2.1.1 Änderung des Geschlechtseintrags, Zuständigkeit und Anmeldung beim Standesamt
Regelungen vor dem SBGG
Bisher war es transidenten Personen möglich, den Geschlechtseintrag und/oder den Vornamen durch ein Verfahren über das TSG zu ändern. Das TSG geht dabei von einem binären Geschlechterverständnis aus, sodass das Verfahren bei non-binären Personen analog angewendet werden kann. Im Anschluss an den Beschluss des BVerfG zur sog. "Dritten Option" 2017 wurde über § 45b Abs. 1 Personenstandgesetz (PStG) die Möglichkeit für intergeschlechtliche Personen eingeführt, den Namen und Personenstand durch Abgabe einer Erklärung beim zuständigen Standesamt zu ändern. Non-binäre Personen sind nach einem restriktiven, rein auf biologische Merkmale fußendem Verständnis nach hiervon nicht erfasst.
Das neue SBGG trifft indes keine Unterscheidung zwischen binär oder non-binär, transidenten oder intergeschlechtlichen Menschen und will die bisherigen Gesetzesnormen vereinheitlichen. Erklärungsberechtigt sind neben Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit auch Menschen aus dem Ausland mit unbefristetem Aufenthaltsrecht, Aufenthaltserlaubnis oder Blauer Karte der EU. Vom Anwendungsbereich des SBGG hingegen ausgenommen bleiben Geflüchtete, Staatenlose und Personen ohne dauerhaften Aufenthaltstitel.
Nach bisher geltenden Regelungen des TSG müssen Betroffene ein amtsgerichtliches Verfahren unter Einholung zweier psychologischer Fachgutachten durchlaufen. Statt stigmatisierender, kosten- und zeitaufwendiger Gerichtsverfahren nach § 2 i. V. m. § 4 Abs. 3 i. V. m. § 9 Abs. 3 TSG genügt gemäß § 2 SBGG nunmehr die Abgabe einer einfachen Formular-Erklärung bei dem zuständigen Standesamt.
Vorherige Regelungen
Standesämter sind auch im Verfahren nach § 45b PStG zuständig. Voraussetzung hierbei ist daneben das Einholen einer ärztlichen Bescheinigung zur vorliegenden "Variante der Geschlechtsentwicklung".
2.1.2 Abgabe der Erklärung zum Geschlechtseintrag und zu den Vornamen
Inhalt der Formular-Erklärung ist die Änderung der Angabe des eigenen Geschlechts im deutschen Personenstandsregister. Mögliche Angaben sind männlich, weiblich, divers oder keine Angabe. Mit der Erklärung versichert die erklärungsberechtigte Person, dass der gewählte Geschlechtseintrag bzw. die Streichung des Geschlechtseintrags der eigenen Geschlechtsidentität am besten entspricht. Durch die Erklärung soll ferner das Bewusstsein über die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen versichert werden.
Neben der Änderung des Geschlechtseintrags kann gemäß § 2 Abs. 3 SBGG auch der Vorname geändert werden. Dies ist aber kein Muss, wenn der Vorname bzw. die Vornamen bereits dem gewählten Geschlecht entspricht bzw. entsprechen.
Vorherige Regelungen
Nicht vorgesehen ist hingegen die bisher im Verfahren des TSG ("kleine Lösung") und § 45b PSTG vorgesehene Option, die Vornamen isoliert vom Geschlechtseintrag zu ändern. Auch die Änderung von geschlechterspezifischen Nachnamen ist vom Regelungsbereich des Gesetzes nicht erfasst. Hier bleibt es bei der Voraussetzung eines wichtigen Grundes gemäß §§ 3 Abs. 1 i. V. m. 11c Namensänderungsgesetz.
2.1.3 Anmeldefrist
Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen ist von der erklärungsberechtigten Person 3 Monate vor der Erklärung bei dem zuständigen Standesamt schriftlich oder mündlich anzumelden. Erst nach Verstreichen dieser 3-Monatsfrist kann die Erklärung erfolgen und die Änderung rechtliche Wirkung entfalten. Das heißt, es können neue Ausweis- und andere Dokumente beantragt werden.
Wird die Erklärung nicht innerhalb von 6 Monaten nach der Anmeldung abgegeben, wird die Anmeldung gegenstandslos. Zwar tritt das gesamte SBGG zum 1.11.2024 in Kraft. Das Gesetz eröffnet hier aber für die Bestimmungen des § 4 SBGG eine Ausnahme und ermöglicht die erstmalige Anmeldung zur Abgabe der Erklärung bereits seit dem 1.1.2024.
Geplante Wirksamkeitsfrist im Referentenentwurf
Der Referentenentwurf des Gesetzes sah noch eine 3-monatige Wirksamkeitsfrist nach erfolgter Erklärung vor. Hintergrund der Regelung ist Ausdruck von § 1 Abs. 2 der Versicherung zur Tragweitenbeurteilung der folgenden Änderungen. Mit Blick auf einen meist langen bereits vorausgegangenen Identitätsprozess der Erklärungsberechtigten wird dem Fristerfordernis eine weiterhin aufrechterhaltende stigmatisierende Bevormundung zugeschrieben. Das Verfahren gemäß § 45b PStG kennt hingegen keinerlei Anmelde- und Wirksamkeitsfristen, sodass hierdurch eine Schlechterstellung für die dortigen Erklärungsberechtigten erfolgt.
2.1.4 Voraussetzungen bei Minderjährigen
Minderjährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Erklärung selbst abgeben, sofern die gesetzlichen Vertretenden zustimmen oder die Zustimmung gerichtlich ersetzt wird. Mit der Erklärung hat die erklärungsberechtige Person anzugeben, dass sie beraten wurde. Dies soll aber kein Pflichterfordernis für eine fachliche Beratung darstellen.
Minderjährige unterhalb des 14. Lebensjahres sowie geschäftsunfähige Minderjährige bedürfen der Erklärung der gesetzlichen Vertretenden. Bei Vollendung des 5. Lebensjahres muss auch die Zustimmung ...