2.3.1 Voraussetzungen der 183-Tage-Regelung
Eine Ausnahme von der Besteuerung im Tätigkeitsstaat gilt, wenn der Arbeitnehmer nur vorübergehend im Ausland eingesetzt wird. Arbeitet ein Arbeitnehmer, der im Inland ansässig ist, nicht mehr als 183 Tage pro Jahr in dem anderen ausländischen Staat, bleibt das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat (Ansässigkeitsstaat) erhalten. Bei Anwendung der 183-Tage-Regelung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Der Arbeitnehmer hält sich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres oder während eines in bestimmten Abkommen festgelegten 12-Monatszeitraums auf.
- Der Arbeitslohn wird von einem Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist.
- Der Arbeitslohn darf nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat unterhält.
Alle 3 Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Werden z. B. die 183 Tage überschritten, steht das Besteuerungsrecht von Anfang an dem Tätigkeitsstaat zu.
2.3.2 Berechnung der 183-Tage-Frist
Die 183-Tage-Frist bezieht sich auf das im jeweiligen ausländischen Staat maßgebende Steuerjahr. Im Regelfall ist dies das Kalenderjahr. Einzelne DBA sehen jedoch andere Zeiträume als das Steuerjahr vor, z. B. Indien vom 1.4. bis 31.3. oder Südafrika vom 1.3. bis 28./29.2. Eine Aufzählung der Staaten mit abweichendem Steuerjahr ab 1.1.2018 hat das BMF veröffentlicht. Eine weitere Besonderheit gilt nach dem Abkommen mit Großbritannien. Hier ist die 183-Tage-Klausel nach einem (variablen) 12-Monatszeitraum zu prüfen, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet. Weitere Beispiele sind Australien, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Russland, Spanien und die Türkei. Eine Aufzählung der Staaten, für die nach dem Stand vom 1.1.2018 die 183-Tage-Frist anstelle des Steuerjahres nach einem 12-Monatszeitraum berechnet wird, hat das BMF veröffentlicht.
Die Berechnung der 183-Tage-Frist nach den Aufenthaltstagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten seit Beginn der Auslandstätigkeit bewirkt, dass gleichzeitig mehrere Zeiträume in Gang gesetzt werden können, auch wenn sich diese teilweise überschneiden. Wird in einem der in Betracht kommenden 12-Monatszeiträume die Aufenthaltsdauer von 183 Tagen überschritten, steht dem ausländischen Staat für die hierauf entfallenden Lohneinkünfte das Besteuerungsrecht zu.
183-Tage-Frist bei Anwendung des 12-Monatszeitraums
Ein in Deutschland wohnhafter Arbeitnehmer hat mit der inländischen X-AG einen Arbeitsvertrag. Im Jahr 01 wurde er vom 1.-20.4. für 20 Tage sowie vom 1.8.01 bis 31.3.01 für 90 Tage in Norwegen bei einem dortigen Tochterunternehmen zur Einrichtung neuer Softwaresysteme eingesetzt. Zum Abschluss des Projekts war der Arbeitnehmer nochmals vom 25.4. bis 31.7.02 insgesamt 98 Tage bei der norwegischen Tochterfirma.
Ergebnis: Der Lohnaufwand wird für das gesamte Beschäftigungsverhältnis ausschließlich vom inländischen Arbeitgeber getragen. Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn für April 01 in Norwegen steht Deutschland zu, da in keinem der in Betracht kommenden 12-Monatszeiträume die maximale Aufenthaltsdauer von 183 Tagen überschritten wird. Die für die ausländische Tätigkeit von 1.8.01 bis 31.7.02 bezogenen Lohneinkünfte unterliegen dagegen nicht der inländischen Besteuerung, da sich der Arbeitnehmer in diesem 12-Monatszeitraum an insgesamt 188 (= 90 + 98) Tagen in Norwegen aufgehalten hat.
Daraus ergibt sich, dass die Gesamtdauer des Auslandsaufenthalts ohne Bedeutung ist. Maßgeblich ist allein die Dauer des Aufenthalts im jeweiligen Steuerjahr bzw. 12-Monatszeitraum. So kann z. B. das Besteuerungsrecht für ein Jahr der Bundesrepublik, für das andere Jahr dem ausländischen Tätigkeitsstaat zustehen.
In der Berechnung der 183-Tage-Frist sind sämtliche Tage der Anwesenheit im Tätigkeitsstaat anzusetzen. Die Dauer der Arbeitstätigkeit ist insoweit nicht maßgebend. Als Tage der Anwesenheit zählen auch:
- der Ankunfts- und Abreisetag (Ausnahme: bei Berufskraftfahrern bleiben Tage der Hin- und Rückreise außer Ansatz);
- alle arbeitsfreien Tage unmittelbar vor, während und nach der Tätigkeit; (z. B. Samstage, Sonntage, Feiertage);
- die Tage der Arbeitsunterbrechungen im Tätigkeitsstaat (z. B. bei Streik, Aussperrung, Ausbleiben von Lieferungen, Krankheit). Bei Krankheit gilt die Besonderheit, dass die Tage nicht mitzählen, wenn die Abreise des Arbeitnehmers durch die Krankheit verhindert wurde und er sonst die Voraussetzungen für die Befreiung im Tätigkeitsstaat erfüllt hätte;
- Urlaubstage, die unmittelbar vor, während und nach der Tätigkeit im Tätigkeitsstaat verbracht werden;
- sowie kurze Unterbrechungen im Zusammenhang mit Reisen in den Heimatstaat oder in dritte Länder, soweit sie im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse anfallen und unter Berücksichtigung der ...