2.1 Bei Verletzung der Nachweispflicht

Das Entgeltfortzahlungsgesetz gestattet dem Arbeitgeber in § 7 EFZG in 2 Fällen, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern[1]:

  1. Bei der Verletzung der Nachweispflicht durch eine papierene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, soweit noch vorzulegen und
  2. bei der Verhinderung des Forderungsübergangs.

Dieses Leistungsverweigerungsrecht setzt zunächst voraus, dass der Arbeitnehmer überhaupt einen Entgeltfortzahlungsanspruch hat. Ist das nicht der Fall, so ist der Arbeitgeber ohnehin nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.

In beiden Fällen des § 7 EFZG muss der Arbeitnehmer die für das Leistungsverweigerungsrecht maßgeblichen Pflichten schuldhaft verletzt haben. Unter Verschulden ist nach allgemeinen Regeln vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten zu verstehen.[2] Die Abstufungen des Verschuldens durch die Regeln der Arbeitnehmerhaftung bleiben in diesem Fall außer Betracht. Für das Nichtvorliegen seines Verschuldens ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

Der Arbeitgeber kann die Entgeltfortzahlung verweigern, solange der Arbeitnehmer die papierene AU-Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Sätze 2–4 EFZG pflichtwidrig nicht vorlegt (zeitweiliges Leistungsverweigerungsrecht). Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer auch nach dem 1.1.2023 dazu noch verpflichtet ist.[3] Das Leistungsverweigerungsrecht besteht unabhängig davon, ob und wie der Arbeitgeber Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit erlangt hat, denn betroffen ist nur die Nachweispflicht des Arbeitnehmers. Es besteht nicht nur, wenn der Arbeitnehmer überhaupt keine papierene AU-Bescheinigung vorlegt, sondern auch, wenn diese den inhaltlichen Anforderungen nicht genügt. Erst wenn der Arbeitnehmer eine AU-Bescheinigung zulässigerweise nicht mehr vorlegen kann, weil er sich nicht rechtzeitig untersuchen ließ und der Arzt die Bescheinigung nicht mehr rückdatieren kann, wandelt sich das zeitweilige Leistungsverweigerungsrecht in ein endgültiges um.[4]

Zum Leistungsverweigerungsrecht bei Verhinderung des Forderungsübergangs s. Entgeltgeltfortzahlung bei Verschulden Dritter.

2.2 Verletzung der Feststellungspflicht

Gesetzlich Versicherte, die für die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit weder einen Privatarzt noch einen Arzt im Ausland aufsuchen, sind – wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage dauert – verpflichtet, spätestens am 4. Tag die Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen. Unterlässt der Arbeitnehmer dies, verletzt er eine gesetzliche Nebenpflicht mit den grundsätzlich möglichen etwaigen Folgen einer Abmahnung und im Wiederholungsfall der Kündigung, denn der Arbeitgeber wird von einem nicht durch Arbeitsunfähigkeit entschuldigten Fernbleiben von der Arbeit, sondern von unentschuldigtem Fehlen ausgehen. Denn im Fall der Verletzung der Feststellungspflicht kann jedenfalls der Arbeitgeber keine elektronischen Daten abrufen. Die Literatur geht davon aus, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer auf das Fehlen der Daten hinzuweisen. Kann der Arbeitnehmer dann die ärztliche Bescheinigung vorlegen bzw. die Krankenkasse veranlassen, die Daten nachzutragen, muss der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leisten. Verpflichtet zur Vorlage der ärztlichen Bescheinigung ist der Arbeitnehmer zwar nicht, aber auf diese Weise lässt sich die Beweisproblematik auf schnellstem Weg lösen.

 
Hinweis

Kein Leistungsverweigerungsrecht

Das Fehlen der Daten führt zwar nicht zu einem Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG; dem steht der eindeutige Wortlaut der Regelung entgegen. Gleichwohl wird der Arbeitgeber, sofern der Arbeitnehmer nicht auf anderem Weg den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erbringt, die Entgeltfortzahlung einstellen. Der Arbeitnehmer müsste im Entgeltfortzahlungsprozess seinen Anspruch auf "Geld ohne Arbeit" beweisen.

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