.a.O., Umdruck S. 50 f., m.w.N.). Er war unter dem Gesichtspunkt des Erforderlichkeitsgrundsatzes nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen, insbesondere – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen – die Beitragssätze zu erhöhen, die Bestandsrenten abzusenken oder auf eine Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung zu verzichten (vgl. schon BVerfGE 58, 81 ≪119≫). Ebenso wenig war er, um dem Erforderlichkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, gehalten, einen höheren Bundeszuschuss vorzusehen und gegebenenfalls zu diesem Zweck Steuern einzuführen oder zu erhöhen. Deshalb kann dem Gesetzgeber auch nicht – entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts – verfassungsrechtlich zur Last gelegt werden, er habe die von ihm erwogenen und verworfenen Alternativen nicht dokumentiert (vgl. schon BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, a.a.O., Umdruck S. 51).
d) Für die Prüfung des Eingriffs am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den betroffenen Versicherten mit erheblichen Versicherungslücken als Folge eines Wechsels in einen anderen Erwerbsstatus einen erheblichen Wertverlust zumutet. Dies trifft auch für den Kläger des Ausgangsverfahrens zu (siehe unter A II 2). Gleichwohl ist der Eingriff verhältnismäßig.
aa) Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass die Anwartschaft des Versicherten, soweit ihr eine höhere, über die versicherten Arbeitsentgelte hinausgehende rentenrechtliche Bewertung der ersten Berufsjahre zugrunde liegt, insoweit nicht auf seiner Beitragsleistung zugunsten der versicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft beruht, die die Rente finanziert. Ist es zur Sicherung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, diesen berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪111≫). Dies ist hier in Bezug auf den beitragsfreien Anteil an den beitragsgeminderten Zeiten einer beruflichen Ausbildung der Fall. Die Berufsausbildung als solche begründet allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zugute kommt, sondern dient seiner eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪113≫).
bb) Die Situation der hier durch die Neuregelung Betroffenen ist dadurch gekennzeichnet, dass die Versicherungslücken, die für die Höhe des mit der Neuregelung einhergehenden Wertverlustes maßgeblich sind, auf einem Wechsel im Erwerbsstatus zurückzuführen sind und damit in der Sphäre der Versicherten liegen. Sie können in der Regel selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie nach Beendigung ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung freiwillige Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zur Schließung der versicherungsbiographischen Lücken leisten. Sie haben es in der Hand, sich nach wie vor an der Solidargemeinschaft der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten zu beteiligen. Ihnen muss dabei bewusst sein, dass niedrige freiwillige Beiträge und ganz besonders Versicherungslücken grundsätzlich unabhängig von der Frage der Bewertung der ersten Berufsjahre zu einer niedrigeren gesetzlichen Rente führen und sie daher auf eine ergänzende private oder anderweitige Vorsorge verwiesen sind. Diese Vorsorge ist den Betroffenen aufgrund der “ersparten” Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auch grundsätzlich zumutbar. Der Gesetzgeber durfte daher davon ausgehen, dass Versicherte mit hohen, selbstverantworteten Versicherungslücken regelmäßig, wie dies auch beim Kläger des Ausgangsverfahrens der Fall ist, über eine ausreichende ergänzende Altersvorsorge verfügen. Die Folgen der durch die zu prüfende Vorschrift bewirkten Verschlechterung der Bewertung der ersten Berufsjahre waren daher dem hier in Frage stehenden Personenkreis zumutbar.
II.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die zur Prüfung gestellte Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 112, 50 ≪67≫; stRspr).
2. Da die zur Prüfung gestellte Neuregelung die Verringerung einer rentenrechtlichen Vergünstigung zum Gegenstand hat, kommen als Vergleichsgruppen nur solche von der ursprünglichen Rechtslage begünstigte Versicherte in Betracht, die entweder von der Kürzung nicht oder nur in geringem Maße betroffen sind. Dies sind zum einen die Versicherten mit einem Rentenbeginn vor dem 1. Januar 1997; sie werden von der Neubewertung der ersten Berufsjahre mit Pflichtbeiträgen noch nicht erfasst. Zum anderen sind dies Versicherte mit einem im Wesentlichen lückenlosen Versicherungsverlauf und zumindest einem den Beiträgen zugrunde liegenden Durchschnittsverdienst, auf die sich die Kürzungen in geringem Umfang und aufgrund der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI erst allmählich auswirken.
3. Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen durch den Gesetzgeber wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt.
a) Die Regelung der Neubewertung der ersten Berufsjahre durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ist am 1. Januar 1997 in Kraft getreten. Das neue Recht findet auf Versicherte mit Rentenbeginn ab diesem Zeitpunkt und damit nach den vom vorlegenden Gericht getroffenen Feststellungen gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI auch auf den Kläger Anwendung; seine Wirkungen werden allerdings durch die Übergangsregelungen gemäß § 263 Abs. 2 und 3 SGB VI abgeschwächt, die grundsätzlich auch dem Kläger zugute gekommen sind. Eine solche Stichtagsregelung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl. BVerfGE 101, 239 ≪270≫; stRspr). Dies war hier der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes danach differenziert, ob ein Versicherter bei In-Kraft-Treten der Neuregelung bereits ein Vollrecht auf Rente erworben hat, und damit in abgeschlossene Rentenbiographien nicht mehr eingreift (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪126≫; 75, 78 ≪106≫).
b) Die Regelung hält den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG auch im Verhältnis zur Gruppe der Versicherten stand, die über eine im Wesentlichen lückenlose Versicherungsbiographie und über zumindest durchschnittlich versicherte Arbeitsentgelte verfügen. Der Grund für die unterschiedlichen Auswirkungen der Neuregelung liegt allein in der individuellen Beitragsdichte. Die Mitglieder der begünstigten Gruppe von Versicherten haben insgesamt höhere Beiträge in die Rentenkassen gezahlt und dementsprechend in höherem Maße zur Finanzierung der jeweiligen Renten und damit zur Erfüllung des Generationenvertrages beigetragen (vgl. auch BVerfGE 54, 11 ≪28 f.≫). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich Versicherte durch die Zahlung von Beiträgen und den damit verbundenen Geldaufwand regelmäßig anderer Möglichkeiten begeben, Vorsorge für ihr Alter zu betreiben. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beitragszahlung eine freiwillige Versicherung oder eine Pflichtmitgliedschaft zugrunde liegt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist hier eine Differenzierung nach der individuellen Beitragsdichte der Versicherten gerechtfertigt.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde, Gaier, Eichberger, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 1717778 |
BVerfGE 2007, 272 |
DStR 2007, 1043 |