Entscheidungsstichwort (Thema)
beschränkte Steuerpflicht, Sonderausgabenabzug, Steuerberatungskosten
Leitsatz (amtlich)
Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) steht einer nationalen Vorschrift entgegen, die einer beschränkt steuerpflichtigen Person nicht erlaubt, die Steuerberatungskosten, die ihr für die Erstellung ihrer Einkommensteuererklärung entstanden sind, nicht in gleicher Weise wie eine unbeschränkt steuerpflichtige Person von ihren steuerpflichtigen Einkünften als Sonderausgaben abzuziehen.
Normenkette
EGVtr Art. 52
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
„Niederlassungsfreiheit ‐ Einkommensteuer ‐ Einkommensteuererklärung ‐ Steuerberatung ‐ Recht auf Abzug der Ausgaben“
In der Rechtssache C-346/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. Mai 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 12. August 2004, in dem Verfahren
Robert Hans Conijn
gegen
Finanzamt Hamburg-Nord
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J.-P. Puissochet, S. von Bahr, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch C. D. Quassowski und A. Tiemann als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und K. Gross als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. März 2006
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG).
2
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Conijn und dem Finanzamt Hamburg-Mitte-Altstadt, dessen Aufgaben am 1. März 2005 vom Finanzamt Hamburg-Nord (im Folgenden: „Finanzamt“) übernommen wurden. Herr Conijn beantragt, ihm das Recht zuzuerkennen, den Gesamtbetrag seiner Einkünfte um die Steuerberatungskosten zu vermindern, die ihm für die Erstellung seiner Einkommensteuererklärung über die von ihm in Deutschland als beschränkt Steuerpflichtigem erzielten Einkünfte entstanden sind.
Nationale Rechtsvorschriften
3
Gemäß dem Einkommensteuergesetz in der Fassung von 1997 (EStG 1997) ist zwischen im Inland ansässigen, unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen und gebietsfremden, beschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen zu unterscheiden, die in Deutschland mit ihren dort erzielten Einkünften der Steuer unterliegen.
4
§ 15 Absatz 1 Nummer 2 EStG 1997 betrifft die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und lautet:
„(1) Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind
1. …
2. die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind.“
5
Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG 1997 steuerpflichtige Einkünfte.
6
Gemäß § 50 Absatz 1 EStG 1997 können Personen, die in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sind, Steuerberatungskosten nicht als Sonderausgaben geltend machen, während unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen dazu nach § 10 Absatz 1 Nummer 6 EStG 1997 berechtigt sind.
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
7
Herr Conijn ist niederländischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in den Niederlanden. Im Jahr 1998 erzielte er aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft deutschen Rechts über eine Erbengemeinschaft Einkünfte in Deutschland aus Gewerbebetrieb in Höhe von 146 373,50 DM. Dieser Betrag entsprach weniger als 90 % seines Welteinkommens.
8
In seiner Einkommensteuererklärung 1998 machte er die auf ihn entfallenden Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung in Deutschland in Höhe von 1 046 DM als Sonderausgaben gemäß § 10 Absatz 1 Nummer 6 EStG 1997 geltend. Das Finanzamt erkannte den Abzug dieser Ausgaben unter Hinweis auf § 50 Absatz 1 EStG 1997 nicht an.
9
Herr Conijn erhob gegen den ablehnenden Bescheid Klage beim Finanzgericht Hamburg. Die Klage wurde mit Urteil vom 11. November 2003 abgewiesen. Herr Conijn legte hiergegen beim Bundesfinanzhof Revision e...