Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Interventionen bei Drogenverdacht unterscheiden sich nicht vom Vorgehen bei Alkoholproblemen. Festgestellte Auffälligkeiten sollten auf jedem Fall dem Betroffenen zurückgemeldet werden, weil das dazu beitragen kann, bei ihm Problembewusstsein und Änderungswillen zu erzeugen, ohne die kein Ausstieg aus der Sucht möglich ist.
Weil die Ausgangslagen unterschiedlich sind, sind verschiedene Gesprächsmodelle hilfreich:
3.3.1 Fürsorgegespräche
Fürsorgegespräche haben keinerlei arbeitsrechtlichen Charakter und können auch von Kollegen geführt werden, wenn ihnen "etwas auffällt". Es wird die Vermutung ausgesprochen, dass der Betroffene Probleme hat, Anteilnahme vermittelt und Hilfsmöglichkeiten aufgezeigt (Beratungsstellen, betriebliche Suchtkrankenhelfer, Betriebsarzt). Aufzeichnungen erfolgen nicht.
3.3.2 Klärungsgespräche
Klärungsgespräche führt ein Vorgesetzter in Fällen, in denen es zu deutlichen Pflichtverletzungen gekommen ist, der Hintergrund aber unklar ist (auf Wunsch des Betroffenen mit Betriebsrat). Es wird nach Problemen gefragt, Hilfe aufgezeigt und eine Verhaltensänderung angemahnt. Es wird eine Gesprächsnotiz gefertigt, die aber niemand außer den Teilnehmenden bekommt.
3.3.3 Stufengespräche
Stufengespräche sind Teil eines arbeitsrechtlichen Prozesses, der (sinnvollerweise für alle psychoaktiven Substanzen, auch Alkohol) in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben werden sollte, die in letzter Konsequenz auch die Kündigung umfasst. Es werden offensichtlich suchtbedingte Pflichtverletzungen angesprochen, ein bestimmtes Verhalten gefordert und Sanktionen, abgestimmt mit Hilfsangeboten und Beobachtungszeiträumen festgelegt (z. B. Kontaktaufnahme mit Suchtberatung innerhalb von 4 Wochen, sonst nächste Prozessstufe). Stufengespräche werden in der Personalakte dokumentiert und i. d. R. durch mehrere Verantwortliche und Betriebsrat geführt.
Informationen zu Stufenmodellen gibt es u. a. bei Suchtberatungsstellen, Unfallversicherungsträgern und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Gespräche mit Abhängigen trainieren
Abhängige haben suchtbedingt besondere Verhaltens- und Gesprächsmuster, die es schwierig machen, strukturiert und zielorientiert Gespräche zu führen. Wer umfassende Personalverantwortung hat, sollte relevante Gesprächssituationen unter Expertenanleitung trainieren (z. B. über Suchtberatungsstellen oder Unfallversicherungsträger).
Risikoreiches Verhalten ist ein Persönlichkeitsrecht
Beim Umgang mit Suchtproblemen im Betrieb sollte klar sein: Risikoreiches Verhalten ist vom Recht auf persönliche Freiheit gedeckt. Der Betrieb kann verlangen, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbracht wird und kann gefährdeten Menschen Hilfe anbieten. Wenn aber kein arbeitsrechtlich relevantes Fehlverhalten festzustellen ist, bleibt die Sucht Privatsache.