Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 26.04.2006; Aktenzeichen 4 LC 238/04) |
Tenor
Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 26. April 2006 wird aufgehoben, soweit es den Hilfsantrag auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung auf der Grundlage des Angebotes des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2003 betrifft. Insoweit wird die Revision zugelassen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.
Soweit die Revision zugelassen worden ist, folgt die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Kostenentscheidung in der Hauptsache. Soweit die Beschwerde zurückgewiesen worden ist, trägt der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
1. Die Beschwerde ist nicht begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass zwischen ihm und dem Beklagten eine Leistungsvereinbarung über die Krankenstation besteht (dazu unter 1.1), soweit er hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verpflichten, sein Angebot zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung über die Krankenstation anzunehmen (dazu unter 1.2) und hilfsweise begehrt, dass der Beklagte erneut über den Abschluss einer Leistungsvereinbarung über die Krankenstation auf der Grundlage des Angebotes des Klägers für die Zeit ab dem 1. Januar 2004 entscheidet (dazu unter 1.3).
1.1 Für den Feststellungsantrag auf Bestehen einer Leistungsvereinbarung kann die Revision nicht zugelassen werden.
1.1.1 Die in Bezug auf die Ausführungen zum Schriftformerfordernis geltend gemachte (Beschwerdebegründung S. 4 und 13) Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Denn wie die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 6) selbst ausführt, fehlte es in den den bezeichneten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fallgestaltungen nicht bereits wie im hiesigen Streitfall an beiderseitigen schriftlichen aufeinander bezogenen Vertragserklärungen der Vertragsparteien, sondern allein an der Urkundeneinheit. Die Beschwerde hat auch nicht divergierende Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts und des Berufungsgerichts gegenübergestellt. Denn die Auffassung des Berufungsgerichts, dass nicht formgerechte öffentlich-rechtliche Verträge nichtig sind, widerspricht nicht den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts dazu, dass Formvorschriften kein Selbstzweck sind, deshalb unter Berücksichtigung ihres Sinngehalts auszulegen und anzuwenden sind und dass der Sinngehalt des § 57 VwVfG in der Warn- und Beweisfunktion der Schriftform liegt.
1.1.2 Den angeführten Fragen zum Schriftformerfordernis kommt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Denn wie die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 6) selbst einräumt, gibt es zwischen den Parteien jedenfalls für die streitgegenständliche Zeit ab Beginn des Jahres 2002 keine aufeinander bezogenen schriftlichen Parteierklärungen zu einer Leistungsvereinbarung, die die Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG erfüllt.
Den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich bereits nicht entnehmen, dass die Parteien überhaupt eine dem § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG inhaltlich gerecht werdende Leistungsvereinbarung, wenn auch nicht schriftlich, so doch – gegebenenfalls unter Bezugnahme auf schriftliche Unterlagen – wenigstens mündlich oder konkludent geschlossen hätten. Der von der Beschwerde für eine stillschweigende Leistungsvereinbarung herangezogene Satz des Berufungsgerichts (UA S. 16 Abs. 3): “Danach liegen hier nicht die Voraussetzungen dafür vor, dass eine zwischen dem Kläger und dem Beklagten lediglich stillschweigend abgeschlossene Leistungsvereinbarung trotz des Formmangels als gültig behandelt werden kann.”, enthält nicht die Feststellung, dass eine Leistungsvereinbarung tatsächlich stillschweigend abgeschlossen worden ist. Vielmehr bringt er allein zum Ausdruck, dass im Streitfall die Voraussetzungen dafür, einen formwidrigen Vertrag – dazu, ob ein solcher Vertrag überhaupt abgeschlossen worden ist, verhält sich das Berufungsgericht nicht – ausnahmsweise als gültig anzusehen, nicht vorliegen.
