Die erste Tätigkeitsstätte entscheidet darüber, ob der dortige berufliche Einsatz
- eine unter die Reisekosten fallende berufliche Auswärtstätigkeit darstellt, weil der Arbeitnehmer dabei nicht an seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird oder
- unter die Regelung der Entfernungspauschale fällt, weil es sich um die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte handelt, für die der Ansatz von Reisekosten ausgeschlossen ist. Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen überlassen, so liegt ein geldwerter Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vor.
Verlassen die betroffenen Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte, liegen auch bei ihnen Auswärtstätigkeiten vor. Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte befinden sich bereits beim Verlassen der Wohnung immer auf einer Auswärtstätigkeit.
Wann liegt eine erste Tätigkeitsstätte vor?
Die erste Tätigkeitsstätte wird vorrangig durch den Arbeitgeber bestimmt. Die Zuordnung durch den Arbeitgeber kann außerhalb des Dienst- oder Arbeitsvertrags erfolgen (auch mündlich oder konkludent) und ist unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber der steuerlichen Folgen bewusst ist. Ohne (eindeutige) arbeitsrechtliche Zuordnung werden die zeitlichen (quantitativen) Kriterien angewendet, wonach ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat, wenn er dort dauerhaft typischerweise
- arbeitstäglich oder
- an 2 vollen Arbeitstagen pro Woche oder
- mindestens 1/3 seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit
tätig wird.
Arbeitnehmer können je Arbeits-/Dienstverhältnis max. eine erste Tätigkeitsstätte haben. Wenn mehrere Tätigkeitsstätten die Voraussetzungen erfüllen, kann entweder der Arbeitgeber eine davon bestimmen oder es wird zugunsten des Arbeitnehmers die Tätigkeitsstätte zugrunde gelegt, die der Wohnung des Arbeitnehmers am nächsten liegt.
Es gibt auch zahlreiche Beschäftigte ohne erste Tätigkeitsstätte, z. B. im Außendienst. Dabei kommt es aber immer auf den Einzelfall an; eine Negativ-Festlegung durch den Arbeitgeber ist nicht möglich. Das häusliche Arbeitszimmer oder Homeoffice ist keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und kann daher keine erste Tätigkeitsstätte sein (BMF, Schreiben v. 25.11.2020, IV C 5 - S 2353/19/10011 :006, Rz. 4). Auch an Co-Working Räumlichkeiten wird i. d. R. keine erste Tätigkeitsstätte begründet, weil die Betroffenen dort nur sporadisch tätig und nicht dauerhaft zugeordnet werden.
Verpflegungsmehraufwendungen
Spesen können sowohl für Arbeitnehmer mit einer ersten Tätigkeitsstätte als auch für Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte anfallen. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern ohne erste Tätigkeitsstätte haben Arbeitnehmer mit einer ersten Tätigkeitsstätte aber ein kürzeres Zeitfenster, da bei ihnen die Fahrzeit von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte nicht in die Abwesenheitsdauer mit hineingezählt wird. Bei einer eintägigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit beträgt der Verpflegungsmehraufwand bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden 14 EUR. Ohne erste Tätigkeitsstätte wird diese Abwesenheitsdauer in vielen Fällen nahezu täglich erreicht. Arbeitnehmer, die morgens und abends kurz eine erste Tätigkeitsstätte aufsuchen, unterschreiten hingegen oftmals die 8-stündige Abwesenheitsgrenze. Arbeitnehmer, die überwiegend an der ersten Tätigkeitsstätte tätig werden, können an diesen Tagen regelmäßig keine Spesen steuerlich geltend machen oder vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt bekommen.
Sonderfälle Fahrtkosten
Für manche Berufsgruppen ohne erste Tätigkeitsstätte kommt ein Sammelpunkt oder (in selteneren Fällen) ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet in Betracht. Ein Sammelpunkt trifft auf Arbeitnehmer zu, die zwar keine erste Tätigkeitsstätte haben, aber aufgrund Anweisung des Arbeitgebers dauerhaft denselben Ort aufsuchen müssen, um von dort typischerweise die arbeitstägliche berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche ausgeübt werden soll, in Abgrenzung zur Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung. Diese Berufsgruppen dürfen für ihre Fahrten zum Sammelpunkt bzw. weiträumigen Einsatzgebiet nur die Entfernungspauschale ansetzen. Die Spesenzeit beginnt hingegen bereits beim Verlassen der Haustür. Sammelpunkt und weiträumiges Arbeitsgebiet haben also keinen negativen Einfluss auf die Spesen.
Es ist zu beachten, dass die Tabelle nur zur Orientierung dient und daher nicht auf Einzelfälle eingehen kann. Einige Verfahren zur ersten Tätigkeitsstätte sind außerdem in Revisionsverfahren beim BFH streitig. Diese laufenden Verfahren sind in der Spalte zu den Rechtsquellen zu finden.