Gemäß der internationalen Norm DIN EN ISO 10075-1 wird "psychische Belastung" definiert als die "Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken". Sie rufen bei ihm also Reaktionen im Denken, Fühlen, Wahrnehmen, Erinnern usw. hervor. Anders als im Alltagsverständnis und entgegen dem allgemeinen Sprachgefühl ist psychische Belastung damit erst einmal als neutral zu verstehen.

Zu den Einflüssen von außen gehören dabei im Kontext Arbeit sowohl die Arbeitsanforderungen (z. B. Anforderungen an die Beherrschung der eigenen Emotionen) als auch Ausführungsbedingungen (z. B. die Arbeitszeit oder die Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen).

2.1 Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

Die psychische Gesundheit ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme geworden. So wird geschätzt, dass in der Europäischen Union mittlerweile rund 50 Mio. Menschen an psychischen Erkrankungen leiden. Zu den häufigsten zählen Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen, Erschöpfung oder Suchterkrankungen (Alkohol, Medikamente, Drogen etc.).

Nach Angaben der Bundesregierung haben die Ausfallzeiten durch psychische Erkrankungen in Deutschland im Jahr 2021 im Schnitt 48 Tage betragen – dreimal so lang im Vergleich zu den 16 Tagen Durchschnitt über alle Erkrankungen hinweg! Dabei sind alle Altersgruppen der Erwerbstätigen davon betroffen.

Psychische Erkrankungen machen mittlerweile einen relativen Anteil von rund 17 % an der Arbeitsunfähigkeit in Unternehmen aus und sind damit die zweithäufigste Ursache. Allein die Krankheitskosten für psychische Erkrankungen (und Verhaltensstörungen) betrugen schon 2015 deutschlandweit 44,4 Mrd. EUR. Sie stiegen in 2020 auf 56,4 Mrd. EUR weiter an.[1] Das hat auch enorme wirtschaftliche Folgen: Allein im Jahr 2017 verursachten psychische Erkrankungen Produktionsausfallkosten von 12,2 Mrd. EUR; bis 2021 stiegen diese laut Statista bis auf 15,8 Mrd. an.[2]

2.2 Gesetzliche Grundlage/Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen

Dem Anstieg psychischer Erkrankungen werden allerdings auch gesetzliche Maßnahmen entgegengesetzt. So verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Unternehmen bereits seit 1996 dazu, die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu schützen. Als zentrales Instrument wird hier die Gefährdungsbeurteilung eingesetzt. So sind für jeden Arbeitsplatz körperliche, aber auch psychische Belastungen zu ermitteln und zu dokumentieren. Sollten die Belastungen eine Gefährdung darstellen, so sind entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine solche Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, denn genaue Vorschriften, wie diese auszusehen hat, existieren nicht.

2.3 Digitale Gefährdungsbeurteilung

Ein Startup aus Berlin bietet mit dem sog. PSY-QUICK beispielsweise eine digitale Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen nach § 5 ArbSchG an, wie sie seit ca. 10 Jahren vorgeschrieben wird. Das Besondere: Hier geht es primär um die Belastung am untersuchten Arbeitsplatz, also das Stresslevel der Arbeitsplätze, idealerweise unabhängig von den handelnden Personen.

Der PSY-QUICK realisiert eine Belastungserfassung als plattformunabhängiger Online-Fragebogen nach DIN-ISO 10075, bei der der gesamte Prozess von der Analyse bis zur Handlungsempfehlung vollständig digital abläuft.

Der dafür verwendete SPA-Fragebogen (Screening psychischer Arbeitsbelastung) ist als Ergebnis aus 15 Jahren Forschung an der Universität Potsdam entstanden und wurde mit 4.000 Teilnehmern an 80 verschiedenen Arbeitsplätzen validiert. Das Instrument PSY-QUICK ist bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – BAuA in der Toolbox 1.2 (Instrumente zur Erfassung psychischer Belastungen) gelistet.

Mit Fragen wie

  • "Ich weiß zu Arbeitsbeginn genau, was auf mich zukommt",
  • "Zu meinen Arbeitsaufgaben gehört der Umgang mit vielen Menschen" oder
  • "Meine Arbeitsaufgaben sind sehr umfangreich"

wird versucht, die Subjektivität in den Antworten zu reduzieren; eine vollständige Objektivierung kann wahrscheinlich nur schwer gelingen. Was für den einen Mitarbeiter sehr umfangreich ist, ist es für den anderen vielleicht nicht. 20 °C Raumtemperatur sind für den einen Arbeitnehmer angenehm, sein Kollege zieht dabei vielleicht schon die Jacke an. Trotzdem ein guter Ansatz zur Risikoeinschätzung.

Eine Auswertung erfolgt nur, wenn mindestens 5 Arbeitsplätze mit derselben Merkmalausbildung (z. B. Abteilung, (un)befristet angestellt, ...) existieren, um eine potenzielle Identifizierung von Einzelpersonen auszuschließen.

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