OFD Niedersachsen, Verfügung v. 16.8.2011, S 2337 - 121 - St 213
Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurde eine neue Steuerbefreiungsvorschrift für Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB für ehrenamtliche rechtliche Betreuer, Vormünder und Pfleger eingeführt. Diese Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG ersetzt insoweit ab dem 1.1.2011 die seit 2007 geltende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG (sog. Ehrenamtsfreibetrag). Die durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerlichen Engagements vom 10.10.2007 mit Wirkung ab 2007 eingeführte Steuerbefreiung für Einnahmen aus einer entsprechenden nebenberuflich ausgeübten ehrenamtlichen Tätigkeit nach § 3 Nr. 26a EStG und dem dazu veröffentlichten BMF-Schreiben vom 25.11.2008 ist damit auf den vorgenannten Personenkreis letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2010 (§ 52 Abs. 4b Satz 2 EStG) anzuwenden.
1. Allgemeines
Nach § 1896 BGB ist für Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten zu besorgen, ein Betreuer durch das Amtsgericht zu bestellen. Neben Berufsbetreuern werden überwiegend ehrenamtliche Betreuer eingesetzt. In den häufigsten Fällen mittelloser Betreuter kommt die Staatskasse für die Betreuungskosten auf.
Ehrenamtliche Betreuer erhalten derzeit eine jährliche pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 323,00 EUR (bis 30.6.2004: 312,00 EUR). Die Aufwandsentschädigung wird für jede einzelne Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung gewährt. Es ist deshalb in Ausnahmefällen möglich, dass eine Betreuungsperson den Betrag mehrfach bekommt. Der Betrag der pauschalen Aufwandsentschädigung wurde in Anlehnung an die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen mit einem Vielfachen der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit bestimmt.
2. Steuerbefreiung
Für diese Aufwandsentschädigungen kommt eine Steuerbefreiung weder nach § 3 Nr. 12 EStG noch nach § 3 Nr. 26 EStG in Betracht. § 3 Nr. 12 EStG findet keine Anwendung, weil diese weder im Haushaltsplan als Aufwandsentschädigungen ausgewiesen werden (§ 3 Nr. 12 Satz 1 EStG) noch die ehrenamtlichen Betreuer öffentliche Dienste ausüben (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG). § 3 Nr. 26 EStG greift ebenfalls nicht, da mangels einer pädagogischen Ausrichtung keine Betreuungstätigkeit im Sinne der Vorschrift vorliegt (siehe R 3.26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LStR). Die Betreuungstätigkeiten nach § 1835a BGB können auch nicht als Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen i.S. des § 3 Nr. 26 EStG angesehen werden, weil es sich um einen staatlichen Beistand in Form von Rechtsfürsorge handelt und eine persönliche Betreuung im Sinne von Pflege nicht stattfindet oder nur nachrangig ist (Hinweis auf das Merkblatt über die steuerliche Behandlung von Aufwandsentschädigungen nach §§ 1835, 1835a BGB für ehrenamtliche Betreuer(innen) und Berufsbetreuer(innen) des Niedersächsischen Finanzministeriums, veröffentlicht auf der Internetseite der Oberfinanzdirektion Hannover unter www.ofd.niedersachsen.de/Aktuelles & Service/Steuermerkblätter & Broschüren).
Ab 2007 können nebenberuflich tätige, ehrenamtliche Betreuer den Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG von bis zu 500,00 EUR im Kalenderjahr in Anspruch nehmen, weil sie wegen der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Vormundschafts- und Betreuungswesens im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handeln (vgl. Tz. 3 des BMF-Schreibens vom 25.11.2008). Diese Regelung gilt letztmals für das Kalenderjahr 2010 (§ 52 Abs. 4b Satz 2 EStG).
Ab 2011 kann die neue Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG bis zur Höhe von 2.100,00 EUR im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Aufgrund dieser Neuregelung sind Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB steuerfrei, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG in Höhe von höchstens 2.100,00 EUR im Jahr nicht überschreiten. D.h. für alle in §§ 3 Nr. 26 und 3 Nr. 26b EStG genannten Tätigkeiten gilt insgesamt nur ein Freibetrag in Höhe von 2.100,00 EUR. Wird die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG in Anspruch genommen, ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG („Ehrenamtsfreibetrag”) ausgeschlossen.
3. Einkunftsart
Die Aufwandsentschädigungen sind sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG und daher grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Solche Einkünfte sind jedoch nach § 22 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie – nach Abzug des Steuerfreibetrages und der mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten (ggf. pauschale Werbungskosten) und ggf. zusammen mit weiteren Einkünften im Sinne dieser Vorschrift – weniger als 256,00 EUR im Kalenderjahr (Freigrenze) betragen haben.
4. Werbungskostenabzug
Mit der Gewährung der pauschalen Aufwandsentschädigung entfällt für den ehrenamtlichen Betreuer die Möglichkeit, Aufwendungsersatz gemäß § 1835 BGB zu verlangen; die Aufwendungen des Betreuers bei Ausübung seiner Tätigkeit (wie z.B. Fahrtkosten, Telefong...