Was ist Ermüdung?

Jeder Mensch weiß, wie es sich anfühlt, wenn man müde ist. Man muss gähnen, fühlt sich schläfrig, man kann die Augen kaum aufhalten. Es kostet vermehrt Anstrengung, sich auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, die Leistung und die Reaktionsfähigkeit nehmen ab, Fehler dagegen häufen sich. Dabei können Zustände entstehen, in denen ein fehlerfreies und sicheres Weiterarbeiten kaum mehr möglich ist. Der sogenannte "Sekundenschlaf" ist ein Phänomen, das insbesondere im Straßenverkehr bereits sehr viele schwere und tödliche Unfälle verursacht hat.

Um wieder wach und aufmerksam zu werden, helfen bereits einfache Maßnahmen, die sich stark unterscheiden: in einem Fall hilft es, eine Pause zu machen, sich bewusst zu erholen und genügend zu schlafen. Im anderen Fall muss man gezielt etwas Anderes tun, sich aktiv mit etwas Anderem beschäftigen, um sich gewissermaßen geistig zu erholen.

Welche Maßnahme hilft, hängt von den Entstehungsbedingungen der Müdigkeitszustände ab. In der Norm DIN EN ISO 10075-1 "Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung, Teil 1 sind verschiedene Müdigkeitszustände, deren Entstehung sowie die möglichen Maßnahmen definiert und beschrieben."

Psychische Ermüdung

Bei psychischer Ermüdung handelt es sich um eine "vorübergehende Beeinträchtigung der psychischen und physischen Funktionstüchtigkeit, die von Intensität, Dauer und Verlauf der vorangegangenen psychischen Beanspruchung abhängt" (vgl. DIN EN ISO 10075-1). Das heißt, die Arbeitssituation ist beispielsweise geprägt von einer hohen Arbeitsmenge, der Notwendigkeit sich über lange Zeit hinweg stark zu konzentrieren oder verschiedene Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Erholen kann man sich von psychischer Ermüdung am besten durch eine zeitliche Unterbrechung der Tätigkeit, sprich das Durchführen von Pausen.

Fallbeispiel

Abbildung kann aus Gründen des Urheberrechts nicht dargestellt werden.

Als Chirurgin im Krankenhaus hat Dr. Jutta S. (41 Jahre) ein anspruchsvolles Programm abzuleisten. Mehrere schwierige Operationen hintereinander sind dabei keine Seltenheit. Die Verantwortung, die sie zu tragen hat, wiegt schwer, da jeder Fehler schlimme Folgen haben kann. Höchste Konzentration ist für sie deswegen eine absolute Selbstverständlichkeit. Wenn nur die Schichtplangestaltung des Krankenhauses sie nicht noch zusätzlich belasten würde! Häufig schleppt sich Jutta S. nach der Arbeit völlig erschöpft nach Hause. Oft hat sie das Gefühl, dass die Freizeitintervalle viel zu kurz sind, um sich vollständig erholen zu können. Und die Pausen während der Arbeitszeit? Da kann man teilweise froh sein, wenn die Zeit ausreicht, genügend Kaffee trinken zu können, um das starke Müdigkeitsempfinden zu bezwingen, um noch diese Operation durchzustehen und dann noch die nächste und dann ...

Bei ausreichenden Erholungsmöglichkeiten muss sich psychische Ermüdung per se nicht negativ auswirken. Es handelt sich dann um einen normalen Ermüdungsprozess, der im Laufe der Zeit bei Arbeitstätigkeiten auftritt und durch angemessene Erholung ("Regeneration") wieder ausgeglichen werden kann. Erst durch fehlende oder ungenügende Erholungsmöglichkeiten kann psychische Ermüdung auch langfristig negative Auswirkungen mit sich bringen. Viele Menschen versuchen dann, Ermüdungssymptome durch den Konsum von Anregungsmitteln zu bekämpfen. Übermäßiger Kaffeegenuss, stimulierende Arzneimittel oder Drogen können zwar kurz- und mittelfristig zu Leistungssteigerungen, auf Dauer jedoch zu Erschöpfungs- und Depressionszuständen führen. Ein paradox anmutender Effekt chronischer psychischer Ermüdung sind außerdem Ein- und Durchschlafstörungen. Es entsteht so ein Teufelskreis, der einer natürlichen Regeneration entgegensteht.

 

Welche Maßnahmen helfen?

Um psychischer Ermüdung entgegen zu wirken, ist es das Ziel von Maßnahmen die Intensität der Arbeitsbelastung zu reduzieren und ausreichend Zeit für Erholung und Regeneration zu ermöglichen.
Gestaltungsbereich Mögliche Schutzmaßnahmen
Arbeitsaufgabe
  • Aufgaben und Informationen angemessen und eindeutig bereitstellen
  • Redundanzen, wenn möglich vermeiden
  • bei komplexen Aufgaben evtl. Entscheidungsunterstützungssysteme bereitstellen
Arbeitsorganisation
  • arbeitsvertragliche Regelungen der Arbeitszeit bzw. die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einhalten
  • angemessene Pausenzeiten ermöglichen
  • auf eine angemessene Arbeitsmenge achten
  • Arbeitszeit- / Schichtdienstregelungen nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen (vorwärts rollierend mit Freizeittagen im Block) gestalten
  • Ausgleich von Mehrarbeit bzw. Überstunden durch Freizeit ermöglichen
Arbeitsumgebung
  • Rückzugsorte zur Erholung schaffen (z. B. Pausenräume)
  • Möglichkeiten für konzentriertes Arbeiten bereitstellen
  • Bewegungspausen ermöglichen (kleine Sportgeräte bereitstellen oder betriebliche Fitnessprogramme anbieten)
Soziale Beziehungen
  • Pausenkultur entwickeln (z. B. Störungen in der Pause sind tabu)
  • Vorbildfunktion von Führungskräften bei der Pausengestaltung verdeutlichen

Erm...

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