Zusammenfassung
Die Corona-Pandemie hatte in vielerlei Hinsicht Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Sowohl die Arbeitnehmer als auch die Unternehmen mussten große Herausforderungen bewältigen, um aus der Krise ohne größere Schäden gestärkt herauszukommen.
Damit zielgerichtete Maßnahmen abgeleitet werden können, ist es notwendig, die Defizite im Unternehmen zu kennen. Dadurch können je nach Unternehmen individuelle Erkenntnisse gewonnen werden. Diese Erfahrungen werden für die zukünftige Arbeitswelt von großer Bedeutung sein.
1 Die Krise
"Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen" (Max Frisch).
Am 27.1.2020 wird der erste SARS-CoV-2-Fall in Deutschland bei Webasto, Automobilzulieferer mit Sitz in Stockdorf, gemeldet. Die Panik hält sich bis dato in Grenzen und die Einschränkungen und Folgen, die sich in den nächsten Monaten entwickeln werden, sind nicht vorstellbar.
Knapp 2 Monate später werden Arbeitnehmer in das mobile Arbeiten nach Hause geschickt. Zum Teil werden Entscheidungen auf Managementebene getroffen, die ein sofortiges und effektives Handeln nötig machen, sodass keine ausreichende Vorbereitung möglich ist.
Die Krise ist da – in Form einer Pandemie durch ein Virus, das unzählige Leben kostet, Existenzen zerstört und Unternehmen vor noch nie dagewesene Herausforderungen stellt.
Was macht das mit den Arbeitnehmern und wie können Unternehmen reagieren und v. a. daraus lernen? Im Folgenden wird mittels des salutogenetischen Ansatzes nach Antonovsky die Antwort auf diese Fragestellung erarbeitet.
"Der salutogenetische Ansatz gibt keine Gewähr für die Problemlösung der komplexen Kreisläufe im menschlichen Leben, aber selbst im schlechtesten Fall führt er zu einem tiefergehenden Verständnis und Wissen und damit zu einer Voraussetzung, dem gesunden Pol des Kontinuums näherzukommen."
2 Back to Basics
Die Pandemie hat weltweit für einen Stillstand gesorgt, entschleunigt und den Fokus auf das Wesentliche gelenkt: die Gesundheit. Um zu verstehen, was damit einhergeht, wird anhand der Maslow´schen Bedürfnispyramide dargestellt, wie Defizite und somit eine Gesundheitsgefährdung entstehen. Mithilfe der Erkenntnisse des Kohärenzsinns wie auch der Resilienzforschung werden Maßnahmen zielgerichtet definiert.
2.1 Bedürfnispyramide nach Maslow
Definition
Die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow (1970) beruht auf der Annahme, dass grundlegende Bedürfnisse und Motive in einer hierarchischen Ordnung aufgestellt sind. Hierbei können die nächsten höheren Stufen nur erreicht werden, wenn als Basis die tieferen Ebenen befriedigt sind. Die Bedürfnisse reichen von den biologischen Grundbedürfnissen, wie z. B. Nahrung, Wasser etc., bis hin zur Selbstverwirklichung in Form von Potenzialausschöpfung.
Abb. 1: Eigene Darstellung nach Maslow (1970)
Die Maslow’sche Bedürfnispyramide hat in der jetzigen Zeit v. a. den Fokus auf der höchsten Stufe erhalten: Unternehmen fokussieren sich vermehrt darauf, ihre Arbeitnehmer durch Möglichkeiten der Selbstverwirklichung in Form von BGM-Maßnahmen und Weiterbildung an das Unternehmen zu binden. Hierbei geht es um weitaus mehr als die individuelle Förderung von physischer und mentaler Gesundheit sowie Anerkennung. Vor allem die Grundbedürfnisse, die das menschliche Überleben sichern, sind vorhanden und aufgrund des Entwicklungsstands in Deutschland sowie umfangreichen Verordnungen zur Unfallverhütung wie auch dem Arbeitsschutz grundlegend sichergestellt. Diese Defizitbedürfnisse sind erfüllt, sodass die höchste Stufe, das Wachstumsmotiv, forciert wird. Dadurch ist neben dem Effekt der Zufriedenheit der Mitarbeiter auch deren Produktivität und somit der Unternehmenserfolg gestärkt.
Was aber, wenn innerhalb von kürzester Zeit ein Virus genau diese Defizitbedürfnisse angreift?
In Tab. 1 werden beispielhaft die Defizitbedürfnisse dargestellt:
Bedürfnisse |
Beispielhafte negative Einflüsse der Pandemie |
Biologische Bedürfnisse |
- subjektive Wahrnehmung: gewünschte Nahrung nicht ausreichend vorhanden
- ärztliche Betreuung stockt
- Existenzängste durch reduziertes Einkommen
- Angst vor Infektion
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Sicherheitsbedürfnisse |
- Angst vor Arbeitsplatzverlust/Kurzarbeit
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Soziale Bedürfnisse |
- fehlender Kontakt: Kommunikation am Arbeitsplatz mit Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten
- Kommunikationsform verändert – ggf. ungewohnt ausschließlich digitaler Natur
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Anerkennung |
- Gehaltserhöhung stockt
- Incentives bleiben aus
- zeitnahes, direktes Feedback bleibt aus
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Selbstverwirklichung |
- Fortbildungsprogramme können nicht durchgeführt werden
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Tab. 1: Defizitbedürfnisse
Gerade zu Beginn der Pandemie waren die Grundbedürfnisse nicht aus...