Die in der Beschwerdebegründung auf Seite 4 unter 1.1 und 1.2 aufgeworfenen Fragen, “ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag schon immer dann nichtig ist, wenn die im Rahmen von § 56 SGB X normalerweise verlangten Anforderungen (Unterzeichnung durch alle Vertragsparteien in einer Urkunde) nicht erfüllt sind”, und “ob auch bei Nichterfüllung der normalerweise im Rahmen von § 56 SGB X zu stellenden Anforderungen (Unterzeichnung durch alle Vertragsparteien in einer Urkunde) eine (Form-)Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages nur dann anzunehmen ist, wenn die Prüfung des Einzelfalles ergibt, dass die Warn- und Beweisfunktion der Schriftform nicht gewahrt ist”, stellen sich, soweit sie auf das Erfordernis der Urkundeneinheit bezogen sind, im Streitfall nicht, weil es hier nicht nur an der Urkundeneinheit fehlt, sondern überhaupt an aufeinander bezogenen schriftlichen Vertragserklärungen der Parteien zu einer Leistungsvereinbarung nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG. Soweit sich diese Fragen zum Schriftformerfordernis auch auf die Schriftlichkeit der aufeinander bezogenen Vertragserklärungen der Parteien beziehen, bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Antwort ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. § 56 SGB X legt für den öffentlich-rechtlichen Vertrag Schriftform fest, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Ist eine andere Form nicht vorgeschrieben und fehlt es an der Schriftform, so folgt daraus kraft Gesetzes ohne Prüfung zum Gewicht der Warn- und Beweisfunktion im Einzelfall die Nichtigkeit (§ 58 Abs. 1 i.V.m. § 56 SGB X, § 125 Satz 1 BGB).
Bereits aus diesem Grund sind auch die in der Beschwerdebegründung auf Seite 4 unter 1.3 und 1.4 gestellten Fragen nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
1.1.3 Auch den Fragen zur unzulässigen Rechtsausübung unter 2.1 bis 2.3 in der Beschwerdebegründung auf Seite 11 und 12 kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Sie sind nicht so allgemein gefasst, dass ihre Beantwortung für eine Vielzahl von Fällen gelten könnte, sondern beziehen sich – den Einzelfall betreffend – darauf, ob zwischen den Beteiligten ab 2002 Leistungsvereinbarungen zwar nicht formgerecht, aber nach Treu und Glauben gelten.
Zu Frage 2.1, “ob – die Nichtigkeit der Leistungsvereinbarung unterstellt – das Berufen des Sozialhilfeträgers auf die Nichtigkeit eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn die Parteien sich über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen einig sind, die dem Beklagten bekannten Leistungen von diesem seit 16 Jahren und länger in Anspruch genommen werden, die Beteiligten von 1985 bis 2001 auf der Grundlage des unstreitigen Leistungsstandards Pflegesatz- und Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen haben und diese Verhaltensweise der landeseinheitlichen Verwaltungspraxis des Beklagten entsprach, die durch landesrahmenvertragliche Vereinbarungen vorgegeben waren”, kann den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts schon nicht entnommen werden, dass zwischen den Beteiligten ab 2002 überhaupt eine § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG inhaltlich entsprechende Leistungsvereinbarung, wenn auch ohne Einhaltung der Schriftform, abgeschlossen worden ist. Zudem kann aus Leistungsstandards als Grundlage für Pflegesatz- und Vergütungsvereinbarungen in der Zeit von 1985 bis 2001 nicht auf eine Fortwirkung in die Jahre ab 2002 hinein geschlossen werden. Denn das Berufungsgericht hat bindend festgestellt (UA S. 18), dass der Landesrahmenvertrag in der Übergangsfassung 1999 am 31. Dezember 2001 außer Kraft getreten ist, und dahin erkannt, dass “dies ebenso für eine durch den Rahmenvertrag begründete Leistungsvereinbarung gelten” müsse.
Die Frage 2.2., “ob die Berufung auf die Formnichtigkeit einer stillschweigenden Leistungsvereinbarung eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn sich der Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger nur gegenüber einigen Einrichtungsträgern beruft, die sich nicht vom Leistungsstandard her von anderen Einrichtungsträgern im Land Niedersachsen unterscheiden, sondern nur durch die Tatsache, dass sie einem Landesrahmenvertrag nicht beigetreten sind”, und die Frage 2.3., “ob das Motiv des Beklagten, sich gegenüber einigen Einrichtungsträgern auf die Formnichtigkeit der stillschweigend abgeschlossenen Leistungsvereinbarung zu berufen, jedenfalls dann zu einer unzulässigen Rechtsausübung führt, wenn der Landesrahmenvertrag, dem die betreffenden Einrichtungsträger nicht beigetreten sind, nach rechtskräftiger verwaltungsgerichtlicher Feststellung nicht wirksam zustande gekommen ist”, können für den Kläger nicht zur Geltung einer Leistungsvereinbarung i.S.v. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG führen, weil auch der bloße Beitritt zu einem – wirksamen oder unwirksamen – Landesrahmenvertrag, den der Beklagte wohl für andere Einrichtungsträger als Grundlage für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung hat ausreichen lassen, (noch) keine Leistungsvereinbarung i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG ist.
1.2 Auch für den hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag, das Angebot des Klägers zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung anzunehmen, kann die Revision nicht zugelassen werden.
