Für gefährdete Personen kommt die durchschnittliche Wartezeit auf Arzttermine erschwerend hinzu. So warten von Depressionen Betroffene beispielsweise 8 Wochen auf einen Termin beim Facharzt und 10 Wochen auf einen Termin beim Psychotherapeuten. Diese Phase ist meist gekennzeichnet durch Arbeitsunfähigkeit – länger als es eigentlich notwendig wäre, wenn eine Behandlung rechtzeitig starten könnte.

Doch es gibt zunehmend technische und digitale Hilfsmittel bei psychischen Erkrankungen, die diese Wartezeit verkürzen können und auch bei oder nach der Therapie dem Erkrankten zur Seite stehen.

Der GKV-Spitzenverband kritisiert allerdings nach Durchführung einer repräsentativen Umfrage von 2.240 gesetzlich Versicherten, dass sinnvolle Ergänzungsmöglichkeiten zur Psychotherapie noch "eher selten zum Einsatz kommen". So bekommen nur 16 % der Patienten Empfehlungen zu Gesundheits-Apps, von denen dann wiederum nur 18 % diese auch ausprobieren.

Auch als Arbeitsschutzverantwortlicher können Sie Ihren Mitarbeitern präventiv Apps für die mentale Gesundheit anbieten. Teilweise sind diese mittlerweile sogar im Zustand akuter Erkrankung auf Rezept vom Arzt erhältlich.

Die folgenden Beispiele stellen einen kleinen Exkurs zu digitalen Hilfsmöglichkeiten dar.

4.1 Gesundheits-Apps: Überblick

Es gibt mittlerweile unzählige Gesundheits-Apps zu den verschiedensten Themen, je nachdem, wie weit man den Begriff Gesundheit interpretiert.

Sucht man nach einem bestimmten Thema, wie beispielsweise Depressionen oder Burnout, so finden sich zahlreiche Anwendungen. Hier gilt es, genauer auf den Anbieter, seine Preisgestaltung oder Datenschutz-Aspekte zu schauen. Denn es gibt bisher noch keine Zulassungsbeschränkungen oder Kriterien, die für den Gesundheitssektor bzw. Apps generell gelten.

Als Kriterium für verlässliche Apps kann beispielsweise die Medizinprodukt-Zulassung in Europa herangezogen werden. Zwischen 100 und 150 Apps haben aktuell die entsprechende Zulassung. Eine Recherche nach diesen Apps gestaltet sich allerdings schwierig, denn ein aktuelles Verzeichnis, auf das man einfach zugreifen kann, gibt es nicht.

4.2 Digitale Gesundheitsanwendungen

Noch weiter geht die Eingrenzung in Deutschland mit den sog. Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat für die Zulassung einer Anwendung als DiGA eine Prüfung verschiedener Kriterien vorausgesetzt, z. B. dass die Anwendung als Medizinprodukt zugelassen sein muss. Insbesondere – und dies macht den Unterschied zwischen einer vorläufigen und einer dauerhaften Zulassung als sog. DiGA aus – muss eine solche Anwendung ihre Evidenz, also die medizinische Wirkung, nachweisen. Eine DiGA kann eine App oder auch ein im Browser aufzurufendes Programm sein.

Diese "Apps auf Rezept" genannten Anwendungen können Patienten von ihren Ärzten und Psychotherapeuten verschrieben werden. Die Kosten für ihre Anwendung müssen den gesetzlich Versicherten dann von ihren Krankenkassen erstattet werden.

Im Verzeichnis der Digitalen Gesundheitsanwendungen (diga.bfarm.de) sind Stand Februar 2023 knapp über 40 Anwendungen zu finden, wovon 20 Anwendungen für den Bereich Psyche zugelassen sind. Sie decken die verschiedensten Bereiche psychischer Erkrankungen ab, am häufigsten werden Depressionen und Angst- sowie Panikstörungen behandelt. Aber auch für Alkohol- oder Tabakmissbrauch sowie für Essstörungen gibt es zugelassene DiGA.

Die Anwendungen basieren meistens auf einer kognitiven Verhaltenstherapie und Tagebüchern, die der Nutzer führt. Typischerweise beginnt eine Nutzung mit einem (anonymen) Online-Test, in dem herausgearbeitet werden kann, wie es um die eigene mentale Gesundheit steht und welche Aspekte besonders betrachtet und bearbeitet werden sollten.

4.3 HelloBetter Stress und Burnout

Es gibt sogar für spezielle Probleme zugelassene Anwendungen, wie z. B. "HelloBetter Stress & Burnout", das einen interaktiven psychologischen Therapiekurs umsetzt. Die Zielgruppe der App sind erkrankte Personen mit einer Erschöpfungs- oder Überlastungssymptomatik. Der Therapie liegt – wie bei den meisten Digitalen Gesundheitsanwendungen – eine Kognitive Verhaltenstherapie zugrunde, die eine vollwertige Burnout-Soforthilfe verspricht.

Der Kurs dauert 12 Wochen und die Materialien sind sogar 12 Monate für den Nutzer abrufbar. Die verschiedenen Einheiten des Kurses bestehen aus anschaulich und interaktiv gestalteten Texten, Videos und Audios, die durch praktische Übungen ergänzt werden.

Im Kern wird differenziert zwischen vom Patienten lösbaren und nicht-lösbaren Problemen. Während bei ersteren dem Patienten Problemlösungsstrategien beigebracht werden, gibt es bei nicht-lösbaren Problemen Techniken, wie beispielsweise die Progressive Muskelentspannung, um den Umgang mit den daraus entstehenden, belastenden Gefühlen zu erleichtern.

Durch die Nutzung der Anwendung soll neben einer Verbesserung der psychischen Gesundheit (z. B. Angst, Schlaf) insbesondere die arbeitsbezogene Gesundheit (emotionale Erschöpfung, Arbeitsengagement) verbessert werden.

Wie "HelloBetter" bieten mittlerweile einige ...

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