Das Berufungsgericht hat den Hilfsantrag des Klägers, den Beklagten zu verurteilen, das Angebot des Klägers zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung für die Krankenstation nach Maßgabe der Anlage K in deren Fassung vom 19. Februar 2004 anzunehmen, bereits deshalb für unbegründet gehalten, weil ein Rechtsanspruch auf den Abschluss von Vereinbarungen nach §§ 93 ff. BSHG nicht bestehe (UA S. 18 unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 30. September 1993 – BVerwG 5 C 41.91 – BVerwGE 94, 202). Das ist von der Beschwerde nicht angegriffen worden.
1.3 Schließlich kann die Revision für den hilfsweise gestellten Antrag des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, erneut über den Abschluss einer Leistungsvereinbarung für die Krankenstation auf der Grundlage des Angebotes des Klägers zu entscheiden, nicht für die streitgegenständliche Zeit ab dem 1. Januar 2004 zugelassen werden.
Ausgehend davon, dass Einrichtungsträger ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Abschluss einer Vereinbarung haben, hat das Berufungsgericht geprüft, ob der Beklagte das Angebot des Klägers zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung ermessensfehlerhaft abgelehnt hat und der Kläger deshalb einen Anspruch darauf hat, dass der Beklagte erneut über den Abschluss der angebotenen Leistungsvereinbarung entscheidet. Für die Zeit ab 1. Januar 2004 hat das Berufungsgericht einen solchen Anspruch mit der Begründung verneint, dass es sich bei den in der Krankenstation angebotenen Leistungen um solche nach § 27 SGB V bzw. § 37 BSHG und nicht um Hilfe nach § 72 BSHG zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten handele (UA S. 18 a.E.).
1.3.1 Ein Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Zu Unrecht meint die Beschwerde, das Berufungsgericht habe § 86 VwGO verletzt. Verfahrensrechtlich ist das Gericht nicht an die rechtliche Einordnung eines Leistungsangebotes als zu 80 % auf Leistungen nach § 72 BSHG und zu 20 % auf häusliche Krankenpflege bezogen durch eine Partei gebunden, selbst wenn die andere Partei dem nicht widerspricht. Denn die rechtliche Einordnung von Leistungen und darauf bezogenen Angeboten betrifft ihre materiellrechtliche Zuordnung im Rahmen der sozialen Leistungsgesetze. Ein Aufklärungsmangel setzte deshalb voraus, dass ausgehend von der materiellrechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die in der Krankenstation angebotenen Leistungen ihrem Schwerpunkt nach als Leistungen der häuslichen Krankenpflege anzusehen sind (UA S. 22), weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Das wird aber von der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem scheitert eine Aufklärungsrüge auch daran, dass der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu dem vom Kläger nun als noch nicht aufgeklärt gerügten Sachverhalt keinen Beweisantrag gestellt hat (vgl. Beschluss vom 25. Januar 2005 – BVerwG 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447, 449), obwohl bereits das Verwaltungsgericht die Klageabweisung darauf gestützt hat, dass der Kläger in der Krankenstation nicht Leistungen nach § 72 BSHG, sondern Krankenbehandlung erbracht habe (UA S. 12).
1.3.2 Auch kommt den in der Beschwerdebegründung auf Seite 15 angeführten Fragen unter 2.1, “ob Hilfeempfänger, die in einer stationären Einrichtung nach § 72 Abs. 1 BSHG untergebracht und betreut werden, die Krankenkassenansprüche auf häusliche Krankenpflege und häusliche Behandlungspflege im Sinne von § 37 Abs. 1 und 2 SGB V haben können”, und unter 2.2, “ob eine stationäre Einrichtung nach § 72 Abs. 1 BSHG unter § 71 Abs. 2 oder 4 SGB XI fällt, so dass auch sie nach § 37 Abs. 2 Satz 5 SGB V anwendbar ist”, keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Frage unter 2.2 stellte sich bereits für den Streitfall nicht. Denn das Berufungsgericht hat mit seinem Hinweis auf § 37 Abs. 2 Satz 5 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) nicht behauptet, dass eine stationäre Einrichtung nach § 72 Abs. 1 BSHG unter § 71 Abs. 2 oder 4 SGB XI falle. Beiden Fragen fehlt die grundsätzliche Bedeutung, weil sie für die künftige Rechtsanwendung durch jetzt geltendes Recht geklärt sind. Denn § 37 Abs. 1 und 2 SGB V bestimmt in seiner ab 1. April 2007 geltenden Fassung durch Gesetz vom 26. März 2007 (BGBl I S. 378) zum Ort der häuslichen Krankenpflege und Behandlungspflege: “Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort …”. Danach können Hilfeempfänger, die in einer stationären Einrichtung nach jetzt §§ 67 ff. SGB XII (früher § 72 BSHG) untergebracht sind und betreut werden, Krankenkassenansprüche auf häusliche Krankenpflege einschließlich Behandlungspflege im Sinne von § 37 Abs. 1 und 2 SGB V haben.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde ist aber begründet und die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, soweit ein Anspruch des Klägers darauf, dass der Beklagte erneut über den Abschluss einer Leistungsvereinbarung auf der Grundlage des Angebotes des Klägers entscheidet, für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2003 abgelehnt worden ist.
Einen solchen Anspruch hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, dass die gesetzlichen Regelungen dem Abschluss einer rückwirkenden Leistungsvereinbarung entgegenstünden. Hierauf bezogen führt die Beschwerde an, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, “ob die Leistungsvereinbarung des § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BSHG/§ 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XII für einen rückwirkenden Zeitraum abgeschlossen werden kann”. Dazu hat der Senat zeitlich nach der Beschwerdebegründung mit Urteil vom 4. August 2006 – BVerwG 5 C 13.05 – BVerwGE 126, 295 dahin erkannt, dass Leistungsvereinbarungen auch rückwirkend abgeschlossen werden können. Das ergibt sich daraus, dass nach diesem Urteil Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG noch rechtlich und tatsächlich möglich sind, was voraussetzt, dass Leistungsvereinbarungen auch rückwirkend geschlossen werden können.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen gesetzliche Vorschriften dem Abschluss einer rückwirkenden Leistungsvereinbarung mithin nicht entgegen. § 93b Abs. 1 Satz 1 BSHG verpflichtet zwar, Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen künftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen, verbietet aber einen rückwirkenden Abschluss nicht. Nach § 93b Abs. 2 Satz 1 BSHG treten Vereinbarungen und Schiedsstellenentscheidungen zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft und nach § 93b Abs. 2 Satz 2 BSHG werden, wenn ein Zeitpunkt nicht bestimmt wird, Vereinbarungen mit dem Tag ihres Abschlusses und Festsetzungen der Schiedsstelle mit dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. Ein jeweils vor diesen Zeitpunkt zurückwirkendes Vereinbaren oder Festsetzen verbietet § 93b Abs. 2 Satz 3 BSHG nur für Vergütungen, hingegen nicht für Leistungsvereinbarungen. Es sichert das Verbot nachträglicher Ausgleiche (§ 93b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BSHG).
Dem Abschluss einer rückwirkenden Leistungsvereinbarung steht auch nicht, wie das Berufungsgericht meint, entgegen, “dass nach der Art der Leistung diese nachträglich nicht mehr verändert erbracht werden kann” (UA S. 24). Denn in der Leistungsvereinbarung werden Inhalt, Umfang und Qualität der zu erbringenden Leistungen vereinbart. Das schließt es zwar aus, nachträglich das Ausmaß der zu erbringenden Leistungen nach Inhalt, Umfang und Qualität auf ein Niveau über das Erbrachte hinaus anzuheben und zu vereinbaren, denn eine solche weitergehende Leistungspflicht wäre auf Unmögliches gerichtet. Das schließt es aber nicht aus, nachträglich das Ausmaß der zu erbringenden Leistungen nach Inhalt, Umfang und Qualität auf das Niveau des Erbrachten oder ein Niveau darunter zu vereinbaren.
Da die von der Beschwerde aufgeworfene Frage durch das Urteil des Senats vom 4. August 2006 bereits geklärt ist, scheidet eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus; möglich bleibt aber eine Zulassung wegen nachträglicher Divergenz (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Januar 2000 – 2 BvR 2125/97 – DVBl 2000, 407; BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1993 – BVerwG 4 NB 42.92 – NVwZ-RR 1993, 513). Denn zu der fristgerecht als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Rechtsfrage, hat das Berufungsgericht den der Senatsentscheidung vom 4. August 2006 widersprechenden und seine Entscheidung im Umfang des Zulassung tragenden Rechtssatz aufgestellt, dass Leistungsvereinbarungen nicht rückwirkend abgeschlossen werden dürfen.
Soweit die Beschwerde zurückgewiesen worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 2 VwGO. Nach § 188 Satz 2 VwGO besteht Gerichtskostenfreiheit.
Unterschriften
Hund, Schmidt, Dr. Franke
Fundstellen